Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Klägerin hatte ursprünglich zu 15 Cg 219/76 des Landesgerichtes Innsbruck (später 9 Cg 410/84) das Begehren gestellt, 81 Beklagte zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, ihr S 1,125.475 s.A. zu zahlen. Die Beklagten hätten Arbeiten als Miteigentümer von Häusern in Auftrag gegeben und ausführen lassen. Sollte jedoch die gemeinschaftliche Auftragserteilung der Beklagten nicht als gegeben erachtet werden und daher keine Solidarhaftung bestehen, so werde das Eventualbegehren gestellt, wonach die Beklagten entsprechend den ihnen gehörigen Eigentumsanteilen an der Liegenschaft schuldig seien, die Klagsforderung zu bezahlen. Nach mehrfachen Klagseinschränkungen auf schließlich S 477.722,54 s.A. wurde das Klagebegehren mit Schriftsatz vom 27. Oktober 1983 (ON 135) "richtiggestellt". Die Klägerin "beschränkte" sich auf das Begehren, wonach die Beklagten schuldig seien, der Klägerin den Betrag von S 477.722,54 entsprechend ihren jeweiligen Miteigentumsanteilen zu zahlen. Die 8., 9., 52. und 78. Beklagten anerkannten daraufhin das Klagebegehren und legten Kostenverzeichnis (ON 142), worauf das Anerkenntnisurteil vom 18. Jänner 1985 (ON 144) erging. Hiebei wurde von Miteigentumsanteilen der 8.Beklagten von 115/6870, der 9.Beklagten von 69/6870, der 52.Beklagten von 78/6870 und der 78.Beklagten von 102/6870 ausgegangen. Das Erstgericht sprach den Beklagten im wesentlichen ihre Kosten zu, wobei es als Begründung anführte, die Klägerin sei im Hinblick auf ihr ursprüngliches Klagebegehren zum überwiegenden Teil unterlegen.
Das Rekursgericht gab dem Kostenrekurs der Klägerin nur in unwesentlichen Punkten Folge, wobei es grundsätzlich dem Erstgericht folgte. Es deutete die "Richtigstellung des Klagebegehrens" mit Schriftsatz vom 27.Oktober 1983 dahin, daß die Klägerin ihr Hauptbegehren auf Verurteilung sämtlicher Beklagten zur ungeteilten Hand fallen gelassen und ihr Eventualbegehren zum Hauptbegehren erhoben habe. Das ursprüngliche Eventualbegehren sei gegenüber dem Hauptbegehren als ein Minus zu werten, weil es lediglich die anteilsmäßige Verurteilung der Beklagten gegenüber deren gesamtschuldnerischer Verurteilung im Hauptbegehren anstrebe. Im Hinblick auf dieses Begehren seien die vier Beklagten mit jenen geringfügigen Teilen als unterlegen anzusehen, die vom Erstgericht im Anerkenntnisurteil errechnet wurden. Die Klägerin sei daher im Sinne des § 43 Abs.2 ZPO im wesentlichen mit Recht zum Kostenersatz verurteilt worden, weil der Abwehrerfolg der Beklagten zwischen 98 und 99 % liege.
Das Erstgericht hat nunmehr mit Urteil vom 15.Juli 1985, 9 Cg 410/84-160, über das restliche noch offene Klagebegehren entschieden. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin. Noch vor Überreichung dieser Berufung stellte die Klägerin einen Ablehnungsantrag mit der Behauptung, die Mitglieder des Senates des Oberlandesgerichtes Innsbruck, die über den Kostenrekurs gegen das Anerkenntnisurteil entschieden hatten, seien befangen. Von dieser Befangenheitserklärung sind der Senatspräsident des Oberlandesgerichtes Dr. Werner T*** sowie die damaligen Mitglieder des Senates Dr. Helmut N*** und Dr. Gerhard H*** betroffen. Die beiden Erstgenannten haben in ihrer Stellungnahme eine Befangenheit verneint, während Dr. Gerhard H*** nicht mehr Mitglied des Oberlandesgerichtes Innsbruck ist.
Das Oberlandesgericht Innsbruck hat den Ablehnungsantrag zurückgewiesen. Hiebei führte es aus, die Rechtsansicht des abgelehnten Senates sei vertretbar. Selbst wenn eine an sich vertretbare Rechtsansicht von der Lehre oder der Judikatur abweiche, könne darin eine Befangenheit noch nicht erblickt werden. Andere Gründe für die Befangenheit der abgelehnten Richter gebe die Klägerin nicht an.
Rechtliche Beurteilung
Der von der Klägerin gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Innsbruck erhobene Rekurs ist nicht gerechtfertigt.
Gemäß § 19 JN kann ein Richter in bürgerlichen Rechtssachen abgelehnt werden, weil ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Die Befangenheitsgründe sind im Gesetz nicht einzeln erwähnt. Es müssen jedoch zureichende Gründe vorliegen, die Unbefangenheit des Richters in Zweifel zu ziehen. Das Vertreten einer, sei es auch in der Rechtsprechung abgelehnten Rechtsmeinung bildet im allgemeinen keinen Ablehnungsgrund. Ebenso ist es kein Ablehnungsgrund, wenn der Richter schon eine bestimmte Rechtsansicht in einem Rechtsstreit geäußert hat (Fasching Zivilprozeßrecht Rdz 164). Selbst Verfahrensverstöße werden im allgemeinen eine Befangenheit nicht begründen, es sei denn, sie seien so schwerwiegend, daß sie die mangelnde Objektivität des Richters erkennen lassen. Davon kann hier nicht die Rede sein. Daß die im Anerkenntnisurteil erfolgten Zusprüche im Vergleich zum ursprünglichen, auf Zahlung zur ungeteilten Hand gerichteten Begehren nur einen verschwindenden Bruchteil darstellen, kann auch die Klägerin nicht bestreiten. Sie empfindet jedoch die Kostenentscheidung im Anerkenntnisurteil und in dem dieses bestätigenden Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck deshalb als grob gesetzwidrig, weil diese beiden Entscheidungen die "Richtigstellung" vom ursprünglichen Begehren auf das Eventualbegehren als Klagseinschränkungen werteten. Daß aber die Klägerin offenbar selbst diesen Standpunkt vertreten hat, ergibt sich daraus, daß sie sich mit dem Zuspruch im Anerkenntnisurteil zurfriedengegeben und keine weiteren Forderungen gegen die dort genannten Beklagten gestellt hat. Im Ergebnis hat also die Klägerin von jedem dieser Beklagten ursprünglich S 1,125.475 s.A., später S 477.722,54 s.A. begehrt, während letztlich nur ein geringfügiger Teil dieses ursprünglichen Begehrens zuerkannt worden ist. Damit ist aber klargestellt, daß die Klägerin gegen die nunmehrigen Beklagten nur mit einem Bruchteil ihres ursprünglichen Begehrens durchgedrungen ist. Ob man bei dieser Sachlage von einer Einschränkung des Klagebegehrens oder von einem teilweisen Unterliegen sprechen kann, muß hier nicht abschließend untersucht werden. Jedenfalls erweist sich die Rechtsansicht der nunmehr abgelehnten Richter als Mitglieder des seinerzeit erkennenden Senates als vertretbar. Keinesfalls ist sie derart von der Sachlage abweichend, daß sie die Annahme einer Befangenheit begründen könnte. Vor allem ist nicht ersichtlich, welche Verfahrensverstöße diese Richter begangen haben sollen. Demnach kann keine Rede davon sein, daß grobe Verletzungen von Verfahrensgesetzen eine Befangenheit der Richter als möglich erscheinen ließen. Daß die Richter bei ihrer Entscheidung nicht im Detail auf jedes Argument im Rekurs eingegangen sind, kann eine Befangenheit schon deshalb nicht begründen, weil sie ihre Entscheidung unter Darlegung des Sachverhaltes derart eingehend begründet haben, daß die Gründe für diese Entscheidung jedermann klar erkennbar sind.
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