Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagte ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 6.172,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschließlich S 1.028,70 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Vermieterin begehrte vom beklagten Mieter die Zahlung eines Mietzinsrückstandes von S 33.000,- sA und die Räumung der im ersten Stock des Hauses 1030 Wien, Baumgasse 83, gelegenen Wohnung mit der Behauptung, der Beklagte habe diese Wohnung als Zweitwohnung für Erholungszwecke gemietet und den vereinbarten Mietzins für die Monate Juli, August und Oktober 1986 nicht gezahlt, so daß das Bestandverhältnis gemäß § 1118 ABGB aufgelöst werde. Es sei außerdem dem Beklagten eine außergerichtliche Aufkündigung per 30. November 1986 übermittelt und von ihm die Übergabe der Wohnung am 1. Dezember 1986 gefordert worden. Wegen titelloser Benützung stellte die klagende Partei sodann mit gesonderter Klage ebenfalls ein Räumungsbegehren und schränkte nach Zahlung des Mietzinsrückstandes ihren Urteilsantrag auf Nebengebühren sowie auf Räumung ein.
Der Beklagte beantragte die Abweisung der vom Erstgericht zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen. Er brachte vor, die klagende Partei habe von einem ihr rechtzeitig am 22. Oktober 1986 übergebenen Scheck nicht Gebrauch gemacht, so daß er, der Beklagte, den offenen Mietzins am 21. November 1986 per Postanweisung eingezahlt habe. Das Bestandverhältnis sei im Jahre 1984 verlängert und dabei der Vertragszweck derart geändert worden, daß ihm die Wohnung als "ordentlicher Wohnsitz" vermietet worden sei.
Das Erstgericht gab dem Räumungsbegehren sowie teilweise auch dem Zinsenbegehren der klagenden Partei statt. Nach seinen Feststellungen hat die Rechtsvorgängerin der klagenden Partei die Liegenschaft 1030 Wien, Baumgasse 83, gemietet und hierauf eine Sportanlage errichtet, zu welcher ein Restaurant, Saunas, Swimmingpools, Tennisplätze und Squashanlagen, gehören. Im ersten Stock der Anlage befindet sich die gegenständliche einzige Wohnung. Der Beklagte war zunächst Mieter einer Umkleidekabine in der Anlage und damit zur Benützung der Sauna und des Schwimmbades berechtigt; er mietete sodann von der Rechtsvorgängerin der klagenden Partei mit Vertrag vom 16. November 1983 gegen einen monatlichen Mietzins von S 5.000,- plus Stromkosten auch die gegenständliche Wohnung. In Punkt II des Vertrages wurde vereinbart, daß die Vorschriften des Mietrechtsgesetzes auf dieses Bestandverhältnis keine Anwendung finden, weil die Wohnung vom Beklagten bloß als Zweitwohnung zum Zwecke der Erholung und der Freizeitgestaltung in der Sportanlage gemietet wurde und er seinen ständigen Wohnsitz in 1150 Wien, Johannastraße 21/10, nicht aufgeben werde. Seit "dem Jahre 1984" wohnte der Beklagte mit seiner Lebensgefährtin jedoch in der gegenständlichen Wohnung, nachdem er seine Wohnung in der Johannagasse seiner früheren Lebensgefährtin überlassen hatte. Wegen Mietzinsrückstandes kündigte die klagende Partei das Mietverhältnis am 21. August 1984 auf und bot gleichzeitig dem Beklagten an, mit ihm einen längerfristigen Mietvertrag zu einem erhöhten Mietzins abzuschließen. Nach mehrfachen Gesprächen einigten sich der Geschäftsführer der klagenden Partei und der Beklagte im Dezember 1984 darauf, das Mietverhältnis über die Wohnung gegen einen erhöhten Mietzins von S 7.000,- zuzüglich Stromkosten fortzusetzen, hingegen jenes über die Umkleidekabine aufzulösen. Der Beklagte sollte weiterhin zur Benützung der Sauna und des Schwimmbades berechtigt sein. In der Folge mietete er auch eine Terrasse dazu und der Mietzins wurde auf S 10.000 zuzüglich Umsatzsteuer erhöht. Die Parteien gingen davon aus, daß mit Ausnahme der Mietzinshöhe die Bestimmungen des Mietvertrages vom 16. November 1983 aufrecht blieben. Im Zuge der Gespräche erklärte der Beklagte, daß er nunmehr ständig in der gegenständlichen Wohnung wohne, der ursprüngliche Vertragszweck wurde jedoch nicht geändert, insbesondere wurde über Punkt II des Mietvertrages nicht gesprochen. In der Folge legte der Beklagte der klagenden Partei einen Mietvertragsentwurf vor, der einen Kündigungsverzicht bis zum Jahre 1990 enthielt. Die klagende Partei nahm diesen Vorschlag jedoch nicht an. Die Bezahlung des Mietzinses leistete der Beklagte nach Rechnungserhalt per Scheck, Kreditkarte oder in bar, und zwar zum Teil erst nach Mahnungen. Am 29. September 1986 stellte die klagende Partei den Mietzins für Oktober 1986 über S 11.000,- in Rechnung, am 3. Oktober 1986 kündigte sie das Mietverhältnis per 30. November 1986 wegen Mietzinsrückstandes auf und begehrte die Übergabe der Wohnung mit 1. Dezember 1986. Vom D*** C*** A*** erhielt sie sodann die Mitteilung, daß die vom Beklagten mit der Clubkarte bezahlten Mieten für Juli, August und September 1986 nicht eingelöst werden könnten, weil der Beklagte seinen Verpflichtungen gegenüber dem Club nicht nachkomme. Hievon verständigte die klagende Partei den Beklagten und ersuchte um Nachzahlung. Er teilte ihr mit, daß er die Angelegenheit seinem Anwalt übergebe, jedoch den offenen Betrag sogleich überweisen werde. Am 27. Oktober 1986 übersandte er der klagenden Partei die Kopie eines Schecks über S 33.000,- und äußerte mit Schreiben vom 21. November 1986 seine Verwunderung über die Klageeinbringung und den Umstand, daß die klagende Partei vom übersandten Originalscheck keinen Gebrauch gemacht habe; u.a. teilte er auch mit, den Betrag nunmehr auf das Konto der klagenden Partei eingezahlt zu haben. Tatsächlich hat er diesen Betrag am 21. November 1986 eingezahlt.
In seiner Beweiswürdigung legte das Erstgericht dar, warum es zur Feststellung kam, daß es trotz des Hinweises des Beklagten, er wohne jetzt ständig in der gegenständlichen Wohnung, zu keiner Änderung des ursprünglich vereinbarten Vertragszweckes über die Miete der Wohnung bloß als Zweitwohnung zu Erholungszwecken und für die Freizeitgestaltung gekommen sei. Aufgrund dieses Sachverhalts und der Rechtsprechung, daß für die Anwendung der Bestimmung des § 1 Abs.2 Z 4 MRG nicht die tatsächliche Verwendung, sondern nur der vereinbarte Vertragszweck entscheidend sei, vertrat das Erstgericht die Rechtsansicht, daß das gegenständliche Mietverhältnis nicht dem Mietrechtsgesetz zu unterstellen sei und daher unter Einhaltng der vereinbarten Kündigungsfrist jederzeit und ohne Nennung eines Kündigungsgrundes von der klagenden Partei habe außergerichtlich aufgekündigt werden können. Schon zufolge der in diesem Sinne ausgesprochenen Aufkündigung sei es somit - ungeachtet der Frage der Voraussetzungen einer Auflösung nach § 1118 ABGB - per 30. November 1986 beendet worden.
Das Berufungsgericht hielt weder die Rüge der unrichtigen Tatsachenfeststellung noch die Rechtsrüge des Beklagten für gerechtfertigt und gab seiner Berufung deshalb nicht Folge. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht übernommenen Feststellung, daß der ursprünglich vereinbarte Vertragszweck nicht abgeändert wurde, sei auch der erstgerichtlichen Rechtsansicht zu folgen, daß das gegenständliche Bestandverhältnis nicht unter die Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes falle und mit 30. November 1986 durch Kündigung beendet worden sei. Im übrigen wäre auch dem Räumungsbegehren nach § 1118 ABGB stattzugeben gewesen, zumal der Beklagte im Sinne des § 33 Abs.2 und 3 MRG nicht behauptet habe, daß ihn kein grobes Verschulden am Zahlungsrückstand treffe.
Gegen die berufungsgerichtliche Entscheidung erhebt der Beklagte eine auf § 503 Abs.2 Z 4 ZPO gestützte Revision mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Klageabweisung. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Revisionswerber führt aus, der Mietvertrag vom 16. November 1983 sei zwar aufgrund der am 21. August 1984 erfolgten Kündigung durch die klagende Partei aufgehoben worden, doch hätten die Streitteile sodann einen "längerfristigen Mietvertrag zu einem erhöhten Mietzins abgeschlossen", wobei auf Punkt II des früheren Mietvertrages über die Widmung der Wohnung als Zweitwohnung nicht Bezug genommen worden sei, obschon der Beklagte dem Geschäftsführer der klagenden Partei mitgeteilt habe, ständig in der Wohnung zu wohnen. Somit sei die frühere Widmung als Zweitwohnung nicht Gegenstand des neuen Vertrages geworden und hätte dies auch gar nicht werden können, da der Vermieter von dieser Verwendung als ständige Wohnung eben Kenntnis gehabt habe und eine hiemit in Widerspruch stehende Vereinbarung eine Umgehung der zwingenden Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes dargestellt hätte. Es liege auch eine konkludente Zustimmung zum neuen Verwendungszweck vor. Dem Räumungsbegehren stehe demnach aber die Bestimmung des § 1 Abs.2 Z 4 MRG entgegen. Ein grobes Verschulden an der Nichtzahlung des Zinsrückstandes sei nicht gegeben, denn der Beklagte habe nicht vorhersehen können, daß D*** C*** seiner Anweisung, den Zins an die klagende Partei zu überweisen, nicht Folge leisten und, daß der klagenden Partei die Scheckurkunde nicht zukommen würde. Zu dieser Frage fehlten jedenfalls hinreichende Feststellungen.
Rechtliche Beurteilung
Mit diesen Ausführungen weicht der Revisionswerber in den wesentlichen Punkten vom festgestellten Sachverhalt ab, so daß die Revision nicht gesetzmäßig ausgeführt wurde.
Das Erstgericht hat aufgrund von Zeugenaussagen festgestellt, daß nach der übereinstimmenden Parteienabsicht im Dezember 1984 eine Änderung des Mietvertrages vom 16. November 1983 nur hinsichtlich der Zinshöhe erfolgte, dagegen sämtliche übrigen Bestimmungen dieses Vertrages aufrecht bleiben und insbesondere der bisherige Vertragszweck, nämlich die Miete der in der Sportanlage gelegenen einzigen Wohnung nur als Zweitwohnung zum Zwecke der Erholung und Freizeitgestaltung nicht geändert wird. In der Beweiswürdigung legte das Erstgericht dar, daß es trotz der Angabe des Beklagten, er wohne jetzt ständig in der gegenständlichen Wohnung, zu keiner Änderung des Vertragszweckes gekommen sei. Das Berufungsgericht hielt die erstgerichtliche Feststellung, daß der ursprüngliche Vertragszweck in der Folge nicht geändert wurde, für unbedenklich. Der Oberste Gerichtshof hat daher bei der rechtlichen Beurteilung der Sache von diesen für ihn bindenden Feststellungen der Tatsacheninstanzen über den Zweck des gegenständlichen Vertrages auszugehen.
Nach der Entscheidung SZ 56/132 = MietSlg 35.285 ist für die Beurteilung, ob die Miete einer Zweitwohnung im Sinne des § 1 Abs.2 Z 4 MRG vorliegt, nur der vereinbarte Vertragszweck entscheidend; die tatsächliche Verwendung ist ohne Belang. Im vorliegenden Fall wurde am bisherigen Vertragszweck
festgestelltermaßen bewußt (" ... Die Parteien gingen davon aus" ... ) nichts geändert. Die vom Revisionswerber begehrte Annahme
einer konkludenten Zustimmung der klagenden Partei zur Verwendung der Wohnung als ständige Wohnung des Beklagten kann demgemäß keinesfalls Platz greifen, denn sie würde mit dieser Feststellung in einem unvereinbaren Widerspruch stehen. Es ist vielmehr aus der Aufrechterhaltung des bisherigen Vertragszweckes abzuleiten, daß eine Zustimmung zu der vom Beklagten mitgeteilten derzeitigen Verwendung als ständige Wohnung eben nicht erfolgte. Somit liegt weder eine konkludente Zustimmung "zu einem neuen Verwendungszweck" noch eine Umgehung der Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes vor. Auf der Grundlage des allein maßgeblichen festgestellten Vertragszweckes wird der gegenständliche Bestandvertrag im Sinne der Ausnahmebestimmung des § 1 Abs.2 Z 4 MRG nicht von den Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes erfaßt. Die klagende Partei war daher zur außergerichtlichen Aufkündigung des Bestandverhältnisses berechtigt und es wurde deshalb von den Vorinstanzen ihrem Räumungsbegehren wegen nunmehr titelloser Benützung des Bestandobjektes durch den Beklagten zu Recht stattgegeben.
Der Revision war daher nicht Folge zu geben, ohne daß auf ihre weiteren Ausführungen eingegangen werden mußte.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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