OGH 1Ob3/90

OGH1Ob3/904.4.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann, Dr.Schlosser, Dr.Graf und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gottfried G***, Pensionist, Kitzbühel, Ölberg 8, vertreten durch Dr.Helmut A.Rainer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei R*** Ö***, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen S 120.402,20 samt Anhang und Feststellung (Gesamtstreitwert S 170.402,20), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 31.Oktober 1989, GZ 1 R 242/89-21, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 14.April 1989, GZ 6 Cg 91/89-16, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Prozeßkosten.

Text

Begründung

Am 31.3.1981 beauftragte der Kläger die Zweigstelle des Ö*** A***- UND T*** T*** in Kitzbühel vor

dem im Kraftfahrgesetz festgesetzten Zeitpunkt mit der Begutachtung seines Fahrzeuges der Marke Opel Kadett B mit dem polizeilichen Kennzeichen T 264.303 im Sinn des § 57 a KFG. Nach dem vom ÖAMTC Tirol auf einem Begutachtungsformblatt ausgestellten Gutachten war der Zustand des Fahrzeuges wegen Mängel am Rahmen, Boden "Re" (301) und Reifenprofiltiefe (402) nicht entsprechend. Betriebsbremse (601), Feststellbremse (611), Vorderradbremse (621) und Hinterradbremse (631) wurden nicht bemängelt. Mit Stampiglienaufdruck wurde vermerkt, "Nachprüfung innerhalb 14 Tagen kostenlos".

Am 6.4.1981 fuhr der Kläger mit diesem Fahrzeug in Kitzbühel in der St. Johannerstraße in südliche Richtung. Auf Höhe des Werksgeländes der Firma P*** waren ein LKW-Zug, der nach links in das Werksgelände einbiegen wollte und hinter diesem mindestens fünf Fahrzeuge zum Stillstand gekommen. Der Kläger wollte an dieser Kolonne mit einer Geschwindigkeit von 50 bis 60 km/h vorbeifahren. Der Lenker des LKW-Zuges bog in diesem Moment nach links in die Werkseinfahrt. Als der Kläger das Abbiegemanöver des LKW-Zuges bemerkte, bremste er und hätte bei ordnungsgemäßem Funktionieren der Bremsen den PKW noch hinter dem LKW-Zug zum Stillstand bringen können. Die Bremsen am PKW des Klägers sprachen aber nur kurz an, sodaß sich ca. 34,5 m vor dem späteren Kollisionsort beginnend kurze Bremsspuren vom PKW abzeichneten. Nach kurzer Bremswirkung versagten die Bremsen am PKW des Klägers, da der Bremsschlauch durchgescheuert war. Der PKW des Klägers fuhr ungebremst mit einer Geschwindigkeit zwischen 40 und 50 km/h weiter. Da die linke Fahrbahnhälfte bereits durch den LKW-Zug blockiert war, lenkte der Kläger seinen PKW in die Einfahrt der Firma P***, wo es ihm aber nicht mehr gelang, das Fahrzeug zwischen Haus und Zaun hindurchzusteuern. Der PKW prallte mit einer Geschwindigkeit von 40 bis 50 km/h gegen die Ecke des Gebäudes. Eine gegen den Lenker des LKW-Zuges und den Haftpflichtversicherer gerichtete Schadenersatzklage des Klägers wurde mit Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 10.1.1989, 2 Ob 82/88, wegen Alleinverschuldens des Klägers am Unfall abgewiesen. Nach dem Unfall wurde das Fahrzeug des Klägers von einem gerichtlich beeideten Sachverständigen besichtigt. Dieser stellte fest, daß zum Zeitpunkt der Besichtigung das Bremspedal widerstandslos ganz auf den Boden durchgetreten werden konnte. Es war keine Bremsflüssigkeit im Bremsflüssigkeitsbehälter. Um die Bremsanlage auf Funktion überprüfen zu können, wurde Wasser in den Flüssigkeitsbehälter eingefüllt. Nach mehrmaliger Betätigung des Bremspedals stellte sich leichter Pedalwiderstand von etwa 10 kg ein. Es spritzte Bremsflüssigkeit beim linken vorderen Bremsschlauch heraus. Der Bremsschlauch war durchgescheuert, sodaß beim Bremsen Flüssigkeit austrat und das Bremspedal sich bis auf den Boden durchtreten ließ. Eine meßbare Bremsverzögerung war nicht mehr vorhanden. Der Kläger begehrt aus dem Titel der Amtshaftung für Sachschaden, Schmerzengeld, Fahrtkosten und Medikamente den Zuspruch des Betrages von S 120.402,20 samt Anhang und die Feststellung, daß die beklagte Partei für die Hälfte des Schadens, der dem Kläger aus dem Unfall vom 6.4.1981 entsteht, zu haften hat. Der Kläger habe die vom ÖAMTC beanstandeten Mängel vor dem Unfall beheben lassen. Der Bremsschlauch sei schon zum Zeitpunkt der Untersuchung durch den ÖAMTC schadhaft gewesen. Die Scheuerstelle sei mit freiem Auge erkennbar und bei Abtasten mit der Hand fühlbar gewesen. Das Gutachten des ÖAMTC habe keine Hinweise enthalten, daß das Fahrzeug wegen der festgestellten Mängel nicht mehr verkehrstüchtig gewesen sei, sodaß es der Kläger nicht mehr in Betrieb hätte nehmen dürfen. Bei einer Begutachtung nach § 57 a KFG, bei der der ÖAMTC in hoheitlicher Funktion tätig geworden sei, seien sämtliche Mängel sofort zu beanstanden, damit der Fahrzeughalter die Möglichkeit habe, diese bei einem Reparaturtermin beheben zu lassen. Es wäre nicht nur ausgesprochen unökonomisch, sondern geradezu widersinnig, wenn die Organe der beklagten Partei bei den Überprüfungen immer nur einen oder zwei Mängel beanstandeten und bei der Nachüberprüfung weitere Mängel beanstandet würden. Vereine und Gewerbetreibende besäßen bei einer wiederkehrenden Begutachtung nach § 57 a KFG die rechtliche Möglichkeit und Verpflichtung, Kraftfahrzeuge sofort aus dem Verkehr zu ziehen, sollte sich herausstellen, daß das Fahrzeug nicht mehr verkehrstüchtig sei. Bei entsprechend sorgfältiger Überprüfung hätten die Organe der beklagten Partei daher den Kläger darauf aufmerksam machen müssen, daß mit einem Ausfall der Bremsanlage gerechnet werden müsse. Sie wären berechtigt gewesen, die Nummerntafel vom Fahrzeug des Klägers zu entfernen, hätte dieser nicht in das Abschleppen seines Fahrzeuges direkt von der Überprüfstelle eingewilligt.

Die beklagte Partei wendete ein, das Fahrzeug des Klägers habe sich bereits zum Zeitpunkt des Unfalles in einem Zustand befunden, der als nicht verkehrssicher zu bezeichnen sei, weshalb auch anläßlich der Überprüfung des Fahrzeuges durch den ÖAMTC eine Begutachtungsplakette nicht ausgefolgt worden sei. Der Kläger wäre verpflichtet gewesen, das Fahrzeug neuerlich nach Behebung der Mängel vorzuführen, wobei es dann überprüft worden wäre und im Falle der Mängelfreiheit eine Begutachtungsplakette erhalten hätte. Wenn der Kläger sein Fahrzeug auch nach der getroffenen Feststellung, daß es nicht den Erfordernissen der Verkehrs- und Betriebssicherheit entspreche, weiter in Betrieb genommen habe, so begründe dies sein Verschulden. Jedenfalls aber sei der Defekt an der Bremsanlage des Fahrzeuges des Klägers bei der wiederkehrenden Begutachtung des Fahrzeuges nicht zu erkennen gewesen. Diese Begutachtung diene keinesfalls dazu, alle möglichen Mängel eines Fahrzeuges aufzuspüren, sondern sollen einem Erkennen und Beanstanden von offenkundigen Mängeln dienen. Eine derartige Überprüfung enthebe den Fahrzeughalter nicht von seiner Verpflichtung zur Wartung und regelmäßigen Kontrolle des Fahrzeuges. Durch die Begutachtung und Beanstandung mehrerer schwerer Mängel des Fahrzeuges könne keineswegs darauf geschlossen werden, daß alle anderen Teile in einem betriebssicheren Zustand seien.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest, es bedürfe Monate oder sogar Jahre, daß es dazu komme, daß die Scheuerstelle eines Bremsschlauches durch wiederholtes Abwetzen an der sich drehenden Felge so dünn werde, daß bei der nächsten Beanspruchung (Bremsvorgang) an dieser Stelle Bremsflüssigkeit nach außen dringe und die Bremse funktionslos werde. Zum Zeitpunkt der Besichtigung durch den ÖAMTC am 31.3.1981 wäre die Scheuerstelle sichtbar und mit der Hand fühlbar gewesen.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, anläßlich der Begutachtung vom 31.3.1981 habe sich sofort herausgestellt, daß Rahmen und Boden sowie die Reifen des Fahrzeuges nicht in Ordnung gewesen seien. Die Organe der beklagten Partei hätten daher die Ausstellung eines Gutachtens im Sinn des § 57 a Abs 4 KFG und die Ausfolgung einer Begutachtungsplakette abgelehnt und lediglich vermerkt, daß eine Nachprüfung innerhalb von 14 Tagen kostenlos erfolge. Offenkundig wegen dieser gravierenden Mängel sei eine weitere Überprüfung nicht vorgenommen worden. Deshalb sei auch der später festgestellte Defekt am Bremsschlauch nicht im Gutachten festgehalten worden. Dem Kläger sei beizupflichten, daß die Bestimmung des § 57 a KFG deshalb geschaffen worden sei, um sämtliche Kraftfahrzeuge in regelmäßigen Abständen auf ihre Verkehrssicherheit überprüfen zu lassen. Zutreffend sei auch, daß vor Ausstellung eines positiven Gutachtens und der Übergabe der Begutachtungsplakette sämtliche Mängel, die eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit bedeuteten, aufgezeigt und behoben worden sein müßten. Eine Verpflichtung der Prüfstelle, sofort alle Mängel festzustellen und dem Kraftfahrzeughalter bekanntzugeben, bestehe insbesondere dann nicht, wenn die Frist seit der letzten Begutachtung noch nicht abgelaufen sei. Daß die festgestellten Mängel so schwerwiegend gewesen wären, daß zufolge Gefahr im Verzug die Kennzeichen abzunehmen gewesen wären, habe der Kläger nicht behauptet und lägen in dieser Richtung auch keine Beweise vor. Nicht behauptet und erwiesen sei aber auch, daß der Kläger von den Organen der beklagten Partei verlangt hätte, daß sämtliche Mängel am Fahrzeug unter einem festzustellen seien. Dem Vorbringen des Klägers sei vielmehr zu entnehmen, daß dieser die Organe der beklagten Partei lediglich pauschal mit der Begutachtung im Sinne des § 57 a KFG beauftragt habe. Aus all dem ergebe sich, daß in der Nichtfeststellung des Bremsdefektes am 31.3.1981 kein schuldhaftes und rechtswidriges Verhalten der Organe der beklagten Partei zu erblicken sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge. Es hob das Urteil des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurück. Zutreffend sei das Erstgericht davon ausgegangen, daß Vereinen und Gewerbetreibenden, die vom Landeshauptmann gemäß § 57 a KFG ermächtigt seien, Begutachtungen nach dieser Gesetzesstelle durchzuführen, Organstellung nach dem Amtshaftungsgesetz zukomme. Gemäß Punkt II Z 2 des Erlasses des Bundesministeriums für Verkehr vom 19.12.1980, Zl. 75.205/2-3-IV/6-80, sei bei der Begutachtung auch der Zustand der Bremsschläuche zu prüfen, wobei es als schwerer Mangel anzusehen sei, wenn ein angescheuerter, unsachgemäß verlegter, zu kurzer oder stark brüchiger Bremsschlauch festgestellt werde. Der um die Untersuchung und Begutachtung einkommende Zulassungsbesitzer habe Anspruch darauf, daß sein Fahrzeug nach allen Kriterien des Mängelkataloges geprüft werde. Es bedürfe keiner besonderen Anweisung an die Leute der Begutachtungsstelle, das Fahrzeug in dieser Richtung hin zu prüfen, andernfalls der Zulassungsbesitzer ja damit rechnen müsse, daß die Untersuchung des Fahrzeuges nach dem Feststellen von schweren und erst noch zu behebenden Mängeln abgebrochen werde. Die Feststellung schwerer Mängel könne aus technischer Sicht noch eine kurzfristige Weiterverwendung des Fahrzeuges erlauben, solange nicht Gefahr im Verzug sei. Wenn aber so schwere Mängel festgestellt würden, daß die Begutachtungsstelle die Behörde zwecks Aufhebung der Zulassung und Abnahme des Zulassungsscheines sowie der Kennzeichen in Kenntnis zu setzen habe, dürfe eine Weiterverwendung nicht mehr gestattet werden. Ob aber auch solche Mängel vorlägen, könne nur bei einer alle Punkte des Mängelkataloges umfassenden Prüfung festgestellt werden. Eine Art ratenweise Prüfung, die dann abgebrochen werde, sobald sich schwere Mängel ergeben hätten und die Ausstellung eines negativen Gutachtens mit dem Hinweis auf das Bestehen dieser Mängel sei mit dem aus dem Gesetz und den Begutachtungsrichtlinien des Ministerialerlasses abzuleitenden Grundsatz der umfassenden Prüfung nicht zu vereinbaren. Die vom Erstgericht vertretene Ansicht würde auch dem Gedanken zuwiderlaufen, daß der Zulassungsbesitzer sich zwar im Hinblick auf die festgestellten Mängel noch zu einer Reparatur entschließen könnte, diese aber unterlassen und das Fahrzeug selbst aus dem Verkehr nehmen würde, wenn ihm bekanntgegeben worden wäre, daß noch weitere schwere Mängel vorlägen, die eine Reparatur des Fahrzeuges wirtschaftlich nicht mehr rechtfertigten. Er könnte also durch eine unvollständige Begutachtung veranlaßt werden, einen unnützen Aufwand für die Behebung der Mängel auf sich zu nehmen, wovon er Abstand genommen hätte, würde ihm bekanntgegeben worden sein, daß auch noch andere größere Mängel vorhanden seien, die eine kostspielige Behebung nach sich ziehen könnten. Nun sei es zwar richtig, daß die Begutachtungsstelle keine positive Begutachtung vorgenommen, sondern vorerst Mängel festgestellt und diese in einem gemäß § 57 a Abs 4 KFG ausgefertigten Begutachtungsformblatt mit dem Bemerken festgehalten habe, daß eine Nachprüfung innerhalb von 14 Tagen kostenlos erfolgen werde. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes handle es sich um ein Gutachten, dessen Sinn und Zweck nur dann erfüllt sein könne, wenn das Fahrzeug einer umfassenden Prüfung entsprechend den Richtlinien unterzogen worden sei, um die Mängelbehebung in die Wege leiten zu können. Eine andere Ansicht könnte nur allzu leicht dazu führen, daß im Falle der Wiedervorführung des Fahrzeuges zum Zwecke der Begutachtung und Ausstellung einer Begutachtungsplakette durch den Zulassungsbesitzer nach Behebung der erstmals festgestellten Mängel nur noch die Behebung derselben geprüft und mangels Beanstandung weiterer Mängel bei der Erstvorführung eine neuerliche umfassende Untersuchung des Fahrzeuges nicht mehr vorgenommen werde, daher weitere Mängel unentdeckt blieben, obwohl deren Vorhandensein die Ausstellung einer Begutachtungsplakette ausschließen würde. Selbst wenn man also entgegen dem Standpunkt der Berufung mit dem Erstgericht davon ausginge, daß die Untersuchung des Fahrzeuges abgebrochen worden sei, nachdem erhebliche Mängel am Rahmen, Boden und an den Reifen festgestellt worden seien, wäre dieses Vorgehen nicht gesetzeskonform und damit rechtswidrig gewesen und würde ein Verschulden der betreffenden Organe begründen. Sollte aber das Fahrzeug entsprechend dem Mängelkatalog vollständig geprüft und dennoch der Mangel am Bremsschlauch nicht entdeckt worden sein, so bedürfe es noch einer Beweisaufnahme darüber, ob dieser Mangel im Zuge der Untersuchung mit den dabei anzuwendenden Methoden überhaupt hätte festgestellt werden können.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der beklagten Partei ist nicht berechtigt. Nach dem ursprünglichen Wortlaut des Kraftfahrgesetzes BGBl. 267/1967 hatte auch die wiederkehrende Überprüfung aller nicht im § 55 Abs 1 lit a bis e KFG genannten, zum Verkehr auf öffentlichen Straßen zugelassenen Kraftfahrzeuge durch die Behörde zu erfolgen, die nur gemäß § 57 Abs 1 KFG ein Gutachten der im Abs 2 genannten Sachverständigen, Anstalt oder ermächtigten Vereine darüber einzuholen hatte, ob das Fahrzeug den Erfordernissen der Verkehrs- und Betriebssicherheit entspricht. Die Bestimmungen des § 57 a KFG wurden durch die 1. Novelle zum Kraftfahrgesetz, BGBl. 185/1971, eingeführt und durch die 4. Novelle zum Kraftfahrgesetz BGBl. 615/1977, ergänzt. Seit der 1. Novelle zum Kraftfahrgesetz hat gemäß § 57 a Abs 1 KFG ua an KKW mit Ausnahme derer, die der entgeltlichen Personenbeförderung dienen, in den vom Gesetz festgelegten Zeiträumen anstelle der wiederkehrenden Überprüfung nur mehr eine wiederkehrende Begutachtung durch einen nach Abs 2 vom Landeshauptmann ermächtigten Verein oder Gewerbetreibenden zu erfolgen. Nur wenn das gemäß § 57 a Abs 1 KFG einem Verein oder Gewerbetreibenden vorgeführte Fahrzeug den Erfordernissen der Verkehrs- und Betriebssicherheit entspricht, hat der Verein oder Gewerbetreibende am Fahrzeug eine von der Behörde ausgegebene Begutachtungsplakette so anzubringen, daß das Ende der gemäß § 57 a Abs 3 KFG für die nächste wiederkehrende Begutachtung festgesetzten Frist außerhalb des Fahrzeuges stets leicht festgestellt werden kann (Abs 5). Nach der ursprünglichen Fassung des § 57 a KFG nach der KFG-Novelle 1971 durfte ein Begutachtungsformblatt nur dann ausgestellt werden, wenn das vorgeführte Fahrzeug den Erfordernissen der Verkehrs- und Betriebssicherheit entsprach. Sah sich der beliehene private Verein oder Gewerbetreibende nicht in der Lage, ein (positives) Begutachtungsformblatt auszustellen, so erschöpfte sich die Rechtsfolge darin, daß eine Begutachtungsplakette nicht angebracht werden durfte. Der in der Anbringung der Begutachtungsplakette liegende Hoheitsakt mußte versagt werden. Der Zulassungsbesitzer, der der Meinung war, die Anbringung der Begutachtungsplakette sei zu Unrecht nicht erfolgt, hatte (und hat) keine Möglichkeit, diesen Willensentschluß des Beliehenen im Verwaltungsrechtsweg oder vor den Gerichten des öffentlichen Rechtes anzufechten. Er konnte und kann nur eine besondere Überprüfung nach § 56 Abs 1 Schlußsatz KFG durch die Behörde beantragen. Diese besondere Überprüfung (nicht bloß Begutachtung) führt dann entweder gemäß § 57 Abs 6 KFG zur Anbringung oder Ausfolgung der Begutachtungsplakette oder zum Ausspruch, welche Mängel zu beheben sind, sowie bei Fahrzeugen, die sich nicht in verkehrs- und betriebssicherem Zustand befinden, wann das Fahrzeug zur neuerlichen Prüfung vorzuführen ist (§ 57 Abs 7 KFG; Walter-Mayer, Grundriß des besonderen Verwaltungsrechts2 488). Durch die 4. Novelle zum Kraftfahrgesetz BGBl. 615/1977 wurde § 57 a Abs 4 KFG dahin geändert, daß der ermächtigte Verein oder Gewerbetreibende in jedem Fall, also auch bei Vorliegen von Mängeln über den Zustand des ihm vorgeführten Fahrzeuges ein Gutachten auf einem Begutachtungsformblatt auszustellen hat. Seither hat auch die negative Begutachtung schriftlich zu erfolgen. Der Gesetzgeber wollte damit aber die rechtstechnische Konstruktion der wiederkehrenden Begutachtung nach § 57 a KFG nicht ändern. Nach der RV 649 BlgNr 14. GP 5 sollte der Verein oder Gewerbetreibende nämlich deshalb zur Austellung einer negativen Begutachtung auf einem Formblatt verpflichtet sein, damit statistische Angaben über Mängel an den Fahrzeugen gesammelt werden könnten. Die schriftliche Begutachtung ist demjenigen, der das Fahrzeug vorgeführt hat, zu übergeben. Die Behörde ist aber selbst von einem negativen Gutachten nicht zu verständigen. Der Beliehene ist nur verpflichtet, die Zweitausfertigung des Gutachtens fünf Jahre lang aufzubewahren und den mit Angelegenheiten des Kraftfahrwesens befaßten Behörden auf Verlangen vorzulegen. Entgegen der auch noch in der Rekursbeantwortung aufrecht erhaltenen Rechtsansicht des Klägers ist somit der Beliehene nicht berechtigt oder gar verpflichtet, stellt er Mängel fest, das "Fahrzeug aus dem Verkehr zu ziehen", d.h. gemäß § 57 Abs 8 KFG Zulassungsschein und Kennzeichentafeln abzunehmen. Ihm steht nur wie jedem Privaten das Recht zu, wegen solcher Mängel die Zulassungsbehörde zu verständigen.

Wie der erkennende Senat in seiner Entscheidung SZ 54/19 mit ausführlicher Begründung dargelegt hat, handelt es sich bei der Ermächtigung von Vereinen und Gewerbetreibenden nach § 57 a Abs 2 KFG um eine Beleihung, d.i. um eine Betrauung von juristischen Personen privaten Rechts oder von natürlichen Personen mit der Zuständigkeit zur Setzung von Hoheitsakten in eigener Organkompetenz und Verantwortung (Adamovich-Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht3 328) zur Ausübung des dem Staat zustehenden Hoheitsrechtes der Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr auf öffentlichen Straßen. An dieser Rechtsansicht hielt der Oberste Gerichtshof auch in der Folge fest (1 Ob 3/82). Diese Rechtsprechung wurde von der Lehre einhellig gebilligt (Adamovich-Funk aaO 356;

Schragel AHG2 38, 88, 188; Öhlinger in Aicher, Haftung für staatliche Fehlleistungen im Wirtschaftsleben 144; Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts6 Rz 1285;

Veit-Novak, Österreichisches Straßenverkehrsrecht, Kraftfahrrecht, § 57 a KFG S. 4; vgl. für die ähnliche deutsche Rechtslage NJW 1968, 443; Kreft in BGB-RGRK12 Rz 106 zu § 839 BGB; Jagusch-Hentschel, Straßenverkehrsrecht30 Rz 22 zu § 29 StVZO; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht3 10). Nach den der Entscheidung SZ 54/19 zugrunde liegenden Behauptungen der klagenden Partei hatte der private Verein zu Unrecht eine positive Begutachtung eines zum Verkehr nicht zugelassenen Fahrzeuges abgegeben (§ 57 a Abs 9 KFG); dies führte in der Folge dazu, daß nach der Zulassung des Fahrzeuges zum Verkehr die Ausfolgung der Begutachtungsplakette erfolgte. Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich aber dadurch, daß der private Verein ein negatives Gutachten, das nicht alle Mängel des Kraftfahrzeuges enthielt, erstattete.

Nach Ansicht des erkennenden Senates fällt aber auch die negative Begutachtung in den Bereich hoheitlichen Handelns. Wenn auch die Weigerung, eine Plakette anzubringen, weder im Verwaltungsweg noch vor den Gerichten des öffentlichen Rechts überprüft werden kann, führt dies noch nicht zum Schluß, daß diese Weigerung des Beliehenen, einen positiven Hoheitsakt zu setzen, nicht der Vollziehung der Gesetze zuzurechnen wäre. Von der Verwaltung gesetztes hoheitliches Handeln ist nämlich nur dann bekämpfbar, wenn ein Bescheid erlassen wurde oder wenn es sich um die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person handelt. In der Verwaltungsrechtslehre ist es aber anerkannt, daß es neben der Erlassung von Bescheiden und der Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person weiteres hoheitliches Verwaltunghandeln geben kann (Funk in FS Hellbling 178, 192 f; Adamovich-Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht3 256, 282; Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht2 487). Auch ein negatives Gutachten, das die Verweigerung der Ausgabe der Begutachtungsplakette zur Folge hat, führt dazu, daß das Kraftfahrzeug - allenfalls nach Ablauf der in der vorher angebrachten Plakette angegebenen Frist - nicht mehr auf Straßen mit öffentlichem Verkehr verwendet werden darf. Die negative Begutachtung greift somit in subjektive öffentliche Rechte des Zulassungsbesitzers ein. Es entspricht auch ständiger Rechtsprechung, daß eine einheitliche, der Hoheitsverwaltung zuzurechnende Aufgabe ihrem Wesen nach in allen Teilbereichen hoheitlicher Natur ist, sodaß selbst Tätigkeiten, die den Hoheitsakt bloß vorbereiten, kraft Zusammenhanges gleichfalls hoheitlicher Natur sind (SZ 60/156; SZ 59/12; SZ 55/17 ua).

Den Ausführungen im Rekurs, den Beliehenen hätte keine Rechtspflicht getroffen, ein alle schwere Mängel vollständig wiedergebendes negatives Gutachten zu erstatten, kann nicht gefolgt werden. Nach § 28 a Abs 2 KDV 1967 ist für das nach der wiederkehrenden Begutachtung gemäß § 57 a KFG auszustellende Gutachten ein Formblatt zu verwenden. Mit Art. I Z 38 der 10. Novelle zur KDV 1967, BGBl. 1980/215, wurde ein neues Formblatt aufgelegt. Diese Bestimmung trat zwar nach Art. III Abs 2 lit b der 10. Novelle zur KDV 1967 mit 1.1.1981 in Kraft, alte Formblätter konnten aber gemäß Art. II Abs 3 der 11. Novelle zur KDV 1967 BGBl. 1981/16 noch bis 30.6.1981 verwendet werden. Die Richtlinien für die Beurteilung von Mängeln an Kraftfahrzeugen bei der Begutachtung nach § 57 a KFG aufgrund des Erlasses des BMV vom 19.12.1980, 75.205/2-3-IV/6-80 (Mängelkatalog) galten aber in jedem Fall bereits ab 1.1.1981. Nach diesem Mängelkatalog lag ein schwerer zur Versagung der Ausfolgung der Plakette führender Mangel bei der Position 632 vor, wenn ein Bremsschlauch angescheuert, unsachgemäß verlegt, zu kurz oder stark brüchig war. Weder aus dem Gesetz noch aus dem genannten Erlaß ergibt sich, daß eine Begutachtung, ohne daß der Zulassungsbesitzer auch nur darauf hingewiesen würde, dann abgebrochen und ein unvolständiges und damit unrichtiges negatives Gutachten auszustellen ist, wenn bereits ein schwerer Mangel laut Mängelkatalog gefunden wurde. Aus der im Rekurs angeführten Bestimmung des Punktes II Z 3 des Erlasses folgt nur, daß die Anbringung einer Begutachtungsplakette schon bei Vorliegen auch nur eines schweren Mangels auszuschließen ist, nicht aber, daß in einem solchen Fall die Überprüfung nicht fortzusetzen wäre. Richtig ist nur - das könnte bei der Beurteilung des Verschuldens des Organes von Bedeutung sein -, daß wie die Anlage 4 b zu § 28 a KDV idF der 10. Novelle zeigt, die Begutachtung eines Fahrzeuges durch den Beliehenen ohne Zerlegungsarbeiten erfolgt, sodaß Fehler nur dann anzuzeichnen sind, wenn sie offensichtlich erkennbar waren. Gerade dies aber bedeutet, daß auch bei einer negativen Begutachtung alle offensichtlich erkennbaren Mängel anzuzeichnen sind. Ein unvollständiges negatives Gutachten ist damit aber ein falsches Gutachten. Die Erstattung solcher unvollständigen und damit falscher Gutachten ist rechtswidrig. Der Zulassungsbesitzer kann daher darauf vertrauen, daß alle schweren Mängel angegeben sind. Führte die rechtswidrige und, was noch zu prüfen sein wird, schuldhafte Unterlassung der Anführung eines schweren Mangels dann zu einem Unfall mit Eintritt eines Schadens, ist der erforderliche Rechtswidrigkeitszusammenhang ungeachtet des Umstandes, daß der primäre Zweck der Einführung der negativen Begutachtung die Sammlung statistischer Daten war, zu bejahen. Ob dieser Rechtswidrigkeitszusammenhang auch dann anzuerkennen wäre, wenn der Zulassungsbesitzer aufgrund eines fehlerhaften Gutachtens einen frustrierten Aufwand tätigt, braucht nicht geklärt zu werden. Die Aufhebung des Urteiles des Erstgerichtes erfolgte daher zutreffend. Dem Rekurs der beklagten Partei ist nicht Folge zu geben. Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf §§ 50, 52 ZPO.

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