OGH 1Ob29/89

OGH1Ob29/8915.11.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert, Dr.Hofmann, Dr.Schlosser und Dr.Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hotel C***-D*** & Co KG, Mariapfarr, Fanning 285, vertreten durch Dr.Wolfgang Rohringer, Rechtsanwalt in Tamsweg, wider die beklagte Partei I***

F***, vertreten durch Dr.Roderich Santner, Rechtsanwalt in Tamsweg, wegen Unterlassung (Streitwert S 16.000) infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 13.April 1989, GZ 21 R 441/88-22, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Tamsweg vom 20.Juli 1988, GZ C 42/88 -18, aufgehoben wurden, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 6.729,76 bestimmten Kosten der Rechtsmittelverfahren (darin enthalten S 700,16 USt und S 1.500 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ 542 KG Mariapfarr mit dem Grundstück 1551/2; sie betreibt auf dieser Liegenschaft ein Hotel. Im Westen wird das Grundstück von der im Eigentum der beklagten Partei stehenden Interessentenstraße Fanning, durch die das Schigebiet Fanninghöhe erschlossen wird, begrenzt. Diese Straße wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg vom 20.6.1969, Zl.IX a-4447/1969, zur öffentlichen Interessentenstraße im Sinne des § 35 Salzburger Landesstraßengesetz (Sbg LStrG) erklärt. Die 1969 erfolgte Errichtung der Straße ist behördlich genehmigt worden. Die Interessentenstraße liegt höher als das Grundstück der klagenden Partei. Die Böschung beträgt rund 20 m. Die von Süden nach Norden verlaufende Interessentenstraße weist eine Steigung von 3 bis 4 %, später von 8 bis 10 % auf. Die 5 m breite Fahrbahn der Straße ist asphaltiert, daran schließen grasdurchwachsene nicht befestigte Bankette von 30 bis 50 cm an. Zwischen der Straße und dem Grundstück der klagenden Partei liegt schon auf der Böschung ein ca 4 m breiter, noch im Eigentum der beklagten Partei stehender Grundstreifen. Unter der Straße verläuft, von einem westlich der Fahrbahn befindlichen Kanalschacht ausgehend, ein Rohr, das einen Durchmesser von 30 cm hat. Dieses Rohr hat seinen Ausfluß auf dem 4 m breiten Grundstreifen der beklagten Partei, der zwischen der Straße und der Grundstücksgrenze der klagenden Partei liegt. Der Kanalschacht dient der Ableitung der Oberflächenwässer der Straße. Der nächste bergwärts gelegene Schacht befindet sich 45 m weiter nördlich. Dieser nördlich gelegene Schacht kann wegen eines dort befindlichen Grabens aber weniger Wasser aufnehmen als jener Schacht, von dem das Ableitungsrohr ausgeht, sodaß in ihn Oberflächenwässer auch aus diesem Bereich, soweit sie nicht vorher seitlich versickern, einfließen. Weiters mündet ein Rohr von ca 10 cm Durchmesser in den Kanalschacht, durch das Sickerwässer einer entlang des westlichen Straßenrandes bestehenden Regulierung eingeleitet werden.

Karl Peter D*** und Marianne D*** erwarben im Jahr 1971 von Johann N*** das damals landwirtschaftlich genutzte

Grundstück 1551/2. Johann N*** sicherte Lastenfreiheit auch für außerbücherliche Lasten zu. Johann N*** war die Wasserableitung durch das beschriebene Rohr bekannt. Da er sein Grundstück aber landwirtschaftlich nutzte, stellte diese Ableitung für ihn keine wesentliche Beeinträchtigung dar. Im Jahre 1977 wurde die klagende Gesellschaft gegründet und das Grundstück als Gesellschaftsvermögen eingebracht. Im Jahre 1976 veränderte Peter M***, der Eigentümer des Nachbargrundstückes zu beiden Streitteilen die Böschung auf seinem Grund, sodaß das aus dem Rohr fließende Wasser nicht mehr auf seinem Grund versickern konnte. Seit diesem Zeitpunkt wird von Karl Peter D*** und Marianne D*** der Rohrauslaß als Nachteil empfunden. In der Folge wurde von der klagenden Partei unterhalb der Interessentenstraße ein Tennisplatz angelegt. Dadurch wurde die Böschung zur Straße steiler. Der natürliche Wasserlauf führt nunmehr vom Rohrauslaß zum überwiegenden Teil in den Bereich des Tennisplatzes. Insbesondere im Frühjahr zur Zeit der Schneeschmelze, aber auch bei anhaltenden heftigen Regenfällen, bilden die Oberflächenwässer aus dem Rohrauslaß beinahe ein kleines Bächlein, das in die Nordwestecke des Tennisplatzes mündet. Auf Grund der baulichen Veränderungen durch die Anlegung des Tennisplatzes bleibt das Wasser auf dem Tennisplatz stehen, sodaß dieser bei ungünstiger Witterung nicht benützt werden kann. Vor Errichtung des Tennisplatzes lief das Wasser entlang der nördlichen Grundstücksgrenze der klagenden Partei über einen kleinen natürlichen Graben ab.

Die klagende Partei macht Eigentumsfreiheit geltend. Sie stellt das Begehren, die beklagte Partei sei schuldig, die unmittelbare Ableitung von Schmelzwässern mittels 30 cm Rohren auf das Grundstück der klagenden Partei 1552/2, EZ 542 KG Mariapfarr, zu unterlassen. Besonders im Frühjahr entstehe ein wahrer Sturzbach, der über die Böschung auf den Tennisplatz fließe. Die Festigkeit der Böschung werde dadurch stark beeinträchtigt. Für die Zuleitung des Wassers fehle es der beklagten Partei an einem Titel. Die behördliche Genehmigung der Straßenerrichtung decke nicht die unmittelbare Zuleitung. Der Voreigentümer Johann N*** habe der Verlegung des Rohres nie zugestimmt. Das Rohr sei zum Zeitpunkt des Abschlcsses des Kaufvertrages nicht erkennbar gewesen.

Die beklagte Partei wendete ein, die klagende Partei sei nach dem Salzburger Landesstraßengesetz zur Duldung verpflichtet. Die Ableitung des Wassers durch das Rohr mit dem Durchmesser von 30 cm sei schon beim Erwerb des Grundstückes offenkundig gewesen. Johann N***, der Mitglied der beklagten Wegegenossenschaft sei, habe der Ableitung zugestimmt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest: Karl Peter D*** und Marianne D*** hätten die Liegenschaft vor Vertragsabschluß mehrmals auch zu Zeiten, in denen kein Schnee gelegen sei, besichtigt. Sie seien dabei auch die Straße abgegangen, da man von dort einen entsprechend guten Überblick über die darunter liegende Liegenschaft habe. Bei einiger Aufmerksamkeit wäre es den Käufern ohne weiteres möglich gewesen, den Kanalschacht und den dazugehörigen Rohrauslaß wahrzunehmen.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, es handle sich um eine unmittelbare Zuleitung, auch wenn das Rohr nicht unmittelbar auf die Liegenschaft der klagenden Partei münde, sondern das Wasser noch eine Strecke von ca 4 m über die Liegenschaft der beklagten Partei zurücklege. Gemäß § 10 Abs 1 Sbg LStrG seien die Besitzer der an die Straße grenzenden Grundstücke verpflichtet, den Abfluß des Wassers von der Straße auf ihren Grund und die Herstellung von Ableitungsgräben, Sickergruben und dgl auf ihrem Besitz zu dulden.

§ 10 Abs 2 Sbg LStrG regle allfällige Entschädigungsansprüche der Grundeigentümer. Diese Bestimmung schaffe für die beklagte Partei den Rechtstitel der Zuleitung, sodaß das Klagebegehren auf Unterlassung bereits aus diesem Grunde abzuweisen sei. Es handle sich weiters um eine behördlich genehmigte Anlage gemäß § 364 a ABGB. Bei solchen Anlagen stehe aber dem Nachbarn ein Unterlassungsanspruch nicht zu. Es sei auch zwischen Johann N*** und der beklagten Partei stillschweigend ein Dienstbarkeitsvertrag abgeschlossen worden. Die Dienstbarkeit sei offenkundig gewesen, sodaß diese Belastung auf die klagende Partei übergegangen sei. Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei Folge. Es hob das Urteil des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt auf. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, S 15.000, nicht aber S 300.000 übersteige. Die Vorschriften der §§ 364 ff ABGB dienten dem Schutz des Nachbarn vor übermäßigen Einwirkungen, die von anderen Grundstücken ausgehen. Sie seien auch im Verhältnis zwischen einem Privatgrundstück und einer öffentlichen Straße anzuwenden. Das Erstgericht habe die vom Grundstück der beklagten Partei ausgehenden Einwirkungen zu Recht als unmittelbare Zuleitung von Oberflächenwässern beurteilt. Es sei auch die Auffassung des Erstgerichtes zu teilen, daß § 10 Abs 1 Sbg LStrG den besonderen Rechtstitel schaffe, der eine unmittelbare Einwirkung auf das Nachbargrundstück durch den Abfluß des Wassers von der Straße zulässig machte. Nicht gefolgt werden könne dem Erstgericht jedoch, daß im Hinblick auf die Eigenschaft einer öffentlichen Interessentenstraße als Anlage im Sinn des § 364 a ABGB ein Unterlassungsanspruch der klagenden Partei schlechthin ausgeschlossen sei. Eine unmittelbare Zuleitung von Immissionen mache, auch wenn die Beeinträchtigung von einer behördlich genehmigten Anlage verursacht werde, nicht nur schadenersatzpflichtig, sie könne sogar untersagt werden. Selbst die Regel des § 364 a ABGB beziehe sich nur auf mittelbare Einwirkungen. Unmittelbare Zuleitung sei hingegen nach der allgemeinen Vorschrift des § 364 Abs 2 ABGB ohne besonderen Titel auch bei behördlich genehmigten Anlagen unzulässig. Dies bedeute, daß der im § 364 a ABGB normierte Ausschluß des Untersagungsanspruches auf von behördlich genehmigten Anlagen ausgehende mittelbare Einwirkungen beschränkt sei, während die auf einem besonderen Rechtstitel beruhenden, daher nicht von vornherein unzulässigen unmittelbaren Zuleitungen von Immissionen nach § 364 Abs 2 ABGB zu beurteilen seien. Immissionen könnten insoweit als rechtswidrig gelten und untersagt werden, als sie das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benützung des Grundstückes des Nachbarn wesentlich beeinträchtigten. Soweit dies auf die vom Grundstück der beklagten Partei ausgehenden Einwirkungen zutreffen sollte, könne ein Duldungsanspruch der beklagten Partei auch nicht darauf gestützt werden, daß die Einwirkungen in den Rahmen einer beim Grundstückserwerb der Rechtsvorgänger der klagenden Partei offenkundig ausgeübten Dienstbarkeit fielen. Eine offenkundige Dienstbarkeit, d.h. eine solche, die sich bei Besichtigung des dienenden Grundes wahrnehmen lasse und nach herrschender Meinung gegenüber dem Erwerber auch ohne Eintragung wirke, scheide als Rechtstitel für einen durch § 364 Abs 2 ABGB nicht mehr gedeckten Eingriff aus, weil es an der für den Erwerber auch einer offenkundigen Dienstbarkeit erforderlichen Voraussetzung der redlichen Besitzausübung fehle, wenn die vom Grundstück der beklagten Partei ausgehenden Immissionen das Maß der Ortsüblichkeit überschritten, daher im Sinn des § 364 Abs 2 ABGB unzulässig und rechtswirdrig seien. Auch eine offenkundige Dienstbarkeit könne daher nur im Rahmen der Ortsüblichkeit eine Duldungspflicht begründen. Eine solche ergebe sich jedoch ohnehin gesetzlich aus § 10 Abs 1 Sbg LStrG. Da es somit auf das Vorliegen der Voraussetzungen einer offenkundigen Dienstbarkeit gar nicht ankomme, erweise sich das Vorbringen der Beweis- und Tatsachenrüge der klagenden Partei, das sich ausschließlich mit den Feststellungen des Erstgerichtes zur Offenkundigkeit auseinandersetze, als rechtlich unerheblich. Das Erstgericht werde im fortgesetzten Verfahren allenfalls unter Zuziehung eines geologischen Sachverständigen die unmittelbar zugeleiteten Schmelzwässer nach Art und Menge der Wasserführung zu beschreiben und anschließend zu prüfen haben, ob sich die vom Grundstück der beklagten Partei ausgehenden Einwirkungen im Rahmen der Ortsüblichkeit hielten oder aber die im § 364 Abs 2 ABGB vorgegebenen Grenzen überschritten. Dabei werde zu beachten sein, daß die beklagte Partei zu behaupten und zu beweisen habe, daß ihre Eingriffe in das Eigentum der klagenden Partei die vom Gesetz gezogenen Grenzen nicht überschritten hätten. Die örtlichen Verhältnisse seien bei Prüfung des Ausmaßes der Immission und bei Prüfung der Beeinträchtigung der Benützung des Grundstückes zu berücksichtigen. Es werde freilich auch zu prüfen sein, wieweit durch auf dem Grundstück der klagenden Partei vorgenommene bauliche Veränderungen die vorher gegebenen Abflußverhältnisse nachteilig beeinflußt worden seien. Soweit Auswirkungen der Immissionen auf eine solche nachträgliche Veränderung in der Sphäre der klagenden Partei zurückzuführen seien, hätten sie bei Beurteilung der Ortsüblichkeit außer Betracht zu bleiben, zumal für die beklagte Partei keine Verpflichtung bestehe, den natürlichen Wasserablauf zu verändern, damit das Wasser nicht auf das Nachbargrundstück komme. Der Ablauf von Niederschlagswässern stelle einen sich aus dem Gesetz ergebenden Vorteil für den Oberlieger dar und sei gleichzeitig eine sich aus dem Gesetz ergebende Last für den tiefergelegenen Grundeigentümer. Daraus folge, daß der beklagten Partei bei Prüfung der Frage, wieweit die ortsübliche Benutzung des Grundstückes der klagenden Partei wesentlich beeinträchtigt werde, solche Folgen nicht zugerechnet werden könnten, die daraus resultierten, daß die klagende Partei oder ihre Rechtsvorgänger nach Errichtung des künstlich angelegten Abflusses durch die beklagte Partei durch Erdbewegungsmaßnahmen Veränderungen der natürlichen Abflußverhältnisse auf dem Grundstück der klagenden Partei herbeigeführt hätten. Sollte das fortgesetzte Verfahren ergeben, daß die Immission eine solche sei, die das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreite und die ortsübliche Benützung des Grundstückes wesentlich beeinträchtige, werde der Untersagungsanspruch der klagenden Partei zu bejahen sein.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der beklagten Partei ist berechtigt.

Auf öffentliche Interessentenstraßen findet das Salzburger Landesstraßengesetz 1972, LGBl. Nr.119, Anwendung (§ 1 Abs 1 lit d, §§ 37 ff Sbg LStrG). Die Vorschriften des Nachbarrechtes gelten auch im Verhältnis zwischen einem Privatgrundstück und einer öffentlichen Straße (JBl 1987, 381; SZ 57/134 mwN). Nach § 364 Abs 2 Schlußsatz ABGB ist unmittelbare Zuleitung ohne besonderen Rechtstitel unter allen Umständen unzulässig. Eine unmittelbare Zuleitung liegt dann vor, wenn die Tätigkeit des einen Eigentümers unmittelbar auf Einwirkung beim anderen Eigentümer gerichtet ist (SZ 55/30; SZ 45/7; Klang2 II 167). Eine solche unmittelbare Zuleitung liegt daher vor, wenn Überwässer, sei es über Rohre, sei es über Gräben derart vom eigenen Grundstück abgeleitet werden, daß die Wässer nicht versickern, sondern auf das Grundstück des Nachbarn gelangen müssen und sich dort schädlich auswirken (SZ 55/30; MietSlg 34.036; SZ 48/4). Das Ausfließen des Wassers auf dem zum Grundstück der klagenden Partei geneigten Grundstück der beklagten Partei rund 4 m von der Grundstücksgrenze entfernt stellt demnach eine unmittelbare ursächlich nachteilige Einwirkung für das Grundstück der klagenden Partei dar.

Eine solche unmittelbare Zuleitung ist selbst bei behördlich genehmigten Anlagen im Sinn des § 364 a ABGB unzulässig (SZ 55/172; SZ 54/137; SZ 49/7 uva; Gschnitzer-Faistenberger-Barta-Call-Eccher, Österreichisches Sachenrecht2 65; Pimmer in Schwimann, ABGB, Rz 9 zu § 364 a), dies aber nur dann, wenn der Nachbar nicht einen besonderen Rechtstitel für diese Zuleitung für sich in Anspruch nehmen kann. Den Vorinstanzen ist zu folgen, daß durch § 10 Sbg LStrG ein solcher besonderer, im öffentlichen Recht wurzelnder Rechtstitel für die beklagte Partei im Sinn des § 364 Abs 2 Schlußsatz ABGB geschaffen wurde, der die klagende Partei zur Duldung des Wasserablaufes auf ihr Grundstück verpflichtet. Die Herstellung einer öffentlichen Straße ist für die Eigentümer der an der Straße liegenden Grundstücke (Anlieger) meist mit Vorteilen verbunden und rechtfertigt die Entscheidung des Gesetzgebers, den Anlieger zur Leistung heranzuziehen oder ihn zur Duldungen zu verpflichten (EvBl 1975/185; Krzizek, Das öffentliche Wegerecht 164). Nach § 10 Abs 1 Sbg LStrG (vgl die Bestimmungen von § 24 Abs 2 BStG, § 42 Kärntner Straßengesetz 1978, LGBl. Nr.33, § 26 Abs 2 Stmk.Landesstraßenverwaltungsgesetz 1964, LGBl. Nr.154; § 53 Tiroler Straßengesetz, LGBl.1989/13), sind die Besitzer der an die Straße grenzenden Grundstücke verpflichtet, den Abfluß des Wassers von der Straße auf ihren Grund und die Herstellung von Ableitungsgräben, Sickergruben und dgl auf ihrem Besitz mit der im Abs 2 bezeichneten Ausnahme ohne Anspruch auf Entschädigung zu dulden. Nach § 10 Abs 2 Sbg LStrG gebührt dem Eigentümer hiefür eine angemessene Entschädigung, wenn durch die Herstellung von Ableitungsgräben die bestimmungsgemäße Benutzbarkeit eines Grundstückes wesentlich beeinträchtigt wird. Diese wird, wenn sie nicht im Zuge eines Enteignungsverfahrens begehrt wird und festgestellt werden kann, von der Straßenrechtsbehörde (§ 4) endgültig festgesetzt. Hiebei finden die Bestimmungen des § 15 über die Festsetzung der Entschädigung sinngemäß Anwendung. Der - wie im vorliegenden Fall - geregelte (vgl SZ 51/184) Abfluß der von der Straße gesammelten Wässer und der dort auftretenden Sickerwässer auf den Grund der klagenden Partei ist somit durch das Gesetz gedeckt und nicht rechtswidrig. Damit ist aber dem Begehren, die unmittelbare Ableitung von Schmelzwässern mittels 30 cm Rohren auf das Grundstück der klagenden Partei zu unterlassen, die Grundlage entzogen (vgl Pimmer aaO Rz 45). Ist die unmittelbare Zuleitung durch den gesetzlichen Titel gedeckt, kommt es auf die vom Berufungsgericht als wesentlich angesehene Frage, ob diese durch das Gesetz gedeckte Zuleitung das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreitet und die ortsübliche Benutzung des Grundstückes der klagenden Partei wesentlich beeinträchtigt, nicht an. Der Bestimmung des § 10 Abs 1 Sbg LStrG wie auch den zitierten ähnlichen Vorschriften kann nicht entnommen werden, daß der Abfluß des Wassers von der Straße nur insoweit geduldet werden müßte, als dadurch die ortsübliche Benutzung des Grundstückes der klagenden Partei nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Der Nachbar des Straßengrundes ist demnach verpflichtet, den Abfluß des Wassers von der Straße auf seinen Grund auch dann zu dulden, wenn damit eine - im vorliegenden Fall erst durch Änderung der Benützungsart des Grundstückes der klagenden Partei nach Errichtung der Straße hervorgerufene - Beeinträchtigung der Eigentumsausübung die Folge ist. Ob hiefür eine Entschädigung oder ein anderer Geldanspruch zusteht, ist im vorliegenden Fall nicht zu beurteilen.

Schon aus diesem Grund ist die Rechtssache im Sinne der Abweisung des gestellten Unterlassungsbegehrens spruchreif. Dem Rekurs der beklagten Partei ist Folge zu geben. In Abänderung des berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschlusses ist die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten der Rechtsmittelverfahren gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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