OGH 9ObA245/90

OGH9ObA245/9010.10.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Scheuch und Mag. Ernst Löwe als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Norbert K***, Angestellter, Hohenems, Hugo-von-Montfort-Straße 3, vertreten durch Dr. Clement Achammer, Rechtsanwalt in Feldkirch, wider die beklagte Partei V*** R*** Gesellschaft m.b.H., Dornbirn, Zollgasse 10, vertreten durch Dr. Franz Bernhard, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen S 242.118,65 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25.April 1990, GZ 5 Ra 28/90-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht vom 4. September 1989, GZ 35 Cga 43/89-11, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 10.882,-- (darin S 1.813,-- Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Berufungsgericht hat die Frage, ob die Entlassung des Klägers gerechtfertigt erfolgte, zutreffend gelöst. Es reicht daher aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Rechtliche Beurteilung

Den Ausführungen des Revisionswerbers, bei den ihm zur Last gelegten Vorfällen handle es sich nur um geringfügige Verfehlungen, denen insgesamt nicht das Gewicht eines Entlassungsgrundes im Sinne des § 27 Z 1 dritter Tatbestand, oder des § 27 Z 4 zweiter Tatbestand AngG zukomme, ist entgegenzuhalten:

Wie das Berufunsgericht richtig erkannte, fällt unter den Tatbestand der Vertrauensunwürdigkeit im Sinne des § 27 Z 1 dritter Tatbestand AngG jede Handlung oder Unterlassung eines Angestellten, die mit Rücksicht auf ihre Beschaffenheit und ihre Rückwirkung auf das Arbeitsverhältnis den Angestellten objektiv gesehen des dienstlichen Vertrauens seines Arbeitgebers unwürdig erscheinen läßt, weil dieser befürchten muß, daß der Angestellte seine Pflichten nicht mehr getreulich erfüllen werde, sodaß dadurch die dienstlichen Interessen des Arbeitgebers gefährdet sind. Hiefür genügt Fahrlässigkeit; Schädigungsabsicht ist nicht erforderlich. Bei wiederholten Verfehlungen kann das Vertrauen auch schrittweise verlorengehen; es ist dabei das Gesamtverhalten des Angestellten zu berücksichtigen (vgl. Kuderna, Das Entlassungsrecht 89; Arb.9862 uva.).

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen legte der Kläger nicht nur eine weisungswidrige, "laxe" Dienstauffassung an den Tag, sondern auch eine auffallende Sorglosigkeit im Umgang mit den der Beklagten zur Bearbeitung und Sicherung anvertrauten Belegen und Daten. So stellte er in der Nacht vom 9. auf den 10.Oktober 1988 die Koffer mit den Originalbelegen der Kunden und den Unterlagen für die Basis der Datenerfassung unbeaufsichtigt auf die Rampe des Betriebsgebäudes, obwohl er die Koffer in einem versperrten Vorraum zu verwahren gehabt hätte. Wegen dieser Unvorsichtigkeit wurde der Kläger, wie schon vorher wegen Zuspätkommens und Rauchens im Maschinenraum, unter Androhung der Entlassung schriftlich verwarnt und wiederum auf die Einhaltung der VRZ-Richtlinien, der Datenschutzrichtlinien und der Arbeitszeitregelungen hingewiesen. Dennoch verließ der Kläger am 6.Jänner 1989, obwohl noch Arbeit vorhanden war, nach ca. zweieinhalbstündiger Tätigkeit den Arbeitsplatz und kam am 9.Jänner 1989 um 13 Minuten und am 10.Jänner 1989 um 12 Minuten zu spät zur Arbeit.

Am 11.Jänner 1989 hatte der Kläger unter anderem OLF-Daten zu sichern, um diese vor Verlust oder Löschung zu bewahren. Entgegen den ausdrücklichen Richtlinien des VRZ trug er jedoch schon vor Beginn seiner Tätigkeit die Datensicherung als durchgeführt in den Auftrag ein und versah diesen mit seiner Paraphe. Dadurch wäre bei einer Kontrolle der Eindruck entstanden, daß diese Sicherungsarbeiten tatsächlich und ordnungsgemäß durchgeführt worden seien und die im Auftragsformular angeführten Bandnummern auch die zu sichernden Daten enthielten. Obwohl das Band während der Sicherung abstürzte, legte er das Auftragsformular als "schon erledigt" ab. Er hatte den Bandabsturz vorerst übersehen, obgleich dieser auf dem Bildschirm gemeldet worden war. Als es ihm klar wurde, daß er den Absturz des Bandes übersehen haben müsse, spulte er das Band händisch zurück und sicherte auf diesem und einem anderen Band die Daten eines anderen Kunden. Die Daten der OLF-Buchhaltung blieben entgegen seinem Vermerk ungesichert. Bei der Übergabe der Arbeit an seinen Nachfolger erwähnte er nichts davon, daß die OLF-Buchhaltung noch nicht gesichert sei. Erst als der betreffende Kunde reklamierte, daß mit der Datensicherung etwas nicht in Ordnung sein könne, stellte es sich nach diesbezüglichen Nachforschungen heraus, daß auf den Bändern nicht der Kennsatz OLF, sondern ein anderer Kennsatz vermerkt war.

Diese zur Entlassung führende Manipulation des Klägers war objektiv geeignet, den nunmehr endgültigen Vertrauensverlust zu bewirken. Wie der Oberste Gerichtshof bereits ausgeführt hat, sind für jedes die elektronische Datenverarbeitung einsetzendes Unternehmen die Datenbestände von besonderem Wert. Die Daten sind daher vor Verlust oder Beschädigung zu schützen. Ganz besonders wichtig ist das Sichern von Programmen und Daten durch Duplizieren bzw. Kopieren. Diese Datensicherung ist ein Muß für jede EDV-Abteilung (9 Ob A 182/90). Da die Beklagte für diese Sicherung eindeutige Richtlinien aufstellte und der Kläger diese Richtlinien mißachtete, ist seine Entlassung gerechtfertigt.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 50 und 41 ZPO begründet.

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