OGH 5Ob577/88

OGH5Ob577/8820.6.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*** T*** G*** R*** Gesellschaft mbH, 6654 Holzgau 46, vertreten durch Dr. Dieter Ausserladscheider, Rechtsanwalt in Reutte, wider die beklagten Parteien 1.) Anton H***, Hotelier, Hotel Neue Post, 6654 Holzgau, und 2.) Ellen J***, Hotelier, Walchen 46, 6655 Steeg, beide vertreten durch Dr. Hermann Tschiderer und Dr. Reinhold Wolf, Rechtsanwälte in Reutte, wegen Unterlassung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 8. April 1988, GZ 3 a R 112/88-31, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Reutte vom 9. Dezember 1987, GZ C 321/86 -27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 11.842,88 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.076,75 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei ist als Reiseveranstalter tätig. Zur Unterbringung ihrer Gäste schließt sie mit den Inhabern verschiedener Hotels und Pensionen entsprechende Verträge ab. Vor Beginn der Saison 1985/86 schloß die klagende Partei mit dem Erstbeklagten und auch mit der Zweitbeklagten eine Vereinbarung, in der die von den Beklagten der klagenden Gesellschaft zur Verfügung gestellten Kontingente sowie die Preise und Preisermäßigungen festgelegt wurden. Darüber hinaus wurde in 12 Punkten das Verhältnis zwischen den Streitteilen näher geregelt. Zum Zwecke der Bestätigung der einzelnen Buchungen wurde ein Durchschlag des vom Gast ausgefüllten Anmeldungsformulars dem Hotel übergeben, von diesem abgestempelt oder unterfertigt und der klagenden Partei zurückgestellt. Zu diesem Zweck war auf der Vorderseite des dem jeweiligen Hotelier übersandten Durchschlages der Reiseanmeldung folgender Text abgedruckt:

"Dieses Formular ist für den Quartiergeber bzw. A*** T*** bestimmt. Ich bestätige die Annahme der links angeführten Zimmer- bzw. Appartementsreservierung und verpflichte mich, die Leistungen vereinbarungsgemäß zu erbringen und die Reisebedingungen anzuerkennen."

Unterhalb dieses Textes ist Platz freigelassen für Unterschrift und Stempel des Quartiergebers, Datum und sonstiges bzw. Preise. Auf der Rückseite dieses Anmeldungsformulares befanden sich Reisebedingungen. Bis zur Saison 1985/86 war in diesen Reisebedingungen ein Konkurrenzverbot nicht enthalten. Die auf den in (richtig: ab) der Saison 1985/86 verwendeten Formularen abgedruckten Reisebedingungen sind überschrieben mit "Reisebedingungen" und in zwei Spalten zu je 150 Zeilen in einer Schriftgröße von 1 mm (Großbuchstaben) abgedruckt. Die ersten 28 Zeilen dieser Reisebedingungen sind durch eine Einrahmung hervorgehoben. Am Beginn dieser Einrahmung steht geschrieben:

"Unseren Reisebedingungen liegen die von der Österr. Bundeswirtschaftskammer genehmigten Reisebedingungen zugrunde. Laut diesen gehen die nachfolgenden besonderen Bedingungen vor." Im folgenden sind in der Einrahmung 5 Textstellen durch Fettdruck, jedoch in der Schriftgröße des übrigen Textes, hervorgehoben. Es sind dies die Worte: "Anmeldung", "Bei Erhalt der Reisebestätigung", "Stornierung", "Reiserücktrittsversicherung" und "Der Quartiergeber". Die mit "Der Quartiergeber" eingeleitete Passage lautet wie folgt: "Der Quartiergeber verpflichtet sich, keinen wie immer gearteten geschäftlichen Verkehr, weder direkt noch indirekt - mit einem unserer Partner oder ehemaligen Partner (gilt auch für die Mehrzahl) zu tätigen und/oder die von uns vermittelten Gäste für eine direkte Reservierung abzuwerben. Diese Vereinbarung ist schadenspflichtig und bleibt auch noch 5 Jahre ab der Beendigung der Zusammenarbeit zwischen Quartiergeber/Hotelier und uns in Kraft."

Mit Ausnahme dieser Passage betrifft der gesamte Text der Reisebedingungen das Verhältnis der Reisegäste zum Veranstalter bzw. Vermittler dieser Reise.

Bezüglich der Vermittlung der von der klagenden Partei veranstalteten Reisen waren diese unter anderem bis ca. Sommer 1986 mit den Reisebüros A***-R*** GmbH und F*** R*** GmbH in Geschäftsbeziehung. Während aufrechter Geschäftsverbinbdung mit den beiden Reisebüros wurde der größte Anteil der von der klagenden Partei veranstalteten Reisen über Vermittlung der A*** R*** GmbH durchgeführt. Auch die Firma F*** R*** GmbH vermittelte einen großen Anteil der von der Klägerin angebotenen Reiseveranstaltungen. Während aufrechter Geschäftsverbindung zwischen den Streitteilen wurden pro Saison im Hotel P*** des Erstbeklagten ca. 500 Gäste, im Appartementhaus S*** des Erstbeklagten ca. 200 bis 400 Gäste und im Hotel T*** der Zweitbeklagten ca. 200 bis 300 Gäste der klagenden Partei untergebracht. Darunter waren auch Gäste, welche der klagenden Partei über die F*** R*** GmbH und die A*** R*** GmbH vermittelt wurden. Im Frühjahr oder Sommer 1986 traten die A*** R*** GmbH und die F*** R*** GmbH an das Tiroler Landesreisebüro heran, weil sie Reisen ins Lechtal veranstalten wollten. Das Tiroler Landesreisebüro schloß hierauf mit verschiedenen Hoteliers, unter anderem mit den Beklagten Bettenverträge ab. Diese Bettenverträge wurden von den Beklagten ausschließlich mit dem Tiroler Landesreisebüro abgeschlossen. Tatsächlich wurden von den genannten Reisebüros für die Saison 1986/87 Reisen veranstaltet, bei denen eine Unterbringung in den Häusern der Beklagten angeboten wurde. Nicht festgestellt werden konnte, den Beklagten wäre bei Abschluß der Bettenverträge mit dem Tiroler Landesreisebüro bekannt gewesen, daß die Betten der A*** R*** GmbH oder der F*** R*** GmbH zur Verfügung gestellt würden und daß den Beklagten bei Unterfertigung der Reiseanmeldungsformulare bzw. bei der Anbringung einer Stampiglie auf diesen Formularen bekannt gewesen wäre, daß in den auf der Rückseite der Formulare enthaltenen Reisebedingungen das festgestellte Konkurrenzverbot enthalten ist.

Mit der am 19.Dezember 1986 erhobenen Klage begehrte die klagende Gesellschaft von den Beklagten die Unterlassung jeden direkten oder indirekten geschäftlichen Verkehrs mit einem ihrer Partner oder ehemaligen Partner, insbesondere mit der A***-R*** GmbH Hamburg und der F*** R*** GmbH Mönchengladbach. Sie werbe für Urlaubsaufenthalte im Lechtal und nehme dabei Buchungen von Kunden entgegen, die sie bei verschiedenen Quartiergebern unterbringe. Die Zimmerreservierungen erfolgten durch Übersendung eines Durchschlages der Reiseanmeldung an den Quartiergeber; dieser bestätige die Reservierung mit seiner Unterschrift und erkenne gleichzeitig auch die "Reisebedingungen" als verbindlichen Vertragsbestandteil an. Im Rahmen dieser Reisebedingungen verpflichte sich der Quartiergeber, keinen wie immer gearteten geschäftlichen Verkehr mit einem (ehemaligen) Partner der Klägerin zu pflegen, wobei diese Verpflichtung auch noch 5 Jahre ab Beendigung der Zusammenarbeit gelte. Die Beklagten hätten diese Vereinbarung grob verletzt, weil sie mit ehemaligen Vertragspartnern, nämlich der F*** R*** GmbH und der A*** R*** GmbH Beherbergungsverträge abgeschlossen hätten. Die Beklagten seien Vollkaufleute; für sie gelte Handelsbrauch, wonach ihr jahrelanges Schweigen zu den besonderen Bedingungen auf den Buchungsformularen als Anerkenntnis des Konkurrenzverbotes zu werten sei. Da auch sonst jahrelang sämtliche Bedingungen anstandslos eingehalten worden seien, habe die klagende Partei annehmen müssen, die Beklagten hätten jene Konkurrenzklausel gekannt. Dies hätten die Beklagten auch gegenüber Dritten zugegeben. Als die klagende Partei die fraglichen Formulare zum ersten Mal dem Beklagten vorgelegt habe, hätten diese die Bedingungen eingehend studiert und sich anfangs geweigert, die Anmeldungsbögen zu unterfertigen, weil sie die umseitig abgedruckten Bedingungen nicht hätten anerkennen wollen. Erst nach Drängen der klagenden Partei seien die Beklagten bereit gewesen, nicht nur ihren Firmenstempel, sondern auch die Unterschrift auf die Formulare zu setzen.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Die Reisebedingungen regelten nahezu ausschließlich die Rechtsbeziehungen zwischen der klagenden Partei und den durch sie vermittelten Urlaubsgästen. Die klagende Partei habe das Anmeldungsformular allein verfaßt, dessen Inhalt sei mit ihnen nie abgesprochen worden. Die strittige Konkurrenzklausel finde sich vollkommen unsystematisch und kaum leserlich in den Reisebedingungen; sie sei für die Beklagten derart nachteilig, daß sie damit nicht habe rechnen müssen. Solche Formulare seien für eine rasche Abwicklung der Zimmerreservierung bestimmt; auch auf Grund des äußeren Erscheinungsbildes, insbesondere der Überschrift, habe den Beklagten nicht bewußt werden müssen, gleichzeitig mit der zum täglichen Geschäftsbetrieb gehörigen Gästeaufnahme eine derartige Verpflichtung gegenüber der klagenden Partei einzugehen. Die Gestaltung des Formulars lasse vielmehr die Schlußfolgerung zu, die klagende Partei versuche eine Irreführung ihrer Geschäftspartner. Die absolut ungewöhnliche Bestimmung in der vorliegenden Schriftgröße sei gemäß § 864 a ABGB nicht verbindlich. Den Beklagten sei auch nicht bekannt, daß die F*** R*** GmbH und A*** R*** GmbH Vertragspartner der klagenden Partei seien oder gewesen seien. Schließlich bestünden zwischen den Beklagten und den genannten Gesellschaften keine wie immer gearteten Geschäftsbeziehungen. Den Beklagten würden Urlaubsgäste zum Aufenthalt in ihren Häusern nur durch das Tiroler Landesreisebüro, das eine entsprechende Werbeaussendung - u.a. auch mit Werbeunterlagen der beklagten Parteien - gestaltet habe, vermittelt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es beurteilte den bereits wiedergegebenen Sachverhalt dahin, daß alle Voraussetzungen des § 864 a ABGB hinsichtlich des strittigen Konkurrenzverbotes in den Reisebedingungen der klagenden Partei gegeben seien: Es handle sich um allgemeine Geschäftsbedingungen bzw. Vertragsformblätter, das Konkurrenzverbot sei für die beklagten Parteien nachteilig; Reisebedingungen beträfen üblicherweise Umstände, die mit der Abwicklung einer Reise im Zusammenhang stehen. Die Vereinbarung eines Konkurrenzverbotes in diesem Rahmen sei unüblich. Die Reisebedingungen im Umfang von ca. 300 Zeilen regelten mit Ausnahme des Konkurrenzverbotes, das in vier Zeilen festgehalten sei, ausschließlich das Verhältnis zwischen der klagenden Partei und den Gästen, weshalb das Konkurrenzverbot wesensfremd sei. Außerdem sei zwischen den Streitteilen vor Beginn der Saison 1985/86 ein Vertrag abgeschlossen worden, in dem das beiderseitige Verhältnis näher geregelt worden sei. Wenn schon dieser Vertrag keinerlei Konkurrenzverbot enthalte, hätten die Beklagten keinesfalls damit rechnen müssen, daß sich in den Reisebedingungen auf der Rückseite einer Reiseanmeldung ein Konkurrenzverbot befindet. Dieses sei somit nicht Vertragsbestandteil geworden, weshalb sich die klagende Partei nicht mit Erfolg auf diese Bestimmung berufen könne. Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der klagenden Partei keine Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, 300.000 S übersteigt. Das Berufungsgericht erachtete die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen für eine abschließende rechtliche Beurteilung als ausreichend und davon ausgehend die Rechtsrüge als unberechtigt, zu der es im wesentlichen wie folgt Stellung nahm:

Die klagende Partei stütze ihren Unterlassungsanspruch ausschließlich auf die von ihr verwendeten Geschäftsbedingungen, denen sich die beiden Beklagten angeblich unterworfen hätten. Gemäß § 864 a ABGB würden Bestimmungen ungewöhnlichen Inhaltes in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern, die der eine Vertragsteil verwendet habe, nicht Vertragsbestandteil, wenn sie dem anderen Teil nachteilig seien und er mit ihnen auch nach den Umständen, vor allem nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde, nicht habe rechnen brauchen; es sei denn, der eine Vertragsteil hätte den anderen besonders darauf hingewiesen. Diese durch das KSchG in das ABGB eingefügte Norm diene der verschärften Geltungskontrolle von sogenannten versteckten Einzelbestimmungen in AGB. Selbst die klagende Partei gestehe zu, daß Allgemeine Geschäftsbedingungen ihren Geltungsgrund in der vertraglichen Vereinbarung zwischen den jeweiligen Geschäftspartnern hätten. Das Erstgericht habe bereits ausdrücklich und mit zutreffenden Gründen dargelegt, daß die das strittige Konkurrenzverbot enthaltende Vertragsklausel alle Tatbestandsvoraussetzungen des § 864 a ABGB erfülle. Insofern werde die Berufungswerberin - um Wiederholungen zu vermeiden - auf die Ausführungen im Ersturteil verwiesen, denen sich das Berufungsgericht anschließe. Die Berufungswerberin bestreite mittlerweile nicht mehr, daß Kaufleute in den Schutzbereich des § 864 a ABGB grundsätzlich einbezogen seien. Ihr sei aber zuzugeben, daß an die Geschäftserfahrung von Kaufleuten gesteigerte Anforderungen gestellt werden könnten. Gehe man von den Feststellungen im Ersturteil aus, seien die auf der Rückseite der Reiseanmeldungsformulare abgedruckten Allgemeinen und Besonderen Reisebedingungen von Seite der klagenden Partei in die Geschäftsbeziehung zu den beiden Beklagten eingebracht worden. Da diese die Geltung - zumindest der das Konkurrenzverbot umschreibenden Vertragsklausel - bestritten hätten, treffe sie die Beweislast für deren Nachteiligkeit und Ungewöhnlichkeit (Rummel, Rz 9 zu § 864 a ABGB). Daß ein derart umfassendes Konkurrenzverbot (direkter und indirekter Geschäftsverkehr, Geltung bis zu 5 Jahren nach Beendigung der Zusammenarbeit) die beklagten Gastwirte in der Gestaltung ihrer Geschäftsbeziehungen entscheidend behindere und daher für sie von erheblichem Nachteil sei, bedürfe keiner weitwendigen Erörterung und werde auch in der Berufung nicht mehr ernsthaft in Frage gestellt. Bei der Beurteilung der Ungewöhnlichkeit der Vertragsbestimmung komme es auf deren Inhalt allein nicht an. Dieser spiele allerdings im Zusammenhang mit der Stellung der Klausel im Gesamtgefüge des Vertragstextes eine Rolle, denn das Ungewöhnliche ergäbe sich besonders aus der Art der Einordnung der Vertragsbestimmung in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen; entscheidend sei also, ob die fragliche Klausel im Vertragstext derart versteckt sei, daß sie der andere Vertragspartner dort nicht vermute, wo sie sich befinde, und dort nicht finde, wo er sie vermuten könnte (Krejci, Handbuch zum KSchG 112; EvBl. 1987/41; JBl. 1986, 508; SZ 56/62 ua). Da die Streitteile im Sommer 1985 eine entsprechende Rahmenvereinbarung über ihre künftige Zusammenarbeit abgeschlossen hätten, wäre zu erwarten gewesen, daß die klagende Partei eine derart entscheidende Frage, wie das hier strittige Wettbewerbs- bzw. Konkurrenzverbot, bei Abschluß dieses Vertrages aushandle und dann für die Aufnahme in das Vertragswerk sorge. Hingegen erwecke das mit der Überschrift "Reiseanmeldung" versehene Formular insgesamt den Eindruck, daß hier im Verhältnis zwischen dem Reisebüro und dem Hotelier die Reservierung der einzelnen Termine und sonstige eher technische Fragen der Abwicklung der jeweiligen Buchungen im Vordergrund stünden. Dazu komme, daß die auf der Rückseite wiedergegebenen Reisebedingungen in ihrer drucktechnischen Gestaltung so gehalten seien, daß man nur bei sorgfältigem und zeitaufwendigem Studium Kenntnis von ihrem umfangreichen Inhalt erlangen könnte. Der Großteil des Textes beschränke sich auf die Wiedergabe der von der Bundeswirtschaftskammer genehmigten Reisebedingungen, die ihrerseits ausschließlich das Verhältnis zwischen dem Reiseveranstalter und seinen Kunden regelten. Aber auch die in einem Kasten - allerdings ebenfalls im Kleindruck - vorangestellten Besonderen Bedingungen der klagenden Partei schienen ihrem ersten Eindruck nach auf den Gast zugeschnitten, wenn dort von Anmeldung (Buchung), Reisebestätigung, Anzahlung, Stornierung und Abschluß einer Reiserücktrittskostenversicherung die Rede sei. Lediglich die letzten vier Zeilen wiesen in - kleingehaltenem - Fettdruck auf den Quartiergeber hin und enthielten das hier strittige Konkurrenz- und Wettbewerbsverbot. Eine derartige Vorgangsweise sei auch im Verhältnis zwischen Kaufleuten ungewöhnlich, also vom Schutzzweck des § 864 a ABGB erfaßt. Da nach den dargestellten Grundsätzen die Gestaltung des im konkreten Fall verwendeten Vertragsformblattes im Vordergrund stehe und das Erstgericht außerdem festgestellt habe, daß die bis zur Saison 1985/86 üblichen Reisebedingungen ein derartiges Konkurrenzverbot nicht enthalten hätten, habe kein Anlaß bestanden, Feststellungen zum äußeren Erscheinungsbild der früher verwendeten Formulare zu treffen. Von einem Verfahrensmangel könne also auch insofern keine Rede sein. Entgegen der Meinung der Berufungswerberin würden die Sorgfaltsanforderungen gegenüber den beiden Beklagten überspannt, würde man ihnen unter den konkreten Umständen abverlangen, die umfangreichen Reisebedingungen auf der Rückseite der Formulare, die in ihrem Verhältnis zum Reiseveranstalter offenkundig in erster Linie der Terminreservierung dienten, im einzelnen zur Kenntnis zu nehmen. Angesichts der zu Saisonbeginn abgeschlossenen - die grundsätzlichen Fragen der Zusammenarbeit regelnden - Rahmenvereinbarung hätten die Beklagten dazu keinen Anlaß gehabt. Es könne ihnen daher kein Vorwurf daraus gemacht werden, daß sie den wiederholt zugesandten Formularen lediglich die für die Buchungen wesentlichen Informationen entnommen und diese anschließend vereinbarungsgemäß wieder an die klagende Partei zurückgeschickt hätten. Der bloße Hinweis, daß mit der Unterschrift des Quartiergebers auch die Reisebedingungen anerkannt würden, sei in diesem Zusammenhang also nicht ausreichend gewesen. Die klagende Partei könne sich aber auch nicht auf jahrelanges Schweigen der Beklagten berufen, weil die fragliche Wettbewerbs- und Konkurrenzklausel eben erst in die für die Saison 1985/86 verwendeten Formblätter Eingang gefunden habe und in dieser Form der Geltungskontrolle nach § 864 a ABGB nicht standhielte. Die von der Berufungswerberin zitierte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 15. Juli 1969 (SZ 42/112) sei lange vor dem Inkrafttreten des KSchG ergangen und betreffe lediglich die Frage der Gesamtgeltung von auf der Rückseite des Vertragsformulars angeführten Lieferungs- und Zahlungsbedingungen. Für die hier zur Erörterung stehende Einzelkontrolle sei damit nichts gewonnen. Die klagende Partei berufe sich in ihrem Rechtsmittel mehrfach auf den Verweisungsvermerk auf der Vorderseite der Reiseanmeldungsformulare. In Wirklichkeit sei bereits dieser Hinweis undeutlich und im Sinne des § 915 zweiter Halbsatz ABGB zu Lasten der klagenden Partei auszulegen, wenn es dort heiße: "Dieses Formular sie für den Quartiergeber bzw. A***-T*** bestimmt". Daraus und aus dem Verwendungszweck der Formulare, die vom Quartiergeber nach Einsichtnahme wieder an die klagende Partei zurückzustellen gewesen seien, habe ein verständiger - durchaus

aufmerksamer - Vertragspartner schließen dürfen, daß die vorformulierten Vertragsbedingungen sinnvollerweise das Verhältnis zwischen den Gästen einerseits und der klagenden Partei als Reiseveranstalter bzw. den durch diese vertretenen Gastwirten andererseits regeln sollten. Insofern sei auch das Herausheben der Worte "Der Quartiergeber" durch Fettdruck - allerdings in gleicher Schriftgröße - nicht hinreichend, um den Gastwirt davor zu warnen, daß ihm hier im Verhältnis zur klagenden Partei ein weitreichendes, seine Erwerbsfreiheit u.U. wesentlich beeinträchtigendes Konkurrenzverbot auferlegt werde. Wie bereits dargelegt, ließen weder das äußere Erscheinungsbild der Urkunden noch die sonstigen Umstände, insbesondere der Verwendungszweck dieser Formulardurchschläge, derartiges vermuten. Den Nachweis dafür, daß die beiden Beklagten auf diesen - für sie erheblich nachteiligen - Vertragsbestandteil besonders hingewiesen worden seien, sei die klagende Partei schuldig geblieben. Zutreffend habe daher das Erstgericht unterstellt, daß die Konkurrenzklausel zwischen den Streitteilen nicht Vertragsinhalt geworden sei, für die Beklagten also keinerlei Bindung entfalten könne. Der Berufung sei daher keine Folge zu geben gewesen.

Gegen diese Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die auf den Anfechtungsgrund des § 503 Abs. 1 Z 4 ZPO gestützte Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagten Parteien beantragten in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Hinblick auf den Bewertungsausspruch des Berufungsgerichtes zulässig, aber nicht berechtigt. In ihrer Rechtsrüge wiederholt die Revisionswerberin vorerst den von ihr bereits in der Berufung geltend gemachten Feststellungsmangel, das Erstgericht hätte es zu Unrecht unterlassen, Feststellungen darüber zu treffen, daß sich die Formulare für die Reiseanmeldungen, auf welchen das Anerkenntnis der Reisebedingungen durch die Quartiergeber abgedruckt gewesen sei, von den zuvor verwendeten Formularen wesentlich unterschieden. Die klagende Partei vermag aber auch in der Revision die rechtliche Relevanz der gewünschten Feststellung nicht darzutun. Es steht nämlich fest, daß in den vor der Saison 1985/86 verwendeten Formblättern ein entsprechendes Konkurrenzverbot nicht enthalten war und ein solches auch sonst nicht vereinbart worden ist. Inwiefern die Feststellung, die in der Zeit vor der Saison 1985/86 verwendeten Formulare seien anders gestaltet gewesen, für die hier allein zu entscheidende Frage, ob die erst in den neuen Formblättern enthaltene Klausel im Sinne des § 864 a ABGB objektiv ungewöhnlich ist, relevant sein sollte, wird in der Revision nicht aufgezeigt und ist auch nicht ersichtlich.

Die Revisionswerberin vertritt weiters den Standpunkt, die Beklagten hätten als sorgfältige Kaufleute im Hinblick auf die vorgesehene Unterfertigung der Erklärung, der Quartiergeber anerkenne die Reisebedingungen, und den damit hergestellten Bezug zwischen Reisebedingungen und Quartiergeber, und den Umstand, daß auf Grund der Reiseanmeldungen Rechtsbeziehungen zwischen den Urlaubsgästen und Quartiergeber ohnehin nicht bestanden hätten, die Verpflichtung gehabt, die Reisebedingungen durchzulesen. Die Unterlassung der Überprüfung dieser Geschäftsbedingungen stelle für Vollkaufleute eine grobe Fahrlässigkeit dar, weshalb § 864 a ABGB nicht anwendbar sei. Im übrigen sei das Konkurrenzverbot nicht derart versteckt angebracht, daß es äußerst schwer zu finden gewesen wäre. Darüber hinaus müsse nochmals hervorgehoben werden, daß sich ein Vollkaufmann nicht darauf berufen könne, die auf der Rückseite eines Vertragsformulars im Kleinstdruck angeführten Bedingungen, auf die auf der Vorderseite hingewiesen worden sei, nicht gekannt zu haben. Dem kann nicht gefolgt werden.

Vorerst ist festzuhalten, daß die durch das KSchG in das ABGB eingeführte Bestimmung des § 864 a für Rechtsgeschäfte zwischen beliebigen Personen gilt (vgl. Koziol-Welser8 I 466). Aus dem Umstand, daß die Beklagten Kaufleute, und zwar Vollkaufleute sind, läßt sich daher an sich für die Frage der Anwendbarkeit des § 864 a ABGB nichts ableiten. Entscheidend ist vor allem, daß den Geschäftsbeziehungen der klagenden Partei zu den Beklagten zum Zwecke der Unterbringung der vermittelten Gäste eine vor Beginn der Saison 1985/86 getroffene Vereinbarung zugrundelag, in der die von den Beklagten der klagenden Partei zur Verfügung gestellten Kontingente sowie die Preise und Preisermäßigungen festgelegt wurden, in 12 Punkten das Verhältnis zwischen den Streitteilen eine nähere Regelung fand und ein Konkurrenzverbot nicht enthalten war. Von wesentlicher Bedeutung ist weiters, daß die von der klagenden Partei für die Abwicklung der Geschäftsbeziehung vorgesehenen "Reiseanmeldungen" vom Beginn der Geschäftsbeziehung an auf der Rückseite zwar Reisebedingungen abgedruckt hatten, darin aber ein Konkurrenzverbot nicht enthalten war. Nach der für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Sachverhaltsgrundlage kann nicht davon ausgegangen werden, daß die klagende Partei die Beklagten auf die inhaltliche Änderung der von ihr ab der Saison 1985/86 für die Reiseanmeldungen verwendeten Formblätter hingewiesen hätte. Unter diesen Umständen mußten die Beklagten wegen der Neugestaltung der Formblätter nicht mit einer von der klagenden Partei einseitig vorgenommenen inhaltlichen Änderung der Vertragsbeziehung rechnen. Waren auf der Rückseite der vorerst verwendeten Formblätter "Reisebedingungen" abgedruckt, so kommt dem Umstand, daß die Beklagten als Quartiergeber durch ihre Unterschrift (auch weiterhin) bestätigten, die Reisebedingungen anzuerkennen, keine besondere Bedeutung zu, zumal sie für die Annahme einer grundlegenden Änderung ihrer Beziehungen keinen Anhaltspunkt haben mußten. Die vom Quartiergeber zu unterfertigende auf der Reiseanmeldung abgedruckte Bestätigung betraf vorerst die "Annahme der links angeführten Zimmer- bzw. Appartementreservierungen sowie die Verpflichtung, die Leistungen vereinbarungsgemäß zu erbringen. Zweck dieses (offenbar im Durchschreibverfahren hergestellten) Formulars war es, den Quartiergeber über die Inanspruchnahme seiner Leistungen durch zu erwartende Gäste zu informieren, anderseits aber auch der klagenden Partei Sicherheit für die reibungslose Abwicklung der von ihr vermittelten Geschäfte dadurch zu gewähren, daß sie einen Nachweis darüber erhält, daß der Quartiergeber über die zu erwartenden Gäste tatsächlich Kenntnis erlangt hat. Dem entspricht auch der Inhalt des Vermerkes auf dem Formular über dessen Bestimmung, nämlich für den Quartiergeber "bzw." A***-T***. Damit läßt sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn dieses Bestimmungshinweises, den die Quartiergeber als Vertragspartner der klagenden Partei dem Formular nach der Übung des redlichen Verkehrs entnehmen mußten, ein Indiz für die Begründung einer Rechtsbeziehung zwischen der klagenden Partei und den Beklagten als Quartiergeber erblicken und auch nicht die Annahme ableiten, der Quartiergeber begründe mit der Unterfertigung dieses Formblattes eine weitere besondere Rechtsbeziehung zu der klagenden Partei. Im übrigen ist dem Berufungsgericht in diesem Zusammenhang beizupflichten, daß eine allenfalls bestehende Undeutlichkeit im Sinne der Unklarheitenregel des § 915 ABGB zum Nachteil der klagenden Partei ginge, die sich dieses Formulars bedient hat.

Der Oberste Gerichtshof billigt aber auch die Beurteilung der vorliegenden Vertragsbestimmung über das Konkurrenzverbot als objektiv ungewöhnlich im Sinne des § 864 a ABGB durch die Vorinstanzen.

Auch der in dem umrahmten Teil gebrachte Hinweis, wonach den Reisebedingungen der klagenden Partei die von der Österreichischen Bundeswirtschaftskammer genehmigten Reisebedingungen zugrunde lägen und "laut diesen" die nachfolgenden Bedingungen "vorgingen", spricht für die Annahme, die in der Folge abgedruckten Reisebedingungen beträfen das Verhältnis des Reisegastes zur klagenden Partei und allenfalls auch zum Quartiergeber, nicht aber für die Änderung des Rechtsverhältnisses zwischen dem Reisevermittler und dem Quartiergeber. Auf Grund der für die rechtliche Beurteilung hier maßgeblichen Sachverhaltsgrundlage muß daher gesagt werden, daß die Beklagten als Quartiergeber die einseitige Aufnahme der vorliegenden Konkurrenzklausel in die Rückseite der (im Durchschreibeverfahren zu verwendenden) neuen Formulare für die (vom Urlaubsgast auszufüllende) Reiseanmeldung nicht erwarten mußten und daher auch vernünftigerweise damit nicht zu rechnen brauchten, das Konkurrenzverbot somit eine ungewöhnliche Klausel im Sinne des § 864 a ABGB darstellt.

Insoweit die Revisionswerberin sich in ihrer Rechtsrüge weiters auch noch gegen die Annahme der Vorinstanzen richtet, bei dem Konkurrenzverbot handle es sich um eine den Beklagten nachteilige Bestimmung, übersehen sie, daß sie im Verfahren erster Instanz den von den beklagten Parteien dazu erstatteten Ausführungen kein entsprechendes Vorbringen entgegengesetzt hat und diese Frage von ihr auch im Berufungsverfahren nicht bekämpft wurde. In der Annahme der Vorinstanzen, das gegenständliche Konkurrenzverbot sei den Beklagten aus der Sicht eines redlichen Vertragspartners bei Vertragsabschluß (vgl. Rummel in Rummel, ABGB, Rz 6 zu § 864 a) wirtschaftlich nachteilig gewesen, kann schon im Hinblick auf die bereits bei der Gastaufnahme auftretenden Schwierigkeiten, das Bestehen des dem Konkurrenzverbot entgegenstehenden Naheverhältnisses des Gastes zur klagenden Partei festzustellen, und das Ausmaß der Dauer der Wirkung des Konkurrenzverbotes über die Beendigung der Vertragsbeziehungen hinaus kein Rechtsirrtum erblickt werden. Wenn ein solches Konkurrenzverbot ein besonderes Anliegen der klagenden Partei gewesen wäre, wäre es an ihr gelegen, dieses den Beklagten in wirksamer Form zu überbinden.

Schließlich verweist die Revisionswerberin zur Stützung ihres Revisionsantrages auf das Vorliegen eines Handelsbrauches. Auch damit ist für sie nichts zu gewinnen.

Ein Handelsbrauch ist eine im Handelsverkehr während einer gewissen Zeit für vergleichbare Geschäftsvorfälle befolgte Übung, der eine einheitliche Auffassung der beteiligten Kreise zugrundeliegt (Straube, HGB, Rz 2 zu § 346). Handelsbräuche gelten als Tatsachen, die grundsätzlich nach allgemeinen Beweisreglen nachzuweisen sind (Straube, aaO, Rz 29 zu § 346). Da die klagende Partei den Beweis für den behaupteten Handelsbrauch nicht erbracht hat und vom Vorliegen eines notorischen Handelsbrauches keine Rede sein kann, gehen ihre diesbezüglichen Ausführungen in der Revision ins Leere. Sollte die klagende Partei mit ihren Ausführungen lediglich das konkludente Zustandekommen des Konkurrenzverbotes im Auge gehabt haben, so ist ihr zu entgegnen, daß nach den für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Feststellungen für eine solche Annahme kein hinlängliches sachliches Substrat vorhanden ist. Da die klagende Partei die beklagten auf die einseitige Änderung der bestehenden Geschäftsbeziehungen nicht aufmerksam gemacht hat, kann nicht gesagt werden, daß das Stillschweigen der Beklagten nach der Verkehrssitte sowie den üblichen Gewohnheiten und Gebräuchen eindeutig nur im Sinne einer Zustimmung zu dem Konkurrenzverbot zu verstehen gewesen wäre. Darüber hinaus übersieht die klagende Partei, daß von einem jahrelangen Stillschweigen der Beklagten hier keine Rede sein kann, weil die Klausel über das Konkurrenzverbot von der klagenden Partei erst für die Saison 1985/86 in die Formulare aufgenommen wurde, die Klage jedoch bereits im Dezember 1986 erhoben wurde.

Der Revision konnte somit kein Erfolg beschieden sein. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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