Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie zu lauten haben:
Der mit Beschluß vom 30.1.1990 für die Zeit vom 1.12.1988 bis 31.1.1990 gewährte Unterhaltsvorschuß von monatlich 1.300 S wird für die angeführte Zeit auf monatlich 2.000 S erhöht.
Text
Begründung
Mit Beschluß vom 13.2.1987 (ON 39) wurden für Mario H***, geboren 3.11.1982, für die Zeit vom 1.2.1987 bis 31.1.1990 Unterhaltsvorschüsse von 1.000 S monatlich bewilligt. Nach Erhöhung der Unterhaltsverpflichtung auf 1.300 S monatlich wurden die Unterhaltsvorschüsse mit Beschluß vom 29.1.1989 (ON 66) für die Zeit vom 1.10.1987 bis 31.7.1988 auf 1.300 S erhöht, allerdings für die Zeit vom 1.8.1988 bis 31.1.1990 auf 100 S herabgesetzt, weil sich der Vater seit 1.8.1988 auf Kosten der öffentlichen Hand in stationärer PFlege befand. Mit Beschluß vom 30.1.1990 (ON 85) wurde der Unterhaltsvorschuß für die Zeit vom 1.12.1988 bis 31.1.1990 wieder auf 1.300 S erhöht.
Mit Beschluß vom 30.1.1990 (ON 84) wurde der vom Vater zu leistende Unterhaltsbetrag, beginnend mit 1.12.1988, von bisher 1.300 S auf nunmehr 2.000 S erhöht. Dieser Beschluß wurde dem Vater und dem zuständigen Jugendwohlfahrtsträger erst im Feber 1990 zugestellt.
Am 9.4.1990 beantragte der Jugendwohlfahrtsträger, die Unterhaltsvorschüsse gemäß dem nunmehr rechtskräftig gewordenen Unterhaltserhöhungsbeschluß ab 1.12.1988 auf die neue Titelhöhe von 2.000 S zu erhöhen.
Das Erstgericht wies den Antrag mit der Begründung ab, der neue Exekutionstitel sei erst nach Beendigung der Laufzeit der Unterhaltsvorschußgewährung rechtskräftig geworden. Das Gericht zweiter Instanz bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es billigte die Ansicht des Erstgerichtes unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte des § 19 Abs 2 UVG, dessen Wortlaut nur eine Erhöhung der Unterhaltsvorschüsse für die noch offene Vorschußperiode gestatte. Der Zweck der Unterhaltsbevorschussung sei nicht die Deckung des Unterhalts für vergangene Zeiträume. Die Zulassung des Revisionsrekurses wurde mit der widersprechenden Judikatur der Gerichte zweiter Instanz in den letzten drei Jahren begründet.
Der gemäß § 15 Abs 3 UVG nicht der Beschränkung des § 14 Abs 2 Z 1 AußStrG unterliegende Revisionsrekurs ist im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG zulässig, weil zum strittigen Problem die vom Rekursgericht zutreffend dargestellte uneinheitliche Judikatur der Gerichte zweiter Instanz vorliegt und die seit Inkrafttreten der WGN 1989 schon ergangenen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes noch nicht veröffentlicht sind.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist berechtigt.
Der erkennende Senat schließt sich der schon vom ersten Senat (1 Ob 619/90) und vom siebenten Senat (7 Ob 582/90, 7 Ob 608/90) vertretenen Auffassung an, daß die gemäß § 19 Abs 2 UVG bei einer Erhöhung des Unterhaltsbetrages vorgesehene Erhöhung der Unterhaltsvorschüsse nicht erst ab dem Eintritt der Rechtskraft der Unterhaltserhöhungsentscheidung oder erst ab dem Antragstag, sondern rückwirkend schon ab dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Unterhaltsherabsetzung stattzufinden hat. Auch wenn eine Vorschußperiode schon abgelaufen ist, sind bei einer erst nachträglich wirksam gewordenen Unterhaltserhöhung, die sich auf einen Zeitraum dieser Periode bezieht, die Unterhaltsvorschüsse entsprechend zu erhöhen.
Das Argument der zweiten Instanz über die Geschichte der Gesetzeswerdung wurde schon in den Vorentscheidungen widerlegt. Danach weicht zwar der schließlich Gesetz gewordene Wortlaut vom ursprünglichen Initiativantrag einiger Abgeordneter ab, aber die Zielsetzung blieb unverändert (276 Blg NR 15.GP 5 f, 14 f). Die Worte "bis zum Ende des im zuletzt gefaßten Beschluß über die Gewährung oder Weitergewährung bestimmten Zeitraumes" sollten lediglich verhindern, daß anläßlich der Erhöhung der Unterhaltsvorschüsse auch der schon früher festgelegte Endzeitpunkt verlängert wird, besagt aber nicht, daß die Beschlußfassung über eine Erhöhung nur innerhalb der laufenden Periode möglich sei. Aus den angeführten Gesetzesmaterialien ergibt sich vielmehr der Wille des Gesetzgebers, daß die Erhöhung der Unterhaltsvorschüsse gerade nicht von der Dauer des Unterhaltsfestsetzungsverfahrens abhängen und eine dadurch entstehende Benachteiligung von Kindern hintangehalten werden solle. Bei dieser klar erkennbaren Absicht des Gesetzgebers kann dem Sachargument, eine rückwirkende Erlahung von Unterhaltsvorschüssen entspreche nicht den grundsätzlichen Zwecken der Unterhaltsbevorschussung, kein Gewicht zukommen.
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