OGH 7Ob608/90

OGH7Ob608/9012.7.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Rene T***, geb. am 20.Dezember 1974, infolge Revisionsrekurses des M*** DER S*** W***, Bezirksjugendamt für den 19.Bezirk, Wien 19, Gatterburggasse 14, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 22.Februar 1990, GZ 47 R 41/90-167, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 1.Dezember 1989, GZ 7 P 54/87-159, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß er zu lauten hat:

"Der mit Beschluß vom 2.4.1985, 1 P 39/80-47, dem mj. Rene T*** für die Zeit vom 1.2.1985 bis 31.1.1988 gewährte und mit Beschluß vom 1.2.1988, 7 P 54/87-128, für die Zeit vom 1.2.1988 bis 31.1.1991 weiter gewährte Unterhaltsvorschuß von monatlich S 1.500,--, höchstens jedoch in der Höhe des jeweiligen Richtsatzes für pensionsberechtigte Halbwaisen nach § 293 Abs 1 Buchstabe c bb erster Fall, § 108 f ASVG wird für die Zeit vom 1.3.1987 bis 31.5.1987 auf monatlich S 1.000,-- herabgesetzt und für die Zeit vom 1.6.1987 bis 30.11.1987 auf monatlich S 2.300,--, sowie für die Zeit ab 1.12.1987 auf monatlich S 2.200,--, jedoch höchstens bis zur Höhe des jeweiligen Richtsatzes für pensionsberechtigte Halbwaisen nach § 293 Abs 1 Buchstabe c bb erster Fall, § 108 f ASVG, erhöht."

Text

Begründung

Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 2.4.1985, ON 47, wurde dem mj. Rene T*** für die Zeit vom 1.2.1985 bis 31.1.1988 ein Unterhaltsvorschuß von S 1.500,--, höchstens jedoch in der Höhe des jeweiligen Richtsatzes für pensionsberechtigte Halbwaisen nach § 293 Abs 1 Buchstabe c bb erster Fall, § 108 f ASVG gewährt und mit Beschluß vom 1.2.1988 für die Zeit vom 1.2.1988 bis 31.1.1991 weitergewährt.

Der Vater war auf Grund des Beschlusses des Erstgerichtes vom 21.6.1983, ON 26, zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 1.500,-- verpflichtet. Diese Verpflichtung wurde mit den Beschlüssen des Rekursgerichtes vom 2.2.1989, ON 146, und des Erstgerichtes vom 9.6.1989, ON 153 (bestätigt mit Beschluß des Rekursgerichtes vom 12.10.1989, ON 157), für die Zeit vom 1.3.1987 bis 31.5.1987 auf S 1.000,-- monatlich herabgesetzt und für die Zeit vom 1.6.1987 bis 18.11.1987 auf S 2.300,--, beginnend mit 19.11.1987 auf S 2.200,-- monatlich erhöht.

Mit Beschluß vom 1.12.1989, ON 159, gewährte das Erstgericht anstelle des bisherigen Unterhaltsvorschusses von S 1.500,-- ab dem 1.2.1988 gemäß § 19 Abs 2 UVG einen solchen von monatlich S 2.200,--, jedoch höchstens in der Höhe des jeweiligen Richtsatzes für pensionsberechtigte Halbwaisen nach § 293 Abs 1 Buchstabe c bb erster Fall, § 108 f ASVG.

Die zweite Instanz wies den vom Bezirksjugendamt für den

19. Bezirk dagegen erhobenen Rekurs, mit dem der Antrag gestellt wurde, eine Abänderung der Unterhaltsvorschüsse auch für die Zeit vom 1.3.1987 bis 31.1.1988 entsprechend der Unterhaltsverpflichtung des Vaters zu gewähren, ab. Es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil die Rechtsprechung der zweiten Instanz darüber, ob auch hinsichtlich abgelaufener Vorschußperioden Unterhaltsvorschüsse erhöht oder herabgesetzt werden können, uneinheitlich sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Bezirksjugendamtes für den 19.Bezirk ist aus den vom Rekursgericht dargestellten Gründen zulässig. Er ist auch berechtigt.

Gemäß § 19 Abs 1 UVG hat das Gericht von Amts wegen oder auf Antrag, wird der Unterhaltsbeitrag herabgesetzt...., die Vorschüsse entsprechend herabzusetzen. Die Herabsetzung ist, gegebenenfalls rückwirkend, mit dem auf den Eintritt des Herabsetzungsgrundes folgenden Monatsersten anzuordnen; zugleich hat das Gericht unter Berücksichtigung der Bedürfnisse des Kindes die Einbehaltung zu Unrecht ausbezahlter Beträge, soweit notwendig in Teilbeträgen, von künftig fällig werdenden Vorschüssen anzuordnen. Nach Abs 2 der Gesetzesstelle hat das Gericht von Amts wegen oder auf Antrag Vorschüsse bis zum Ende des im zuletzt gefaßten Beschluß über die Gewährung oder Weitergewährung bestimmten Zeitraumes zu erhöhen, wenn der Unterhaltsbeitrag erhöht wird. Die Erhöhung ist mit dem auf das Wirksamwerden der Unterhaltserhöhung folgenden Monatsersten, fällt die Erhöhung auf einen Monatsersten, mit diesem anzuordnen. Schon aus dem Wortlaut dieser Bestimmungen ergibt sich, daß die im Falle der Erhöhung des Unterhaltsbeitrages anzuordnende Erhöhung des Unterhaltsvorschusses zugleich mit der Erhöhung des Unterhaltsbeitrages, die mit einer Herabsetzung des Unterhaltsbeitrages anzuordnende Herabsetzung des Vorschusses zugleich mit der Herabsetzung wirksam werden soll. Dies war ganz offensichtlich auch die Absicht des Gesetzgebers. Der § 19 UVG erhielt seine derzeitige Fassung durch das Bundesgesetz BGBl.1980/278. Es wurde wegen des damit verbundenen Nachteils für die Kinder und wegen der gelegentlichen Schwierigkeiten der Vollziehung als unbefriedigend empfunden, daß nach der damaligen Rechtslage Unterhaltserhöhung und Vorschußerhöhung zu einem unterschiedlichen Zeitpunkt wirksam werden konnten. Künftig sollten daher, wenn während des Laufens der Vorschüsse der Unterhaltsbeitrag erhöht wird, zugleich auch die Vorschüsse hinaufgesetzt werden können (276 BlgNR XV.GP 14). Zwar wies die im Initiativantrag der Abgeordneten zum Nationalrat Dr. H*** und Genossen enthaltene Neufassung des § 19 einen etwas anderen Wortlaut auf. In Ansehung der Neufassung des § 19 UVG deckte sich jedoch die Zielsetzung beider Gesetzesanträge (276 BlgNR XV.GP 5, 6 und 14). Richtig ist auch, daß nach den Erl.Bem. durch die Wortfolge "Bis zum Ende des im zuletzt gefaßten Beschluß über die Gewährung oder Weitergewährung bestimmten Zeitraums" klargestellt werden sollte, daß die Erhöhung der Vorschüsse nur für den noch offenen Teil des zuletzt anläßlich der Gewährung oder Weitergewährung der Vorschüsse bestimmten Zeitraums angeordnet werden darf. Diese Beschränkung betrifft aber sowohl nach dem Wortlaut des Gesetzes als auch nach der Absicht des Gesetzgebers lediglich den Endzeitpunkt. Sie beruht nämlich auf der Erwägung, daß im Fall der Vorschußerhöhung sich das Gericht auf die Prüfung bloß der Wirksamkeit der Unterhaltserhöhung zu beschränken hat, die ursprünglich für die Vorschußgewährung bestimmte Frist aber nur nach Durchführung eines Verfahrens nach § 18 UVG verlängert werden kann (276 BlgNR XV.GP 14). Es sollte somit lediglich verhindert werden, daß ohne Durchführung des gesetzlich hiefür vorgesehenen Verfahrens mit der Erhöhung zugleich auch der Zeitraum, für den die Vorschüsse gewährt oder weitergewährt wurden, verlängert wird. Aus dem Wortlaut des § 19 Abs 2 UVG und auch aus den Geestzesmaterialien ergibt sich somit, daß dann, wenn während des Laufes der Vorschüsse der Unterhaltsbeitrag erhöht wird, die Erhöhung der Vorschüsse mit dem der Unterhaltserhöhung folgenden Monatsersten bzw. dem Monatsersten selbst dann anzuordnen ist, wenn die letzte Weitergewährung von einem danach gelegenen Zeitpunkte an, aber in ununterbrochener Folge (vgl. § 18 Abs 1 UVG) bewilligt worden ist (so schon zutreffend KG Wels, ÖA 1987, 140). Sprechen der Wortlaut des Gesetzes und die klare Absicht des Gesetzgebers für ein bestimmtes Verständnis des Gesetzes, so ist dieses maßgebend (Koziol-Welser8 I 22). Die zum Teil von den Gerichten zweiter Instanz in der Sache vertretene gegenteilige Meinung kann daher nicht geteilt werden (7 Ob 582/90).

Für den vorliegenden Fall folgt daraus, daß eine Änderung der Vorschüsse bereits ab der Änderung der Unterhaltsbeiträge, das ist ab dem 1.3.1987, anzuordnen ist, weil diese Änderung während des Laufes der Vorschüsse erfolgte.

Dem Revisionsrekurs war dementsprechend Folge zu geben. Über die in § 19 Abs 1 UVG vorgesehene Einbehaltung zu Unrecht ausbezahlter Beträge wird das Erstgericht zu entscheiden haben.

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