OGH 3Ob507/91

OGH3Ob507/9113.2.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und widerbeklagten Partei Josseline R*****, vertreten durch Dr. Erich Proksch ua, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte und widerklagende Partei A*****-Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Karl Preslmayr ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen Zustimmung zu einer Eigentumseinverleibung (Klage) und Feststellung (Widerklage) infolge außerordentlicher Revision beider Streitteile gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 28. Juni 1990, GZ 5 R 13/90-54, womit infolge Berufung beider Streitteile das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg vom 16. Oktober 1989, GZ 1 Cg 16/88-39, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der klagenden und widerbeklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Der Revision der beklagten und widerklagenden Partei wird teilweise Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird in seinem bestätigenden

Teil, nämlich Entscheidung über die Klage (= Punkt I des

Ersturteiles), über das Hauptbegehren der Widerklage

(= Punkt II/1 des Ersturteiles) und über das erste

Eventualbegehren der Widerklage (= Punkt II/2 des Ersturteiles)

als Teilurteil bestätigt.

Hingegen wird das Urteil des Berufungsgerichtes in seinem abändernden Teil, nämlich Entscheidung über das zweite Eventualbegehren der Widerklage (= Punkt II/3 des Ersturteiles), sowie im Kostenpunkt aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfange zur neuen Urteilsfällung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens wird, soweit sie sich auf den bestätigenden Teil der Revisionsentscheidung beziehen, dem neuen Urteil (Endurteil) des Berufungsgerichtes vorbehalten, im übrigen sind sie wie weitere Kosten des Berufungsverfahrens zu behandeln.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende und widerbeklagte Partei (im folgenden: Klägerin) hat im Jahr 1971 mit der C-Bank einen umfangreichen außergerichtlichen Generalvergleich abgeschlossen, an den nach dem Erwerb der fraglichen Liegenschaften unstrittig auch die beklagte und widerklagende Partei (im folgenden: Beklagte) als Tochtergesellschaft der C-Bank gebunden ist.

Danach übernahmen die C-Bank und ihre Tochtergesellschaften das Vermögen der insolventen Schwiegermutter und des Ehemanns der Klägerin, darunter das Forstgut N.

Die Klägerin verpflichtete sich in diesem Vergleich, sie werde erwirken, daß ihre Schwiegermutter und ihr Ehemann auf alle von ihnen gegen die C-Bank ua geltend gemachten Ersatzansprüche verzichten, und sie sollte als Entschädigung für diesen auch tatsächlich abgegebenen Verzicht auf unbestimmte Zeit, jedoch widerrufbar ab 31.12.1987, eine monatliche Rente erhalten. Für den Fall, als sich die Schwiegermutter und der Ehemann der Klägerin nicht an ihre Verzichtserklärungen halten sollten war die C-Bank berechtigt, die Rentenzahlung schon vor dem 1.1.1988 einzustellen.

Für das Forstgut N. war vereinbart, daß der Klägerin ein nicht zu verbücherndes Vorkaufsrecht und ein Aufgriffsrecht eingeräumt werde. Diese beiden Rechte sollten am 31.12.1987 erlöschen, sowie weiters dann, wenn infolge Nichteinhaltung der erwähnten Verzichtserklärungen die Rentenzahlung der C-Bank rechtsgültig eingestellt werde.

Für den Fall der Geltendmachung des Aufgriffsrechtes war vereinbart, daß der "Wert der Liegenschaften" einvernehmlich zu ermitteln sei. Sollte keine Einigung erzielt werden können hätten beide Seiten einen Sachverständigen zu bestellen, bei unterlassener Namhaftmachung sollte die andere Partei beim Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien die Bestellung eines Sachverständigen beantragen können. Sollten die beiden Sachverständigen zu keinem einvernehmlichen Ergebnis kommen, sei der Wert durch den Vorsitzenden des Agrarsenates Wien festzustellen. Wenn dies nicht erfolgen könne, solle der Wert durch einen über Antrag einer der beiden Parteien vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien zu bestellenden Sachverständigen festgestellt werden.

Am 30.10. 1984 (eingelangt am 2.11.1984) erklärte die Klägerin, das Aufgriffsrecht auszuüben. In der Folge kam es zu erheblichen Meinungsverschiedenheiten zwischen den Streitteilen über den Übernahmswert. Die Klägerin war der Auffassung, dieser müsse sich an dem seinerzeit von der C-Bank bezahlten Preis orientieren. Die beklagte Partei vertrat den Standpunkt, es sei der Verkehrswert maßgebend. Auch die Bestellung zweier Sachverständiger durch beide Parteien ergab kein übereinstimmendes Ergebnis. Die weiters im Vergleich vorgesehenen Schritte zur Ermittlung des Übernahmswertes haben nicht stattgefunden.

Die Klägerin begehrt nun die Zustimmung der Beklagten zur Einverleibung ihres Eigentumsrechtes an den strittigen Liegenschaften.

Die Beklagte begehrt mit Widerklage die Feststellung, die Klägerin habe das Aufgriffsrecht nicht wirksam ausgeübt und es sei durch Fristablauf erloschen; sie stellte weiters das Eventualbegehren, es werde festgestellt, daß das Aufgriffsrecht wegen Nichteinhaltung der von der Schwiegermutter und dem Ehemann der Klägerin übernommenen Verpflichtungen erloschen sei, und für den Fall der Abweisung auch dieses Eventualbegehrens das weitere Eventualbegehren, es werde festgestellt, daß der im Vergleich für den Fall der Ausübung des Aufgriffsrechtes als Übernahmspreis vorgesehene Wert der Liegenschaften der Verkehrswert im Zeitpunkt 2.11.1984 der Ausübung des Aufgriffsrechtes sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren der Klägerin sowie das Hauptbegehren und das erste Eventualbegehren der Widerklage ab, gab jedoch dem zweiten Eventualbegehren der Widerklage statt.

Es stellte fest, daß bei den Verhandlungen, die zum Vergleichsabschluß führten, die Berechnungsmethode, nach welcher der Aufgriffspreis von den Sachverständigen zu ermitteln ist, nicht im einzelnen und konkret besprochen wurde. Es sei bei den Gesprächen der Verhandlungsführer nicht konkret über die Sinnbedeutung des Wortes "Wert" (der Liegenschaften) gesprochen worden, sondern von der Ermittlung des Verkehrswertes durch Sachverständige ausgegangen worden. Konkret besprochen worden sei nur der Übernahmspreis (Kaufpreis), den die C-Bank für den Erwerb der Liegenschaften aus den beiden Konkursmassen zu bezahlen hatte. Die Parteien seien davon ausgegangen, daß die C-Bank die Liegenschaften um den seinerzeitigen Verkehrswert übernimmt; es kann aber nicht festgestellt werden, daß der vereinbarte Preis tatsächlich dem damaligen Verkehrswert entsprochen hat. Entgegen den Behauptungen der klagenden Partei hätten die den Vertrag aushandelnden Vertreter der Parteien einen günstigeren (unter dem Verkehrswert liegenden) Erwerbspreis nicht vereinbart. Der Ehemann der Klägerin habe im Jahr 1988, also nach dem Ablauf der Zeit, für die das Aufgriffsrecht zustand, zu einem der früher anhängig gewesenen Prozesse gegen die C-Bank ua einen Fortsetzungsantrag gestellt.

In rechtlicher Hinsicht war das Erstgericht der Ansicht, daß nach dem Parteiwillen und mangels anderer Anhaltspunkte unter dem "Wert der Liegenschaften" im Sinne des § 306 ABGB der Verkehrswert zu verstehen sei. Das Leistungsbegehren der Klägerin sei verfehlt, weil sie bisher nicht den Verkehrswert anbiete und das von den Parteien zu seiner Ermittlung festgesetzte Verfahren noch nicht stattgefunden habe.

Das Hauptbegehren der Widerklage sei unberechtigt, weil die Klägerin ihr Aufgriffsrecht wirksam ausgeübt habe; einen bestimmten Preis müsse sie dabei nicht anbieten, sondern es finde vielmehr das vorgesehene Feststellungsverfahren statt; daß die Klägerin zum Übernahmspreis andere Ansichten als die Beklagte vertrete, könne nicht zum Verlust ihres Aufgriffsrechtes führen.

Auch das erste Eventualbegehren der Widerklage sei nicht berechtigt. Der Klägerin könne keine Vertragsverletzung angelastet werden, weil sie die Verzichtserklärung ihres Ehemannes erwirkt habe. Daß dieser trotzdem einen Fortsetzungsantrag stellte, habe die Klägerin mangels übernommener Garantie nicht zu verantworten.

Hingegen sei dem zweiten Eventualbegehren stattzugeben, weil die Beklagte ein berechtigtes Interesse an der für den Fortgang des Aufgriffsverfahrens notwendigen Feststellung habe.

Das Berufungsgericht bestätigte den abweisenden Teil des Urteiles des Erstgerichtes, änderte aber den stattgebenden Teil dahin ab, daß auch das zweite Eventualbegehren der Widerklage abgewiesen wurde. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes je 50.000 S übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Das Berufungsgericht war der Ansicht, daß der Anspruch der Klägerin noch nicht fällig sei, weil das von den Parteien vorgesehene Schiedsgutachtenverfahren noch nicht abgeschlossen sei.

Aus demselben Grund sei auch das Hauptbegehren der Widerklage unberechtigt. Es könne nach dem jetzigen Verfahrensstand nicht davon ausgegangen werden, daß sich die Klägerin dem im vorgesehenen Schiedsgutachtenverfahren sich endgültig ergebenden Übernahmspreis jedenfalls widersetzen werde.

Das erste Eventualbegehren sei zwar nicht aus dem vom Erstgericht genannten Grund, wohl aber deshalb unberechtigt, weil der Ehemann der Klägerin den fraglichen Fortsetzungsantrag erst nach dem Ablauf der Zeit, für die das Aufgriffsrecht bestand, und nach Ausübung des mit 1.1.1988 zustehenden verschuldensunabhängigen Widerrufsrechtes gestellt habe. Im Wege ergänzender Vertragsauslegung könne für diesen von den Parteien nicht ausdrücklich erwähnten Fall nicht angenommen werden, daß sie das Erlöschen des schon zuvor geltend gemachten Aufgriffsrechtes vorgesehen hätten.

Abzuweisen sei aber auch das zweite Eventual-Feststellungsbegehren, weil damit nicht die Feststellung eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses begehrt werde. Die maßgebende Absicht der Parteien sei eine Tatsache. Die Feststellung nur einer von mehreren rechtlichen Komponenten sei nicht für sich feststellungsfähig. Da die Parteien die Preisbestimmung durch Schiedsmänner vereinbarten, stehe im übrigen nur den Schiedsmännern die Auslegung des Vertrages zu. Sie müßten beurteilen, was bei einem Vertrag der vorliegenden Art unter dem "Wert der Liegenschaften" nach der Übung des redlichen Verkehrs zu verstehen sei.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird von beiden Parteien mit außerordentlicher Revision bekämpft.

Rechtliche Beurteilung

Da vor allem zur Beurteilung des Verhaltens der Parteien im vereinbarten Schiedsgutachter-(Sachverständigen-)verfahren soweit überblickbar keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliegt und beide Teile aus dem von ihnen angenommenen Scheitern desselben für den vorliegenden Rechtsstreit relevante unterschiedliche Folgerungen ziehen, sind beide Revisionen im Sinne des § 502 Abs. 1 ZPO zulässig.

Die Revision der klagenden Partei ist nicht berechtigt, die Revision der beklagten Partei ist teilweise berechtigt.

Zur Revision der klagenden Partei:

Die Kernfrage des vorliegenden Rechtsstreites ist, was unter dem "Wert" der Liegenschaften zu verstehen ist, der für den Fall der Ausübung des Aufgriffsrechtes als Übernahmspreis zu gelten hat.

Wenn der Text des strittigen Generalvergleiches den Inhalt der getroffenen Vereinbarungen richtig und vollständig wiedergeben sollte, müßte mangels einer im strittigen Generalvergleich enthaltenen anderen Regelung gemäß § 306 ABGB bei der Schätzung des Wertes der Liegenschaften der gemeine Preis zur Richtschnur genommen werden, worunter gemäß § 305 ABGB der Wert zu verstehen ist, den die Sache im Verkehr am Ort und zur Zeit der Schätzung gewöhnlich und allgemein hat (Klang in Klang2 II 46; JBl 1960, 443). Dabei bestimmen die Umstände des Falles, welcher Ort und welche Zeit maßgebend sind (Klang aaO 47).

Der Fall eines bäuerlichen Übergabsvertrages oder eines nach erbrechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilenden Vermögensübergangs liegt nicht vor; es bestünde daher kein Anlaß, zwischen fremden Personen von einem anderen als dem Verkehrswert auszugehen (vgl JUS Extra 1986, H.13,13). Ob der früher von der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei bezahlte Übernahmspreis dem seinerzeitigen Verkehrswert entsprochen hat oder nicht, wäre nicht ausschlaggebend, weil es sich um einen verglichenen Wert handeln konnte. Der Generalvergleich erwähnt im übrigen an keiner Stelle, daß auf diesen früheren Übernahmswert irgendwie Bezug zu nehmen sei, wenn die Festlegung des neuen Übernahmswertes ansteht. Eine die klagende Partei begünstigende Bewertung käme daher nicht in Betracht. "Wert" und "Verkehrswert" würden also mangels anderer Vertragsbedingungen hier dasselbe bedeuten.

Das Berufungsgericht hat jedoch, ausgehend von einer unrichtigen Rechtsansicht, die Beweisrüge der klagenden Partei über den Inhalt der Besprechungen, die zum Abschluß des Generalvergleiches führten, und über einen im Vergleichstext nicht vorkommenden, aber angeblich übereinstimmend zugrundegelegten anderen Parteiwillen über die Bedeutung des Wortes "Wert" der Liegenschaften nicht erledigt (Berufung der klagenden Partei Punkt II lit h und j). Die Ansicht des Berufungsgerichtes, es obliege nach den getroffenen Vereinbarungen den von den Parteien vorgesehenen Sachverständigen, die strittige Rechtsfrage zu lösen, was unter dem Wert der Liegenschaften im strittigen Generalvergleich zu verstehen sei, ist nämlich unzutreffend:

Die im Generalvergleich enthaltene Regelung des Sachverständigenverfahrens stellt einen sogenannten Schiedsgutachtervertrag dar (Fasching, ZPR2, Rz 2168). Nach dem klaren Vertragstext geht es mangels gegenteiliger Anhaltspunkte dabei nicht um den Sonderfall eines vertragsergänzenden oder rechtsabändernden Schiedsgutachtens (nur in diesen Fällen kann den Sachverständigen auch eine Art rechtlicher Beurteilung übertragen sein; vgl EvBl 1985/119). Es liegt vielmehr der gewöhnliche Fall vor, daß den Sachverständigen nur die Feststellung einer bestimmten Tatsache, nämlich des Wertes der Liegenschaften, welche Gegenstand des Aufgriffsrechtes sind, obliegt, sei dies iSd vom Erstgericht getroffenen, aber vom Berufungsgericht noch nicht geprüften Tatsachenfeststellungen und der Auslegung des Vergleichstextes der Verkehrswert, oder aber ein nach den Behauptungen der klagenden Partei vereinbarter anderer, für sie günstigerer Übernahmspreis.

Keiner der Parteien kann angelastet werden, daß sie das Sachverständigenverfahren endgültig vereitelt habe. Die Streitteile haben lediglich entgegengesetzte Rechtsstandpunkte über den Übernahmspreis vertreten. Die beklagte Partei hat der klagenden Partei in diesem Zusammenhang den zweckmäßigen Vorschlag zur Einbringung einer Feststellungsklage gemacht und erhebt jetzt mit dem zweiten Eventualbegehren ihrer Widerklage selbst ein solches Feststellungsbegehren. Die klagende Partei hat nie erklärt, daß sie auch dann nicht bereit sei, den Verkehrswert zu zahlen, wenn sich etwa in einem solchen Feststellungsprozeß ergeben sollte, daß mangels anderer verbindlicher und bestimmter Vereinbarungen über einen günstigeren Übernahmspreis der Verkehrswert als vereinbart zu gelten habe. Aus dem Vertreten eines unrichtigen Rechtsstandpunktes allein kann weder die Verwirkung des Aufgriffsrechtes (siehe dazu das Hauptbegehren der Widerklage) noch der Verlust des Rechtes auf Fortsetzung des noch nicht zu Ende geführten Sachverständigenverfahrens zum Nachteil der beklagten Partei abgeleitet werden (vgl dazu in anderem, aber ähnlichen Zusammenhang SZ 59/219).

Solange aber das Sachverständigenverfahren noch nicht endgültig gescheitert ist und noch nicht alle vorgesehenen Stufen ausgeschöpft wurden, ist der Klagsanspruch noch nicht fällig. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum vergleichbaren Fall eines Verfahrens im Sinne des § 64 VersVG (SZ 34/171, SZ 38/138 ua, zuletzt 7 Ob 1017/90). Die kürzlich im Schrifttum geäußerte vereinzelte Gegenmeinung von Habscheid (FS Kralik 189 (203)), der statt der Abweisung der Klage wegen fehlender Fälligkeit die Zurückweisung wegen noch gegebener Unzulässigkeit des ordentlichen Rechtsweges vorschlägt, verwischt die Rechtsfolgen eines echten Schiedsvertrages und eines bloßen Schiedsgutachterverfahrens der vorliegenden Art, sodaß ihr nicht zu folgen ist. Die beklagte Partei war daher auch nicht genötigt, eine formelle Einrede des fehlenden Schiedsgutachtens zu erheben.

Falls das Sachverständigengutachten letztlich scheitern sollte, ist die klagende Partei allerdings mit ihrer Auffassung im Recht, daß auch dann nicht von der Unwirksamkeit der Geltendmachung des Aufgriffsrechtes ausgegangen werden könnte; sondern dann könnte die klagende Partei Zug um Zug gegen Zahlung des dann von ihr bestimmt anzubietenden Üernahmspreises die Übergabe der Liegenschaften fordern und es müßte die Richtigkeit des von der klagenden Partei angebotenen Übernahmspreises im Rechtsstreit festgestellt werden. Durch die Erhebung entsprechender Eventualbegehren könnte sich die klagende Partei das Recht sichern, sich nicht schon vor dieser Wertfeststellung zu ihrem Nachteile mit einem zu hoch angesetzten Übernahmspreis festlegen zu müssen.

Zur Revision der beklagten Partei:

Der von der beklagten Partei gemachte Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs. 2 Z 9 ZPO liegt nicht vor. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes mag in dem einen oder anderen Punkt unzutreffend sein, aber man kann sie überall nachvollziehen und damit überprüfen.

Wie schon oben ausgeführt wurde, ist zwischen den Streitteilen derzeit noch strittig und mangels Erledigung der Beweisrüge der klagenden Partei zu den Parteiabsichten auch noch offen, welcher Wert von ihnen als Übernahmspreis für den Fall der Ausübung des Aufgriffsrechtes vereinbart wurde.

Die Ausübung des Aufgriffsrechtes durch die klagende Partei ist aber selbst dann nicht unwirksam, wenn sie über den von ihr zu leistenden Preis einen unrichtigen Rechtsstandpunkt vertreten haben sollte (was noch nicht feststeht). Auch wenn der Rechtsstandpunkt der beklagten Partei zutreffen sollte, stünde nicht fest, daß die klagende Partei keinesfalls bereit ist, den Verkehrswert zu zahlen. Damit kann unabhängig von der Lösung der noch offenen Beweisfrage nicht davon ausgegangen werden, daß das Aufgriffsrecht der klagenden Partei schon allein wegen Zeitablaufes erloschen sei, und das Hauptbegehren der Widerklage wurde mit Recht abgewiesen.

Geht man aber davon aus, daß die klagende Partei ihr Aufgriffsrecht rechtzeitig ausgeübt hat und daß zur Vervollständigung des Wirksamwerdens dieser Rechtsausübung noch das vereinbarte Sachverständigenverfahren oder allenfalls ein Rechtsstreit mit Feststellung des Übernahmspreises stattfinden müßte, dann kann die strittige Rückübertragung der Liegenschaften durch die von der beklagten Partei geltend gemachten nachträglichen Vorgänge nicht mehr vernichtet werden.

Im Generalvergleich war das Erlöschen des Aufgriffsrechtes einerseits ohne jede Bindung durch bloßen Zeitablauf am 31. Dezember 1987 vorgesehen. Andererseits sollte der beklagten Partei das Recht zustehen, bei einem gewissen Verhalten der klagenden Partei oder von dritten Personen, für die die klagende Partei einzustehen hatte, die Rentenverpflichtung schon vor dem 31. Dezember 1987 zu widerrufen und damit gleichzeitig das vorzeitige Erlöschen auch des Aufgriffsrechtes der klagenden Partei zu bewirken (Punkt 4 des Generalvergleiches).

Nur für die Entstehung der Rentenzahlungsverpflichtung war lediglich die Erwirkung von Verzichtserklärungen dritter Personen vorgesehen (Einleitung vor Punkt 1 des Generalvergleiches). Das Recht des Widerrufs der Rentenzahlungsverpflichtung sollte hingegen entgegen der Begründung des Berufungsgerichtes auch dann zustehen, wenn sich diese dritten Personen in der Folge nicht an ihre abgegebenen Verzichtserklärungen halten sollten (Punkt 2 des Generalvergleiches).

Ausdrücklich geregelt war damit aber nur der Fall eines vor der Ausübung des Aufgriffsrechtes stattfindenden inkriminierten Verhaltens der dritten Personen. Für den Fall eines Verstoßes gegen die abgegebenen Verzichtserklärungen nach einer Rückübertragung der Liegenschaften infolge wirksam ausgeübten Aufgriffsrechtes oder eines Verstoßes nach dem infolge Zeitablaufes vorgesehenen Erlöschen desselben war hingegen nichts vereinbart. Die Parteien mochten auch nicht bedacht haben, was gelten sollte, wenn die klagende Partei das Aufgriffsrecht schon ausgeübt hat, aber noch das Verfahren zur Feststellung des Übernahmspreises offen ist, dies allenfalls auch noch über den Zeitpunkt hinaus, zu dem das Aufgriffsrecht ohnedies schon infolge Zeitablaufes jedenfalls erlöschen sollte.

Es besteht aber nach Ansicht des erkennenden Senates kein Anlaß, hier mittels ergänzender Vertragsauslegung zugrundezulegen, daß in einem solchen Fall die beklagte Partei nicht mehr zur Rückübertragung der Liegenschaften an die klagende Partei verpflichtet sein solle:

Nach schon vollzogener Übertragung der Liegenschaften an die klagende Partei wäre eine neuerliche Rückübertragung an die beklagte Partei ein so komplizierter und verwickelter Vorgang, daß schon deshalb nicht unterstellt werden kann, redliche Parteien hätten solches vorgesehen. Gilt aber dies, dann muß auch im allerdings weniger komplizierten Fall des noch offenen Preisfestsetzungsverfahrens dasselbe gelten, weil an sich keine andere Interessenlage gegeben ist.

Wenn man iSd Rechtsstandpunktes der beklagten Partei davon ausgehen müßte, daß die klagende Partei als Übernahmspreis den Verkehrswert zu entrichten hat, dann findet letzten Endes nur ein Austausch von Liegenschaften gegen ihren wirklichen Wert statt, sodaß schon deshalb ein treuwidriges Verhalten nicht belohnt würde. Wenn sich aber in Erledigung der noch offenen Beweisrüge herausstellen sollte, daß der Rechtsstandpunkt der beklagten Partei nicht zutrifft, dann hätte sie selbst sich nicht vertragsgetreu verhalten, wenn sie das Preisfestsetzungsverfahren durch unrichtige Berufung auf den Verkehrswert verzögert hätte. Auch für die Variante, daß nur noch das Preisfestsetzungsverfahren offen ist, besteht daher kein Bedarf nach einer ergänzenden Vertragsauslegung, zumindest nicht, wenn die Ausübung des Aufgriffsrechtes wie im vorliegenden Fall drei Jahre, also nicht knapp vor dem Erlöschen wegen Zeitablaufes erfolgte. Für erst nach diesem Zeitablauf vorkommende Verstöße kann überdies nicht außer acht gelassen werden, daß sich mit zunehmender zeitlicher Entfernung von den früheren Geschehnissen auch die für die beklagte Partei mit einer Mißachtung der seinerzeit abgegebenen Verzichtserklärungen verbundenen nachteiligen Folgen immer mehr abschwächen.

Auch das erste Eventualbegehren der Widerklage wurde daher mit Recht abgewiesen.

Berechtigt ist aber die Revision der beklagten Partei, soweit sie die Abweisung des zweiten Eventualbegehrens ihrer Widerklage bekämpft.

Richtig ist zwar, daß Tatsachen nicht Gegenstand eines Feststellungsbegehrens sein können, was auch für rechtserzeugende Tatsachen gilt (Fasching, ZPR2, Rz 1094 mit dem Beispiel der Art der Berechnung eines Auseinandersetzungsgutachtens). Es ist auch unstatthaft, nur eine Rechtsfrage für sich allein herauszuheben und zum Gegenstand eines Urteilsbegehrens zu machen (JBl 1958, 556; JBl 1961, 327; SZ 47/36; JBl 1980, 323). Ob für gewisse Fälle eine sogenannte Elementenfeststellungsklage im Sinne der Anregung von Ballon (Besprechung der Entscheidung JBl 1980, 323) zuzulassen wäre, kann im vorliegenden Fall unerörtert bleiben, weil es bei richtiger Auslegung des strittigen Feststellungsbegehrens gar nicht um die bloße Heraushebung einzelner Rechtsfragen geht. Die beklagte Partei strebt mit ihrem zweiten Eventualbegehren vielmehr eine Gesamtklärung des zwischen den Streitteilen strittig gewordenen Rechtsverhältnissen an.

Die klagende Partei macht geltend, ihr stehe ein Aufgriffsrecht zu einem unter dem Verkehrswert liegenden Preis zu, wobei sie bisher allerdings immer verschwiegen hat, zu welchem genauen anderen Preis ihr das Aufgriffsrecht zustehen soll; die beklagte Partei vertritt hingegen den Standpunkt, ihr stehe nach dem Vergleich mangels sonstiger Vereinbarungen das Recht zu, die strittigen Liegenschaften nur gegen Zahlung des Verkehrswertes an die klagende Partei übereignen zu müssen.

Dies sind aber zwei grundsätzlich verschiedene Rechtsverhältnisse, und die beklagte Partei kann daher wegen des nicht zu bestreitenden rechtlichen Interesses an der alsbaldigen Klärung dieser Streitfrage das strittige Feststellungsbegehren erheben. Unzulässig wäre im Sinne der Entscheidung JBl 1980, 323 nur etwa die Feststellung, es müsse bei Ermittlung des Verkehrswertes auf diesen oder jenen Gesichtspunkt Rücksicht genommen werden. Dies strebt jedoch die beklagte Partei nicht an, sondern ihr geht es um die Klärung, ob überhaupt ein Vertragsverhältnis in der Richtung besteht, daß die beklagte Partei der klagenden Partei nach Ausübung des Aufgriffsrechtes die Liegenschaften nur gegen Zahlung des Verkehrswertes zu übereignen hat.

Das Feststellungsbegehren der beklagten Partei ist daher nicht schon wegen fehlender Feststellungsfähigkeit unberechtigt. Allenfalls kann dem strittigen Feststellungsbegehren eine der beabsichtigten Feststellung des Rechtsverhältnisses angepaßtere Formulierung gegeben werden, indem etwa festgestellt wird, daß der klagenden Partei das strittige Aufgriffsrecht nur gegen Entrichtung des dem Verkehrswert der Liegenschaften am 2.11.1984 entsprechenden Übernahmspreises zusteht.

Wegen der noch offenen Beweisfrage über den Parteiwillen zum Wert des Übernahmspreises ist jedoch dieses Feststellungsbegehren der beklagten Partei noch nicht spruchreif.

Das Urteil des Berufungsgerichtes ist daher in seinem bestätigenden Teil als Teilurteil zu bestätigen, in seinem abändernden Teil aber aufzuheben. Sollte das Berufungsgericht im neuen Rechtsgang die Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes übernehmen, wäre das Ersturteil im Ausspruch über das zweite Eventualbegehren der Widerklage zu bestätigen (wiederherzustellen), allenfalls mit der Maßgabe einer klareren Formulierung des Feststellungsbegehrens. Sollte die Erledigung der Beweisrüge ergeben, daß ein unter dem Verkehrswert liegender Übernahmspreis vereinbart war, müßte hingegen das restliche Feststellungsbegehren wiederum abgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 Abs. 1 und 2 ZPO.

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