OGH 4Ob129/89

OGH4Ob129/8917.10.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***-A*** Gesellschaft mbH, Wien 23., Hetmanekgasse 14, vertreten durch Dr. Josef Bock, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei prot. Firma Wilhelm B***, Inhaber Margit E***, Hall, Salzburger Straße 60-62, vertreten durch Dr. Josef Posch, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Revisionsverfahren S 50.000,--) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 5. April 1989, GZ. 3 R 89/89-22, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 12. Dezember 1988, GZ. 10 Cg 41/88-16, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben; das angefochtene Urteil wird in seinem (abweisenden) Ausspruch über das Urteilsveröffentlichungsbegehren dahin abgeändert, daß die darüber ergangene, stattgebende Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 83.611,85 (darin enthalten S 7.128,35 Umsatzsteuer und S 5.200,-- Barauslagen) bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei die mit S 32.051,20 (darin enthalten S 4.925,20 Umsatzsteuer und S 2.500,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin handelt mit Lastkraftwagen und Omnibussen und übt das Kraftfahrzeugmechanikergewerbe aus. Seit 1981 ist sie Mitglied der "I*** Industrial Vehicles Corporation B.V.". Dieser Verband hat am 4. November 1976 beim Österreichischen Patentamt die Verbandsmarke "Iveco" zur Eintragung angemeldet; die Marke wurde in der Folge registriert und ist auch heute noch aufrecht. Seit 1980 treten in Österreich nur die Klägerin und die STEYR-DAIMLER-PUCH AG als Generalimporteure von Fahrzeugen der Marke "Iveco" auf; die Beklagte steht mit diesen Unternehmen in keinem Vertragsverhältnis. Die Beklagte bezog bis 1980 Fahrzeuge der Marke "Iveco" zum Zweck der Weiterveräußerung direkt von der Firma MAGIRUS-DEUTZ/Ulm; bis zu diesem Zeitpunkt betrieb sie auch eine Vertragswerkstätte für Fahrzeuge der Marken "Magirus-Deutz" und "Iveco". Seither verkauft die Beklagte jährlich nur noch etwa 4 bis 5 Neufahrzeuge dieser Marken im Jahr. 1984 und 1986 erwarb sie je ein Fahrzeug der Marke "Iveco" von der Klägerin; die übrigen Fahrzeuge dieser Marken bezog die Beklagte von ausländischen Lieferanten. Die Gewährleistungs- und Garantiearbeiten an den von ihr verkauften Fahrzeugen führt die Beklagte selbst durch.

Im Oktober 1987 richtete die Beklagte an etwa 30 bis 50 ihrer Kunden ein Rundschreiben, in welchem sie darauf hinwies, daß sie sich schon seit 50 Jahren mit dem Verkauf und dem Service von Lastkraftwagen und Omnibussen, seit 1970 speziell der Marke "Magirus-Deutz" und daraus resultierend "Iveco", befasse und sich trotz einiger "konzerneigener Umstellungen" verpflichtet fühle, ihre Kunden auch weiterhin mit Nutz- und Gebrauchtwagen sowie Iveco-Ersatzteilen und Dienstleistungen fachmännisch und mit großer Schnelligkeit zu versorgen.

Das Betriebsgebäude der Beklagten befindet sich in Hall, Salzburger Straße 60-62. Seit 1980 war an der im rechten Winkel an die Straßenfront anschließenden Westseite des Gebäudekomplexes unterhalb des Flachdaches eines Vorbaues ein Geschäftsschild mit der Aufschrift "Toyota-Kundendienst-Iveco" angebracht. Im Anschluß daran befindet sich eine - nunmehr stillgelegte - Tankstelle. Das Geschäftsschild war jedoch dann, wenn man sich dem Betrieb der Beklagten auf der Salzburger Straße von Westen her näherte, sichtbar. Nach der Zustellung der Klage (26. Jänner 1988) wurde dieses Geschäftsschild entfernt. Schon am 29. August 1985 hatte die Klägerin die Beklagte aufgefordert, es zu unterlassen, sich als offizielle Iveco-Verkaufsstelle zu bezeichnen und Symbole der Firmen I*** und MAGIRUS-DEUTZ zu verwenden. Danach hatte die Beklagte eine Iveco-Fahne und ein Magirus-Deutz-Schild von ihrem Betriebsgebäude entfernt. Anläßlich einer Kontrolle durch den Verkaufsleiter der Klägerin wurde das an der Westseite des Gebäudevorbaues befindliche Schild mit der Aufschrift "Toyota-Kundendienst-Iveco" übersehen. Die Klägerin begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr den Firmenbestandteil und die Marke "Iveco" zu verwenden, in eventu die Angabe "Iveco-Kundendienst" zu verwenden und den Anschein einer Vertragswerkstätte der Klägerin zu erwecken, in eventu die Angabe "Iveco-Kundendienst" zu verwenden; ferner verlangt sie die Ermächtigung zur Veröffentlichung des Urteils in Samstagausgaben der Tageszeitungen "Kronen-Zeitung", "Kurier" und "Tiroler Nachrichten" im Textteil in Normallettern mit Fettumrandung, Fettdrucküberschrift und gesperrt geschriebenen Prozeßparteien. Durch die unbefugte Verwendung des Firmenschlagwortes sowie der Verbandsmarke "Iveco" verstoße die Beklagte gegen § 1 und § 9 UWG. Auch erwecke sie durch die an ihrem Betriebsgebäude angebrachte Aufschrift und das Rundschreiben vom Oktober 1987 den unrichtigen Eindruck, zur Verwendung des Namens der Klägerin bzw. des geschützten Warenzeichens befugt und eine von der Klägerin autorisierte Verkaufs- und Servicestelle zu sein. Wegen des Interesses der Klägerin, das irregeführte Publikum aufzuklären, daß die Beklagte das Zeichen "Iveco" ohne Berechtigung verwendet habe, sei die Veröffentlichung des Urteils in Samstagausgaben dreier Tageszeitungen geboten.

Die Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Da sie Fahrzeuge der Marke "Iveco" verkaufe und repariere, sei sie auch berechtigt, die Bezeichnung "Iveco" an ihren Geschäftsräumen anzubringen. Die Klägerin genieße nicht den Schutz der Marke "Iveco" und sei daher zur Erhebung einer Unterlassungsklage nicht legitimiert. Durch das nicht an der Straßenfront ihres Betriebsgebäudes angebrachte Geschäftsschild mit der Aufschrift "Iveco" sei nur ein kleiner Personenkreis angesprochen worden. An der begehrten Urteilsveröffentlichung habe die Klägerin kein berechtigtes Interesse, weil der damit verfolgte Zweck bereits durch ein stattgebendes Urteil über das Unterlassungsbegehren bewirkt werde. Die Beklagte habe das Geschäftsschild nicht rechtsmißbräuchlich, sondern berechtigterweise in einem Zeitpunkt angebracht, in dem sie mit einem offiziellen Lieferanten derartiger Fahrzeuge in Vertragsbeziehung gestanden sei; selbst den Organen der Klägerin sei dieses Schild anläßlich einer Kontrolle nicht aufgefallen. Die Beklagte habe seine Entfernung nur aus Versehen unterlassen und sofort nach Zustellung der Klage nachgeholt.

Das Erstgericht wies das Unterlassungshauptbegehren ab; es erkannte aber die Beklagte im Sinne des ersten Eventualbegehrens schuldig, es zu unterlassen, die Angabe "Iveco"-Kundendienst zu verwenden und den Anschein einer Vertragswerkstätte der Klägerin zu erwecken. Ferner erteilte es der Klägerin die Ermächtigung, den stattgebenden Teil des Urteilsspruches auf Kosten der Beklagten in Samstagausgaben der Tiroler Ausgabe des "Kurier" und der "Neuen Tiroler Zeitung" im Textteil in Normallettern mit Fettumrandung, Fettdrucküberschrift und gesperrt geschriebenen Prozeßparteien veröffentlichen zu lassen; das darüber hinausgehende Veröffentlichungsbegehren wies es ab. Zu dem - allein den Gegenstand des Revisionsverfahrens bildenden - Veröffentlichungsausspruch führte das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht folgendes aus:

Da das zur Irreführung geeignete Geschäftsschild jahrelang am Geschäftsgebäude der Beklagten angebracht gewesen sei, sei anzunehmen, daß auch ein größerer Personenkreis davon Kenntnis erlangt habe. Bei diesem Personenkreis sei der irreführende Eindruck erweckt worden, daß die Beklagte mit der Klägerin in einem Vertragsverhältnis stehe. Die Klägerin habe daher ein berechtigtes Interesse daran, diesen Eindruck durch die Urteilsveröffentlichung zu beseitigen. Da aber nur jener Personenkreis aufgeklärt werden müsse, der das Schild am Geschäftsgebäude der Beklagten wahrgenommen habe, sei die Urteilsveröffentlichung in solchen Tageszeitungen erforderlich, die im gesamten Bundesgebiet erscheinen, entbehrlich. Auch genüge die Veröffentlichung in zwei in Tirol erscheinenden Tageszeitungen. Damit sei eine weitgehende Aufklärung des irregeführten Publikums gewährleistet.

Das Berufungsgericht bestätigte das Unterlassungsgebot des Erstgerichtes, änderte aber die Entscheidung über die Urteilsveröffentlichung im Sinne der gänzlichen Abweisung dieses Begehrens ab; es sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 15.000 und der gesamte Streitgegenstand S 300.000 übersteige. Zum Anspruch auf Urteilsveröffentlichung führte das Berufungsgericht in rechtlicher Hinsicht folgendes aus:

Da das beanstandete Geschäftsschild an einer nicht besonders gut einsehbaren Stelle angebracht gewesen sei, könne davon ausgegangen werden, daß es von einem Großteil des Publikums gar nicht beachtet wurde; das ergebe sich auch daraus, daß es selbst dem Geschäftsführer der Klägerin anläßlich einer Nachschau nicht aufgefallen sei. Unter diesem Gesichtspunkt bestehe kein berechtigtes Interesse der Klägerin an einer Urteilsveröffentlichung in Tageszeitungen, durch die ein breites Publikum angesprochen werde. Gegen den abändernden Teil des Berufungsurteils richtet sich die wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision der Klägerin mit dem Antrag, den Veröffentlichungsausspruch des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Den Ausführungen der Revision, wonach das Berufungsgericht bei der Beurteilung des Veröffentlichungsanspruches nicht den gesamten festgestellten Sachverhalt berücksichtigt und zu Unrecht angenommen habe, daß das beanstandete Geschäftsschild von einem Großteil des Publikums nicht beachtet wurde, ist beizupflichten. Dabei ist davon auszugehen, daß das irreführende, eine Geschäftsbeziehung zwischen den Streitteilen vortäuschende Geschäftsschild mit der Aufschrift "Toyota-Kundendienst-Iveco" bis zu seiner Entfernung rund 8 Jahre lang am Betriebsgebäude der Beklagten angebracht gewesen war und nicht nur von den auf der Salzburger Straße von Westen her kommenden Personen, sondern auch von den Benützern der anschließenden Tankstelle sowie den Kunden des Betriebes der Beklagten wahrgenommen werden konnte. Während dieses gesamten Zeitraums wurde somit beim angesprochenen Verkehr der unrichtige Eindruck erweckt, die Beklagte sei als offizieller Vertragspartner der Klägerin (oder eines sonstigen Berechtigten) tätig. Daß ein nicht unbeträchtlicher, unbestimmter Personenkreis von dieser irreführenden Werbung Kenntnis erlangt hat, ist somit evident. Das bloß an 30 bis 50 Kunden gerichtete, gleichermaßen zur Täuschung geeignete Rundschreiben vom Oktober 1987 fällt bei dieser Sachlage nicht mehr besonders ins Gewicht.

Die Berechtigung eines Urteilsveröffentlichungsanspruches nach § 25 Abs 3 UWG hängt davon ab, ob ein schutzwürdiges Interesse des Klägers an der Aufklärung des Publikums im begehrten Ausmaß besteht (SZ 51/76 uva.). Vor allem in Irrtumsfällen besteht ein berechtigtes Interesse, über die wahre Sachlage zu unterrichten; die Urteilsveröffentlichung dient gerade in solchen Fällen dazu, das Publikum aufzuklären und einer Weiterverbreitung unrichtiger Ansichten entgegenzuwirken (SZ 49/147; ÖBl. 1975, 67; ÖBl. 1988, 159 uva.). Hat sich die Werbung aber an einen großen, in keiner Weise überschaubaren und begrenzten Personenkreis gerichtet, dann ist auch eine entsprechend weit gestreute Information der Öffentlichkeit notwendig. Da die Klägerin ein berechtigtes Interesse daran hat, nicht nur jene Unternehmer, die Lastkraftwagen der Marke "Iveco" besitzen, sondern überhaupt alle von der Werbung angesprochenen Personen zu erfassen, welche die Möglichkeit haben, auf die Entscheidung über den Ankauf oder die Reparatur derartiger Fahrzeuge einzuwirken, besteht auch ein Interesse an der Veröffentlichung des Urteils in Tageszeitungen, die auch von der breiten Öffentlichkeit gelesen werden. Wegen der Beschränkung der Auswirkungen dieser Werbung auf überwiegend in Tirol wohnhafte Personen bedarf es freilich keiner Veröffentlichung des Urteils in gesamtösterreichischen Tageszeitungen. Angesichts der langen Dauer der irreführenden Werbung ist die Urteilsveröffentlichung in Samstagausgaben zweier einschlägiger Zeitungen geboten. Daß die Beklagte nach der Zustellung der Klage das beanstandete Geschäftsschild entfernt hat, ändert unter den vorliegenden Umständen am Veröffentlichungsanspruch nichts (vgl. ÖBl. 1961, 53), kann doch die Beseitigung einer irreführenden Ankündigung im Zuge des Prozesses nur dann zur Versagung der Urteilsveröffentlichung führen, wenn eine irreführende Ankündigung nur kurze Zeit wirksam gewesen ist (vgl. ÖBl. 1966, 93). Die Urteilsveröffentlichung in der "Neuen Tiroler Zeitung" ist auch nicht, wie die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung meint, deshalb unzulässig, weil die Klägerin die Veröffentlichung in den "Tiroler Nachrichten" beantragt hat. Die Beklagte hat dabei offensichtlich einen Verstoß gegen § 405 ZPO im Auge; ein solcher liegt aber jedenfalls dann nicht vor, wenn - wie hier - die im Urteilsspruch angeführte Zeitung ein Nachfolgeblatt der im Urteilsantrag genannten Zeitung ist.

Der stattgebende Teil des Urteils des Erstgerichtes über das Urteilsveröffentlichungsbegehren war daher in vollem Umfang wiederherzustellen.

Aus Anlaß dieser abändernden Entscheidung war auch eine neue Kostenentscheidung zu fällen, weil das Erstgericht mit seiner Kostenentscheidung dem überwiegenden Obsiegen der Klägerin nicht Rechnung getragen und die Klägerin diese Kostenentscheidung deshalb auch mit Kostenrekurs angefochten hat. Die Entscheidung über die Prozeßkosten erster Instanz gründet sich auf § 43 Abs 2 ZPO. Die Klägerin ist zwar mit dem Unterlassungshauptbegehren unterlegen, hat aber mit dem ersten - dem Hauptbegehren

gleichwertigen - Eventualbegehren zur Gänze obsiegt und ist nur mit einem Teil des Veröffentlichungsbegehrens unterlegen. Dieses Unterliegen umfaßt nur einen geringfügigen Teil des gesamten Anspruches; seine Geltendmachung hat überdies keine besonderen Kosten veranlaßt. Die Klägerin hat daher Anspruch auf Ersatz sämtlicher Kosten des Verfahrens erster Instanz, die das Berufungsgericht aus Anlaß seiner Kostenentscheidung richtig mit S 83.611,85 errechnet hat.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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