Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben, die Rechtssache wird an das Prozeßgericht erster Instanz zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Prozeßkosten.
Text
Begründung
Der Kläger heiratete am 19.12.1981 die Mutter der Beklagten. Diese hatte den Kläger bereits mehr als ein Jahr vor der Geburt der Beklagten verlassen, sie war mit Günther H*** eine Lebensgemeinschaft eingegangen. Mit diesem verkehrte sie auch in der gesetzlichen Vermutungsfrist geschlechtlich. Mit dem Kläger verkehrte sie im kritischen Zeitraum nur einmal im Verlauf eines gemeinsamen Jugoslawienurlaubes. Nach der Geburt des Kindes teilte die Mutter der Beklagten dem Kläger mehrmals mit, daß sie ihn nicht für den Vater des Kindes halte. Der Kläger wähnte allerdings vorerst dennoch, Vater des Kindes zu sein, obwohl er zu Unterhaltsleistungen nie herangezogen worden war. Am 1.3.1989 bestätigte die Mutter der Beklagten dem Kläger schriftlich, daß er nicht der Vater des Kindes sei.
Mit der am 19.4.1989 eingebrachten Klage begehrt der Kläger den Ausspruch, die Beklagte stamme nicht aus seiner Ehe mit Elisabeth K***, sie sei unehelicher Geburt. Er brachte vor, er habe die Beklagte nicht gezeugt, weil er mit deren Mutter während der kritischen Zeit keine geschlechtlichen Beziehungen mehr unterhalten habe. Er habe von ihr getrennt gelebt, Vater sei Günther H***. Dieser sei auch bereit, seine Vaterschaft anzuerkennen. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte über den unbestrittenen Sachverhalt hinaus fest, die Mutter der Beklagten habe dem Kläger in Gegenwart des Günther H*** am 16.12.1987 ausdrücklich und bestimmt erklärt, daß Günther H*** der Vater des Kindes sei. Auch Günther H*** habe bestätigt, daß er sich als Vater des Kindes fühle. Im Jänner oder Februar 1988 sei es zwischen dem Kläger und Günther H*** zu einer neuerlichen Unterredung gekommen, in deren Verlauf Günther H*** nochmals zum Ausdruck gebracht habe, daß er sich für den Vater des Kindes halte. Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß spätestens am 16.12.1987 für den Kläger massive und gewichtige Umstände vorgelegen seien, die für die Unehelichkeit der Beklagten gesprochen hätten. Die Jahresfrist hätte spätestens mit diesem Zeitpunkt zu laufen begonnen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es übernahm die auf Grund eines mängelfreien Verfahrens getroffenen Feststellungen des Erstgerichtes. Der Ehemann müsse von den Umständen, die für die Unehelichkeit sprächen, zweifelsfrei Kenntnis haben, damit die Abstammungsfrist in Lauf gesetzt werde. Bloße Vermutungen, die auf unüberprüfbare Mitteilungen zurückgingen oder in zweifelhaften, einer verschiedenen Deutung zugänglichen Tatumständen ihre Begründung fänden, könnten gemäß § 156 Abs.2 ABGB nicht als Kenntnis jener Umstände gelten, die für die Unehelichkeit sprächen. Es sei jedoch nicht erforderlich, daß diese Umstände dem Ehemann die feste Überzeugung von der Unehelichkeit des Kindes vermittelten oder objektiv jedem verständigen Beurteiler zu dem Schluß zwängen, das Kind sei nicht vom Ehemann gezeugt worden. Der Umstand, der für die Unehelichkeit spreche, sei schon durch jenen Sachverhalt gegeben, der ersichtlich die Ehelichkeit des Kindes ernstlich in Frage zu stellen geeignet sei, die Möglichkeit einer unehelichen Abstammung begründe. Die Kenntnis solcher Umstände genüge, den Ehemann zu veranlassen, sich binnen Jahresfrist über die Erhebung der Bestreitungsklage schlüssig zu werden. Wann dem Ehemann ernstliche Bedenken gegen seine Vaterschaft gekommen seien, sei bedeutungslos. Sei der bestreitungsberechtigte Ehemann einmal in Kenntnis solcher Umstände, die einen vernünftigen, an der Klärung familienrechtlicher Verhältnisse Interssierten seine Vaterschaft zu einem von seiner Ehefrau geborenen Kind unwahrscheinlich erscheinen ließen, obläge ihm auch die Sammlung der Beweismittel zur Widerlegung der Vaterschaftsvermutung. Das Geständnis der Ehefrau, mit einem Dritten Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, könne für den Beginn der Bestreitungsfrist nur dann Bedeutung haben, wenn es von weiteren Umständen begleitet sei, die die Vaterschaft des Ehemannes sehr in Zweifel zögen. Die Kenntnis der bloßen Möglichkeit, ein Dritter könne der Vater sein, erfülle diese Voraussetzungen nicht. Gehe man davon aus, seien dem Kläger spätestens durch die Erklärung der Mutter im Dezember 1987 und nicht erst durch die nachträglich erfolgte schriftliche Bestätigung Umstände zur Kenntnis gelangt, die die Ehelichkeit des Kindes ernsthaft in Frage stellten und die Möglichkeit einer unehelichen Abstammung desselben begründeten. Das Erstgericht sei zu Recht zur Abweisung der erst im April 1989 eingebrachten Bestreitungsklage gelangt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist berechtigt.
Nach § 156 Abs.2 ABGB wird die Bestreitungsfrist - es handelt sich um eine materiellrechtliche Ausschlußfrist (SZ 32/16; Pichler in Rummel2, ABGB, Rz 3 zu §§ 156 bis 159) - in dem Zeitpunkt in Gang gesetzt, in dem der Mann Kenntnis von den Umständen erlangt, die für die Unehelichkeit des Kindes sprechen. Die frühestens mit der Geburt des Kindes in Gang gesetzte Frist beginnt erst dann, wenn der Vater die Unehelichkeit als höchstwahrscheinlich ansehen muß und erwarten kann, daß er seiner Beweispflicht nachkommen kann (EFSlg.53.982, 43.300 ua, zuletzt 4 Ob 595/89); diese Kenntnis muß zweifelsfrei sein (EFSlg.51.240; Ehrenzweig-Schwind, Familienrecht3 140). Gleichgültig ist allerdings, wann dem Ehemann erstmals selbst subjektive Bedenken gegen seine Vaterschaft gekommen sind (EFSlg.51.242; EvBl.1978/164; Koziol-Welser8 I 237; Ehrenzweig-Schwind aaO), es kommt vielmehr auf die Beurteilung eines objektiv verständig denkenden Mannes an. Geht man von diesen Grundsätzen aus, reicht der von den Vorinstanzen festgestellte Sachverhalt zu einer abschließenden Beurteilung, wann für den Kläger die Bestreitungsfrist in Gang gesetzt wurde, nicht aus. Die subjektive, dem Kläger kundgemachte Meinung seiner Gattin am 16.12.1987, nicht er, sondern Günther H*** sei der Vater des Kindes, reicht jedenfalls allein für den Fristbeginn dann nicht aus, wenn sie nicht durch weitere objektive nachprüfbare Behauptungen (etwa Reifemerkmale des Kindes, erste Feststellung der Schwangerschaft durch einen behandelnden Arzt und ähnliches) gestützt gewesen sein sollte. Es kann allerdings keinem Zweifel unterliegen, daß für den Ehemann die Frist zur Bestreitungsklage mit der Kenntnis von der Geburt des Kindes jedenfalls dann beginnt, wenn er innerhalb der gesetzlichen Vermutungsfrist mit seiner Ehegattin geschlechtlich nicht verkehrt hatte. Eine solche zur Abweisung des Klagebegehrens wegen Fristverstreichung führende Behauptung stellte der Kläger zwar in der Klagserzählung auf, die Vorinstanzen stellten aber fest, daß der Kläger mit der Mutter des Kindes im kritischen Zeitpunkt wenn auch lediglich einmal "im Laufe eines gemeinsamen Jugoslawienurlaubes" verkehrt hatte. Nähere Einzelheiten, insbesondere wann dieser einmalige Geschlechtsverkehr erfolgte, wurden nicht festgestellt. Nun setzt zwar die Kenntnis eines Mehrverkehrs der Mutter innerhalb der Zeit der möglichen Befruchtung allein die Bestreitungsfrist nicht in Gang (EFSlg.51.244, 44.805, 8 Ob 656/89); es könnten aber gerade bei einem einzigen Geschlechtsverkehr, der zeitlich hinlänglich genau eingeordnet werden kann, eine Reihe von Umständen schon objektiv dafür sprechen, daß die Vaterschaft eines Dritten zum Kinde höchstwahrscheinlich ist, so etwa der Reifegrad des Kindes bei der Geburt (Pichler aaO) oder Mitteilungen der Gattin, wann die Schwangerschaft von einem Arzt festgestellt wurde.
Erst nach Erweiterung der Sachverhaltsgrundlage in der aufgezeigten Richtung wird verläßlich beurteilt werden können, ob die Bestreitungsfrist zum Zeitpunkt der Einbringung der Bestreitungsklage bereits abgelaufen war. Der Revision ist Folge zu geben, die Urteile der Vorinstanzen sind aufzuheben und die Rechtssache ist gemäß § 510 Abs.1 ZPO an das Prozeßgericht erster Instanz zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 50, 52 ZPO.
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