Spruch:
Der Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie zu lauten haben:
"Die beklagte Partei haftet für sämtliche Rechtsnachteile, die der klagenden Partei dadurch entstanden sind und entstehen werden, daß der Gemeinderat der Marktgemeinde ***** über die Berufung des Anton ***** nicht unverzüglich nach der an den Gemeinderat der Marktgemeinde ***** erfolgten Zustellung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft O***** im Sinne einer Abweisung bzw. Zurückweisung dieses Rechtsmittels entschieden hat."
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 268.207,80 bestimmten Prozeßkosten und Kosten der Rechtsmittelverfahren (darin enthalten S 37.161,30 Umsatzsteuer und S 45.240 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die beklagte Partei bestellte mit Baurechtsvertrag vom 16.3.1987 zugunsten der klagenden Partei auf dem Grundstück 419/1 KG ***** bis 1.4.2037 ein Baurecht. Die klagende Partei ist danach berechtigt und verpflichtet, nach Maßgabe der behördlich genehmigten Pläne Baulichkeiten für Wohnungen im Sinne der Gemeinnnützigkeitsbestimmungen, kommunale Widmungen mit Gemeindeamt- und Mehrzwecksaal samt Nebenräumen und Ortsplatz sowie Widmung für Gendarmerie, Post und sonstige zu errichten. Sollte das Bauvorhaben aus welchen Gründen auch immer nicht bis spätestens 31.12.1993 verwirklicht werden bzw. zu verwirklichen sein, erlöschen alle gegenseitigen Rechte und Pflichten und gilt der Baurechtsvertrag einvernehmlich als aufgelöst, wobei alle bis dahin entstandenen Kosten die klagende Partei zu tragen hat. Die klagende Partei kennt nach den Vertragsbestimmungen das Grundstück aus eigener Anschauung, die beklagte Partei haftet weder für eine bestimmte Beschaffenheit, ein bestimmtes Erträgnis, einen bestimmten Zustand oder ein bestimmtes Flächenausmaß. Mit Bescheid des Bürgermeisters der beklagten Partei vom 23.7.1987, ***** wurde das Grundstück 419/1 gemäß § 13 Abs.3 und 5 der Bgld Bauordnung zum Bauplatz erklärt. Mit Bescheid des Bürgermeisters der beklagten Partei vom selben Tag wurde der klagenden Partei als Bauberechtigter gemäß §§ 88 Abs.1 Z 1, 93 Abs.4 und 108 der Bgld Bauordnung die baubehördliche Bewilligung zum Neubau eines Ortszentrums auf dem Grundstück 419/1 erteilt. Dabei wurde von einer solchen Fläche des Grundstückes ausgegangen, daß die zulässige Verbauungsdichte nicht überschritten wird. Bei der Bauverhandlung vom 22.7.1987 hatte der Anrainer Anton ***** Einwände gegen das Projekt in der Richtung erhoben, er fühle sich durch die im Dachgeschoß vorgesehenen Wohnungen in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt, Tag und Nacht beobachtet, deshalb stimme er der Errichtung von Wohnungen im Dachgeschoß nicht zu. Auf diese Einwendungen war im Bescheid vom 23.7.1987 nur insoweit eingegangen worden, als nach Punkt 34 der Besonderen Bedingungen nach Fertigstellung des Rohbaues mit den Anrainern zwecks Gestaltung der Terrasse das Einvernehmen hergestellt werden soll. Anton ***** erhob gegen den Baubewilligungsbescheid Berufung. Dort machte er allerdings geltend, er würde in seinen subjektiven öffentlichen Rechten und in seinen Privatrechten verletzt. Die Vorschriften der Bauordnung über die zulässige Verbauungsdichte seien nicht eingehalten worden, da in der angeführten verbauten Fläche die Ausführung der Pergola die Bebauung einer weiteren ansehnlichen Fläche erfordere, so daß insgesamt mehr als 50 % der Liegenschaft verbaut würden. Bemängelt wurde auch die Höhe des geplanten Gebäudes von 13 m und die Ausführung von Dachterrassen bei den Wohnungen. Mit Bescheid des Gemeinderates der beklagten Partei vom 19.8.1987 wurde gemäß § 66 Abs.4 AVG im Zusammenhalt mit § 76 der Bgld GdO der angefochtene Bescheid des Bürgermeisters aufgehoben und die Baubewilligung nicht erteilt.
Dagegen erhob die klagende Partei Vorstellung an die Bezirkshauptmannschaft *****, der eine abgeänderte Baubeschreibung beigelegt war. Die Bezirkshauptmannschaft ***** gab der Vorstellung der klagenden Partei mit Bescheid vom 7.9.1987, Zl. X-E-7-1987 (eingelangt bei der beklagten Partei am 8.9.1987) Folge, hob den Bescheid des Gemeinderates der beklagten Partei vom 19.8.1987 auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde. Die Aufsichtsbehörde führte aus, sei das Recht, dessen Verletzung behauptet werde, im Privatrecht begründet, so habe die Baubehörde einen gütlichen Ausgleich zu versuchen. Komme eine Einigung zustande, sei sie in der Verhandlungsschrift festzuhalten. Sei über privatrechtliche Einwendungen keine Einigung zustandegekommen, seien die streitenden Teile über diese Einwendungen auf den Rechtsweg zu verweisen. Diese Einwendungen seien im Bescheid ausdrücklich anzuführen. Im vorliegenden Fall habe der Anrainer ausschließlich privatrechtliche Einwendungen gegen das geplante Projekt erhoben. Die Behörde zweiter Instanz hätte den erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters dahin abändern können, daß der Anrainer Anton ***** mit seinen privatrechtlichen Einwendungen auf den Zivilrechtsweg verwiesen werde. Dabei wäre aber der Berufung nicht Folge zu geben gewesen. Eine Verletzung der Manuduktionspflicht des Anton ***** läge nicht vor. Für die übrigen Einwendungen seien die Präklusionsfolgen des § 42 Abs.1 AVG eingetreten. Die Behörde zweiter Instanz habe sich allerdings auch auf diese präkludierten Einwendungen eingelassen und hiebei festgestellt, daß eine Rechtsverletzung insbesondere hinsichtlich der Bebauungsweise nicht gegeben gegeben sei. Warum die Berufungsbehörde im angefochtenen Bescheid allerdings die Aufhebung des baurechtlichen Bewilligungsbescheides und die Versagung der Baubewilligung überhaupt verfügt habe, sei weder aus dem vorgelegten Verwaltungsakt noch aus der Begründung des angefochtenen Bescheides zu erkennen gewesen. Der Gemeinderat habe daher auf Grund der bisherigen Darlegungen bei seinen neuerlichen Entscheidungen der Berufung des Anrainers Anton ***** keine Folge zu geben, den Bescheid des Bürgermeisters vom 23.7.1987 aber dahingehend abzuändern, daß Anton ***** mit seinen privatrechtlichen Einwendungen auf den Zivilrechtsweg verwiesen werde. Ebenso habe eine Aufhebung des Punktes 34 der Besonderen Bedingungen des Bescheides zu erfolgen. Diese Bedingung sei völlig abstrakter Natur und könne als solche im Baubescheid nicht aufrecht erhalten bleiben. Es sei weder klar, was unter der Herstellung des Einvernehmens zu verstehen sei, noch könne dem Bewilligungswerber verbindlich aufgetragen werden, daß er die Gestaltung der Terrasse mit seinen Anrainern abzusprechen habe. Abschließend verwies die Aufsichtsbehörde auf die Bestimmung des § 77 Abs.6 der Bgld GdO, wonach die Gemeinde bei der neuerlichen Entscheidung an die Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde gebunden sei. Dieser Bescheid der Aufsichtsbehörde wurde von der beklagten Partei nicht bekämpft. Anton ***** erstattete daraufhin am 14.9.1987 ergänzendes Vorbringen zu seiner Berufung an den Gemeinderat. Insbesondere wies er darauf hin, daß das Grundstück 419/1 nur eine Fläche von 1550 m2 habe, so daß ein Verstoß gegen die zwingende Bestimmung des § 3 der Bgld Bauordnung vorliege. Er sei daher nicht bloß in einem Privatrecht, sondern auch in ihm zustehenden öffentlichen Rechten verletzt worden. In der Gemeinderatssitzung vom 19.9.1987 wurde der Antrag, sogleich im Sinn der Entscheidung der Aufsichtsbehörde über die Berufung des Anton ***** zu entscheiden, abgelehnt, der Antrag, vor einer neuerlichen Entscheidung ergänzende Erhebungen über die tatsächliche Bauplatzgröße durchzuführen, mehrheitlich angenommen. Mit Schreiben vom 23.10.1987 wies die klagende Partei ausdrücklich darauf hin, daß dieser unverzüglich den der Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde entsprechenden Zustand herstellen müsse; die Unterlassung einer solchen Entscheidung sei rechtswidrig und schuldhaft und werde zur Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen führen. Die Vermessung ergab eine Fläche von 1620 m2. Die klagende Partei legte daraufhin eine abgeänderte Baubeschreibung vom 24.11.1987 vor, nach der die zu schaffende Nutzfläche 957,13 m2, die bebaute Fläche 485,24 m2, der umbaute Raum 4688,60 m3 und die Bebauungsdichte daher 29,95 % betragen sollte.
Nach den Gemeinderatswahlen 1987 kam es zu Gesprächen zwischen den Streitteilen mit dem Ziel, das Gemeindezentrum durch die klagende Partei allenfalls auf einem anderen Grundstück zu errichten. Aus Anlaß dieser Gespräche erklärte sich die klagende Partei am 23.2.1988 bereit, auf die Fortführung des derzeit anhängigen Berufungsverfahrens vorläufig, d.h. bis Ende März 1988, zu verzichten. Die Weiterführung des Verfahrens werde seitens der klagenden Partei gesondert beantragt werden. Als diese Gespräche zu keinem Ergebnis geführt hatten, erhob die klagende Partei am 19.4.1988 Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof. Mit Verfügung vom 27.April 1988 leitete der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 35 Abs.3 VwGG das Vorverfahren ein. Gleichzeitig wurde der belangten Behörde gemäß § 36 Abs.2 VwGG eine Frist von drei Monaten zur Erlassung des versäumten Bescheides eingeräumt. In ihrer Stellungnahme vom 1.August 1988 verwies die belangte Behörde auf die neu vorgelegten Unterlagen und auf die Bestätigung vom 23.Februar 1988, wonach die klagende Partei vorläufig auf die Fortführung des anhängigen Berufungsverfahrens bis 31.März 1988 verzichtet habe und für die Weiterführung des Verfahrens einen gesonderten Antrag in Aussicht gestellt habe, hin. Die belangte Behörde vertrat die Auffassung, daß eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege, da seit der Zustellung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft die klagende Partei ihr Projekt wesentlich geändert habe, mit ihr auch über die räumliche Verlagerung des Baues auf ein anderes Grundstück Verhandlungen gepflogen worden seien und sie erklärt habe, auf die Fortführung des anhängigen Berufungsverfahrens bis Ende März 1988 zu verzichten, wobei eine Fortführung dieses Berufungsverfahrens nur auf gesonderten Antrag der klagenden Partei erfolgen sollte. Ein solcher Antrag sei aber bis heute nicht gestellt worden. Mit Beschluß vom 14.5.1991, Zl.88/05/0106 wies der Verwaltungsgerichtshof die Säumnisbeschwerde der klagenden Partei zurück. Er führte aus, im Beschwerdefall habe die belangte Behörde darauf verwiesen, daß eine Verpflichtung zur Entscheidung binnen sechs Monaten nach Zustellung des Bescheides der Gemeindeaufsichtsbehörde nicht gegeben gewesen sei, weil die klagende Partei mit der Bestätigung vom 23.Februar 1988 vorläufig auf die Fortführung des anhängigen Berufungsverfahrens verzichtet und ausdrücklich erklärt habe, die Weiterführung des Verfahrens gesondert zu beantragen. Der Sinn einer Säumnisbeschwerde sei nun darin gelegen, im Bereich der Hoheitsverwaltung den Parteien Abhilfe gegen Rechtsverweigerung zu gewährleisten. Wenn eine Partei in welcher Form auch immer ausdrücklich erklärt habe, auf die Fortführung eines anhängigen Berufungsverfahrens vorläufig zu verzichten und die Weiterführung des Verfahrens gesondert zu beantragen, habe sie selbst auf eine Entscheidung durch die Verwaltungsbehörde verzichtet, solange sie nicht den zunächst bloß angekündigten Antrag auf Weiterführung des Verfahrens gestellt habe. Auch dann, wenn die Verwaltungsvorschriften eine solche Vorgangssweise nicht vorsähen, könne bei dieser Situation nicht davon ausgegangen werden, daß die belangte Behörde ihre Entscheidungspflicht verletzt habe, solange ein solcher Antrag auf Weiterführung des Verfahrens nicht gestellt worden sei. Die demnach unzulässige Beschwerde sei daher gemäß § 34 Abs.1 und 3 VwGG zurückzuweisen. Bei dieser Sach- und Rechtslage könne unerörtert bleiben, ob die Beschwerde auch deshalb zurückzuweisen gewesen wäre, weil die sechsmonatige Frist nach § 27 VwGG mit der Vorlage geänderter Einreichunterlagen neu zu laufen begonnen habe und sohin im Zeitpunkt der Erhebung der Säumnisbeschwerde noch nicht abgelaufen gewesen sei.
Die klagende Partei begehrt aus dem Titel der Amtshaftung die Feststellung, die beklagte Partei hafte für sämtliche Rechtsnachteile, die der klagenden Partei dadurch entstanden seien und entstehen werden, daß der Gemeinderat der beklagten Partei über die Berufung des Anton ***** nicht unverzüglich nach der an den Gemeinderat der beklagten Partei erfolgten Zustellung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft ***** vom 7.9.1987, GZ X-E-7-1987, im Sinne einer Abweisung bzw. Zurückweisung dieses Rechtsmittels entschieden habe. Die klagende Partei brachte vor, die beklagte Partei habe der Rechtsansicht der Vorstellungsbehörde vorsätzlich nicht entsprochen. Dadurch sei der klagenden Partei infolge Erhöhung der Baukosten ein erheblicher Nachteil entstanden, die tatsächliche Höhe lasse sich erst nach Fertigstellung des Baues ermitteln.
Die beklagte Partei wendete ein, auf Grund der Vorschriften des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes habe der Gemeinderat der beklagten Partei grundsätzlich sechs Monate Zeit gehabt, über das "Ansinnen um Baubewilligung" nach Rückmittlung des Aktes durch die Bezirkshauptmannschaft ***** neuerlich zu entscheiden. Bis zum Ablauf dieser Frist habe die beklagte Partei daher auf keinen Fall rechtswidrig gehandelt. Die von der klagenden Partei neu vorgelegten Pläne seien zur ordnungsgemäßen Verwendung im Verwaltungsverfahren nicht geeignet gewesen. Im Berufungsverfahren habe sich herausgestellt, daß die Fläche, die verbaut werden solle, um 25 m2 zu klein sei, so daß das Ansuchen um Baubewilligung auf Grund der von Amts wegen zu berücksichtigenden Umstände vom Gemeinderat der beklagten Partei als Baubehörde zweiter Instanz neuerlich hätte abgewiesen werden müssen. Ein Schade könne der klagenden Partei nicht entstanden sein. Im übrigen habe die klagende Partei auf die Fortführung des Berufungsverfahrens vorläufig verzichtet. Sie habe erklärt, daß die Weiterführung des Verfahrens gesondert beantragt werde. Ein solcher Antrag sei bisher nicht erfolgt.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Begehren sei jedenfalls bis zur Einbringung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde durch die klagende Partei bzw. bis zum Aufforderungsschreiben gemäß § 8 AHG (3.5.1988) schon deshalb unbegründet, weil die klagende Partei nach der mit 23.2.1988 datierten "Bestätigung" auf die Fortführung des anhängigen Berufungsverfahrens bis Ende März 1988 ausdrücklich verzichtet habe, wobei die Weiterführung des Verfahrens durch sie gesondert zu beantragen gewesen wäre. Aber auch nach diesem Zeitpunkt läge eine schuldhafte Säumnis der beklagten Partei nicht vor. Damals sei nämlich bereits bekannt gewesen, daß die Größe des zur Verbauung vorgesehenen Grundstückes nicht jener entspräche, die ursprünglich zugrundegelegt worden sei. Auch hätten Bedenken gegen die Richtigkeit der von der klagenden Partei vorgenommenen Ermittlung der verbauten Fläche bestanden. Im Baubewilligungsverfahren habe aber die Berufungsbehörde eine beantragte Baubewilligung auch dann zu versagen, wenn zwar nur ein Rechtsmittel eines Anrainers vorliege, das, was seine Einwendung betreffe, unberechtigt sei, wenn sich im Zuge des Verfahrens jedoch ergebe, daß der Erteilung der Bewilligung andere gesetzliche Hindernisse entgegenstünden. Die klagende Partei hatte eine wesentlich abgeänderte Baubeschreibung vom 24.11.1987 vorgelegt. Habe sie aber ihre Einreichungsunterlagen erheblich abgeändert, habe für die beklagte Partei tatsächlich kein Anlaß bestanden, eine Entscheidung über das ursprünglich eingereichte Projekt zu fällen, dessen Verwirklichung nach dem nunmehrigen Stand des Verfahrens von der klagenden Partei offensichtlich nicht mehr angestrebt werde. Ab dem Zeitpunkt der Einbringung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde habe eine schuldhafte und rechtswidrige Säumnis der beklagten Partei nicht mehr bestanden, da mit diesem Zeitpunkt ihre Entscheidungsbefugnis weggefallen sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige. Die ordentliche Revision erklärte es nicht für zulässig. Auf Grund eines aufhebenden Erkenntnisses der Vorstellungsbehörde trete das gemeindebehördliche Verfahren in jenes Stadium zurück, in dem es sich vor Erlassung des angefochtenen und sodann aufgehobenen Bescheides befunden habe. Im fortgesetzten Verfahren sei die von der Aufsichtsbehörde im Aufhebungsbescheid ausdrücklich geäußerte Rechtsansicht bindend. Diese Bindungswirkung finde jedoch dort ihre Grenze, wo sich der Sachverhalt gegenüber dem für die Entscheidung der Vorstellungsbehörde maßgeblichen Zeitpunkt geändert oder sich der dem seinerzeitigen Bescheid zugrundegelegte Sachverhalt in der Folge als unrichtig herausgestellt habe. Im verwaltungsbehördlichen Berufungsverfahren herrsche kein Neuerungsverbot. Die Berufungsbehörde könne ohne Bindung an die Beweiswürdigung der Unterinstanzen nach dem Prinzip der materiellen Wahrheitsforschung die Feststellung des Sachverhaltes selbst vornehmen und dazu auch eine mündliche Verhandlung durchführen. Nach den getroffenen Feststellungen sei die letzte Änderung der Pläne am 24.11.1987 erfolgt. Erst ab diesem Zeitpunkt laufe die Sechsmonatsfrist des § 73 Abs.1 AVG neu. Wenn auch das Verwaltungsverfahren für die Zeit der angestrebten vergleichsweisen Bereinigung weder ein Ruhen noch eine Unterbrechung des Verfahrens kenne, so könne doch die von der klagenden Partei abgegebene Erklärung, vorläufig auf eine Fortsetzung des Berufungsverfahrens bis Ende März 1988 zu verzichten und die Fortsetzung gesondert zu beantragen, für ein Verschulden der beklagten Partei nicht unberücksichtigt bleiben. Das Zuwarten der beklagten Partei mit der Aufnahme des Berufungsverfahrens bis zu jenem Zeitpunkt, zu dem sie nicht mehr von einem solchen Einverständnis der klagenden Partei zum Innehalten des Berufungsverfahrens habe ausgehen können, schließe somit zwar nicht die Rechtswidrigkeit, wohl aber ein Verschulden aus. Das Erstgericht habe daher zutreffend ausgeführt, daß die beklagte Partei erst mit Anfang Mai 1988 nicht mehr mit einer solchen Zustimmung der klagenden Partei habe rechnen dürfen. Berücksichtige man das Innehalten mit dem Berufungsverfahren im Einverständnis mit der klagenden Partei bis Anfang Mai 1988, so könne den Organen der beklagten Partei eine Verzögerung mit der Entscheidung um einen der Dauer der Verhandlungen über die Verlegung des Gemeindezentrums entsprechenden Zeitraum ab Anfang Mai 1988 nicht als schuldhaftes Verhalten vorgeworfen werden. Demnach könne eine vor Ende Oktober 1988 eingetretene Verzögerung mit der Bescheiderlassung nicht als schuldhaft angesehen werden. Wenn auch die Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof keinen Devolutionsantrag darstelle, durch den die Entscheidungszuständigkeit auf den Verwaltungsgerichtshof übergehe und der belangten Behörde entzogen werde, stelle es jedenfalls kein Verschulden dar, wenn der Gemeinderat nach Vorlage der Bauakten an den Verwaltungsgerichtshof keine weiteren Verfahrensschritte setze. Daran ändere der Umstand nichts, daß der Verwaltungsgerichtshof im Vorprüfungsverfahren der beklagten Partei eine Entscheidung binnen drei Monaten aufgetragen habe, weil ja bei entgegenstehenden Hindernissen der Akt an den Verwaltungsgerichtshof mit einer entsprechenden Darstellung der beklagten Partei vorzulegen sei. Bei der Beurteilung, ob die Organe der beklagten Partei ein Verschulden treffe, sei aber auch die durch die nachträgliche Änderung des Bauansuchens gegebene Sach- und Rechtslage zu berücksichtigen, insbesondere also, daß sich die Naturmaße nachträglich als unrichtig herausgestellt hätten. Da derzeit nicht einmal gesichert sei, daß der klagenden Partei die Baubewilligung auf Grund der geänderten Sachlage überhaupt erteilt werden könne, könne von einem durch die Verzögerung der Erteilung der Baubewilligung bereits eingetretenen Schaden, dessen Ausmaß aber noch nicht feststellbar sei, nicht gesprochen werden.
Die Revision der klagenden Partei ist zulässig und berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Ein rechtswidriges und schuldhaftes Organhandeln in Vollziehung der Gesetze, das den Rechtsträger gemäß § 1 AHG zum Schadenersatz verpflichtet, kann auch in einer Unterlassung liegen, wenn eine Pflicht des Organes zum Tätigwerden bestand und ein pflichtgemäßes Handeln den Scahdenseintritt verhindert hätte (SZ 62/98; SZ 62/73; SZ 60/130; SZ 59/68; SZ 55/161 uva; Schragel, AHG2 169 f; Apathy in Aicher, Die Haftung für staatliche Fehlleistungen im Wirtschaftsleben 213).
Gemäß Art.119 a Abs.5 B-VG kann derjenige, der durch den Bescheid eines Gemeindeorganes in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches - wozu gemäß § 51 Abs.2 lit.i Bgld GdO grundsätzlich die örtliche Baupolizei zählt - verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des innergemeindlichen Instanzenzuges Vorstellung bei der Aufsichtsbehörde, d.i. gemäß § 79 Abs.3 Schlußsatz Bgld GdO, wenn nichts anderes bestimmt ist, die Bezirkshauptmannschaft erheben. Wenn Rechte des Einschreiters verletzt werden, hat die Aufsichtsbehörde den Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zu verweisen. Nach § 77 Abs.6 Bgld GdO ist sie bei der neuerlichen Entscheidung an die Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde gebunden. Die Gemeindeorgane haben daher im weiteren Verlauf unter Bindung an den Spruch und die tragenden Gründe des Aufhebungsbescheides vorzugehen (VfSlg.10.166; VwSlg.8325/A; VwSlg.8164/A; VwSlg.8091/A ua; Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts4 Rz 567; Neuhofer, Handbuch des Gemeinderechts 263; Berchtold in Fröhler-Oberndorfer, Das österreichische Gemeinderecht 3.14.5.5.2). Der Vorstellungswerber hat ein subjektives Recht darauf, daß die Gemeinde unter Wahrung dieser bindenden Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde entscheidet (VwSlg.8091/A; Neuhofer aaO). Mit dem den gemeindebehördlichen Bescheid aufhebenden Vorstellungsbescheid der Aufsichtsbehörde trat das Verfahren innerhalb der Gemeinde wieder in das Stadium, in dem es sich vor Erlassung des Vorstellungsbescheides befunden hat (Berchtold aaO, 3.14.4.5.1 und 3). Für den Gemeinderat als Organ der beklagten Partei bestand daher wieder Entscheidungspflicht im Sinn des § 73 AVG (Berchtold aaO 3.14.4.5.3). Nach § 73 Abs.1 AVG sind die Behörden unter anderem verpflichtet, über Berufungen ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden. Dies bedeutet entgegen der Rechtsansicht der beklagten Partei, ein Zuwarten mit der Berufungsentscheidung durch sechs Monate könne auf keinen Fall rechtswidrig gewesen sein, daß die Behörde ehestmöglich zu entscheiden hat; sie darf mit der Entscheidung nicht grundlos bis zum Ende der Sechsmonatsfrist zuwarten oder überflüssige Verwaltungshandlungen setzen, um die Entscheidung hinauszuzögern (Walter-Mayer aaO Rz 636). Die Frist von sechs Monaten ist eine Höchstfrist. Schon in der Verzögerung der Entscheidung innerhalb dieser Frist ohne triftige Gründe kann demnach ein Verschulden und damit Amtshaftung begründendes Unterlassen des Organes gelegen sein (Helbling, Kommentar zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 491; Mannlicher-Quell, Das Verwaltungsverfahren8 417, 422 f). Verstieß aber das Organ gegen seine Verpflichtung, ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden, dann ist es für den geltend gemachten Amtshaftungsanspruch nicht präjudiziell, ob auch die Sechsmonatsfrist des § 27 VwGG, nach deren Verstreichen der Verwaltungsgerichtshof mit der Säumnisbeschwerde angerufen werden konnte, abgelaufen war.
Daran ändert auch die Erklärung der klagenden Partei vom 23.2.1988, auf die Weiterführung des Berufungsverfahrens bis Ende März 1988 vorläufig zu verzichten und eine Weiterführung des Berufungsverfahrens gesondert zu beantragen, nichts. Die beklagte Gemeinde, die im aufsichtsbehördlichen Verfahren Parteistellung hatte, hat gegen die Entscheidung der Aufsichtsbehörde nicht von dem ihr gemäß Art.119 a Abs.9 B-VG und § 87 Abs.3 Bgld GdO zustehenden Recht einer Beschwerde Gebrauch gemacht. Auch ihr gegenüber wurde damit der Bescheid der Vorstellungsbehörde rechtskräftig. Der Gemeinderat als Organ der beklagten Partei wäre daher verpflichtet gewesen, in der Gemeinderatssitzung vom 19.9.1987 im Sinn der bindenden, von der beklagten Partei nicht angefochtenen Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde zu entscheiden und nicht, wie noch dargelegt werden wird, überflüssige Beweisaufnahmen zu beschließen. Bereits Ende April 1988 war der beklagten Partei gemäß § 36 Abs.2 VwGG vom Verwaltungsgerichtshof aufgetragen worden, innerhalb der Frist von drei Monaten den Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege. Damit war für die Organe der beklagten Partei spätestens zu diesem Zeitpunkt klar ersichtlich, daß die klagende Partei auf eine ordnungsgemäße Fortführung des Berufungsverfahrens - offensichtlich nach Scheitern der Vergleichsgespräche - nicht verzichten wollte. Die Änderung des Wortlautes des § 36 Abs.2 VwGG durch das Bundesgesetz vom 16.6.1984, BGBl.298 ("auftragen" statt "freistellen") erfolgte gerade deshalb, um der säumigen Behörde mit größerem Nachdruck ihre Pflicht zur Bescheiderlassung vor Augen zu führen. Der Gesetzgeber verband mit dieser Regelung die Erwartung, daß die säumigen Behörden nach einem solchen Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes häufiger als bisher den Bescheid erlassen werden (AB 347 BlgNR 16.GP 2). Ein Vorbringen, welches Hindernis eine im Sinne der bindenden Rechtsansicht der Vorstellungsbehörde der Berufungserledigung des Anton ***** in diesem Zeitraum entgegengestanden wäre, wurde von der beklagten Partei nicht erstattet. Nun trifft es zwar zu, daß nach fruchtlosem Verstreichen der Dreimonatsfrist der Gemeinderat der beklagten Partei zur Sachentscheidung nicht mehr zuständig gewesen wäre, wenn die Prozeßvoraussetzungen für eine solche Sachentscheidung auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen wären (VfSlg.5209; VwSlg 9274/A; JBl.1974, 441; ÖJZ.1970, 473, Nr.263 mit Anmerkung von Pfersmann; Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verfassungsrechts6 Rz 1002; Adamovich-Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht3 456). Aber abgesehen davon, daß der Verwaltungsgerichtshof den Standpunkt der beklagten Partei, damals wäre die für die mögliche Entstehung von Amtshaftungsansprüchen allein nicht maßgebliche Sechsmonatsfrist noch nicht abgelaufen, übernahm, wären alle weiteren Verzögerungen adäquat kausal auf die bisherigen Unterlassungen von Organen der beklagten Partei zurückzuführen.
Bereits in der den Gemeinderat der beklagten Partei bindenden Entscheidung der Aufsichtsbehörde vom 7.9.1987 wurde zum Vorbringen des Berufungswerbers Anton *****, es läge ein Verstoß gegen die Vorschrift des § 3 Bgld GdO vor, abschließend dahin Stellung genommen, daß mit Ausnahme der von Anton ***** erhobenen privatrechtlichen Einwendungen Präklusion im Sinn des § 42 Abs.1 AVG eingetreten sei. An diese mit der Rechtsprechung des Verwaltngsgerichtshofes im Einklang stehende Rechtsansicht (VwSlg.10.513/A; VwSlg.10.317/A - verstärkter Senat) der Aufsichtsbehörde waren die Organe der beklagten Partei gebunden. Auf die erstmals in der Berufung des Anton ***** und damit verspätet vorgebrachten Einwendungen aus einer Verletzung eines subjektiv öffentlichen Rechtes durfte daher die beklagte Partei, auch wenn sie nach der Zustellung des Bescheides vom 8.9.1987 nunmehr im wieder vor dem Gemeinderat anhängigen Berufungsverfahren von Anton ***** im Schriftsatz vom 14.9.1987 wiederholt wurden, nicht mehr eingehen und dies zum Anlaß nehmen, unter Verzögerung der aufgetragenen Berufungsentscheidung rechtlich überflüssige Erhebungen durchzuführen. Anstelle des Beschlusses des Gemeinderates der beklagten Partei in seiner Sitzung vom 19.9.1987 auf Vermessung des Bauplatzes durch einen Geometer hätte im Sinne der Ausführungen der Aufsichtsbehörde sofort in der Sache selbst über die Berufung des Anton ***** entschieden werden müssen. Wohl setzt Bindungswirkung des Bescheides der Aufsichtsbehörde gleichbleibende Sach- und Rechtslage voraus (ZfVB 1985/3/1164; ZfVB 1979/5-6/1915; ZfVB 1978/1/326; Berchtold aaO 3.14.4.5.2., Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts4 563). Bindungswirkung besteht im Gegensatz zu der von der zweiten Instanz vertretenen Rechtsansicht aber selbst dann, wenn der Vorstellungsbescheid auf einer (schon der ersten Instanz unterlaufenen) unrichtigen Sachverhaltsannahme beruht hätte (ZfVB 1977/5/1849; Berchtold aaO). Soweit sich das Berufungsgericht auf Hundegger in ÖJZ 1973, 564 beruft, führt dieser aus, daß die Gemeindebehörde bei Erlassung ihres Ersatzbescheides an eine durch die Aufsichtsbehörde selbst unrichtig vorgenommene Sachverhaltsfeststellung nicht gebunden sei. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Nach der Erlassung des Bescheides durch die Aufsichtsbehörde trat aber weder eine Änderung der Sach- noch der Rechtslage ein. Eine solche wurde von der beklagten Partei nicht einmal behauptet. Im Hinblick auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die von der Lehre gebilligt wurde, war damit aber ein weiteres Zuwarten mit der Berufungsentscheidung unvertretbar und es erfolgte demnach dieses Zuwarten auch schuldhaft. Ob in dem von der beklagten Partei rechtswidrig und schuldhaft vorgenommenen weiteren Ermittlungsverfahren die klagende Partei aber dann abgeänderte Pläne vorlegte, ist für die bereits eingetretene grundsätzliche Haftung der beklagten Partei unbeachtlich, weil bei rechtlich gebotener sofortiger Entscheidung im Sinne des bindenden Ausspruches der Vorstellungsbehörde die der klagenden Partei erteilte Baubewilligung längst rechtskräftig geworden wäre. Ein von der beklagten Partei überdies gar nicht geltend gemachter, zwar grundsätzlich zulässiger Verzicht auf bereits entstandene Amtshaftungsansprüche (SZ 53/136; Schragel, AHG2 128) kann in der Erklärung der klagenden Partei vom 23.2.1988 jedenfalls nicht erblickt werden. Damals waren zwischen der klagenden und der beklagten Partei als selbständigem Wirtschaftskörper privatrechtliche Gespräche darüber geführt worden, das im Baurecht zu errichtende Gemeindezentrum auf einem anderen Bauplatz aufzuführen. Daß auch bei einem Scheitern solcher Gespräche bereits abzusehende finanzielle Nachteile von der klagenden Partei nicht geltend gemacht werden könnten, kann bei dieser Sachlage im Sinn des § 863 ABGB nicht zweifelsfrei angenommen werden.
Die Revision der klagenden Partei erweist sich demnach als berechtigt. Die Urteile der Vorinstanzen sind dahin abzuändern, daß dem Feststellungsbegehren stattzugeben ist.
Die Entscheidung über die Prozeßkosten und die Kosten der Rechtsmittelverfahren gründet sich auf § 41 ZPO bzw. §§ 41, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)