Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben; der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.
Der Zwischenantrag auf Feststellung, es werde festgestellt, daß der Beklagte der Vater der Klägerin ist, wird zurückgewiesen und in der Sache zu Recht erkannt:
"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen FM 87.564,11 samt 4 % Zinsen aus FM 8.500,11 vom 7.11.1974 bis 13.10.1977, aus FM 12.756,11 vom 14.10.1977 bis 17.4.1980, aus FM 30.199,11 vom 18.4.1980 bis 20.9.1987 und aus FM 78.799,11 seit 21.9.1987 im Schillinggegenwert zum Devisenkurs der Wiener Börse am Zahlungstag zu bezahlen.
Das Mehrbegehren auf Zahlung eines monatlichen Unterhalts von FM 600,-- vom 1.9.1979 bis 30.9.1986 sowie eines monatlichen Unterhaltes vom FM 600,-- ab 1.7.1987 wird abgewiesen."
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 80 % der mit S 66.515,73 bestimmten Verfahrenskosten aller drei Instanzen (darin enthalten S 1.485,-- Barauslagen und S 6.369,73 USt.), d.s. S 53.212,58 binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die am 12.Juni 1969 geborene Klägerin ist die uneheliche Tochter der Tuula Kyllikki S***, geborene R***. Mutter und Kind sind finnische Staatsbürger. Der Beklagte ist Staatsbürger der BRD. Mit der am 7.November 1974 beim Erstgericht, in dessen Sprengel der Beklagte damals seinen allgemeinen Gerichtsstand hatte, eingebrachte Klage, begehrt die Klägerin einen monatlichen Unterhalt von zuletzt (nach mehrfacher Klagsausdehnung) FM 78.907,11 (unter Berücksichtigung eines Rechenfehlers bei der Klagsausdehnung AS 196, ON 44, FM 78.799,11) samt stufenweisen Zinsen sowie ab 1.9.1979 einen monatlichen Unterhalt von FM 600,-- (ON 103). Bei der Tagsatzung am 14.Oktober 1977 stellte die Klägerin den Zwischenantrag auf Feststellung, daß der Beklagte ihr Vater sei. Im ersten Rechtsgang erkannte das Erstgericht im Sinne des Zwischenantrages und des Leistungsbegehrens. Im zweiten Rechtsgang wies das Erstgericht das Unterhaltsbegehren ab, über den Zwischenantrag auf Feststellung erkannte es nicht. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes arbeitete der Beklagte mit der Mutter der Klägerin vom September 1968 bis Mitte November 1968 zusammen, wohnte mit ihr zusammen und verkehrte mit ihr auch geschlechtlich. Konkrete Anhaltspunkte dafür, daß die Mutter der Klägerin in dieser Zeit auch mit anderen Männern Geschlechtsverkehr hatte, liegen nicht vor. Die Mutter der Klägerin erklärte dem Beklagten, daß er der Vater der Klägerin sei. Obwohl der Beklagte nie ganz sicher war, der Vater zu sein, unterfertigte er den Unterhaltsvertrag vom 19.Juli 1969 Beilage B. Nach dem serologischen Gutachten vom Jahre 1978 liegt die Vaterschaftswahrscheinlichkeit des Beklagten bei 97 % und es ist seine Vaterschaft sehr wahrscheinlich. Nach dem erbbiologisch-anthropologischen Gutachten aus dem Jahre 1987 ist die Vaterschaft des Beklagten eher unwahrscheinlich als wahrscheinlich. Der Beklagte lebt derzeit in der Bundesrepublik Deutschland und hat dort seinen ordentlichen Wohnsitz.
Bei seiner rechtlichen Beurteilung ging das Erstgericht davon aus, daß finnisches Recht anzuwenden sei. Danach sei die Klägerin berechtigt, eine Vaterschafts- und Unterhaltsklage gegen den Beklagten einzubringen. Auch nach finnischem Recht sei zunächst ausschlaggebend, ob der Beklagte der Mutter der Klägerin während der Zeugungsperiode beigewohnt habe. Darüber hinaus sei die Feststellung der Vaterschaft von serologischen und erbbiologisch-anthropologischen Gutachten abhängig. Aufgrund der Feststellungen sei davon auszugehen, daß eine Vaterschaft des Beklagten nicht erwiesen sei.
Das Berufungsgericht hob das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt wegen Verfahrens- und Feststellungsmängeln auf. Es fehlten insbesondere Feststellungen über den Inhalt der Vereinbarung vom 19.Juli 1969. Das Erstgericht habe sich auch nicht mit der Rechtswirksamkeit dieser Vereinbarung auseinandergesetzt und ungeprüft gelassen, ob diese Vereinbarung, insbesondere auch hinsichtlich der Indexsteigerungen vollstreckbar sei. Für den Beweis der Vaterschaft werde nach finnischem Recht gefordert, daß die Beiwohnung während der Zeugungsperiode erwiesen sei, sonstige Beischläfer nicht nachgewiesen werden könnten und sichddie Vaterschaftswahrscheinlichkeit auf über 95 % belaufe. Eine erbbiologisch-anthropologische Untersuchung käme nach finnischem Recht in Betracht, wenn zwischen mehreren Beischläfern eine Entscheidung getroffen werden müsse. Da im vorliegenden Fall Mehrverkehrspartner nicht nachgewiesen seien, sei die Einholung eines erbbiologisch-anthropologischen Gutachtens entbehrlich gewesen. Liege aber ein solches Gutachten mit der Wertung vor, daß die Vaterschaft eher unwahrscheinlich sei, sei es fraglich, ob dies nicht Anlaß für eine ergänzende serologische Untersuchung sein müsse. Diese Frage sei vom Erstgericht durch Erforschung der finnischen Spruchpraxis zu klären. Durch entsprechende Anleitung werde auch das Unterhaltsbegehren klarzustellen sein, weil die Klägerin nicht für denselben Zeitraum den aufgelaufenen Unterhalt und gleichzeitig eine monatliche Unterhaltsleistung begehren könne, was nach der letzten Klagsausdehnung zum Teil der Fall sei. Eine Überprüfung der Höhe des Unterhalts würde sich nur insoweit erübrigen, als eine Erklärung des Beklagten vorliege, was nur zum Teil zutreffe.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen den Aufhebungsbeschluß der zweiten Instanz erhobene Rekurs des Beklagten ist berechtigt.
Die Frage der inländischen Gerichtsbarkeit wurde von den Vorinstanzen nicht erörtert. Für Vaterschaftsklagen und damit verbundene Unterhaltsklagen ist nach § 76 a Abs 3 JN idF der Zivilverfahrens-Novelle 1983 (§ 76 b JN idF UeKindG) die inländische Gerichtsbarkeit gegeben, wenn das Kind oder der in Anspruch genommene Mann österreichischer Staatsbürger ist oder eine dieser Personen den gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Diese Bestimmung erfaßt ihrem Wortlaut nach jedoch nur mit der Vaterschaftsklage verbundene Unterhaltsansprüche unehelicher Kinder. Ob sie auch für selbständige Unterhaltsklagen herangezogen werden kann (vgl hiezu Schwimann, Internationales Zivilverfahrensrecht 50), braucht hier ebensowenig erörtert zu werden, wie die Frage, welchen Einfluß der Umstand auf die inländische Gerichtsbarkeit hat, daß der Beklagte während des Verfahrens seinen Wohnsitz im Inland aufgegeben hat (vgl hiezu Fasching LB Rz 79 S 47). Die Klägerin stützt ihren Unterhaltsanspruch primär auf die mit dem Beklagten getroffene Unterhaltsvereinbarung. Für die Beurteilung dieses Anspruchs bildet, wie noch darzulegen sein wird, die Vaterschaft des Beklagten keine entscheidungsrelevante Vorfrage. Insoweit liegt daher ein selbständiger Unterhaltsstreit vor, für den die inländische Gerichtsbarkeit jedenfalls aus der allgemeinen Gerichtsstandsindikation der §§ 65 ff und 99 JN abgeleitet werden kann (vgl Schwimann aaO). Die Frage, ob bei Vorliegen eines inländischen Gerichtsstandes auch schon die inländische Jurisdiktion gegeben ist (Lehre von der Doppelfunktionalität der Gerichtsstandsnormen) oder ob die örtliche Zuständigkeit nur ein Indiz für die inländische Gerichtsbarkeit ist, diese aber erst bei hinreichender Inlandsbeziehung zu bejahen ist (Indikationentheorie) ist umstritten. Die Rechtsprechung löste die Frage der inländischen Gerichtsbarkeit in letzter Zeit vielfach im Sinne der Indikationentheorie (SZ 56/162; SZ 55/95 ua). Wie Schwimann (Örtliche Zuständigkeit und inländische Gerichtsbarkeit im RdW 1985, 335) zur neusten Rechtsprechung auf diesem Gebiet dargelegt hat, werden die unterschiedlichen Standpunkte in der Praxis deshalb weitgehend entschärft, weil die Mehrzahl der gesetzlichen Gerichtsstände eine ausreichende Inlandsbeziehung repräsentiert und sie daher auch vom Standpunkt der Indikationentheorie für die Anknüpfung der inländischen Jurisdiktion genügen. Die bestrittenen Fälle beschränken sich auf wenige Ausnahmen (§§ 88 Abs 1, 96 und 93 JN). Der Gerichtsstand des Vermögens stellt jedenfalls eine ausreichende Inlandsbeziehung für die Ableitung der inländischen Jurisdiktion für vermögensrechtliche Ansprüche, zu denen auch Unterhaltsansprüche gehören (Fasching I 477) dar (RZ 1988/19; vgl auch SZ 55/95). Der Beklagte ist Eigentümer eines Einfamilienhauses in St.Johann mit einem steuerlichen Einheitswert von S 214.000 bezogen auf das Jahr 1977 (ON 29). Daß es sich hiebei um ein Vermögen im Sinne des § 99 Abs 1 JN handelt, kann nicht zweifelhaft sein.
Beizupflichten ist dem Berufungsgericht in der Anwendung finnischen Sachrechts. Die Unterhaltsvereinbarung zwischen den Streitteilen wurde vor dem 1.Jänner 1979, dem Inkraftreten des IPRG, abgeschlossen und ist daher kollisionsrechtlich nach der alten Rechtslage zu beurteilen. Die Kollisionsnorm des § 12 der 4.DVzEheG bezieht sich nur auf die gesetzlichen, nicht aber auch auf vertragsmäßig dem Kind gegenüber übernommene Verpflichtungen. Diese unterlagen nach § 37 ABGB dem Recht des Abschlußortes (SZ 36/69). Als solcher ist bei Abschluß im Korrespondenzweg der Wohnort des Offerenten anzusehen (SZ 56/76 uva), demnach hier der Wohnort der Klägerin (vgl AS 81 ON 23).
Das finnische Kindschaftsrecht ist durch eine Reihe von Gesetzen vom 5.September 1975 neu geregelt worden. An die Stelle des Gesetzes vom 27.Juli 1922 über die nichtehelichen Kinder traten mit Wirkung vom 1.Oktober 1976 die Bestimmungen des Gesetzes über die Vaterschaft, das Recht der Kinder auf Unterhalt ist im Gesetz über den Unterhalt für Kinder geregelt. Eine Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft des Beklagten erfolgte bis zur Neuregelung nicht. Die Parteien haben jedoch am 19.Juli 1969 schriftlich einen Unterhaltsvertrag geschlossen, der in Fotokopie im Akt erliegt und der nur insoweit strittig ist, als der Beklagte dessen Unwirksamkeit mangels Beiziehung von Zeugen behauptet. Von der Frage der Zeugenschaft abgesehen kann daher diese Urkunde der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden. Nach § 11 des Gesetzes über uneheliche Kinder vom 27.Juli 1922 mußte eine Vereinbarung über den Unterhalt "unter Zeugen geschehen" und sie mußte, um gültig zu sein, von der Vormundschaftsbehörde (dem Sozialausschuß) genehmigt werden. Die Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft war nicht Gültigkeitsvoraussetzung. Für den Unterhaltsanspruch des Kindes genügte, daß der Mann mit der Mutter Geschlechtsverkehr gehabt hat und sie geschwängert haben konnte (§ 4 leg.cit; vgl.Gutachten AS 255 ON 62). Dem § 11 des Gesetzes über uneheliche Kinder läßt sich nicht eindeutig entnehmen, welche Rechtsfolgen der Mangel von Zeugen bei Abschluß des Unterhaltsvertrages hat. Nach finnischer Lehre und Rechtsprechung darf der Sozialausschuß bei Vorliegen dieses Formmangels den Vertrag nicht genehmigen, hat der Sozialausschuß den Vertrag aber genehmigt, ist er als gültig anzusehen (Gutachten AS 257 f ON 62). Der Unterhaltsvertrag vom 19.Juli 1969 weist einen sachgemäßen Bestätigungsbeschluß des Sozialausschusses auf (AS 257) und ist somit, entgegen der Meinung des Beklagten, rechtswirksam. Seine Rechtswirksamkeit wurde durch die Neuregelung des Kindschaftsrechtes im Jahre 1975 grundsätzlich nicht berührt (Gutachten AS 255 ON 62). Nur wenn das Kind oder dessen gesetzmäßig bestellter Vertreter innerhalb von 5 Jahren ab Inkrafttreten des Gesetzes betreffend die Einführung des Vaterschaftsgesetzes in der im Gesetz über die Vaterschaft vorgeschriebenen Art und Weise ein Klage auf Feststellung der Vaterschaft eingebracht hätten und aufgrund dieser Klage durch rechtskräftiges Urteil festgestellt worden wäre, daß der zur Unterhaltsleistung verpflichtete Mann nicht der Vater des Kindes ist, könnte dies eine Befreiung des sogenannten Zahlvaters (vgl § 5 des Gesetzes betreffend die Einführung des Vaterschaftsgesetzes) zur Folge haben (§§ 7 und 8 leg.cit). Eine solche Klage wurde jedoch nicht erhoben. Trotz Rechtswirksamkeit infolge Bestätigung durch den Sozialausschuß ist der Unterhaltsvertrag in Österreich nicht vollstreckbar. Nach dem Abkommen zwischen der Republik Österreich und Finnland über die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen in Zivilsachen, BG 26.2.1988, BGBl.118, sind - abgesehen von den von einem Oberexekutor auf dem Gebiet des Zivilrechts gefällten Entscheidungen und von Entscheidungen von Verwaltungsbehörden auf Rückzahlung von Unterhaltsvorschüssen - nur Urteile oder Beschlüsse eines Gerichtes (gerichtliche Entscheidungen) in Österreich vollstreckbar (Art 1 Abs 1 bis 4 des Abkommens).
Auch der Standpunkt des Beklagten, die Ansprüche der Klägerin seien verjährt, kann nicht geteilt werden. Nach den Verjährungsgrundsätzen des finnischen Rechtes beginnt die Verjährungsfrist für jede Unterhaltsrate eines durch Vertrag geregelten Unterhalts mit dem Verfallsdatum zu laufen. Die Verjährungsfrist beträgt 10 Jahre. Eine Klage unterbricht die Verjährung (Gutachten AS 259 ON 62). Nach diesen Grundsätzen liegt hier eine Verjährung der Unterhaltsansprüche der Klägerin nicht vor. Nach finnischem Recht sind auch vertragsmäßig festgelegte Unterhaltsraten ipso iure an den Lebenskostenindex gebunden (Gutachten AS 259 ON 62). Dies hindert aber nicht, daß ein vertraglicher Unterhalt herabgesetzt werden kann. Die Behauptung des Beklagten, der Klägerin zeitweilig Naturalunterhalt gewährt zu haben, wurde nicht nachgewiesen. Die ursprünglich aufgestellte Behauptung der Einkommensminderung wurde nicht aufrecht erhalten. Der Beklagte hat vielmehr im Verlaufe des Verfahrens erklärt, den begehrten Unterhalt der Höhe nach, vorbehaltlich der Änderung seiner Einkommensverhältnisse für die Zukunft, nicht mehr zu bestreiten (AS 99 ON 27) und hat auch in der Folge die Höhe nicht mehr bestritten und eine Änderung seiner Einkommensverhältnisse nicht behauptet. Bemessungsfragen stellen sich somit nicht. Da im übrigen aber die Streitsache zur Entscheidung reif ist, konnte der Oberste Gerichtshof in der Sache selbst erkennen (§ 519 Abs 3 ZPO). Diese Entscheidung kann auch zum Nachteil des Rechtsmittelwerbers ausgehen (Fasching LB Rz 1983). Bei der Sachentscheidung ist jedoch darauf, daß der Unterhaltsanspruch des Kindes nach finnischem Recht mit dessen Volljährigkeit endet, ebenso Bedacht zu nehmen wie darauf, daß der Unterhalt für dieselbe Zeit nicht in Form eines Kapitalbetrages und in Form einer monatlichen Rente begehrt werden kann, was hier nach der letzten Klagsausdehnung teilweise zutrifft. Da ein Unterhaltszuspruch für die Zukunft nach den obigen Darlegungen nicht mehr in Betracht kommt, ist der gesamte Unterhalt in Form eines Kapitalbetrages zuzuerkennen.
Aus den obigen Darlegungen ergibt sich, daß für den vertraglichen Unterhaltsanspruch der Klägerin die Vaterschaft des Beklagten keine präjudizielle Vorfrage bildet. Der Zwischenantrag auf Feststellung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 43 Abs 1 und 50 ZPO. In Ansehung des Zwischenantrages auf Feststellung ist die Klägerin als Unterlegene anzusehen. In analoger Bewertung dieses Antrages wie eine Vaterschaftsklage ergibt sich entsprechend dem dann gegebenen Wertverhältnis ein Kostenersatzanspruch der Klägerin von 80 % ihrer Verfahrenskosten.
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