OGH 5Ob528/91

OGH5Ob528/9125.6.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der die Rechtssache der klagenden Partei Mag. Viktor Gottfried R*****, vertreten durch Dr. Erich Proksch, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) C*****VEREIN, ***** und 2.) A*****-AG, ***** beide vertreten durch Dr. Peter Avancini, Rechtsanwalt in Wien, wegen Wiederaufnahme des Rekursverfahrens 12 R 4/91 des Oberlandesgerichtes Wien über das Erlöschen des Armenrechts (der Verfahrenshilfe) der klagenden Partei im Verfahren 7 Cg 3/90 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien wegen

S 108,138.000,-- betreffend die Ablehnung der Mitglieder des Senates 12 des Oberlandesgerichtes Wien, Senatspräsident Dr. Gerhard W*****, Mag. Walter H***** und DDr. Harald S*****, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 4. April 1991, GZ 13 Nc 2/91-2, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit der zu 12 R 37/91 beim Oberlandesgericht Wien eingebrachten Wiederaufnahmsklage strebt der Kläger die Beseitigung eines Beschlusses desselben Gerichtes vom 28. Jänner 1991 an, mit dem - in Stattgebung eines Rekurses der beklagten Parteien - sein am 16. Oktober 1968 bewilligtes "Armenrecht" im Verfahren 7 Cg 3/90 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien (vormals 37 b Cg 69/69) wegen offenbarer Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung für erloschen erklärt wurde (12 R 4/91). Der diesbezügliche Schriftsatz enthält einen Ablehnungsantrag gegen die an der Beschlußfassung vom 28. Jänner 1991 beteiligten Richter des Oberlandesgerichtes Wien für den Fall, daß ihnen auch die Entscheidung über die Wiederaufnahmsklage zufallen sollte.

Die Ablehnung der drei Richter wurde damit begründet, daß ihre Entscheidung vom 28. Jänner 1991 sowohl in der Sache als auch im Kostenpunkt gesetzwidrig sei. Wegen der Anordnung, die Rekurskosten der beklagten Parteien zu ersetzen, und der deshalb drohenden Exekutionsfolgen habe der Kläger Amtshaftungsansprüche angemeldet.

Ein Senat des Oberlandesgerichtes Wien wies diesen Ablehnungsantrag zurück, weil keine ausreichenden Gründe für die Befürchtung vorhanden seien, die abgelehnten Richter könnten sich bei ihrer Entscheidung von anderen als sachlichen Gesichtspunkten leiten lassen. Ein näheres Eingehen auf die vom Ablehnungswerber als unrichtig und gesetzwidrig bezeichnete Kostenentscheidung zu 12 R 4/91 des Oberlandesgerichtes Wien sei nicht erforderlich, weil selbst eine unrichtige Sachentscheidung nicht zur Begründung der Befangenheit herangezogen werden könnte (E 12 zu § 19 JN, MGA14); auch die Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen stelle keinen tauglichen Ablehnungsgrund dar (E 13 zu § 19 JN, aaO).

Gegen diesen Beschluß hat der Kläger fristgerecht Rekurs mit dem Antrag erhoben, ihn im Sinne einer Stattgebung seines Ablehnungsbegehrens abzuändern. Seiner Meinung nach hätten die abgelehnten Richter durch das Abweichen von der ständigen Rechtsprechung in der Kostenfrage und durch den unerklärlichen, mit einer früheren Entscheidung desselben Senates in Widerspruch stehenden Beschluß vom 28. Jänner 1991 dokumentiert, daß sie von unsachlichen Motiven geleitet werden. Bei völliger Sachidentität sei nämlich am 13. Juli 1989 zu 12 R 151/89 entschieden worden, daß die Bewilligung des Armenrechts vom 16. Oktober 1968 aufrecht sei und dem Kläger daher für denselben Rechtsstreit die Verfahrenshilfe nicht neuerlich bewilligt werden könne. Schließlich sei zu bedenken, daß die abgelehnten Richter im Fall einer Amtshaftungsklage gegen die Republik als deren Nebenintervenienten in das Verfahren eintreten könnten.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Rekurs ist gemäß § 24 Abs 2 JN zulässig (vgl 1 Ob 4/85; 8 Ob 665/87; 9 Ob A 142/88); er ist jedoch nicht berechtigt.

Schon das Rekursgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, daß ein Ablehnungsantrag grundsätzlich nicht auf die vermeintliche Unrichtigkeit einer vom abgelehnten Richter gefällten Entscheidung gestützt werden kann. Diese Überprüfung ist nämlich der Rechtsmittelinstanz vorbehalten und keine Angelegenheit des Ablehnungsverfahrens (vgl 6 Ob 286/59). Daran wäre auch festzuhalten, wenn die Entscheidung auf einer von der Rechtsprechung abgelehnten Rechtsmeinung basiert oder Äußerungen zu Rechtsproblemen enthält, die sich auch in der Hauptsache stellen werden (Fasching, Zivilprozeßrecht2, Rz 164; 7 Ob 562/86 ua, zuletzt etwa EvBl 1990/145). Selbst der Umstand, daß aus einer Amtshandlung des abgelehnten Richters ein Amtshaftungsanspruch abgeleitet wird, stellt für sich allein keinen tauglichen Ablehnungsgrund dar (JBl 1965, 92). Dazu müßten schon Zweifel an der Unvoreingenommenheit und Sachlichkeit des Richters vorhanden sein, wie sie sich etwa dann einstellen, wenn Verfahrensverstöße oder offenkundige Entscheidungsfehler schlechthin unerklärlich sind.

Der Rekurswerber behauptet derart schwerwiegende Entscheidungsfehler des abgelehnten Richtersenats, doch sind sie nicht zu erkennen.

Zum Problem der Kostenersatzpflicht im Rechtsmittelverfahren über die Bewilligung, die Entziehung oder das Erlöschen der Verfahrenshilfe bestehen durchaus unterschiedliche, die Anwendung der §§ 40 ff ZPO jedenfalls nicht generell ausschließende Auffassungen bei den Instanzgerichten (vgl E 7 - 10 zu § 72 ZPO, MGA14; JBl 1977, 324; EFSlg 60.804; MietSlg 39.739 ua), sodaß von einem unerklärlichen Verstoß gegen gesicherte Judikaturgrundsätze keine Rede sein kann, wenn die Auseinandersetzung um das Erlöschen des Armenrechts bzw der Verfahrenshilfe als Zwischenstreit mit den Kostenfolgen der §§ 41 und 50 ZPO behandelt wird. Die vom abgelehnten Richtersenat vertretene Rechtsansicht hat sogar eine gewichtige Stütze in der Lehrmeinung Faschings, der die Bewilligung der Verfahrenshilfe für einen Rechtsstreit nicht der außerstreitigen Gerichtsbarkeit zuordnet, sondern einem Inzidenzverfahren im Zivilprozeß (Ergänzungsband, 49).

Die das Erlöschen der Verfahrenshilfe aussprechende Entscheidung (12 R 4/91) steht auch keineswegs im Widerspruch zur Nichtigerklärung einer neuerlichen (zweiten) Bewilligung der Verfahrenshilfe wegen der Weitergeltung des schon früher gewährten "Armenrechts" (12 R 151/89), weil unterschiedliche Probleme - einmal die Rechtskraft, das andere Mal die von den beklagten Parteien geltend gemachten Gründe für ein Erlöschen der Verfahrenshilfe - zu beurteilen waren. Eine weitere Stellungnahme zur Entscheidung 12 R 4/91 des abgelehnten Richtersenats verbietet sich durch den auf die Prüfung von Ablehnungsgründen eingeschränkten Verfahrensgegenstand. Eine unsachliche Voreingenommenheit dem Kläger gegenüber läßt sich jedenfalls aus dieser Entscheidung nicht ableiten.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte