OGH 5Ob92/88

OGH5Ob92/8827.6.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Margaretha F***, Angestellte, 1120 Wien, Grünbergstraße 31/4, vertreten durch Dr. Konrad Faulhaber, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1.) Dkfm Wilhelm K***, Steuerberater, 1120 Wien, Grünbergstraße 31, und 2.) Stefanie K***, Angestellte, 1232 Wien, Zwachweg 7-9, beide vertreten durch Dr. Karl Zach, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 9, 11 und 13 MRG, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 14. Juli 1988, GZ 41 R 103/88-10, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 13. November 1987, GZ 4 Msch 18/86-6, teilweise bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Aus Anlaß des Revisionsrekurses werden die Entscheidungen der Vorinstanzen betreffend die in den Punkten 2) c) mittlerer Satz;

2) e) aa) bis ff); 2) h) bb) und 2) h) ee) des erstgerichtlichen Sachbeschlusses erledigten Anträge aufgehoben.

Diese Anträge der Antragstellerin werden zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Antragstellerin ist Mieterin im Haus 1120 Wien, Grünbergstraße 31, dessen Eigentümer die Antragsgegner sind.

Die Antragstellerin stellte nach vorheriger Anrufung der Schlichtungsstelle des Magistrates der Stadt Wien verschiedene Anträge im außerstreitigen Verfahren nach dem Mietrechtsgesetz, darunter auch die unter den Punkten 2) c) mittlerer Satz; 2) e) aa) bis ff); 2) h) bb) und 2) h) ee) des erstgerichtlichen Sachbeschlusses abgewiesenen Anträge, welche die inhaltliche Prüfung einzelner Rechnungsposten in Hauptmietzins- und Erhaltungsbeitragsabrechnungen von 1974 bis 1982 zum Gegenstand hatten.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsansicht, als Ausfluß des Eigentumsrechtes des Vermieters stünde es in dessen Belieben, von einzelnen seiner Mieter auch weniger zu begehren, als ihm aufgrund des Gesetzes zustünde. Lediglich bei einer späteren allfälligen Rückzahlungspflicht des Hauseigentümers müsse sich dieser hinsichtlich des Erhaltungsbeitrages so stellen lassen, als ob er diesen von allen Mietern eingehoben hätte. Erst zu diesem Zeitpunkt finde auch eine Überprüfung der Verwendung der Erhaltungsbeiträge unter Berücksichtigung richtig verrechneter und verwendeter Hauptmietzinseinnahmen statt. Eine sogenannte begleitende Kontrolle gebe es erst aufgrund des § 45 Abs 4 MRG in der derzeit geltenden Fassng für ab 1.1.1986 gestellte Anträge. Auch bezüglich der Hauptmietzinsabrechnungen könne nur die Frage der Legung einer solchen Abrechnung zum Gegenstand eines Verfahrens nach § 37 MRG gemacht werden, nicht aber die Richtigkeit der einzelnen Verrechnungspositionen. Der Hauptmietzins sei Eigentum des Vermieters. Dieser sei nur zur Legung einer überprüfbaren Abrechnung einmal pro Jahr verpflichtet. Aus dieser Abrechnung könnten auch allfällige Fehlverrechnungen entnommen werden. Damit allein sei der Zweck der Pflicht zur Rechnungslegung erfüllt. Für die abstrakte Bekämpfung einzelner Positionen der Abrechnung fehle die gesetzliche Grundlage.

Das Rekursgericht bestätigte diese Abweisungen und sprach aus, daß im Umfang der Bestätigung der erstgerichtlichen Aussprüche über die Abweisung der Anträge auf Überprüfung der Rechnungsposten in der Hauptmietzinsabrechnung für die Jahre 1974 bis 1982, der Rechnungsposten in der Erhaltungsbeitragsabrechnung für das Jahr 1982 und der ab 1.1.1981 durchgeführten Erhaltungsarbeiten der weitere Rekurs für zulässig erklärt werde, weil die Frage eines rechtlichen Interesses des Mieters an der Bekämpfung einzelner Rechnungsposten der Hauptmietzins- und Erhaltungsbeitragsabrechnung und an der Überprüfung der vom Vermieter vorgenommenen Arbeiten außerhalb eines Verfahrens nach § 37 Abs 1 Z 10 oder 13 MRG von grundsätzlicher Bedeutung und vom Obersten Gerichtshof bislang noch nicht entschieden worden sei.

Rechtlich begründete das Rekursgericht seine Entscheidung wie folgt:

§ 37 Abs 1 Z 11 MRG sehe lediglich das Begehren auf Legung der Rechnung vor. Eine inhaltliche Überprüfung der Rechnungsposten sei nur in einem solchen Verfahren zulässig, in dem die Frage der Hauptmietzinsreserve und damit auch die Richtigkeit der vorgelegten Abrechnungen als Vorfrage beurteilt werden müsse. Die Richtigkeit der Erhaltungsbeitragsabrechnung sei erst in einem Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 13 MRG betreffend die Rückforderung bezahlten Erhaltungsbeitrages zu prüfen. Die Richtigkeit der Abrechnung oder einzelner Posten derselben könne entgegen der Auffassung von Würth-Zingher, MRG2, Anm 3 zu § 3 MRG, nicht Gegenstand eines selbständigen Überprüfungsverfahrens sein. Es fehle auch das rechtliche Interesse der Antragstellerin an einer derartigen Feststellung. Der Mieter könne dem Vermieter nicht vorschreiben, seiner Ansicht nach nicht erforderliche oder preisunangemessene Arbeiten am Haus zu unterlassen. Unberührt davon bleibe das Recht des Mieters, die von ihm angenommene Unnötigkeit oder Preisunangemessenheit der vom Vermieter durchgeführten Arbeiten in einem Verfahren auf Erhöhung der Hauptmietzinse, auf Rückforderung geleisteter Erhaltungsbeiträge oder auf Durchsetzung von Erhaltungsarbeiten geltend zu machen. Die Pflicht zur jährlichen Abrechnung über Hauptmietzinse und Erhaltungsbeitrag habe den Zweck, dem Mieter diejenigen Informationen zu geben, die ihn in die Lage versetzen, eine unzulässige Schmälerung der Hauptmietzinsreserve zu jenem künftigen Zeitpunkt geltend zu machen, in dem der rechtlich zulässige Saldo der Hauptmietzinsabrechnung für die vorhin genannten Entscheidungen von Bedeutung ist. Durch die gesetzliche Verpflichtung des Vermieters, den Mietern auch Einsicht in die Belege zu den Rechnungsposten zu gewähren, bleibt den Mietern für ihre künftigen Einwände und Ansprüche auch der Beweis gesichert. Aus der Tatsache, daß die Rechtsprechung ein rechtliches Interesse des Mieters an der Feststellung der Gesetzwidrigkeit einzelner Posten der jährlichen Betriebskostenabrechnung bejahte (MietSlg. 35.423), sei für den Standpunkt der Antragstellerin nichts zu gewinnen, weil der Saldo der jährlichen Betriebskostenabrechnung unmittelbare Auswirkungen auf die vom Mieter geschuldeten Beträge und auf die während des nächsten Jahres zu zahlenden Pauschalraten habe. Dies gelte auch für das Begehren auf Feststellung der Ausstattungskategorie und der Nutzfläche der von einem Antragsteller in Bestand genommenen Räumlichkeit und des Verhältnisses dieser Nutzfläche zur Summe aller Nutzflächen des Hauses, weil von diesen rechtserheblichen Vorfragen der Umfang der Zahlungspflicht des Mieters zu jedem Zinstermin berührt werde.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes erhob die Antragstellerin im zugelassenen Umfang Revisionsrekurs mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung dahin abzuändern, daß ihren Anträgen stattgegeben werde.

Die Antragsgegner begehren, dem Revisionsrekurs der Antragstellerin nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlaß des Revisionsrekurses hat der Oberste Gerichtshof folgendes erwogen:

§ 37 Abs 1 Z 2 MRG ordnet an, daß in den Angelegenheiten der Durchführung von Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten (§§ 3, 4 und 6) im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden ist. Da die Durchsetzung der Erhaltungsverpflichtung nur im § 6 MRG geregelt ist, ergibt sich aus der weiten Fassung (im Gegensatz zu § 37 Abs 1 Z 3 und 4 MRG, worin jeweils nur die Durchsetzung genannt ist) und dem Zitat der §§ 3 und 4 MRG, daß im Gegensatz zum MG nicht nur Verfahren zur Durchsetzung, sondern auch alle anderen im Zusammenhang mit Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten denkbaren Streitigkeiten (insbesondere auf Feststellung des Vorliegens oder Fehlens der Eigenschaft als Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten) ins Außerstreitverfahren gehören (Würth-Zingher, MRG2 20, Anm 3 zu § 3). Diese von der Lehre vertretene Meinung wird - im Gegensatz zu der vom Rekursgericht vertretenen Rechtsmeinung - vom Obersten Gerichtshof gebilligt. Diese logisch einwandfreie Auslegung entspricht auch der Absicht des Gesetzgebers, der durch den Gebrauch von Begriffen mit großem Umfang - "Angelegenheiten" und "Durchführung" von Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten - Streitigkeiten zwischen Vermieter und Mieter in den im § 37 Abs 1 MRG genannten Sachbereichen soweit wie möglich im Verfahren außer Streitsachen entschieden wissen will.

Damit ist aber noch nichts darüber ausgesagt, ob die Feststellungsanträge der Antragstellerin die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen für Feststellungsanträge erfüllen sowie, ob sie berechtigt sind. Die Verweisung der Entscheidung in den genannten Angelegenheiten ins Verfahren außer Streitsachen schließt nicht aus, daß die Anträge wegen Fehlens der für ein Feststellungsbegehren gegebenen Voraussetzungen (feststellbares Recht oder Rechtsverhältnis) unzulässig und daher zurückzuweisen sind, diesfalls allerdings wegen der bereits aufgezeigten Regelung des § 37 Abs 1 Z 2 MRG eben im Verfahren außer Streitsachen. Nach Lehre (Fasching, Kommentar III 61 und Lehrbuch, Rz 1093) sowie Rechtsprechung (SZ 51/96; jüngst 9 Ob A 200/88) sind bestimmte rechtliche Eigenschaften von Tatsachen, die nur Teil eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses sind, nicht feststellbar. Um solche rechtliche Eigenschaften von Tatsachen handelt es sich bei der von der Antragstellerin begehrten Feststellung der Unrichtigkeit einzelner Positionen der Hauptmietzinsabrechnung bzw der Erhaltungsbeitragsabrechnung. Ob eine in diese Abrechnungen eingesetzte Ausgabenposition wirklich eine Erhaltungsarbeit zu Lasten der Hauptmietzinsreserve bzw des Erhaltungbeitragsfonds war, begründet für sich genommen kein Recht oder Rechtsverhältnis zwischen den Parteien. Die Richtigkeit der durch Aufnahme in die genannten Abrechnungen vom Vermieter aufgestellten Tatsachenbehauptung über die Eigenschaft dieser Ausgabenpositionen ist nur ein Teil - neben den anderen im Gesetz noch genannten Tatbestandsmerkmalen - derjenigen Rechtsverhältnisse, in denen die Durchführung einer Erhaltungsarbeit rechtserheblich ist. Diese Überlegungen gelten in gleicher Weise für die Höhe der als Einnahmen in die genannten Abrechnungen eingesetzten Beträge. Die Feststellungsanträge der Antragstellerin waren daher, da sie kein feststellbares Recht oder Rechtsverhältnis zum Gegenstand haben, zurückzuweisen, ohne daß die materiellrechtliche Voraussetzung des rechtlichen Interesses an der begehrten Feststellung noch zu prüfen gewesen wäre.

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