Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 29.467,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 4.911,30 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Gemäß Pachtvertrag vom 31. Dezember 1985 (Neufassung des am 15. Dezember 1982 und 10. Jänner 1983 errichteten Pachtvertrages) verpachtete die Firma H*** & P*** KG der S*** P*** Hotelbetriebs-Gesellschaft mbH das Hotel S*** P*** um einen jährlichen Pachtzins von 5 Mill S (für das Jahr 1988) zuzüglich Umsatzsteuer, zahlbar in monatlichen Teilbeträgen bis zum 10. eines jeden Monats. Der Vertrag enthält ein Aufrechnungsverbot für nicht unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Gegenforderungen. Die "fristlose Kündigung" sollte dann möglich sein, wenn die Pächterin mit mehr als zwei monatlichen Pachtteilraten im Rückstand ist und die Verpächterin hierauf durch eingeschriebenen Brief aufmerksam gemacht habe, wobei zwischen Ankündigung und fristloser Kündigung ein Zeitraum von mindestens zehn Werktagen bestehen müsse. Nach einer weiteren Bestimmung des Pachtvertrages sollte der Pachtvertrag mit sofortiger Wirkung enden, wenn über das Vermögen der Pächterin ein Insolvenzverfahren anhängig sei.
Über das Vermögen beider Vertragsteile wurde der Konkurs eröffnet, und zwar bei der Verpächterin mit Beschluß vom 21. April 1988, S 21/88 des Kreisgerichtes Leoben, und bei der Pächterin mit Beschluß vom 19. April 1988, S 20/88 des Kreisgerichtes Leoben.
Mit einer am 29. Juni 1988 eingebrachten Klage begehrte der Kläger in seiner Eigenschaft als Zwangsverwalter der Liegenschaft der Verpächterin vom Beklagten in seiner Eigenschaft als Masseverwalter der Pächterin (er ist aber auch Masseverwalter der Verpächterin) die Räumung des Pachtgegenstandes wegen Nichtzahlung der Pachtzinsraten für die Monate Feber, März und April 1988. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Es liege kein Pachtvertrag sondern ein Mietvertrag vor. Es bestehe kein Zinsrückstand, weil die Zinsforderung durch Aufrechnung mit einer Gegenforderung erloschen sei. Dem Kläger fehle die aktive Klagslegitimation, weil das eingeleitete Zwangsverwaltungsverfahren nichtig sei; es beruhe nämlich auf einem nur gegen die inländische Zweigniederlassung der Verpächterin lautenden Exekutionstitel, auf Grund dessen nicht Exekution gegen die ausländische Hauptniederlassung geführt werden könne. Der Exekutionstitel sei überdies gemäß den §§ 30 ff KO anfechtbar, welches Anfechtungsrecht auch durch Einrede geltend gemacht werden könne; soweit das Anfechtungsrecht dem Beklagten in seiner Eigenschaft als Masseverwalter der Verpächterin zustehe, sei ihm dasselbe abgetreten worden. Die strittigen Bestandzinsraten seien an die B*** Gesellschaft für Beteiligungen mbH abgetreten worden. Eine Zahlung zu Handen des Zwangsverwalters sei erst nach Zustellung der Exekutionsbewilligung möglich gewesen und habe auch nicht vor Bestellung des Zwangsverwalters erfolgen müssen. Bestandzinse, welche vor der Konkurseröffnung angefallen wären, könnten überdies nicht vom Masseverwalter eingemahnt werden. Die beklagte Partei stellte auch einen Antrag auf beschlußmäßige Festsetzung der Höhe eines allfälligen Mietzinsrückstandes.
Das Erstgericht wies die Einrede der Anfechtung des Exekutionstitels und der Exekutionsbewilligung mit Beschluß zurück und gab im übrigen dem Klagebegehren statt.
Es ging von einem Pachtvertrag aus, sodaß eine Beschlußfassung über die Höhe des offenen Mietzinses entfalle. Die Geltendmachung des Anfechtungsrechtes könne der Masseverwalter nicht abtreten und auch nicht als Einrede in einem Räumungsprozeß durchsetzen, sodaß die Einrede zurückzuweisen sei.
In der Sache selbst seien alle Einwendungen der beklagten Partei unberechtigt. Der Pachtzinsrückstand sei erwiesen. Der Zwangsverwalter sei zur Erhebung der Räumungsklage legitimiert. Die Abtretung der Bestandzinsforderung entfalte für die Zeit nach Bewilligung der Zwangsverwaltung (die Exekutionsbewilligung wurde mit Beschluß vom 11. März 1988 erteilt) keine rechtliche Wirkung, es sei aber übrigens auch keine Zahlung an den Zessionar erwiesen. Die fehlende Einmahnung werde durch die Klage ersetzt. Da der Pachtzinsrückstand bis zu dem nach Klagseinbringung fälligen Termin (10. Juli 1988) nicht entrichtet worden sei, liege ein qualifizierter Zinsrückstand nach § 1118 ABGB vor. Die Gegenforderung könne gegen den Zwangsverwalter nicht geltend gemacht werden. Die Identität zwischen der betreibenden Partei laut anhängigem Zwangsverwaltungsverfahren und der klagenden Partei laut dem Titelverfahren sei gegeben, weil es sich um Haupt- und Zweigniederlassung handle, die insgesamt nur eine einzige Rechtspersönlichkeit darstellten.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteige. Es ging in rechtlicher Hinsicht vor allem davon aus, daß die Räumungsklage schon wegen der inzwischen in Rechtskraft erwachsenen Konkurseröffnung über die Pächterin berechtigt sei, sodaß nicht untersucht werden müsse, ob ein qualifizierter Pachtzinsrückstand bestehe.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der beklagten Partei ist nicht berechtigt. Mit Recht weist die beklagte Partei zwar darauf hin, daß die klagende Partei ihre Klage ausdrücklich nur auf den Klagsgrund der Nichtzahlung des Pachtzinses im Sinne des § 1118 ABGB gestützt hat (siehe den in der Tagsatzung vom 8. Juli 1988 vorgetragenen Inhalt des Schriftsatzes ON 3). Ob es aus diesem Grund dem Berufungsgericht verwehrt war dem Klagebegehren auf Grund eines anderen Rechtsgrundes stattzugeben (SZ 56/94; RdW 1986, 271, anderer Ansicht jedoch teilweise das Schrifttum, zB Holzer in seiner Besprechung von JBl 1986, 537 mit weiteren Nachweisen) kann unerörtert bleiben, weil das Klagebegehren auch nach § 1118 ABGB berechtigt ist. Die Unterlassung einer Beschlußfassung über die Höhe des geschuldeten Zinsbetrages im Sinne des § 33 Abs 3 MRG wird von der beklagten Partei im Revisionsverfahren nicht gerügt, sodaß der Unterscheidung, ob Pacht oder Miete vorliegt, keine Bedeutung mehr zukommt.
Der Zinsrückstand an sich ist, abgesehen von der geltend gemachten Tilgung durch Aufrechnung, nicht strittig. Eine Mahnung vor Klagseinbringung erfolgte nicht. Doch ersetzt die Zustellung der Räumungsklage nach ständiger Rechtsprechnung die Einmahnung im Sinne des § 1118 ABGB (MietSlg 37.184 ua). Da die Zustellung der Räumungsklage zu eigenen Handen erfolgt und hierüber ein Zustellnachweis hergestellt wird (§§ 21 und 22 ZustG), ersetzt sie auch die im Pachtvertrag für die Mahnung vorgeschriebene mildere Form eines Einschreibbriefes (Rummel in Rummel ABGB Rz 7 zu § 886). Die Zustellung der Räumungsklage an die beklagte Partei erfolgte im vorliegenden Fall am 1. Juli 1988. Ein zur vorzeitigen Aufhebung des Bestandvertrages nach § 1118 ABGB berechtigender sogenannter qualifizierter Zinsrückstand liegt vor, wenn der Bestandnehmer nach geschehener Einmahnung mit der Bezahlung des Zinses dergestalt säumig ist, daß er mit Ablauf des Termines den rückständigen Bestandzins nicht vollständig entrichtet hat. Unter Termin wird dabei der nächstfolgende Zinsfälligkeitstermin verstanden (MietSlg 35.225). Das war nach dem Pachtvertrag der 10. Juli 1988. Um der Bestimmung des Pachtvertrages Rechnung zu tragen, daß zwischen Mahnung und Auflösungserklärung zehn Werktage liegen müssen, wäre diese Frist um einige Tage zu verlängern. Diese Frist mußte nicht ausdrücklich bestimmt werden, sondern es genügte, daß sie tatsächlich eingeräumt wurde (MietSlg 34.264 ua). In der Fortführung des Räumungsprozesses nach dem Entstehen eines solchen qualifizierten Mietzinsrückstandes liegt der konkludente Ausspruch der Aufhebungserklärung (MietSlg 34.264, 37.184).
Gemäß § 111 Abs 1 EO ist der Zwangsverwalter zur Erhebung der Räumungsklage wegen Nichtzahlung des Bestandzinses legitimiert. Dies gilt auch, wenn über das Vermögen des Bestandgebers der Konkurs eröffnet wurde, solange der Zwangsverwalter nicht enthoben wurde (SZ 39/157). Eine Überprüfung der Berechtigung des Zwangsverwaltungsverfahrens ist außerhalb dieses Exekutionsverfahrens nicht möglich. Solange der Zwangsverwalter bestellt ist, ob zu Recht oder nicht, ist er als Organ des Gerichtes legitimiert, sein Amt auszuüben. Jede andere Auslegung würde zu unerträglichen Verwicklungen führen. Daher ist weder zu untersuchen, ob die betriebene Forderung anfechtungsfest ist oder nicht, noch ob auf Grund eines gegen die inländische Zweigniederlassung ergangenen Exekutionstitels Exekution gegen die ausländische Hauptniederlassung geführt werden kann.
Auf die stattgefundene Abtretung der Bestandzinsforderung ist nicht einzugehen, weil die beklagte Partei auch an den Zessionar keine Zahlungen geleistet hat. In diesem Fall genügt auch schon ein Zahlungsverzug gegenüber dem Zessionar zur Ausübung des Rechtes nach § 1118 ABGB (MietSlg 36.193).
Der Aufrechnung stand schon das vertragliche Aufrechnungsverbot entgegen; denn die Gegenforderung ist nicht unbestritten. Es muß daher nicht untersucht werden, ab welchem Zeitpunkt der Zwangsverwalter selbst bei möglicher Aufrechnung diese nicht mehr gegen sich gelten lassen muß, weil darin eine Art der im Grundbuch nicht ersichtlich gemachten und ihn daher nicht bindenden Vorauszahlung des Bestandzinses nach § 1102 ABGB läge (SZ 44/126). Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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