OGH 3Ob21/90

OGH3Ob21/9024.1.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Dr.Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei N*** Touristik Gesellschaft m.b.H., D-6000 Frankfurt 11, Hochhaus am Baselerplatz, vertreten durch Dr. Harald Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Richard S***, Angestellter, Wien 19., Barawitzkagasse 27/1/5, wegen 205.417,20 S sA, infolge Rekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Rekursgerichtes vom 26. September 1989, GZ R 348/89-17, womit der Rekurs gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Mauerkirchen vom 25. Jänner 1989, GZ E 169/89-7, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung über den Rekurs der betreibenden Partei an das Gericht zweiter Instanz zurückverwiesen.

Die Kosten des Rekursverfahrens dritter Instanz sind wie weitere Kosten des Rekursverfahrens zweiter Instanz zu behandeln.

Text

Begründung

Am 7. Dezember 1988 langte beim Erstgericht ein Exekutionsantrag ein, mit welchem u.a. die Pfändung und der Verkauf der dem Verpflichteten als Gesellschafter der RSA Reiseservice Gesellschaft mbH (HRB 308 des Kreisgerichtes Ried i.I.) zustehenden Geschäftsanteile entsprechend einer bar einbezahlten Stammeinlage im Betrag von 5.000 S "samt allen darauf entfallenden Gewinnanteilen, so wie ihm dieser Geschäftsanteil jeweils zusteht", beantragt wurden. Am 20. Dezember 1988 wurde diese Exekution bewilligt und die Pfändung durch Zustellung des Exekutionsbewilligungsbeschlusses an die Gesellschaft am 22. Dezember 1988 und an den Verpflichteten am 23. Dezember 1988 bewirkt.

Am 24. Jänner 1989 beraumte das Erstgericht eine Tagsatzung zur Verhandlung über die Verwertung des gepfändeten Geschäftsanteiles und über den Übernahmspreis an. Nach dem Einlangen der Äußerung der Gesellschaft, daß der Verpflichtete nicht Gesellschafter sei, hielt das Erstgericht in einem Amtsvermerk vom 25. Jänner 1989 fest, daß laut Mitteilung des Handelsregisters nur die Gesellschafter 1) Josef H*** GesmbH, 2) Alfred A*** und 3) Brigitte A*** eingetragen seien. Daraufhin faßte das Erstgericht den Beschluß auf Einstellung des Verwertungsverfahrens, weil der Verpflichtete nach Auskunft des Handelsregisters nicht Gesellschafter sei.

Die betreibende Partei machte in ihrem Rekurs geltend, daß nicht festzustellen gewesen wäre, wer am 25. Jänner 1989 Gesellschafter war, sondern nur, ob der Verpflichtete zum Zeitpunkt der Zustellung der Exekutionsbewilligung (noch) Gesellschafter war. Ein zwischen Pfändung und Erhebungszeitpunkt erfolgter Verkauf sei unerheblich. Eine Feststellung darüber, wer zum maßgeblichen Zeitpunkt Gesellschafter war, lasse sich nur durch Einvernahme der derzeitigen Gesellschafter und des Verpflichteten treffen, weil nicht die dem Handelsregister zugekommene Mitteilungen, sondern nur eine formgerecht erfolgte Abtretung vor dem Pfändungszeitpunkt einen Rechtsübergang habe bewirken können.

Das Gericht zweiter Instanz wies diesen Rekurs als unzulässig zurück und sprach aus, daß ein Rekurs nicht zulässig sei. Es stellte durch Einsicht in den Registerakt fest, daß der Verpflichtete schon seit dem Jahr 1987 nicht mehr Gesellschafter sei. Er habe daher auch im Zeitpunkt der Bewilligung der Pfändung keinen Geschäftsanteil mehr gehabt und diesen auch nicht bis zum Zeitpunkt der Erhebungen des Erstgerichtes veräußern können. Die Pfändung sei daher ins Leere gegangen, sodaß auch eine Verwertung des Vermögensrechtes nicht möglich sei. Der Beschluß des Erstgerichtes beziehe sich auf ein nie eingeleitetes Verwertungsverfahren. Mangels eines Anspruches auf Befriedigung aus der Pfändung eines Geschäftsanteiles könne sich die betreibende Partei durch die Entscheidung des Erstgerichtes nicht beschwert erachten, weshalb ihr für ihr Rechtsmittel das Rechtsschutzinteresse abzusprechen sei. Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Rekurses gründe sich auf die eindeutige Rechtslage.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den Beschluß der zweiten Instanz erhobene Rekurs der betreibenden Partei ist zulässig. Unrichtig ist zwar die Ansicht der betreibenden Partei, der Beschwerdegegenstand übersteige 300.000 S; denn Zinsen und Kosten haben bei der Ermittlung des Beschwerdegegenstandes gemäß § 54 Abs. 2 JN iVm den §§ 500 Abs. 2 und 526 Abs. 3 ZPO idF vor der WGN 1989 unberücksichtigt zu bleiben. Es trifft auch nicht zu, daß sich die Verweisung des § 78 EO nur auf die in § 528 Abs. 1 ZPO idF vor der WGN 1989 enthaltenen Fälle eines gänzlichen Rechtsmittelausschlusses beziehe; sondern die Bestimmung des § 528 Abs. 2 ZPO idF vor der WGN 1989 gilt auch im Exekutionsverfahren. Entgegen dem Ausspruch der zweiten Instanz hängt aber die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO idF vor der WGN 1989 ab. Da die betreibende Partei im Rechtsmittelverfahren den Standpunkt vertrat, das Verwertungsverfahren sei aus bestimmten rechtlichen Erwägungen nicht einzustellen, war mindestens die sog. formelle Beschwer auf jeden Fall gegeben; denn die von der betreibenden Partei bekämpfte Entscheidung des Erstgerichtes wich von der auf Fortsetzung des Exekutionsverfahrens gerichteten Rechtsposition zum Nachteil der betreibenden Partei ab (Fasching, ZPR, Rz 1714, 1717, 1720; RZ 1989/61). Die Annahme der zweiten Instanz, es stehe schon auf Grund der im Handelsregister durchgeführten Erhebungen fest, daß die vorliegende Exekution auf jeden Fall ins Leere gegangen sei, beruht im übrigen auf der unrichtigen Rechtsansicht, daß die gemäß § 26 Abs. 3 GmbHG auf Grund des Anteilbuches alljährlich im Monate Jänner beim Handelsregister einzureichende Gesellschafterliste einen vollen Vertrauensschutz genieße, während die Wirksamkeit der Übertragung von Geschäftsanteilen einer GmbH in Wahrheit nur vom Abschluß des entsprechenden Notariatsaktes iSd § 76 Abs. 2 GmbHG abhängt (RZ 1936, 139; EvBl. 1978/172; GesRZ 1981, 230; vgl. auch RdW 1989, 191). Damit kommt der begehrten Sachentscheidung nicht bloß theoretisch-abstrakte Bedeutung (SZ 49/22 ua) zu.

Der angefochtene Beschluß war daher aufzuheben und dem Gericht zweiter Instanz die neuerliche Entscheidung über den Rekurs der betreibenden Partei aufzutragen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 78 EO iVm § 52 Abs. 1 ZPO.

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