Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der Beschluß des Rekursgerichtes wird aufgehoben; die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an die zweite Instanz zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Kosten des Verfahrens zweiter Instanz.
Text
Begründung
Die Beklagte - eine Gesellschaft der sogenannten
Zumtobel-Gruppe - betreibt u.a. in Salzburg, Schießstattstraße 7 (Hans Sachs-Hof 7) unter der Bezeichnung "F***" den Einzelhandel mit Lebensmitteln und sogenannten "Non-food-Artikeln" für den Haushaltsbereich. Sie hat
a) am 17.November 1988 eine Tragepackung "Pampers"- Windeln zum Endverbraucherpreis von S 139,90,
b) am 7.Dezember 1988 eine 2-Liter-Dose "Kronen-Öl" zum Endverbraucherpreis von S 34,90,
c) am 9.Dezember 1988 eine Familienpackung "Soletti" 250 Gramm zum Endverbraucherpreis von S 9,90 und eine 1-Liter-Flasche "Stroh-Rum" zum Endverbraucherpreis von S 39,90 sowie
d) vom 9. bis 21.Jänner 1989 eine 1.000 g-Packung "Beba"-Säuglings-Milchnahrung zum Endverbraucherpreis von S 89,-- angeboten und auch verkauft.
Der klagende Wettbewerbsverband behauptet, daß die Beklagte diese Waren unter dem Einstandspreis verkauft habe; sie verstoße damit dauernd und planmäßig gegen das Verbot des § 3 a NVG. Die Hauptgesellschaft der sogenannten Zumtobel-Gruppe habe mit Schreiben vom 20.September 1988 alle Lieferanten aufgefordert, bei Nachfragen von Schutzverbänden, Handelskammern usw. im Zusammenhang mit der Verletzung des Verbotes des Verkaufes unter dem Einstandspreis keine Auskünfte über Einstandspreise der Zumtobel-Verbrauchermärkte zu erteilen.
Der Kläger begehrt zur Sicherung eines gleichlautenden Unterlassungsanspruches, der Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr Waren, insbesondere Beba-Milchnahrung, Soletti, Kronen-Öl, Stroh-Rum und PampersWindeln, zum oder unter dem Einstandspreis zuzüglich der Umsatzsteuer und aller sonstigen Abgaben, die beim Verkauf anfallen, zu verkaufen oder zum Verkauf anzubieten.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Sie bestritt die Aktivlegitimation des klagenden Wettbewerbsverbandes, weil dieser außer dem Führen von Prozessen keine Tätigkeit im wirtschaftlichen Interesse seiner Mitglieder entfalte. Das Lieferantenrundschreiben der Hauptgesellschaft der Zumtobel-Gruppe sei der Beklagten nicht zuzurechnen. Die Beklagte habe die angeführten Waren nicht unter dem Einstandspreis verkauft. Hätte sie dies getan, dann läge überdies der Rechtfertigungsgrund des § 3 a Abs 2 Z 4 NVG vor, weil die gleichen Artikel von anderen Verbrauchermärkten (Merkur, HitDiskont, top-Markt, Maxi-Markt, M-preis, pro, Schlecker, Huma, IFA, Interspar, Sutterlüty und BIPA) in der Zeit vom 1.September bis 24.November 1988 wiederholt zum gleichen Preis (und sogar billiger) angeboten worden seien; die Beklagte verwies dazu auf zwei Inserate für Beba-Milchnahrung, zwei Ankündigungen für Soletti, vier für KronenÖl, drei für Stroh-Rum und acht für Pampers-Windeln.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab, weil den vom Kläger vorgelegten eidesstättigen Erklärungen nicht mit ausreichender Sicherheit zu entnehmen sei, daß die Beklagte die genannten Waren unter dem Einstandspreis verkauft habe. Das Rekursgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung und sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes 300.000,-- S übersteige. Es nahm als bescheinigt an, daß zum statutenmäßigen Zweck des klagenden Vereins die Bekämpfung aller Erscheinungsformen unlauteren Wettbewerbs, die Beratung der Mitglieder des Vereins in wettbewerbsrechtlichen Fragen, die Förderung der Information der Konsumenten über die Anliegen der Mitglieder, die Förderung des Ausbaues des Wettbewerbsrechts durch Erstellung von Gutachten und die Wahrung und Förderung aller anderen wirtschaftlichen Interessen der Mitglieder unter Beachtung der Bestimmungen des Kartellgesetzes gehören. Ferner nahm das Rekursgericht für alle oben genannten Artikel als glaubhaft gemacht an, daß der von der Beklagten angekündigte (und verlangte) Preis (samt Mehrwertsteuer) unter dem Einstandspreis gelegen sei, zu dem die Beklagte diese Artikel von den betreffenden Lieferanten (Nestle; Dr.Josef Zach GmbH; Fa. VFI; Fa. Getränke Handelshaus GmbH; Procter & Gamble) erworben habe. Die zweite Instanz war der Ansicht, daß der klagende Wettbewerbsverband schon nach seiner Mitgliederstruktur aktiv legitimiert sei, und zwar selbst dann, wenn er ein reiner Prozeßführungsverein wäre. Umstände, aus denen sich ein Mißbrauch der Prozeßführungsbefugnis ergebe, seien nicht hervorgekommen. Ob ein Verstoß gegen das Nahversorgungsgesetz als Verletzung einer wettbewerbsregelnden Norm schon für sich allein, also ohne Vorliegen besonderer "Unlauterkeitskriterien", auch gegen § 1 UWG verstoße, werde in der Lehre nicht einheitlich beantwortet. Die Rechtsprechung vertrete aber die Auffassung, daß eine dem Beklagten subjektiv vorwerfbare Gesetzesverletzung, die in der Absicht begangen wurde, im Wettbewerb einen Vorsprung vor den gesetzestreuen Mitbewerbern zu erlangen, immer auch einen Verstoß gegen die guten Sitten iS des § 1 UWG bilde; das müsse auch für die wettbewerbsregelnden Bestimmungen des Nahversorgungsgesetzes gelten. Die Absicht der Beklagten, sich durch die beanstandeten Warenverkäufe unter dem Einstandspreis einen sachlich nicht gerechtfertigten Wettbewerbsvorsprung vor ihren gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen, bedürfe schon auf Grund des objektiven Charakters eines solchen Verhaltens keines Beweises. Gemäß § 3 a Abs 2 Z 4 NVG gelte das Verbot des Verkaufs unter dem Einstandspreis nicht, wenn die Preiserstellung in Anpassung an die von den Mitbewerbern offenbar zulässigerweise geforderten Preise oder in Befolgung von Rechtsvorschriften erfolgt sei. Zur Bescheinigung dieser Ausnahmebestimmungen habe die Beklagte ein Konvolut von Zeitungsausschnitten und Postwurfsendungen anderer Verbrauchermärkte vorgelegt. Aus dieser Sammelbeilage ergebe sich aber nicht, daß die betreffenden Mitbewerber offenbar zulässigerweise diese Preise forderten oder daß diese Preise in Befolgung von Rechtsvorschriften ermittelt worden wären. Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses, hilfsweise auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Der Kläger beantragt in seiner Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs der Gegenseite nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist berechtigt.
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist allerdings der klagende Wettbewerbsschutzverband aktiv legitimiert: Eine Vereinigung zur Förderung wirtschaftlicher Interessen von Unternehmern hat die Klageberechtigung nur, soweit sie Interessen vertritt, die durch die Handlung berührt werden (ÖBl 1986, 9 mwN); sie muß auch nicht nur satzungsmäßig der Förderung solcher Interessen dienen, sondern, wie schon das Rekursgericht hervorgehoben hat, eine solche Tätigkeit auch wirklich ausüben. Hiefür reicht die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen allein nur aus, wenn eine entsprechende Mitgliederstruktur die Gewähr dafür bietet, daß der Verband allein mit dieser Tätigkeit im Sinne des Gesetzes wirtschaftliche Unternehmerinteressen (und nicht nur anwaltlichen Gebühreninteressen) fördert und damit schon als bloßer Prozeßführungsverein zur Klage legitimiert ist. Diese Voraussetzung ist vor allem dann gegeben, wenn dem klagenden Verband nur Unternehmer (oder Unternehmerverbände) angehören (ÖBl 1986, 9 mwN). Da dies hier der Fall ist - dem Kläger gehören als Mitglieder das Landesgremium (Salzburg) des Lebensmittel- und Genußmittelgroßhandels, das Landesgremium (Salzburg) des Lebensmitteleinzelhandels, eine Mitbewerberin der Beklagten sowie weitere Unternehmen anderer Branchen an -, ist der Kläger schon auf Grund der in den Statuten vorgesehenen und auch tatsächlich ausgeübten Tätigkeit der gerichtlichen Verfolgung von Wettbewerbsverstößen zur Klage legitimiert, ohne daß es der Prüfung bedürfte, welche sonstigen Tätigkeiten er zur Förderung der gemeinsamen Unternehmerinteressen noch ausübt. Warum ein Verein mit einer solchen Mitgliederzusammensetzung wegen der geringen Mitgliederzahl nicht in der Lage sein sollte, wirtschaftliche Unternehmerinteressen zu fördern, ist nicht zu sehen. Die Prozeßführungsbefugnis des Klägers ist daher zu bejahen; daß sie mißbräuchlich in Anspruch genommen worden wäre, hat die hiefür behauptungs- und beweis-(bescheinigungs-)pflichtige Beklagte (ÖBl 1986, 9) nicht vorgebracht.
In der Sache selbst verweist die Revisionsrekurswerberin auf das (inzwischen in RdW 1989, 241 veröffentlichte) Rechtsgutachten von Fitz-Roth (Verkauf unter dem Einstandspreis - Zur Auslegung und Kritik des § 3 a Nahversorgungsgesetz), die der Ansicht sind, weder der durch einen Verkauf unter dem Einstandspreis erreichte Wettbewerbsvorsprung noch die subjektive Vorwerfbarkeit dieses Verhaltens rechtfertigten es, den gemäß §§ 6, 7 NVG vom Kartellgericht zu ahndenden Verstoß gegen § 3 a NVG auch (als Bruch rechtlicher Bindungen) über § 1 UWG zu sanktionieren (aaO 245). Ein Verstoß gegen § 3 a NVG könne ohne zusätzliche objektive Unlauterkeitsmerkmale, wie sie schon bisher von der Rechtsprechung zu § 1 UWG anerkannt worden seien, nur auf Antrag der in § 7 Abs 2 NVG genannten Institutionen vor dem Kartellgericht verfolgt werden.
Dem ist nicht zu folgen: Zum Verhältnis zwischen dem NVG und dem UWG bestimmt § 9 NVG, daß "die Vorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb unberührt bleiben". Der Gesetzgeber läßt somit für den Fall der Gesetzeskonkurrenz - der dann vorliegt, wenn derselbe Sachverhalt die Tatbestandsmerkmale mehrerer anspruchsbegründender Normen verwirklicht (vgl. dazu Koziol-Welser8 I 30 f) - die Rechtsfolgen beider in Frage kommenden gesetzlichen Bestimmungen nebeneinander eintreten. Ein gegen das Nahversorgungsgesetz verstoßendes Verhalten läuft daher, wenn es zugleich wettbewerbswidrig ist, auch dem UWG zuwider und kann dann sowohl zur Einleitung eines (außerstreitigen) Verfahrens vor dem Kartellgericht als auch zu einem Rechtsstreit vor dem ordentlichen Gericht führen (Farnleitner-Straberger, Nahversorgungsgesetz 108 § 9 Anm 5; Barfuß,
Das Bundesgesetz zur Verbesserung der Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen !"NVG" , ÖZW 1987, 10 ff !14 ; Schuhmacher, "Quo vadis", österreichisches Wettbewerbsrecht? ÖJZ 1978, 314 ff !317 f ; Karsch, Verletzungen des Nahversorgungsgesetzes als Wettbewerbsverstoß? ÖBl 1979, 91 ff; ÖBl 1979, 152 - Werbekosten-Beitrag; ÖBl 1983, 55 - Metro-Post II; auch ÖBl 1984, 10 - Solidaritäts-Nachlaß).
Für die Fälle, in denen ein seit dem Inkrafttreten des Nahversorgungsgesetzes (Stammgesetz: 1.Oktober 1977; Novelle 1980:
1. April 1980; Novelle 1988: 30.Juli 1988) nach diesem Gesetz verfolgbares Verhalten schon bisher als wettbewerbswidrig im Sinne des UWG gegolten hatte, wurde die Möglichkeit, weiterhin Ansprüche nach dem UWG zu stellen, nie bezweifelt und daher bei den ersten Anlaßfällen, die das sogenannte "Anzapfen" eines Lieferanten durch einen Händler betrafen, unter Berufung auf Baumbach-Hefermehl (damals: Wettbewerbsrecht12, 846 ff) ein Verstoß gegen die guten Sitten iS des § 1 UWG durch Ausübung psychischen Drucks gesehen, wenn der angesprochene Unternehmer nach den Umständen des Falles den Eindruck gewinnen konnte, daß er bei einer Ablehnung der Leistung wirtschaftliche Nachteile erleiden könnte (ÖBl 1979, 152 - Werbekostenbeitrag; ÖBl 1983, 55 - Metro-Post II; ÖBl 1984, 10 - Solidaritäts-Nachlaß). Die Frage, ob und unter welchen
Voraussetzungen ein Verstoß gegen das Nahversorgungsgesetz bereits "an sich" ein Zuwiderhandeln gegen § 1 UWG begründet, wurde in den zitierten Entscheidungen ausdrücklich offengelassen.
Diese Frage wird im Schrifttum unterschiedlich beantwortet: Nach John (Gedanken zum österreichischen Wettbewerbs- und Nahversorgungsgesetz, GRURInt 1978, 343 ff !346 f ) bewirken Verstöße gegen das Verbot nicht leistungsgerechten Wettbewerbs nach dem Nahversorgungsgesetz in jedem Fall einen Vorsprung gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern, so daß sie sittenwidrig iS des § 1 UWG sind. Auch Schuhmacher (aaO 317 f) meint, daß die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Sittenwidrigkeit der Verletzung von Vorschriften mit wettbewerbsregelndem Charakter dazu zwingen werde, die Einhaltung des Nahversorgungsgesetzes auch über § 1 UWG durchsetzen zu können; er unterstellt aber andererseits dem Gesetzgeber die Vorstellung, daß es Wettbewerbshandlungen geben müsse, die zwar nicht gegen die guten Sitten, wohl aber gegen die Grundsätze des Leistungswettbewerbes verstoßen, so daß eine Verletzung des Nahversorgungsgesetzes nicht zwangsläufig zu einem Verstoß gegen § 1 UWG führe. Hackl (Spannungen zwischen den modernen Großformen des Einzelhandels und der Markenartikelindustrie, ÖBl 1982, 57 ff !61 ) meint zu § 2 NVG, daß die Ausübung von Marktmacht durch ungerechtfertigte Differenzierung beim Handel von seiten der Industrie zwangsläufig auch eine durch Sittenverstoß gekennzeichnete Wettbewerbshandlung sei; es sei zweckmäßiger, der Ansicht des Obersten Gerichtshofes zu folgen, wonach Verstöße gegen wettbewerbsregelnde Normen auch immer solche gegen § 1 UWG seien (ebenso auch Hackl, Tendenzen im allgemeinen Vertragsrecht, ÖJZ 1980, 645 !646 ; in seiner Studie "Vertragsfreiheit und Kontrahierungszwang im deutschen, österreichischen und im italienischen Recht" 103, nimmt er hingegen die parallele Anwendbarkeit des NVG und des UWG jedenfalls dann an, wenn die Verletzung des kaufmännischen Wohlverhaltens von typischen Unlauterkeitskriterien iS des § 1 UWG abhängt). Rummel (Wettbewerbsrecht in Koziol, Haftpflichtrecht2, 281) ist der Ansicht, daß ein Verstoß gegen wettbewerbsregelnde Normen des Nahversorgungsgesetzes zugleich nach § 1 UWG sanktioniert sei. Farnleitner-Straberger (aaO 103 ff) unterscheiden hingegen zwischen unlauterem, gesetzwidrigem und nicht leistungsgerechtem Wettbewerb und zeigen die Überschneidungsmöglichkeiten zwischen diesen Fallgruppen auf (aaO 104 ff, insbesondere 107 f). Verstöße gegen das Nahversorgungsgesetz könnten wettbewerbsrechtlich wertneutral sein; die Ansicht, daß "die Verletzung von Vorschriften wettbewerbsregelnden Charakters stets zugleich auch gegen § 1 UWG verstoße", halte in dieser allgemeinen Formulierung einer genaueren Überprüfung nicht stand. Barfuß (aaO 14) vertritt den Standpunkt, daß ein Verhalten, das gegen das Nahversorgungsgesetz verstößt, keinesfalls eo ipso auch wettbewerbswidrig im Sinne des UWG sein müsse; auch "kaufmännisches Nicht-Wohlverhalten" im Sinne des NVG werde wahrscheinlich in aller Regel nicht auch gleichzeitig sittenwidrig iS des § 1 UWG sein (s dazu auch Barfuß, MR 1989, 124). Karsch (aaO 91) ist der Auffassung, daß für das Verhältnis zwischen NVG und UWG die Regel, wonach die Erzielung eines wettbewerbswidrigen Vorsprunges durch Verstoß gegen wettbewerbsregelnde Vorschriften auch ein Verstoß gegen § 1 UWG sei, eingeschränkt werden müsse; ob auch ein Verstoß gegen § 1 UWG vorliegt, werde von "typischen Unlauterkeitskriterien" abhängen müssen. Harrer (Normverstoß und § 1 UWG, ÖBl 1981, 89 ff !95 ) hält es für ausgeschlossen, Ansprüche nach § 1 UWG bloß darauf zu stützen, daß das Verhalten des Beklagten einen Tatbestand des NVG erfülle. Das NVG enthalte keine Verbote, sondern nur Untersagungsbefugnisse; es schreibe kein bestimmtes Verhalten vor, sondern regle die Voraussetzungen für die Untersagbarkeit von Verhaltensweisen. Die Gleichsetzung eines bloß untersagbaren Verhaltens mit einem Verstoß gegen § 1 UWG würde die Rechtsfolgenentscheidung des Gesetzgebers gänzlich ignorieren; die vorgesehene Untersagbarkeit würde über § 1 UWG durch ein Verbot ersetzt. Dem folgt auch Koppensteiner (Wettbewerbsrecht2, 264) der meint, nicht der bloße Verstoß gegen die Anforderungen des NVG, sondern erst die Verletzung einer Untersagungsverfügung sei mit Rechtsnachteilen bedroht. Das Prinzip des Gesetzes würde völlig aus den Angeln gehoben, wenn die bloße Erfüllung eines NVG-Tatbestandes - von § 5 abgesehen - ohne weiteres auch als Verstoß gegen § 1 UWG gewertet würde. Stephan Frotz (Zur Konkretisierung des § 1 NVG, ÖZW 1983, 75) schließt sich "der überwiegenden Ansicht in der österreichischen Literatur an, die es ablehnt, daß Verstöße gegen § 1 NVG zugleich - unter dem Aspekt einer den Wettbewerb regelnden Vorschrift - als Verstöße gegen § 1 UWG zu werten sind". Diese Lösung sei wegen der besonderen Verfahrensvorschriften und der ausdrücklichen engen Beschränkung der Antragslegitimation geboten. Nach Bydlinski (Zu den dogmatischen Grundfragen des Kontrahierungszwanges, AcP 180, 1 !1980 FN 21) begründen NVG-Verstöße bei Hinzutreten der anderen Tatbestandsmerkmale des § 1 UWG (Handeln im geschäftlichen Verkehr und zu Zwecken des Wettbewerbes) UWG-Ansprüche. Dem folgt auch Sladek (Der Wohlverhaltenskatalog nach dem NVG: ein Sachverständigengutachten, ÖZW 1984, 16 !19 ). Auch F. Prunbauer (Verkauf unter dem Einstandspreis - prozessuale Probleme, MR 1989, 83) hält es nach Erörterung der Regelungsziele des NVG für gerechtfertigt, jedenfalls Verstöße gegen das Verbot des Verkaufes unter dem Einstandspreis auch nach dem UWG zu untersagen. Der Oberste Gerichtshof hat zu dieser Streitfrage erstmals in der Entscheidung vom 13.September 1988, 4 Ob 359/86 (RdW 1988, 42 !mit Anmerkung von Holeschofsky = WBl 1989, 24 = MR 1988, 164 - Bierverkaufsförderung) und iglS in der Folge in den Entscheidungen 4 Ob 77/88 (nunmehr RdW 1989, 254 und 272) und 4 Ob 4/89 (WBl 1989, 155 - Schlagobers) Stellung genommen und die Ansicht vertreten, daß zwar eine Verletzung des Nahversorgungsgesetzes schon im Hinblick auf das in §§ 6 f dieses Gesetzes vorgesehene besondere Verfahren vor dem Kartellgericht nicht "ohne weiteres" auch dem § 1 UWG unterstellt werden könne; eine dem Beklagten subjektiv vorwerfbare, in der Absicht begangene Gesetzesverletzung, im Wettbewerb einen Vorsprung vor den gesetzestreuen Mitbewerbern zu erlangen, sei aber immer auch ein Verstoß gegen die guten Sitten iS des § 1 UWG. Das müsse daher auch für die durchwegs wettbewerbsregelnden Bestimmungen des Nahversorgungsgesetzes gelten.
Daran ist grundsätzlich auch weiterhin festzuhalten. Ein Verstoß gegen das Nahversorgungsgesetz kann zwar nicht "ohne weiteres" dem § 1 UWG unterstellt werden; gegen § 1 UWG verstößt aber jedenfalls, wer den im Nahversorgungsgesetz selbst konkretisierten Verhaltensweisen (dazu später) zuwiderhandelt und hiebei gleichzeitig die Tatbestandsmerkmale des § 1 UWG erfüllt, nämlich insbesondere Handlungen "zu Zwecken des Wettbewerbs" vornimmt, die "gegen die guten Sitten" verstoßen (vgl. Bydlinksi aaO). Der Oberste Gerichtshof verkennt nicht, daß damit ein gegen das Nahversorgungsgesetz verstoßendes Verhalten in den meisten Fällen auch nach dem UWG verfolgt werden kann, weil derjenige, der sich als Unternehmer im geschäftlichen Verkehr verpönter Verhaltensweisen im Sinne des Nahversorgungsgesetzes bedient, damit in der Regel auch die Tatbestandsmerkmale des Handelns zu Zwecken des Wettbewerbes und gegen die guten Sitten erfüllen wird. Diese Konkurrenz zwischen dem NVG und dem UWG träte sogar noch häufiger ein, wenn man mit einem Teil der Lehre (Koppensteiner aaO 217 f, 249 ff, 261 ff; Liebscher,
Der Unterlassungsanspruch bei Rechtsbruch nach § 1 UWG, WBl 1989,
105) die Relevanz subjektiver Elemente für die Sittenwidrigkeit des Rechtsbruches nach § 1 UWG leugnen wollte. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers muß es aber Verhaltensweisen geben, die "geeignet sind, den leistungsgerechten Wettbewerb zu gefährden" (§ 1 Abs 1 NVG), ohne gleichzeitig auch sittenwidrig iS des § 1 UWG zu sein (dazu vor allem Farnleitner-Straberger 104 f und Schuhmacher aaO 317; noch weitergehend Barfuß aaO 14, der "kaufmännisches Nichtwohlverhalten" sogar in aller Regel als nicht gleichzeitig sittenwidrig ansieht). Insbesondere werden NVG und UWG nicht konkurrieren, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen, das als Anbieter oder Nachfrager keinem Wettbewerb ausgesetzt ist (§ 34 Abs 1 Z 1 KartG 1988), gegen das Nahversorgungsgesetz verstößt, weil dann mangels eines Wettbewerbsverhältnisses § 1 UWG nicht zur Anwendung kommt (vgl. ÖBl 1983, 114 - GewerbesalzLiefersperre). Auch dem "angezapften" Lieferanten kann - anders als dem Mitbewerber des Abnehmers - Rechtschutz nur nach dem NVG (vgl dessen § 7 Abs 8) gewährt werden, weil er zum Abnehmer in keinem Wettbewerbsverhältnis steht. Das gleiche gilt für alle sonstigen Fälle des Beispielkataloges zu § 1 Abs 1 NVG, in denen die Beteiligten in einem Austauschverhältnis, nicht aber in einem Wettbewerbsverhältnis stehen (Farnleitner-Straberger aaO 105). Von der im Mittelpunkt der Diskussion des Schrifttums stehenden Frage, ob NVG und UWG "ohne weiteres" oder nur bei Hinzutreten "typischer Unlauterkeitskriterien" konkurrieren, ist die Frage zu unterscheiden, ob nicht die einschlägigen Vorschriften des NVG selbst etwas darüber aussagen, wie weit Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche (im Sinne des UWG) Platz greifen sollen, müßten doch solche Entscheidungen (des Gesetzgebers) auch bei der Anwendung des § 1 UWG (auf Fälle des Rechtsbruchs) beachtet werden (Koppensteiner aaO 263); mit anderen Worten: Im Sinne der Einwände von Fitz-Roth (aaO 244 f) ist auch zu prüfen, ob die Rechtsfolgeanordnung des Nahversorgungsgesetzes als abschließende Regelung darüber anzusehen ist, wie Verhaltensweisen nach § 3 a NVG zu untersagen sind. Gerade das schließt aber nach Rummel (aaO 281) die Bestimmung des § 9 NVG aus; dem ist zu folgen, weil es den Gesetzesverfassern nicht entgangen sein kann, daß Verstöße gegen wettbewerbsregelnde Normen in ständiger Rechtsprechung auch über die der Generalklausel des UWG zuzuordnende Fallgruppe des "sittenwidrigen Rechtsbruchs" sanktioniert werden und daher anstelle des § 9 NVG - etwa mit einer Subsidiaritätsklausel - gerade die gegenteilige Anordnung zu treffen gewesen wäre, wenn der Gesetzgeber die Anwendung des § 1 UWG auf die neu geschaffenen wettbewerbsregelnden Tatbestände hätte ausschließen wollen. Ein besonders plastisches Beispiel bietet das - zweifellos wettbewerbsregelnde - Ausverkaufsgesetz, das an eigenen Sanktionen nur Verwaltungsstrafbestimmungen enthält, aber weit öfter als mit Verwaltungsstrafsachen über § 1 UWG durchgesetzt wird; das konnte dem Novellengesetzgeber (BGBl 1982/642), der mit dem neu eingefügten § 5 Abs 3 AusVG nur die bisherige Judikatur übernommen hat (vgl Koppensteiner aaO 101), wohl nicht verborgen geblieben sein (vgl allerdings zu diesen Zusammenhängen kritisch Hanreich, Neuregelungen im österreichischen Wettbewerb, ÖZW 1988, 108 !113 , der Zweifel daran anmeldet, ob es gerechtfertigt ist, "§ 1 UWG als Sanktionsmechanismus für eine unbegrenzbare Menge von Rechtsvorschriften zu gebrauchen und vorzusehen", weil dies "zu einer vollständigen Vermischung der traditionellen Bereiche des privaten und öffentlichen Rechts führen" könne).
Im vorliegenden Fall spricht aber neben § 9 NVG vor allem auch die Teleologie des Nahversorgungsgesetzes - und im besonderen diejenige des hier zu beurteilenden § 3 a NVG - dafür, daß nicht nur der Schutz der Wettbewerbsordnung in ihrer Gesamtheit durch ein dem Kartellgesetz angepaßtes Verfahren verwirklicht, sondern auch der Individualrechtsschutz der Mitbewerber gefördert werden sollte. Würden die Voraussetzungen, unter denen auch sonst ein Bruch gesetzlicher Bindungen zugleich als Verstoß gegen § 1 UWG angesehen wird, bei einem Zuwiderhandeln gegen § 3 a NVG nicht ausreichen, weil der Gesetzgeber für die Ahndung dieser Verstöße ein ausschließliches besonderes Verfahren (§ 6 f NVG) geschaffen hätte, dann könnten einzelne Mitbewerber gegen Verkäufe unter dem Einstandspreis nur dann vorgehen, wenn mit diesen Maßnahmen - im Sinne der bisherigen Rechtsprechung - die Absicht verbunden war, Mitbewerber überhaupt zu verdrängen oder zu vernichten, oder sonst ein Fall sittenwidriger Preisunterbietung vorläge (vgl. dazu ÖBl 1978, 148 - Milchpreisschleuderei; ÖBl 1980, 67 - FotoartikelPreisschleuderei; MR 1986 H 6, 19 - Mobilheim). Der Gesetzgeber des NVG hat aber Verkäufe zum oder unter dem Einstandspreis sowohl zum Zweck des Schutzes vor unlauterem Wettbewerb (Lockvogelwerbung, irreführende Niedrigpreiswerbung) als auch zur Sicherung des leistungsgerechten Wettbewerbs (Schutz der kleineren leistungsfähigen, aber nicht marktstarken Händler) und des Konsumentenschutzes (Erhaltung eines ausreichenden Distributionsnetzes, der Markttransparenz und des Schutzes vor verschleiernden Preismanipulationen) zunächst für Grundnahrungsmittel (262 BlgNR 15.GP 1) und dann zur Gänze verboten. Er hat also mit einem sogenannten pers-se-Verbot, für das die Täuschungsgefahr zwar eines der gesetzgeberischen Motive bildete, aber im Tatbestand der Norm nicht aufscheint (vgl. Schuhmacher, Verbraucherschutz bei Vertragsanbahnung 256), Verkäufe unter dem Einstandspreis auch wegen des Unlauterkeitsgehaltes dieser Vorgangsweise in bezug auf einzelne Mitbewerber und die Konsumenten untersagt. Die Regelung hat also nicht nur gesamtwirtschaftliche Zielsetzungen ("Schutz des leistungsgerechten Wettbewerbs"); sie bezweckt nicht nur eine Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen zum Schutz der kleineren und mittleren Unternehmen in ihrer Gesamtheit, sondern schützt auch den lauteren Wettbewerb unter den jeweils betroffenen Mitbewerbern. Sie will also gleichzeitig, wie es Sack (Probleme des neuen schweizerischen UWG im Vergleich mit dem deutschen UWG 113 f in Karl Baudenbacher, Das UWG auf neuer Grundlage !1989 ) ausgedrückt hat, ein "Zuwenig" und ein "Zuviel" an Wettbewerb verhindern. Diese konträren Regelungsziele stehen im Zusammenhang, weil ein "Zuviel" an Wettbewerb (eben dadurch, daß marktstarke Unternehmen durch Verkäufe unter dem Einstandspreis ihre Mitbewerber allmählich verdrängen) zu einem "Zuwenig" an Wettbewerb führen kann (Prunbauer aaO 83).
Da der Gesetzgeber bei der Schaffung des Nahversorgungsgesetzes offenbar primär die gesamtwirtschaftlichen Ziele (Verbesserung der Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen) im Auge hatte, hat er sich - im Gegensatz zu dem ersten Initiativantrag vom 18.November 1975 für ein Bundesgesetz "zur Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen" der auf der Grundlage des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb konzipiert worden war (vgl. zur Entstehungsgeschichte des NVG Barfuß aaO 10) - für die Durchsetzung der gesetzgeberischen Ziele über das Kartellverfahren mit gewissen Abweichungen (§§ 6, 7 NVG) entschieden; er hat damit die Durchsetzung des Gesetzes in die Hände weniger antragsberechtigter Institutionen und Verbände gelegt. Daran hat im Grundsatz auch die Erweiterung der Antragsberechtigung durch die NVG-Nov 1988 auf Vereinigungen zur Förderung wirtschaftlicher Interessen von Unternehmern (§ 14 UWG), bei denen zumindest die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs oder eine nach dem Handelskammergesetz, dem Arbeiterkammergesetz oder den Landwirtschaftskammergesetzen errichteten Körperschaft öffentlichen Rechtes Mitglied ist (§ 7 Abs 2 Satz 2 NVG) nichts geändert, weil diese Körperschaften öffentlichen Rechtes im Rahmen der Vereinigungen nach § 14 UWG ihren Einfluß dahin geltend machen können, ob ein Antrag gestellt wird oder nicht. Der von einer nicht leistungsgerechten Verhaltensweise im Sinne des NVG Betroffene kann aber, soweit es um Sanktionen nach dem NVG geht, nur mit der Anregung oder Bitte an eine klagelegitimierte Person herantreten, zu seinem Schutz tätig zu werden. Daß er damit "zum bloßen Bittsteller degradiert ist" (so Hackl aaO Vertragsfreiheit 102), wurde damit begründet, daß die Vorschaltung (weniger) klagelegitimierter Parteien, die schon durch ihren Antrag oder dessen Ablehnung eine Art "Vorinstanz" bilden, wegen des Vorranges des Institutionenschutzes vor dem Individualschutz beim Leistungsbegehren gerechtfertigt sei (Hackl aaO; KartG ÖBl 1974, 18). Diese auch von Schuhmacher (aaO 317) kritisierte Einschränkung des Rechtsschutzes ist aber, da das NVG auch dem Schutz des lauteren Wettbewerbs dient, nur dann zu rechtfertigen, wenn dem einzelnen Mitbewerber zur Verfolgung dieses Schutzziels die im UWG vorgesehenen Sanktionsmöglichkeiten gewahrt bleiben. Es wäre nicht einzusehen, daß ein Mitbewerber von einer nach § 7 Abs 2 NVG antragsberechtigten Partei, insbesondere von einem nach dieser Gesetzesstelle privilegierten Schutzverband, auf Unterlassung des Verkaufes zum oder unter dem Einstandspreis in Anspruch genommen werden könnte, seinerseits aber keine Möglichkeit hätte, wegen gleichartiger Verstöße gegen andere Mitbewerber vorzugehen. Der Ansicht Harrers (aaO 95) und Koppensteiners (aaO 264), daß das NVG keine Verbote, sondern nur Untersagungsbefugnisse enthalte, die nur die Voraussetzungen für die Untersagbarkeit einer Vorgangsweise regelten, und daß daher die Gleichsetzung eines bloß untersagbaren Verhaltens mit einem Verstoß gegen § 1 UWG die Rechtsfolgenentscheidung des Gesetzgebers gänzlich ignorieren würde, ist - jedenfalls für den hier maßgeblichen § 3 a NVG - nicht zu folgen (vgl auch Hackl, ÖBl 1982, 61 und Rummel aaO 281). Die vom Gesetz dem Richter eingeräumte Befugnis, dem Antragsgegner ein bestimmtes Verhalten zu untersagen, ist nichts anderes als die von der Antragstellung eines dazu Berechtigten abhängige Durchsetzung eines ex lege bestehenden Unterlassungsanspruches. Im übrigen gebraucht der Gesetzgeber in § 3 a NVG gar nicht die Wendung, daß bestimmte Verhaltensweisen ("soweit sie geeignet sind, den leistungsgerechten Wettbewerb zu gefährden") "untersagt werden können"; er formuliert vielmehr - genauso wie bei den Tatbeständen des UWG (§§ 1, 2, 6 a, 9) - daß "derjenige, der zum oder unter dem Einstandspreis .... verkauft ...., auf Unterlassung in Anspruch genommen werden" kann (ebenso in § 2 NVG). Es ist daher auch nicht richtig, daß erst die Verletzung einer Untersagungsverfügung mit Rechtsnachteilen bedroht ist (so aber Koppensteiner aaO 264). Im übrigen dürfte die Formulierung des Gesetzgebers in § 1 Abs 1 NVG ("können untersagt werden") darauf zurückzuführen sein, daß er die stark überschießende Tendenz des primär auf marktstarke oder marktbeherrschende Unternehmen abzielenden, aber gegen jeden Unternehmer anwendbaren Gesetzes (vgl. die Worte: "soweit sie geeignet sind, den leistungsgerechten Wettbewerb zu gefährden") durch eine restriktive Regelung der Parteistellung wieder einschränken wollte (vgl. Schuhmacher aaO 314 ff) und daher von der Vorstellung einer von der "Vorentscheidung" der antragsberechtigten Verbände abhängigen Untersagungsbefugnis ausgegangen sein könnte. Das klare Verbot des Verkaufs zum oder unter dem Einstandspreis (siehe dazu auch 694 BlgNR. 17.GP 1) erlaubt aber keine Deutung als bloße "Untersagungsbefugnis", die nur für den Fall der Gefährdung des leistungsgerechten Wettbewerbes gegeben wäre. Bei den Spezialtatbeständen des NVG (§§ 1 Abs 2, 2, 3 a, 4 und 5) geht der Gesetzgeber davon aus, daß sie den leistungsgerechten Wettbewerb stets gefährden.
Für die Konkurrenz zwischen der Klage nach § 1 UWG und dem Antrag nach § 6 NVG spricht auch, daß der Gesetzgeber der NVG-Nov. 1980 bewußt darauf verzichtet hat, Schadenersatzansprüche in § 3 a NVG aufzunehmen, weil das "Verhältnis des hier (= im NVG) vorgesehenen Schadenersatzanspruches zu den sich aus dem UWG ergebenden Ansprüchen unklar wäre" und "die neue Bestimmung als Einschränkung der aus dem UWG abzuleitenden Ansprüche verstanden werden könnte" (262 BlgNR. 15.GP 1). Damit scheint zuletzt auch der setzgeber der NVG-Nov. 1980 von uneingeschränkter Konkurrenz ausgegangen zu sein (Rummel aaO 282 FN 14); das Sanktionensystem des UWG sollte offenbar nicht berührt werden (vgl auch John aaO 347). Aus der von Fitz-Roth (aaO 245) erwähnten Ablehnung eines Abänderungsantrages der FPÖ im Plenum des Nationalrates, jedem Mitbewerber das Antragsrecht nach § 7 Abs. 2 NVG - übrigens nicht nur bei Verstößen gegen § 3 a NVG einzuräumen (stProtNR 17.GP 8047, 8048), ist für das vorliegende Problem nichts zu gewinnen, weil der Gesetzgeber damit nur an dem bestehenden System festgehalten hat, die Wahrung der kartellrechtlichen Zielsetzungen des NVG nur bestimmten Institutionen zu übertragen, ohne daß damit etwas über die Grenzen des Schutzes einzelner Mitbewerber gegen unlauteres Verhalten ihrer Konkurrenten ausgesagt würde. Ein Verstoß gegen § 3 a NVG kann daher bei Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 1 UWG von jedem Mitbewerber geltend gemacht werden. Verfehlt ist auch die Ansicht des Revisionsrekurswerbers, er könne die von den Vorinstanzen aus Urkunden gewonnenen Bescheinigungsergebnisse (mit Rechtsrüge) bekämpfen. Zur rechtlichen Beurteilung gehört zwar die Auslegung einer nach ihrem Wortlaut unstrittigen Urkunde, nicht aber die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Inhaltes schriftlicher eidesstättiger Erklärungen; diese hat der Oberste Gerichtshof nicht zu überprüfen, weil er bei der Entscheidung über einen Revisionsrekurs auch im Provisorialverfahren nur Rechts- und nicht Tatsacheninstanz ist (stRsp; ÖBl 1988, 78; RdW 1988, 134; zuletzt 4 Ob 2/89).
Berechtigt ist jedoch das Rechtsmittel, soweit damit gerügt wurde, daß das Rekursgericht nicht auf den Ausnahmetatbestand des § 3 a Abs 2 Z 4 NVG eingegangen sei und das Unterlassungsgebot zu weit gefaßt habe:
Gemäß § 3 a Abs 2 NVG sind die Bestimmungen des Abs 1 (über das Verbot des Verkaufes zum oder unter dem Einstandspreis) nicht anzuwenden, wenn die Preiserstellung nach den Grundsätzen einer ordentlichen kaufmännischen Gebarung gerechtfertigt ist. Das ist nach Z 4 dieser Gesetzesstelle insbesondere der Fall, wenn die Preiserstellung in Anpassung an die von Mitbewerbern offenbar zulässigerweise geforderten Preise (- auf den weiteren Ausnahmetatbestand der "Befolgung von Rechtsvorschriften" beruft sich die Beklagte nicht -) erfolgt ist. Den Materialien ist über den Zweck dieser Regelung nichts zu entnehmen; er kann nur in der Vermeidung einer Benachteiligung jener Unternehmer liegen, deren Einstandspreis über dem anderer Mitbewerber liegt und denen daher zur Erhaltung ihrer Wettbewerbsfähigkeit das Recht eingeräumt wird, ihre Preise eventuell denen günstiger anbietender Mitbewerber anzupassen (vgl Fitz-Roth aaO 253). Da nur die Anpassung an die Preiserstellung als Rechtfertigungsgrund anerkannt ist, darf der nachziehende Mitbewerber den Preis der Konkurrenz nicht unterschreiten (WBl 1989, 155 - Schlagobers). Schon mit dieser Einschränkung wird vermieden, daß nach einer
ersten - rechtswidrigen - Unterschreitung des Einstandspreises durch einen Mitbewerber jedes weitere Heruntergehen mit dem Preis durch seine Konkurrenten als Ausnahmetatbestand rechtmäßig wäre. Eine Einschränkung dieses Ausnahmetatbestandes wird aber vor allem dadurch erreicht, daß der eigene Preis nur an die von Mitbewerbern offenbar zulässigerweise geforderten Preise angepaßt werden darf. Mit dieser Wendung kann entgegen der Ansicht von Prunbauer (MR 1989, 123) nicht gemeint sein, daß die Rechtmäßigkeit der von den Mitbewerbern geforderten niedrigeren Preise "evident" sein, also objektiv außer jedem Zweifel stehen müßte; die Bestimmung wäre dann praktisch unanwendbar, weil der Unternehmer in aller Regel die Einkaufsbedingungen seiner Mitbewerber nicht kennt und selbst dann, wenn alle Mitbewerber die betreffende Ware vom selben Lieferanten (bez. unmittelbar vom Erzeuger) beziehen, nicht davon ausgehen muß, daß der Lieferant den Mitbewerbern gleiche Abnahmebedingungen iS des § 2 Abs 1 NVG gewährt hat, zumal nicht jeder individuell gewährte Preisnachlaß gegen § 2 NVG verstößt. Vor allem aber ist ja für den Mitbewerber nicht ohne weiteres durchschaubar, ob der Lieferant wegen Vorliegens gleicher Voraussetzungen überhaupt gleiche Abnahmebedingungen gewähren müßte. Schließlich kann der Unternehmer - falls es darauf bei der Berechnung des Einstandspreises überhaupt ankommt - in der Regel nicht wissen, ob die Preise seiner Mitbewerber auch Rabatte und Preisnachlässe enthalten, die ihnen unter Verletzung der Bestimmungen über das kaufmännische Wohlverhalten (vgl. KartG RdW 1989, 254 !nicht rechtskräftig ) gewährt worden sind. Der im Zeitpunkt der Rechnungstellung bereits eingeräumte Rabatt oder sonstige Preisnachlaß hängt zudem oft von einer erzielten Gesamtabnahmemenge ab und ist daher nur im nachhinein kalkulierbar (vgl Fitz-Roth aaO 250). Erkennbar ist für den Unternehmer in der Regel nur, ob und wie weit der von den am billigsten anbietenden Mitbewerbern geforderte Preis unter dem durchschnittlichen Preisniveau aller Unternehmer mit vergleichbarer Unternehmensstruktur liegt und welche Relation zu seinen eigenen Einkaufsbedingungen besteht. Liegt der von Mitbewerbern geforderte Preis, an den sich der Unternehmer anpassen will, nicht auffallend unter dem genannten Durchschnittsniveau, so wird der Unternehmer mangels gegenteiliger Kenntnisse davon ausgehen dürfen, daß es sich um einen "offenbar zulässigerweise" geforderten Preis handelt. "Offenbar" ist dabei als "anscheinend" oder "vermutlich" zu lesen; der "offenbar zulässigerweise geforderte Preis" ist jener, der aus der Sicht des Anpassenden noch den Anschein eines zulässigen Vorbildpreises für sich hat (im gleichen Sinn Fitz-Roth aaO 253). Ist ein solcher Preis anzunehmen, dann ist es Sache des Klägers zu beweisen bzw. (in den zulässigen Grenzen des Provisorialverfahrens) zu bescheinigen, daß der Beklagte gewußt hat, daß der oder die betroffenen Mitbewerber - hier genügt bereits einer (Fitz-Roth aaO 253; Prunbauer, MR 1989, 123; ebenso Oberlandesgericht Innsbruck 23.Jänner 1989, RdW 1989,
256) - den Preis nicht "zulässigerweise" gefordert hat (haben) oder dem Beklagten wenigstens Umstände bekannt waren oder bekannt sein mußten, aus denen darauf zu schließen war.
"Anpassen" kann der Mitbewerber seine Preiserstellung an die von einem oder mehreren anderen geforderten Preise nur, solange sie von diesem (diesen) noch gefordert werden oder solange wenigstens noch eine Werbewirkung solcher Angebote - zu denen grundsätzlich auch kurzfristige Sonderangebote der Konkurrenz zählen - auf das Publikum anzunehmen ist. Wielange dies zutrifft, kann nur nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere auch nach der Intensität der Werbung für den betreffenden günstigen Preis, beurteilt werden. Legt man diese rechtliche Beurteilung zugrunde, so durfte das Rekursgericht den ausdrücklich auf § 3 a Abs 2 Z 4 NVG gestützten Hinweis der Beklagten, auch andere Verbrauchermärkte hätten die beanstandeten Artikel (zum Teil relativ kurze Zeit vor dem Angebot des Beklagten) um denselben oder sogar um einen niedrigeren Preis angeboten (- zum Artikel "Pampers-Windel" wurden nicht weniger als acht Konkurrenzinserate von sechs Mitbewerbern in der Zeit vom 5. September bis 7.November 1988 behauptet -) nicht damit abtun, aus den dazu vorgelegten Bescheinigungsmitteln ergebe sich nicht, daß die Mitbewerber diese Preise offenbar zulässigerweise gefordert hätten, liegen doch die vom Kläger in den eidesstättigen Erklärungen (Beilagen H bis N) errechneten Einstandspreise eines Mitbewerbers nicht sehr erheblich über dem vom Beklagten (und anscheinend auch weiteren Mitbewerbern) verlangten Preis. Da das Rekursgericht zu diesen Konkurrenzinseraten und -verkäufen keine Feststellungen getroffen hat, leidet das Verfahren an Feststellungsmängeln, welche die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückverweisung der Rechtssache an die zweite Instanz erforderlich machen.
Soweit nach den Ergebnissen des ergänzenden Bescheinigungsverfahrens wiederum ein Verbot zu erlassen sein wird, wird dabei der Grundsatz zu beachten sein, daß eine gewisse allgemeine Fassung des Unterlassungsgebotes in Verbindung mit konkreten Einzelverboten meist schon deshalb notwendig ist, um Umgehungen nicht allzu leicht zu machen, wobei sich das Unterlassungsgebot allerdings immer am konkreten Wettbewerbsverstoß zu orientieren hat und nicht zu unbestimmt sein darf (ÖBl 1983, 134 uva; zu § 3 a NVG zuletzt WBl 1989, 155 - Schlagobers). Das Verbot darf daher keinesfalls auf Waren aller (!) Art - selbst solche, welche die Beklagte derzeit nicht einmal führt ausgedehnt werden, müßte doch sonst die Beklagte bei jedem behaupteten Verstoß, der beliebige Warengruppen betrifft, Impugnationsklage erheben und zu ihrer Verteidigung ihre Einkaufsbedingungen offenlegen. Zur Vermeidung von Umgehungen wird das Verbot allerdings auf die jeweilige Gattung (hier etwa: Windeln, Speiseöl, Knabbergebäck, Rum, Säuglingsnahrung) - allenfalls in Verbindung mit konkreten Einzelverboten - zu erstrecken sein.
Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben und die angefochtene Entscheidung aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 78, 402 EO und 52 ZPO.
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