Spruch:
Beiden Rekursen wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß in Ansehung der erstbeklagten und der drittbeklagten Partei das Urteil des Erstgerichtes als Teilurteil wiederhergestellt wird.
Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der erstbeklagten Partei die mit 37.672,86 S (darin 6.278,81 S USt) und 37.938,80 S (darin 2.989,80 S USt und 20.000 S Barauslagen) und der drittbeklagten Partei die mit 37.672,86 S (darin 6.278,81 S USt) und 39.732,70 S (darin 3.288,80 S USt und 20.000 S Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungs- und Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Franz S*** und Olga S***, deren Ehe 1980 geschieden wurde, waren je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 92 KG Perwang (im folgenden: Liegenschaft). Das Bezirksgericht Mattighofen bewilligte am 3.Februar 1986 die von Olga S*** beantragte Exekution durch gerichtliche Versteigerung der Liegenschaft gemäß § 352 EO. Nach den Versteigerungsbedingungen hat der Ersteher innerhalb von 14 Tagen nach Erteilung des Zuschlags das Meistbot zu erlegen, die Liegenschaftseigentümer sind beim Zuschlag vom Erlag des Meistbotes mit dem Anteil befreit, mit dem sie Liegenschaftseigentümer sind, die Wiederversteigerung ist für den Fall, daß der Ersteher das Meistbot nicht rechtzeitig und ordnungsgemäß berichtigt, vorgesehen. An der Liegenschaft zeigte auch die erstbeklagte G*** P*** Interesse und bot im Versteigerungstermin am 1.August 1986 mit. Die Liegenschaft wurde Franz S*** als Meistbietenden um 1,210.000 S zugeschlagen. Die Mittel zum Erwerb sollten die Kläger zur Verfügung stellen; selbst wäre Franz S*** nicht in der Lage gewesen, auch nur einen Teil des Meistbotes aufzubringen. Die Zahlung des Meistbotes bzw der entsprechenden Hälfte von 605.000 S hatte bis längstens 14.August 1986 zu erfolgen. Am 8.August 1986 errichtete der Drittbeklagte im Auftrag des Erstklägers einen Kaufvertrag, mit dem Franz S*** die gesamte Liegenschaft um 605.000 S sowie gegen Einräumung der Dienstbarkeit des lebenslänglichen Wohnungsrechtes je zur Hälfte an die Kläger satz- und lastenfrei verkaufte. In Pkt. I) des Kaufvertrages wurde festgehalten, daß Franz S*** auf Grund des Kaufvertrages vom 20.Juli 1970 und des Zuschlages vom 1.August 1986 ... Eigentümer der (gesamten) Liegenschaft ist. Die Kläger überwiesen am Freitag, dem 13.August 1986 Franz S*** den Kaufpreis von 605.000 S. Die Valutierung erfolgte wegen des Wochenendes erst am 18.August 1986, doch wäre dadurch eine frühere Barabhebung nicht ausgeschlossen gewesen. Am 21.August 1986 langte ein Betrag von 525.000 S - ein Vadium von 80.000 S war bereits erlegt - mit Wertstellung 22.August 1986 auf dem "Meistbotskonto" des Bezirksgerichtes Mattighofen ein. Da Franz S*** das Meistbot nicht fristgerecht erlegt hatte, beantragte Olga S*** am 22. August 1986 die Wiederversteigerung der Liegenschaft, die vom Kreisgericht Ried im Innkreis als Rekursgericht bewilligt wurde. In der Begründung wurde jedoch darauf hingewiesen, daß die Wiederversteigerung unterbleiben könne, wenn der säumige Ersteher die ausständigen Zinsen von 1.458,30 S noch vor Ablauf der Rechtsmittelfrist gegen diesen Beschluß (25.November 1986) erlege. Diese Entscheidung wurde dem Rechtsvertreter der Olga S***, Dr.Hans E***, Franz S*** und am 10.November 1986 aus nicht mehr feststellbaren Gründen auch dem Drittbeklagten zugestellt, der Franz S*** und die Kläger von diesem Beschluß am 27.November 1986 verständigte und sie ersuchte, die ausständigen Zinsen umgehend zu bezahlen. Die Kläger beauftragten am 1.Dezember 1986 den Drittbeklagten, diesen Betrag an das Bezirksgericht Mattighofen zu überweisen. Einen Antrag des Franz S***, festzustellen, daß der Zinsenbetrag rechtzeitig erlegt worden sei, wies das Bezirksgericht Mattighofen rechtskräftig ab. Am 4.Dezember 1986 zahlte der Zweitbeklagte den ausständigen Zinsenbetrag ein. Im Hinblick auf die bevorstehende Wiederversteigerung der Liegenschaft kam es am 15. Jänner 1987 zu einer Besprechung zwischen dem Erstkläger, seinem damaligen Vertreter, dem Bürgermeister der Erstbeklagten Ludwig R*** und Dr.Hans E***. Ludwig R*** bot dem Erstkläger eine Kaufpreisablöse von 600.000 S und eine Investitionsablöse von 200.000 S an, womit der Erstkläger nicht einverstanden war. Die Erstbeklagte kaufte mit Vertrag vom 23.Jänner bzw 24.August 1987 den Olga S*** gehörigen Liegenschaftsanteil und mit Vertrag 4.August 1987 bzw 29.August 1987, abgeschlossen vor dem Notar Dr.Johannes P***, den Franz S*** gehörigen Liegenschaftsanteil um 300.000 S und gegen Einräumung eines unentgeltlichen Wohnungsrechtes. Bei dieser Vertragserrichtung stand der Kaufvertrag der Kläger mit Franz S*** zur Verfügung und wurde erörtert; Notar Dr.Johannes P*** hatte keine Bedenken gegen eine Vertragserrichtung. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Mattighofen vom 10.August 1987 wurde das Versteigerungsverfahren über Antrag der Olga S*** eingestellt. Der von Franz S*** erlegte Betrag von 605.000 S wurde am 11. September 1987 abzüglich einiger Einbehalte zufolge von Forderungsexekutionen an diesen rücküberwiesen, von Franz S*** jedoch nicht an die Kläger zurückbezahlt. Franz S*** ist am 25. August 1988 verstorben.
Die Kläger begehrten den Ausspruch 1) gegenüber der Erstbeklagten, die Einverleibung des Eigentumsrechtes an einer ideellen Liegenschaftshälfte der EZ 92 KG Perwang sei unwirksam und zu löschen; 2) Franz S*** und der Drittbeklagte seien zur ungeteilten Hand schuldig, 362.313,75 S sA zu bezahlen; in eventu für den Fall der Abweisung des Löchungsbegehrens, alle Beklagten seien zur ungeteilten Hand schuldig, 362.313,75 S sA, Franz S*** und der Drittbeklagte seien weiters zur ungeteilten Hand schuldig, weitere 362.313,75 S sA zu bezahlen. Die Kläger brachten vor, sie hätten nach Inbesitznahme der Liegenschaft Erhaltungs- und Umbauarbeiten um insgesamt 60.137,50 S vorgenommen und die Grunderwerbssteuer von 59.490 S entrichtet. Die Erstbeklagte sei beim Erwerb des Hälfteanteils des Franz S*** schlechtgläubig gewesen und habe diesen zum Vertragsbruch verleitet. Dr.Hans E***, der gleichzeitig die Erstbeklagte und Olga S*** vertreten habe, habe durch den Antrag auf Wiederversteigerung ohne Wissen der Olga S*** lediglich die Interessen der Erstbeklagten vertreten. Franz S*** habe offensichtlich in Betrugsabsicht gehandelt und den Kaufpreis zweimal kassiert, ohne sich mit den Klägern auseinanderzusetzen. Der Drittbeklagte sei als Verfasser des Kaufvertrages schadenersatzpflichtig, weil er, obwohl die Liegenschaft noch nicht rechtskräftig zugeschlagen gewesen sei, den Kaufpreis nicht treuhändig abgewickelt, keinerlei Bestimmungen über die Lastenfreistellung in den Kaufvertrag aufgenommen und das einzige Original des Kaufvertrages Franz S*** ausgehändigt habe. Er habe weiters die Aufforderung des Kreisgerichtes Ried im Innkreis, die Meistbotszinsen von 1.458,30 S zu erlegen, verspätet an Franz S*** und die Kläger weitergeleitet.
Die Beklagten bestritten das Klagebegehren und beantragten dessen Abweisung. Die Erstbeklagte wendete im wesentlichen ein, Grundlage, Voraussetzung und Bedingung des Kaufvertrages vom 8. August 1986 sei der Erwerb des Alleineigentums der Liegenschaft durch die Kläger gewesen. Franz S*** habe das Haus auch deshalb an die Kläger verkauft, weil ihm ein lebenslängliches Wohnungsrecht darin eingeräumt worden sei. Diese Vertragsvoraussetzungen seien mit der Bewilligung der Wiederversteigerung weggefallen. Franz S*** habe daher über seine Liegenschaftshälfte wieder frei verfügen können. Die Erstbeklagte habe die Verkäufer S*** nie zu einem Vertragsbruch verleitet. Der Kaufvertrag sei nach Bewilligung der Wiederversteigerung undurchführbar gewesen, zumal die Einräumung der Dienstbarkeit des Wohnungsrechts nur an einem ideellen Liegenschaftsanteil nicht möglich gewesen wäre. Sowohl Notar Dr.Johannes P*** wie auch der Gerichtsvorsteher des Bezirksgerichtes Mattighofen hätten erklärt, daß Franz S*** zufolge der Bewilligung der Wiederversteigerung wieder frei über sein Grundstück verfügen könne. Es wäre Aufgabe der Kläger gewesen, rechtzeitig für die Rückzahlung des Betrages zu sorgen bzw sich entsprechend abzusichern. Franz S*** machte geltend, Geschäftsgrundlage des Kaufvertrages sei gewesen, daß die Kläger Eigentümer der gesamten Liegenschaft würden und ihm das Wohnungsrecht eingeräumt werde. Für den Fall, daß der Zuschlag nicht rechtskräftig werde, habe der bezahlte Betrag von 605.000 S das Entgelt für eine Liegenschaftshälfte darstellen und das Wohnungsrecht entfallen sollen. Von seiner Zahlungsverpflichtung für Zinsen von 1.458,30 S habe er verspätet erfahren. Der Drittbeklagte brachte vor, er habe im Auftrag des Franz S*** den Kaufvertrag vom 8.August 1986 errichtet, die Gebührenanzeige beim zuständigen Finanzamt erstattet und die Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung erwirkt. Nur diese Aufgaben seien von seinem Auftrag umfaßt gewesen. Er habe die Kläger im Zuge der Vertragserrichtung darauf hingewiesen, daß der Vertrag erst mit Rechtskraft des Zuschlags im Versteigerungsverfahren wirksam werde. Für die Abwicklung der finanziellen Seite des Vertrages habe er den Klägern eine von diesen abgelehnte Treuhandschaft angeboten. Obwohl Barzahlung vereinbart worden sei, hätten die Kläger diese nicht rechtzeitig durchgeführt, sodaß Franz S*** das Meistbot nicht fristgerecht beim Bezirksgericht Mattighofen habe einzahlen können. Die Zustellung des Beschlusses des Kreisgerichtes Ried im Innkreis über die Bezahlung von 1.458,30 S an ihn sei rechtlich belanglos, weil er im Teilungsverfahren weder Vertreter der Kläger noch des Franz S*** gewesen sei; die Übernahme des Beschlusses sei in Unkenntnis des Sachverhaltes durch das Kanzleipersonal erfolgt. Zwischen den Parteien des Kaufvertrages sei ausdrücklich vereinbart worden, daß die Kläger ausschließlich beide Liegenschaftshälften oder keine von beiden erwerben.
Das Erstgericht verhielt die zweitbeklagte Partei zur Zahlung von 605.000 S sA und wies die gegen die Erstbeklagte und gegen den Drittbeklagten gerichteten Haupt- und Eventualbegehren ab. Dabei stellte es im wesentlichen noch fest:
Der Erstkläger habe am 6.August 1986 den Drittbeklagten aufgesucht und ihn mit der Errichtung des Kaufvertrages zwischen den Klägern und Franz S*** beauftragt. Der Drittbeklagte habe noch am selben Tag entsprechende Erhebungen im Grundbuch durchgeführt, sich über den Stand des Versteigerungsverfahrens informiert und einen Vertragsentwurf verfaßt. Der Drittbeklagte habe auch den Auftrag erhalten, den Vertrag bei der zuständigen Finanzbehörde anzuzeigen und ihn grundbücherlich durchzuführen. Er habe darauf hingewiesen, daß dies erst nach rechtskräftigem Zuschlag möglich sei und habe die Kläger gefragt, ob sie in der Lage seien, rechtzeitig den Kaufpreis aufzubringen, um es Franz S*** zu ermöglichen, das Meistbot bis 14.August 1986 zu bezahlen. Sein Angebot, zur Abwicklung des finanziellen Teiles der Grundstücksübereignung als Treuhänder aufzutreten, hätten die Kläger aus Kostengründen und auf Grund einer Absprache mit der finanzierenden Raiffeisenkasse Berndorf-Seeham abgelehnt. Der Leiter dieses Kreditinstitutes habe dem Drittbeklagten bestätigt, daß es finanziell keine Schwierigkeiten geben werde. Über Antrag des Drittbeklagten sei mit Beschluß vom 12.August 1986 auf der Liegenschaftshälfte des Franz S*** die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung mit Rechtswirksamkeit bis einschließlich 12.August 1987 einverleibt worden.
In rechtlicher Hinsicht verneinte das Erstgericht einen Anspruch der Kläger gegen die Erstbeklagte, weil der von ihnen mit Franz S*** geschlossene Kaufvertrag unter der schlüssigen Bedingung errichtet worden sei, daß das Meistbot rechtzeitig bezahlt werde. Da diese Bedingung nicht eingetreten sei, sei dieser Kaufvertrag nicht wirksam geworden. Eine Vereitlung der Bedingung des Kaufvertrages, das Meistbot rechtzeitig zu erlegen, sei von den Klägern der Erstbeklagten nicht angelastet worden und im Beweisverfahren auch nicht hervorgekommen. Die zweitbeklagte Partei habe den Klägern den Kaufpreis von 605.000 S aus dem Titel der Bereicherung zurückzuzahlen. Die dem Drittbeklagten vorgeworfenen Pflichtverletzungen seien durch das Beweisverfahren widerlegt. Offen bleibe nur die nicht sofortige Weitergabe der Rekursentscheidung über die Wiederversteigerung an die Vertragsparteien. Dazu sei der Drittbeklagte nicht verpflichtet gewesen; er sei im Versteigerungserfahren weder Vertreter einer der Parteien noch Treuhänder für die finanzielle Abwicklung des Kaufvertrages gewesen. Er habe damit rechnen können, daß der Zweitbeklagte den geringfügigen Betrag bezahle.
Das Berufungsgericht gab den Berufungen der Kläger und der zweitbeklagten Partei Folge und hob das erstgerichtliche Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf. Bei der Doppelveräußerung einer Liegenschaft werde derjenige Eigentümer, der früher um die Einverleibung angesucht habe (§ 440 ABGB). Der andere Käufer sei auf Schadenersatzansprüche gegen den Verkäufer beschränkt. Die zeitliche Reihenfolge der Titelgeschäfte spiele keine Rolle, weil es für den Eigentumserwerb allein auf das Verfügungsgeschäft ankomme. Wenn aber der Zweiterwerber den Leistungswillen des Vertragspartners des Erstkäufers zu seinen Gunsten beeinflusse, ihn also zum Vertragsbruch verleite oder in arglistiger Weise im Zusammenspiel mit dem Vertragspartner bewußt zum Nachteil des Erstkäufers handle, werde eine Schadenersatzpflicht begründet. Ob ein derartiges Verhalten der Erstbeklagten, die sich die Handlungen ihres Vertreters zurechnen lassen müsse, vorliege, könne erst nach Aufnahme der angebotenen Beweise beurteilt werden. Dem Erstkäufer einer Liegenschaft werde gegen den Zweiterwerber ein Schadenersatzanspruch nach § 1323 ABGB mit dem Ziel auf Übergabe der gekauften Liegenschaft auch dann gewährt, wenn das durch den Besitz verstärkte Forderungsrecht des Ersterwerbers für seinen Gegner deutlich erkennbar gewesen sei, wenn er die schuldrechtliche Position gekannt habe oder bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte kennen müssen. Auch dabei sei das Wissen des mit der Vertragsverfassung betrauten Notars oder sonstigen Vertreters dem Vertretenen zuzurechnen. Sowohl der Bürgermeister der Erstbeklagten wie auch ihr Rechtsvertreter Dr.Hans E*** hätten Kenntnis vom Kaufvertrag zwischen den Klägern und dem Zweitbeklagten und davon gehabt, daß die Kläger bereits Besitz ausgeübt hätten, weil sie auch von deren Investitionen gewußt hätten. Auch dem Vertragserrichter Notar Dr.Johannes P*** sei der erste Kaufvertrag vorgelegen. Dieses Wissen um eine schuldrechtliche Stellung der Kläger begründe eine Schadenersatzpflicht der Erstbeklagten, falls - was noch zu prüfen sei - tatsächlich eine Doppelveräußerung vorliege. Bei der gerichtlichen Feilbietung der Liegenschaft nach § 352 EO sei der Zuschlag als Kaufvertrag zu qualifizieren, die Versteigerungsbedingungen als Sonderform des Kaufanbotes und das Meistbot als Kaufpreis. Der Ersteher erwerbe Eigentum erst mit der Verbücherung; der Zuschlag verschaffe dem Ersteher nur einen rechtsgeschäftlichen Erwerbstitel. Bei Gültigkeit des Zuschlags und dieses Kaufvertrages hätte das Eigentumsrecht der Kläger an der Liegenschaft einverleibt werden können (§ 22 GBG). Durch die Anordnung der in den Versteigerungsbedingungen vorgesehenen Wiederversteigerung wegen nicht rechtzeitiger gänzlicher Meistbotsberichtigung sei jedoch das mit dem Zuschlag erworbene Recht des Zweitbeklagten auf Übereignung des seiner geschiedenen Gattin gehörigen Hälfteanteils an der Liegenschaft erloschen. Entgegen der Auffassung des Erstrichters könne derzeit noch nicht gesagt werden, ob unter dem Gesichtspunkt des § 863 ABGB der zwischen den Klägern und dem Zweitbeklagten abgeschlossene Kaufvertrag unter der schlüssigen Bedingung des rechtzeitigen Meistbotserlages zustande gekommen sei. Sollten Feststellungen nicht getroffen werden können, was die Vertragsteile im Fall der Aufhebung des Zuschlags an den Zweitbeklagten gewollt hätten, sei unter Berücksichtigung der übrigen Geschäftsbestimmungen und des von den Parteien verfolgten Zwecks zu fragen, welche Lösung redliche und vernünftige Parteien vereinbart hätten, wobei auch auf das im Kaufvertrag zugunsten des Franz S*** vereinbarte Wohnungsrecht Bedacht zu nehmen sein werde. Komme das Erstgericht zum Ergebnis, daß die Kläger zumindest die Liegenschaftshälfte des Franz S*** jeden Fall erwerben wollten und somit der Kaufvertrag in diesem Umfang aufrecht sei, müsse eine Fahrlässigkeit der Erstbeklagten beim Erwerb bejaht werden, weil sie bzw ihre Vertreter sowohl vom Kaufvertrag als auch vom Besitz der Kläger Kenntnis gehabt hätten und ihnen eine Erkundigung bei den Klägern zugemutet werden müsse, ob der Kaufvertrag mit Franz S*** hinsichtlich des ihm gehörigen Hälfteanteils an der Liegenschaft auch nach der aufrechten Wiederversteigerung aufrecht geblieben sei. Der Drittbeklagte hätte die Interessen beider Vertragsteile wahrzunehmen gehabt. Dazu hätte auch gehört, sie vor dem Verlust der durch Zuschlag und Kaufvertrag erworbenen Rechtsposition zu schützen, nur so habe er seinem Auftrag nachkommen können, die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Kläger an der Liegenschaft zu bewirken. Der Drittbeklagte habe am 10. November 1986 eine Beschlußausfertigung über die bewilligte Wiederversteigerung erhalten, davon die Streitteile jedoch erst am 27. November 1986, also nach Ablauf der im Beschluß genannten Frist verständigt. Unabhängig davon, daß der Drittbeklagte im Versteigerungsverfahren nicht Parteienvertreter gewesen sei, hätte er auf Grund seines Auftrages dafür Sorge tragen müssen, daß die Vertragsparteien den im Beschluß vom 10.November 1986 genannten Betrag rechtzeitig einzahlen. Er hätte wissen müssen, daß die Kläger, die nicht Beteiligte des Versteigerungsverfahrens gewesen seien, jedoch das vom Zweitbeklagten zu bezahlende Meistbot finanziert hätten, k ine Kenntnis vom Beschluß auf Bewilligung der Wiederversteigerung gehabt hätten. Der Drittbeklagte habe sich nicht darauf verlassen dürfen, daß der Zweitbeklagte den Betrag rechtzeitig einzahlen werde. Die Tatsache, daß der Drittbeklagte oder seine Kanzleiangestellten, für die er nach § 1313 a ABGB hafte, das Geschäftsstück mehr als 14 Tage nicht geöffnet hätten, sei eine Verletzung der ihm obliegenden Sorgfaltspflicht. Eine rechtzeitige Öffnung des vom Gericht zugestellten Geschäftsstückes und eine Information der Vertragsteile davon würde im Hinblick auf den ihm erteilten Auftrag keine übertriebenen Anforderungen an die von ihm verlangte Sorgfaltspflicht bedeuten. Bei rechtzeitiger Bezahlung der ausständigen Zinsen wäre der Zuschlag aufrecht geblieben und hätte das Eigentum der Kläger an der Liegenschaft einverleibt werden können. Ein Schadenersatzanspruch gegen den Notar als Vertragsverfasser steht den Klägern schon dann zu, wenn sie - wie dies hier nach dem Inhalt des Vermögensbekenntnisses der Fall sei - Grund zur Befürchtung haben müssen, daß die zweitbeklagte Partei nicht in der Lage sei, seiner Verpflichtung auf Rückerstattung des Kaufpreises nachzukommen und ihnen deshalb die Eintreibung gegen diese Partei nicht zumutbar sei.
Die gegen den Beschluß des Berufungsgerichtes erhobenen Rekurse der Erst- und des Drittbeklagten sind gerechtfertigt.
Rechtliche Beurteilung
Zum Rekurs der Erstbeklagten:
Der Oberste Gerichtshof folgt bei der Doppelveräußerung von Liegenschaften dem von Schilcher-Holzer (Der schadenersatzrechtliche Schutz des Traditionserwerbers bei Doppelveräußerungen von Liegenschaften in JBl 1974, 445 ff, 512 ff) in Fortentwicklung der Lehre Koziols von der Verleitung zum Vertragsbruch (Koziol, Die Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte, 120 ff) aufgegriffenen Gedanken von der Funktion des Besitzes als Ausdrucksmittel der typischen Erkennbarkeit von Forderungsrechten, wonach dem ersten Käufer einer Liegenschaft gegen den zweiten Erwerber ein Schadenersatzanspruch nach § 1323 ABGB mit dem Ziel auf Übertragung der gekauften Liegenschaft schon dann gewährt wird, wenn für den Zweiterwerber das durch den Besitz verstärkte Forderungsrecht des Ersterwerbers deutlich erkennbar war. In diesem Falle genügt bereits, daß sein Gegner seine obligationsrechtliche Position kannte oder bei gehöriger Aufmerksamkeit kennen mußte (RdW 1989, 128 = NZ 1988, 98; SZ 56/140, SZ 56/125 ua; Spielbüchler in Rummel2, § 431 ABGB Rz 11; Aicher in Rummel2, § 1053 Rz 13 f). Gegen diese, bereits von den Vorinstanzen wiedergegebene Rechtsansicht wird in den Rechtsmittelschriften nichts vorgetragen. Der Besitz der Kläger an der Liegenschaft und der mit Franz S*** abgeschlossene Kaufvertrag war der Erstbeklagten bekannt. Da das Verfahren nach § 352 EO den Regeln der freiwilligen Versteigerung unterliegt, erfolgt der Eigentumserwerb nicht auf Grund eines staatlichen Hoheitsaktes, sondern wie bei einem Kauf iS des Privatrechtes (SZ 52/61; MietSlg 33.065; 3 Ob 100/86 ua; Gamerith in Rummel2, § 843 ABGB Rz 15; Heller-Berger-Stix, Kommentar4, 2546). Demgemäß ist der Zuschlag an Franz S*** als Kaufvertrag, der ihm als Ersteher nur einen rechtsgeschäftlichen Erwerbstitel verschaffte, zu verstehen (SZ 48/134; Gamerith aaO; Hofmeister in Schwimann, § 843 ABGB Rz 50). Der Ersteher erwirbt erst mit der Verbücherung Eigentum (MietSlg 24.179), weshalb Punkt I) des Kaufvertrages der Kläger mit Franz S***, letzterer sei (bereits) Eigentümer der Liegenschaft, inhaltlich unrichtig war, was freilich der Gültigkeit des Vertrages keinen Abbruch tat, da sich der Miteigentümer auch zum Verkauf der gesamten Sache verpflichten kann (4 Ob 128, 129/81). Es war ja zudem damit zu rechnen, daß Franz S*** die zweite Liegenschaftshälfte bei der freiwilligen Versteigerung erwirbt.
Punkt 9. der Versteigerungsbedingungen sah die Wiederversteigerung für den Fall des nicht rechtzeitigen Erlags des Meistbotes vor und schloß zugleich den säumigen Ersteher vom Mitbieten bei der neuerlichen Versteigerung aus. Demgemäß konnte Franz S*** als säumiger Ersteher der Liegenschaft nach rechtskräftiger Bewilligung der Wiederversteigerung nicht mehr als Ersteher der gesamten Liegenschaft in Frage kommen. Durch die Bewilligung der Wiederversteigerung war allerdings nicht nur in sinngemäßer Anwendung des § 154 Abs 2 EO das Recht des Franz S*** aus dem Zuschlag erloschen, es war auch das Versteigerungsverfahren hinsichtlich der gesamten Liegenschaft, somit auch in Ansehung seiner Liegenschaftshälfte, fortzusetzen. Die von Franz S*** nach dem Kaufvertrag zu erbringende Leistung war damit aber, wovon die Kläger selbst ausgehen, unmöglich geworden. Der Rechtsansicht der Kläger, zufolge der Wiederversteigerung sei nur der "halbe Kaufvertrag" unmöglich geworden, Franz S*** sei weiterhin an den Kaufvertrag insoferne gebunden geblieben, als er seine eigene ideelle Liegenschaftshälfte betreffe, kann nicht beigetreten werden. Da die von Franz S*** zu erbringende Leistung, das Verschaffen des Eigentumsrechtes an der gesamten Liegenschaft, eine unteilbare Leistung darstellt, liegt nicht bloße Teilunmöglichkeit vor.
Bei unteilbaren Leistungen führt aber die Unmöglichkeit eines Teiles zur Unmöglichkeit der Gesamtleistung (Koziol-Welser, Grundriß8 I, 204). Inbesondere war auch die von den Klägern zu erbringende Gegenleistung nicht teilbar, weil die Verbücherung des lebenslänglichen und unentgeltlichen Wohnungsrechtes für Franz S*** als einer persönlichen Dienstbarkeit (§§ 478, 521 ABGB) auf einer Liegenschaftshälfte allein unzulässig war (SZ 5/230). Daß eine gerichtliche oder außergerichtliche Benützungsregelung ungeachtet ihrer fehlenden Verbücherungsmöglichkeit doch eine wirtschaftlich vielleicht gleichwertige Möglichkeit für Franz S*** dargestellt hätte, mag richtig sein, ist aber irrelevant, weil dies nicht Inhalt des Kaufvertrages vom 8.August 1986 war, sondern nur in einem neuen Kaufvertrag hätte vereinbart werden können. Von dieser beiderseitigen Leistungsunmöglichkeit konnte auch die Erstbeklagte ausgehen, als sie von Franz S*** dessen Liegenschaftshälfte erwarb. Unter diesen Umständen kann von einem fahrlässigen Eingriff in fremde Vertragsrechte, der zu Schadenersatz verpflichtet, nicht gesprochen werden.
Zum Rekurs des Drittbeklagten:
Den allgemeinen, mit der herrschenden Lehre und Rechtsprechung übereinstimmenden Ausführungen des Berufungsgerichtes über die Sorgfaltspflicht der Notare ist beizustimmen. Grundsätzlich haben Notare alle Geschäfte mit Redlichkeit, Genauigkeit und Fleiß nach den bestehenden Rechtsvorschriften zu versehen. Der Notar ist beiden Vertragsparteien gegenüber zur sorgfältigen Wahrung ihrer Interessen verpflichtet, sofern er von beiden Teilen ins Vertrauen gezogen wird. Dies gilt auch dann, wenn er nur von einem Teil bevollmächtigt ist (NZ 1987, 284 ua; Reischauer in Rummel, § 1299 ABGB Rz 18). Beide Vertragspartner müssen darauf vertrauen können, daß der mit der Vertragserrichtung beauftragte Notar in besonderem Maße darauf bedacht sein werde, sie vor Nachteilen zu bewahren und für ihre rechtliche und tatsächliche Sicherheit zu sorgen (EvBl 1990/21; NZ 1989, 247; NZ 1982, 142; NZ 1971, 76 uva; Reischauer aaO, Rz 18 mwN). Bei einem Verstoß gegen diese ihm auferlegte Sorgfaltspflicht haftet der Notar für den durch sein schuldhaftes Verhalten entstandenen Schaden (SZ 59/106 = NZ 1987, 129; SZ 57/108 ua), und zwar auch dann, wenn der Rückabwicklungsanspruch gegen den anderen Teil (hier allenfalls zweitbeklagte Partei) wegen dessen Mittellosigkeit schwer durchzusetzen ist (SZ 57/108). Der Notar hat iS des § 1299 ABGB den Mangel des notwendigen Fleißes und der erforderlichen Kenntnisse seines Berufes zu vertreten, es dürfen von ihm der Fleiß und die Kenntnisse verlangt werden, die bei gewissenhaften Rechtsvertretern zu erwarten sind. Die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht dürfen aber nicht überspannt werden (EvBl 1990/21; NZ 1989, 247; NZ 1973, 120 ua; Reischauer aaO, Rz 2). Im vorliegenden Fall ersuchte zwar der Drittbeklagte selbst am 12. September 1986 im Versteigerungsverfahren um Zustellung des Beschlusses über die Zuschlagserteilung und des Meistbotsverteilungsbeschlusses, weil er auch mit der grundbücherlichen Durchführung des Kaufvertrages befaßt war. Es bestand aber keine rechtliche Verpflichtung, den Beschluß über die Wiederversteigerung an die Kläger weiterzuleiten. Im Zeitpunkt der Beschlußzustellung war der Kaufvertrag errichtet und die Anzeige beim zuständigen Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern erstattet. Vom Drittbeklagten war daher nur mehr die Verbücherung des Eigentums der Kläger zu bewirken; dazu hatte er aber vor rechtskräftiger Zuschlagserteilung nichts zu veranlassen. Eine weitere Tätigkeit des Drittbeklagten (Treuhandabwicklung) haben die Kläger und Franz S*** als Vertragsparteien ausdrücklich aus Kostengründen abgelehnt. Eine Verletzung der Sorgfaltspflicht durch den Drittbeklagten ist bei dieser Sachlage nicht zu erkennen. Es bedarf daher nicht der vom Berufungsgericht aufgetragenen Verfahrensergänzungen. Demgemäß ist beiden Rekursen Folge zu geben und in Ansehung der Erstbeklagten und des Drittbeklagten durch Teilurteil in der Sache selbst im Sinne einer Bestätigung des Ersturteils zu erkennen (§ 519 Abs 2 ZPO). Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO, wobei allerdings nur ein 10 %-iger Streitgenossenzuschlag gebührt.
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