OGH 9ObA200/88

OGH9ObA200/8814.9.1988

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Elmar A. Peterlunger und Mag. Wilhelm Patzold als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Erich H***, Kraftfahrer, Wien 11.,

Neilreichgasse 45/1/3/10 (auch Wien 15., Plunkergasse 4-12/5/1, auch Wien 18., Währingerstraße 182), vertreten durch Dr. Wilfried Lefford, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei W*** Transportgesellschaft mbH, Deutschkreuz, Bahngasse 46, vertreten durch Dr. Dietrich Roessler, Dr. Hans Pritz und Dr. Birgit Roessler-Thaler, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 212.478,65 brutto sA abzüglich S 98.464,-- netto, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien in Arbeits- und Sozialrechtssachen als Berufungsgerichtes vom 20. Jänner 1988, GZ 31 Ra 3/88-30, womit das Zwischenurteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 30. April 1987, GZ 17 Cga 674/86-14, aufgehoben und der Zwischenantrag des Klägers zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat der Beklagten die mit S 3.018,40 bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung (hievon S 274,40 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger war vom 21. Jänner 1985 bis zu seiner Entlassung am 24. März 1986 bei der beklagten Partei als Fernkraftwagenfahrer beschäftigt. Er begehrt aus diesem Dienstverhältnis an Lohn, Urlaubsentgelt, Diäten und Krankenentgelt für Dezember 1985 bis März 1986 sowie an Kündigungs- und Urlaubsentschädigung insgesamt S 212.378,65 brutto sA abzüglich S 98.464,-- netto. Er behauptet, niemals eine ordnungsgemäße Lohnabrechnung erhalten zu haben und behielt sich Differenzansprüche für Jänner bis November 1985 ausdrücklich vor.

Unter Vorlage der von der beklagten Partei für Dezember 1985 bis März 1986 erstellten Lohnabrechnung Beilage A bis D stellte der Kläger den Zwischenantrag auf Feststellung, es werde zwischen den Parteien festgestellt, daß die dem Kläger vom Beklagten ausgefolgten Belege keine ordnungsgemäße Lohnabrechnung nach den Bestimmungen des Kollektivvertrages sind. Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers findet der Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe Österreichs Anwendung. Gemäß Art. XI Z 6 dieses Kollektivvertrages verfallen Ansprüche des Dienstnehmers innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit, wenn sie nicht innerhalb dieser Frist schriftlich geltend gemacht werden. Als Fälligkeitstag gilt der Auszahlungstag jener Lohnzahlungsperiode, in welcher der Anspruch entstand und dem Dienstnehmer eine ordnungsgemäße Lohnabrechnung ausgefolgt wurde. Die beklagte Partei brachte vor, daß die Lohnverrechnung den Bestimmungen des Kollektivvertrages entsprochen habe, und wendete Verfall der vom Kläger bis Februar 1986 geltend gemachten Ansprüche ein.

Das Erstgericht wies den Zwischenantrag auf Feststellung mit Zwischenurteil ab. Es hielt den gestellten Zwischenantrag zwar für zulässig, weil die Frage, ob eine Lohnabrechnung ordnungsgemäß sei, die rechtliche Beurteilung betreffe und davon nicht nur die für die Zeit zwischen Dezember 1985 und März 1986 erhobenen Klagsansprüche, sondern auch bisher nicht mit Klage geltend gemachte ältere Ansprüche abhingen. Der Feststellungsantrag sei jedoch nicht berechtigt, weil die dem Kläger ausgefolgten Abrechnungen den einschlägigen Vorschriften des Kollektivvertrages für das Gütergewerbe Österreichs entsprochen hätten. In der Abrechnung seien sämtliche dem Kläger nach Ansicht der beklagten Partei im jeweiligen Monat zustehende Ansprüche aufgeschlüsselt enthalten. Die Abrechnung werde ihrem Zweck, die Höhe der Ansprüche zu überprüfen und allfällige Mehransprüche innerhalb von drei Monaten schriftlich geltend zu machen, gerecht.

Das Berufungsgericht hob aus Anlaß der Berufung des Klägers das Zwischenurteil des Erstgerichtes auf und wies den Zwischenantrag auf Feststellung zurück. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 30.000,-- übersteige.

Der Kläger habe wohl durch den Vorbehalt der Geltendmachung weiterer, in der Vergangenheit liegender Differenzansprüche dargetan, daß die Wirkung der begehrten Feststellung über den konkreten Rechtsstreit hinausgehe, doch betreffe das erhobene Begehren nicht die Feststellung eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses. Bei der Frage, ob eine monatlich vorzunehmende Abrechnung im Sinne eines Kollektivvertrages ordnungsgemäß sei, handle es sich um die Frage, ob einer Tatsache eine bestimmte rechtliche Qualifikation zukomme. Diese Frage könne theoretisch für jeden Monat zu einer anderen Antwort führen, weil die Art der monatlichen Abrechnungen dafür entscheidend sei. Bestimmte rechtliche Eigenschaften von Tatsachen seien aber nicht feststellungsfähig. Der erhobene Zwischenantrag sei daher unzulässig. Der Kläger erhebt gegen den Zurückweisungsbeschluß des Berufungsgerichtes Rekurs mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und der zweiten Instanz die Sachentscheidung über die Berufung gegen das Zwischenurteil des Erstgerichtes aufzutragen.

Die beklagte Partei beantragt, dem Rekurs einen Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Klägers ist zwar zulässig (SZ 29/2;

EvBl 1961/231), aber nicht berechtigt.

Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, sind bestimmte rechtliche Eigenschaften einer Tatsache, die nur Teil eines Rechtsverhältnisses oder Rechtes sind, nicht feststellungsfähig (Fasching III 61; derselbe LB, Rz 1093; SZ 51/96 = JBl 1980, 323). Derartige Tatsachen können daher weder zum Gegenstand einer selbständigen Feststellungsklage noch eines Zwischenantrages auf Feststellung gemacht werden. Die Feststellung, daß eine Abrechnung den Vorschriften eines bestimmten Kollektivvertrages (nicht) entspricht, betrifft rechtliche Eigenschaften einer Tatsache, die nur Teil eines Rechtsverhältnisses sind. Daraus allein ergibt sich noch nicht, ob der Kläger Anspruch auf die bisher vorbehaltenen Lohnforderungen hat oder ob diese verfallen sind, weil dies auch von anderen Tatbestandsmerkmalen (Auszahlungstag, schriftliche Geltendmachung etc.) abhängt, so daß die vom Kläger in seinem Feststellungsverfahren offenbar beabsichtigte Klärung der Frage des Verfalls älterer Lohnforderungen für jeden Monat zu einer anderen Beantwortung führen kann. Im übrigen hat sich der Kläger zur Begründung seines Feststellungsbegehrens nur auf die Abrechnungen für Dezember 1985 bis März 1986 bezogen.

Dem Rekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 Abs 1 Satz 1 ZPO. Das Rekursverfahren ist analog § 521 a Abs 1 Z 3 ZPO zweiseitig.

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