Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 3.087 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 514,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Begründung
Heinz Z*** hatte mit Kaufvertrag vom 9. Oktober 1985 von Horst und Gerlinde P*** die Liegenschaft EZ 177 KG Mühltal im Stadtgebiet von Leoben erworben. Da er auf den Kaufpreis von S 3 Mill. nur die Anzahlung von S 150.000 aufbringen konnte, vermittelte er den Verkäufern die klagende Partei als Interessent. Am 11. September 1986 wurde der zwischen Heinz Z*** sowie Horst und Gerlinde P*** abgeschlossene Kaufvertrag, der noch nicht verbüchert worden war, einvernehmlich aufgehoben und festgestellt, daß der Besitzstand bereits so wiederhergestellt wurde, wie er vor Vertragserrichtung bestanden habe. Am selben Tag schlossen die klagende Partei sowie Horst und Gerlinde P*** einen Vertrag über den Erwerb der Liegenschaft durch die klagende Partei um den Kaufpreis von S 3 Mill.
Die klagende Partei begehrt, den Beklagten wegen Titellosigkeit schuldig zu erkennen, die Liegenschaft zu räumen. Ein allenfalls mit Heinz Z*** abgeschlossener Vertrag sei ein Scheinvertrag, weil er nur bezwecke, die Räumungsverpflichtung zum Nachteil der klagenden Partei zu vereiteln.
Der Beklagte wendete, soweit dies für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist, ein, er habe am 1. Jänner 1986 mit Heinz Z*** einen Bestandvertrag abgeschlossen. An diesen Vertrag sei die klagende Partei gebunden.
Beide Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren statt.
Der Oberste Gerichtshof hob das Urteil des Berufungsgerichtes mit seinem Beschluß vom 9. November 1988, 1 Ob 684/88, auf dessen Begründung verwiesen wird, auf. Das Berufungsgericht werde ergänzende Feststellungen zu treffen haben, auf Grund derer beurteilt werden kann, ob der von Heinz Z*** mit dem Beklagten abgeschlossene Bestandvertrag nur zum Schein geschlossen worden sei. Das Berufungsgericht gab auch im zweiten Rechtsgang der Berufung des Beklagten nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, S 60.000, nicht aber S 300.000 übersteigt. Die Revision erklärte es für zulässig. Es stellte fest, durch Unterfertigung eines kursorisch ausgefüllten und mit 1. Jänner 1986 datierten Vertragsformulares sei zwischen Heinz Z*** und dem Beklagten ein am 15. Jänner 1986 beim Finanzamt Leoben zur Gebührenbemessung angezeigter schriftlicher Mietvertrag hergestellt worden, wonach Heinz Z*** dem Beklagten ab 1. Jänner 1986 auf unbestimmte Zeit die gesamte Liegenschaft zum Betrieb eines Handelsgeschäftes mit Waren aller Art gegen einen auch die Betriebskosten und Grundsteuern einschließenden monatlichen Pauschalmietzins von S 3.000 vermiete. Die tatsächlichen Betriebskosten für die Liegenschaft beliefen sich bei Hinzurechnung der Grundsteuer im Monatsdurchschnitt auf S 1.517. In Wirklichkeit sei jedoch im Einvernehmen mit Horst P*** der übereinstimmende Wille des Maklers Heinz Z*** und des Beklagten niict darauf gerichtet gewesen, einen Mietvertrag über die Liegenschaft zu schließen; dieser übereinstimmende Wille sei vielmehr auf den Abschluß eines Scheingeschäftes gerichtet gewesen. Die Tatsachenfrage, welchen Parteiwillen Heinz Z*** und der Beklagte gehabt haben, habe sich durch Schlußfolgerungen aus Indizien zweifelsfrei im Sinn des Vorbringens der klagenden Partei lösen lassen. Für ein Scheingeschäft sprächen der wirtschaftlich unsinnige monatliche Pauschalmietzins von S 3.000, bei dem mehr als die Hälfte auf Betriebskosten und Grundsteuern entfielen, und der Umstand, daß zum 1. Jänner 1986 die Liegenschaft im Wege eines "Rückkaufleasings" bereits an Horst P*** vermietet gewesen sei und Horst P*** diese Vereinbarung erst etwa Mitte 1986 als hinfällig betrachtet habe; daß jedenfalls der mit 1. Jänner 1986 hergestellte Mietvertrag nur ein Scheingeschäft gewesen sei, verdichte sich vollends zur Gewißheit, wenn man den bisher behandelten gewichtigen Indizien das Unvermögen des Beklagten hinzufüge, glaubhaft zu machen, an Heinz Z*** jemals einen Mietzins gezahlt zu haben. Da Scheinverträge häufig zur Täuschung Dritter geschlossen würden, sei auf die Aussage des Beklagten hingewiesen, er habe mit Heinz Z*** einen Mietvertrag deshalb gemacht, damit ihn niemand aus dem Lokal hinausschmeißen könne. Tatsächlich habe der Beklagte sich gegenüber den im Konkurs über das Vermögen der H. u. G. P*** Getränke Vertriebsgesellschaft mbH bestellten Masseverwalter Dr. Max J*** auf den Vertrag vom 1. Jänner 1986 berufen und hätte diesen vermutlich einem Ersteher in der bevorstehenden Zwangsversteigerung der Liegenschaft ebenso präsentiert wie nunmehr der klagenden Partei. Mit dieser Darstellung der sehr hohen Wahrscheinlichkeit einer Täuschungsabsicht gegenüber Dritten sei die Indizienkette für den Beweis eines Scheinvertrages geschlossen. Alles spräche für eine gemeinsame Absicht, Wirklichkeit durch Schein zu verschleiern. Bei der Herstellung des Mietvertrages vom 1. Jänner 1986 sei der übereinstimmende Wille des Maklers Heinz Z*** und des Beklagten nicht auf den Abschluß eines Mietvertrages, sondern auf ein Scheingeschäft gerichtet gewesen. Die klagende Partei habe mit Recht die Nichtigkeit des Mietvertrages geltend gemacht; es habe sich nur um ein einvernehmliches Scheingeschäft gehandelt. Daß dabei ein Einvernehmen zwischen allen drei Hauptbeteiligten, dem als Vermieter auftretenden Heinz Z***, dem Beklagten und Horst P***, bestanden habe, könne nach den gesamten Umständen des Falles ohne weiteres unterstellt werden.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Beklagten ist unzulässig.
Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn sich die Parteien dahin geeinigt haben, daß das offen geschlossene Geschäft nicht oder nicht so gelten solle, wie die Erklärungen lauteten, wenn also die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein des Abschlusses eines Rechtsgeschäftes mit bestimmtem Inhalt hervorriefen, dagegen die mit dem betreffenden Rechtsgeschäft verbundenen Rechtsfolgen nicht oder nicht so wie vertraglich niedergelegt eintreten lassen wollten. Das Scheingeschäft setzt somit gemeinsamen Vorsatz voraus, der schon im Zeitpunkt des Zustandekommens des Scheinvertrages gegeben sein muß (JBl 1983, 444; MietSlg 33.106; SZ 53/42;
SZ 47/59 ua; Ehrenzweig2 I/1, 221; Gschnitzer in Klang2 IV/1, 420;
Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 716; Binder in Schwimann, ABGB, Rz 2 zu § 916; Larenz, Allgemeiner Teil des deutschen bürgerlichen Rechts7 366). Der Zweck eines solchen Scheingeschäftes wird oft in der Täuschung eines Dritten oder einer Behörde gelegen sein (SZ 53/42;
SZ 49/82; SZ 47/59 ua; Ehrenzweig aaO; Gschnitzer aaO;
Koziol-Welser8 I 115; Larenz aaO). Das bloß zum Schein geschlossene Geschäft wirkt zwischen den Parteien nicht, weil es nicht gewollt ist. Wollten die Parteien überhaupt kein Rechtsgeschäft abschließen, hat es mit der Rechtsfolge der Nichtigkeit sein Bewenden. Steht im Hintergrund ein verdecktes (dissimuliertes) Geschäft, ist dieses nach seiner wahren Beschaffenheit zu beurteilen (MietSlg 33.106;
SZ 53/42; NZ 1981, 29; SZ 49/82 ua; Koziol-Welser aaO; Rummel aaO Rz 2 und 3; Gschnitzer aaO 424). Wer sich auf das Vorliegen eines Scheingeschäftes beruft, hat den Abschluß eines solchen zu beweisen (JBl 1983, 444).
Ob im Einzelfall ein Scheinvertrag vorliegt, die Willenserklärungen der Vertragspartner also im beiderseitigen Einverständnis nur zum Schein abgegeben worden sind oder ob die Vereinbarung dem wahren Willen der Parteien entspricht, ist keine Rechtsfrage, sondern eine Feststellung tatsächlicher Art, die im Revisionsverfahren nicht mehr aufgegriffen werden kann (JBl 1983, 444; MietSlg 17.467; Binder aaO Rz 4). Die Feststellungen, welche Parteienerklärungen erfolgten, der Schluß von bestimmten Tatsachen auf einen bestimmten Willen oder eine bestimmte Absicht gehören in den irrevisiblen Tatsachenbereich. Nur die Auslegung abgegebener Willenserklärungen stellt rechtliche Beurteilung dar (EFSlg 31.445; SZ 49/43; RZ 1974, 54, 1 Ob 708/85; Fasching, Zivilprozeßrecht, Rz 1926; derselbe, Kommentar IV 333).
Die Revision des Beklagten bekämpft nicht die oben dargestellte einheitliche Lehre und Rechtsprechung, sie wendet sich ausschließlich gegen die Feststellung des Berufungsgerichtes, daß die Willenserklärungen des Heinz Z*** und des Beklagten im beiderseitigen Einverständnis nur zum Schein abgegeben worden sind. Es lag nach diesen Feststellungen auch kein verdecktes (dissimuliertes) Geschäft vor, so daß es bei der Nichtigkeit des Scheingeschäftes sein Bewenden hat. Diese Nichtigkeit führt aber zur Titellosigkeit des Beklagten.
Eine Rechtsfrage, der erhebliche Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zukäme, wird demnach vom Beklagten nicht aufgezeigt. Da der Oberste Gerichtshof an den Ausspruch des Berufungsgerichtes über die Zulässigkeit der Revision nicht gebunden ist (§ 508 a Abs 1 ZPO), ist die Revision des Beklagten zurückzuweisen. Die klagende Partei hat auf das Fehlen der Voraussetzung nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO in ihrer Revisionsbeantwortung hingewiesen. Dem Revisionswerber ist daher gemäß §§ 41, 50 ZPO der Ersatz der Kosten des Revisionsverfahrens aufzuerlegen.
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