Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Markurs G***** wohnt bei seiner mütterlichen Großmutter Emilie G*****. Letztmals wurde ihm mit Beschluß des Erstgerichtes vom 6. September 1990 (ON 124) ein Unterhaltsvorschuß von monatlich
S 1.700,-- für die Zeit vom 1. September 1990 bis 31. Jänner 1991 zuerkannt. Markus G***** verdient seit 8. Oktober 1990 als Lehrling der Fa. K***** in P***** monatlich netto
S 3.403,-- unter Einschluß der aliquoten Sonderzahlungen und Abzug der vom Arbeitgeber bezahlten Fahrtkosten. Das Erstgericht schränkte daher mit Beschluß vom 17. Dezember 1990 (ON 131) den Unterhaltsvorschuß für die Zeit vom 1. November 1990 bis 31. Jänner 1991 auf monatlich S 700,-- ein. Es ging davon aus, daß der Minderjährige berufsbedingte Aufwendungen von monatlich
S 800,-- habe, dieser Betrag sei von der Lehrlingsentschädigung in Abzug zu bringen.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten teilweise statt und sprach für die Zeit vom 1. November 1990 bis 31. Dezember 1990 eine Herabsetzung auf monatlich S 1.294,-- und für den Jänner 1991 auf S 1.577,-- aus. Es ließ den Revisionsrekurs zu. Von der Lehrlingsentschädigung, die einen Unterhaltsanspruch minderndes Einkommen des Kindes im Sinne des § 140 Abs. 3 ABGB darstelle, müßten die für die Berufsausbildung erforderlichen Aufwendungen wie zB. Internatskosten der Berufsschule, Fahrten von und zur Berufsschule udgl. in Abzug gebracht werden. Diese Aufwendungen beliefen sich nach der Erfahrung des Rekursgerichtes auf monatlich S 1.000,--, sodaß Markus G***** von seinen Einkünften nur S 2.403,-- zur Verfügung stünden. Zweck des Unterhaltsvorschusses sei aber nicht die völlige Substitution der erforderlichen Unterhaltsleistung, sondern die Sicherung bereits festgesetzter Unterhaltsansprüche aus den Mitteln der Allgemeinheit. Da sich der Unterhaltsanspruch von Kindern, die keiner Bevorschussung bedürfen, nicht nach der Mindestpensionshöhe nach dem ASVG richte, könne deren Heranziehung als Mindestbedarfsgrenze im Falle der Erzielung eines eigenen Einkommens des Vorschußberechtigten zu dessen Bevorzugung führen. Der Richtsatz nach § 6 Abs. 1 UVG betrage ab 1. Juli 1990 S 3.697,-- und ab 1. Jänner 1991 S 3.980,--. Nach Abzug des anrechenbaren Einkommens von S 2.403,-- ergebe sich der im Spruch ausgewiesene Anspruch auf Unterhaltsbevorschussung.
Nur gegen den abweisenden Teil dieser Entscheidung richtet sich der Rekurs der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer ersatzlosen Behebung des Herabsetzungsbeschlusses.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig aber nicht berechtigt. Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Weihnachts- und Urlaubsgeld etwa in der Höhe eines Monatsbezuges setzt eine Beschäftigung über 12 Monate voraus. Der in der Lohnauskunft ausgewiesene Anteil von je S 750,-- entspricht dem Anteil dieser Sonderzahlungen während der Beschäftigungszeit des Markus G***** im Jahre 1990 und erfaßt sohin 3 Monate. Daraus errechnet sich für das Jahr 1990 ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von S 3.398,95.
Von der Frage, ob bei Beurteilung der Selbsterhaltungsfähigkeit auf die Mindestpensionshöhe nach § 293 Abs. 1 ASVG abzustellen ist, hängt die Entscheidung allerdings nicht ab. Den Entscheidungen, die diese Mindestpensionshöhe als eine Orientierungshilfe für die Selbsterhaltungsfähigkeit bezeichneten, lagen bis auf die vereinzelt gebliebene Entscheidung 8 Ob 504/91 keine Fälle nach dem Unterhaltsvorschußgesetz zugrunde. Der in der letztzitierten Entscheidung vertretenen Rechtsmeinung kann aber nicht beigepflichtet werden. Die darin als Stütze für diese Rechtsauffassung herangezogenen Entscheidungen 3 Ob 547/90 = JUS extra 1990, 505; 1 Ob 594/90 und 6 Ob 570/90 ergingen zu Herabsetzungsanträgen von Unterhaltspflichtigen. Derartigen Begehren liegt jedoch eine andere Interessens- und Rechtslage zugrunde. Nach § 6 Abs. 1 UVG dürfen die Vorschüsse monatlich den Richtsatz für pensionsberechtigte Halbwaisen nach § 293 Abs. 1 c, bb erster Fall ASVG, vervielfacht mit dem jeweiligen Anpassungsfaktor (§ 108 a ASVG) nicht übersteigen. Dieser monatliche Höchstbetrag belief sich im Jahr 1990 auf S 3.064,-- und im Jahr 1991 auf S 3.980,--. Wie der Oberste Gerichtshof mehrfach ausgesprochen hat, ist ein Einstellungsgrund nach § 20 Abs. 1 Z 4 lit.a UVG in dem Ausmaß anzunehmen, in dem der Richtsatzbetrag durch eigene Einkünfte des Kindes gedeckt ist (6 Ob 598/90 = EvBl. 1990/121 = ecolex 1990, 481 sowie 7 Ob 519/91). Daran ist aus der Erwägung festzuhalten, daß der Zweck des Unterhaltsvorschußgesetzes nicht auf eine völlige Substitution von Unterhaltsleistungen gerichtet ist, sondern nur darauf, im wesentlichen im Rahmen bereits festgesetzter Unterhaltsansprüche von Kindern aus Mitteln der Allgemeinheit und daher auch nur bis zur Höhe des Richtsatzes zu sichern (vgl. 5 BlgNR 14. GP 5 und 8). Es muß sich daher auch ein Kind ohne eigene Einkünfte mit einem Vorschuß in Richtsatzhöhe begnügen und mit diesem Sockelbetrag das Auslangen finden. Nach dem Charakter des Unterhaltsvorschusses wäre es sachlich ungerechtfertigt, ihm gegenüber ein Kind mit eigenem Einkommen besser zu stellen. Auch Vorschußempfänger nach § 4 Z 2 oder 3 UVG müssen sich eigene Einkünfte auf dem Pauschalbetrag des § 6 anrechnen lassen (276 BlgNR 15. GP 11 f). Die eindeutige Zielsetzung des Gesetzes rechtfertigte eine Auslegung des § 6 Abs. 1 UVG im oben genannten Sinn. Es erweist sich daher die Rechtsansicht des Rekursgerichtes als zutreffend und war dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen. Bemerkt sei, daß für die Annahme des Rekursgerichtes, Markus G***** benötige monatlich S 1.000,-- für berufsbedingte Aufwendungen keine Tatsachengrundlage vorliegt.
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