Normen
ABGB §37
ABGB §163
Codice civile (Italien) Art269
4. DurchführungsVdg, zum Ehegesetz §12
4. DurchführungsVdg, zum Ehegesetz §18
ABGB §37
ABGB §163
Codice civile (Italien) Art269
4. DurchführungsVdg, zum Ehegesetz §12
4. DurchführungsVdg, zum Ehegesetz §18
Spruch:
Die Kollisionsnorm des § 12 der 4. DVzEheG. bezieht sich nur auf die gesetzlichen Verpflichtungen und nicht auf etwa vertragsmäßig gegenüber dem Kind übernommene Verpflichtungen. Die Bestimmung des Art. 269 Codice civile widerstreitet nicht dem österreichischen ordre public.
Entscheidung vom 27. April 1963, 1 Ob 39/63.
I. Instanz: Bezirksgericht Silz; II. Instanz: Landesgericht Innsbruck.
Text
Der am 1. März 1960 von der italienischen Staatsbürgerin Magdalena H. in Südtirol außer der Ehe geborene Kläger begehrte die Feststellung der Vaterschaft des Beklagten und dessen Verurteilung zur Leistung eines monatlichen Unterhaltsbeitrages von 350 S ab dem Tage der Klagseinbringung.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest:
Magdalena H. war ab November 1958 beim Beklagten beschäftigt. Zu Beginn des Jahres 1959 ließ sie sich mit dem Beklagten in intime Beziehungen ein. Der Beklagte wohnte damals im 2. Stock des Hauses; Magdalena H. hatte ihr Zimmer nebenan. Der Beklagte ging wiederholt in der Nacht in das Zimmer der Magdalena H., hielt sich aber dort nie die ganze Nacht auf, sondern kehrte immer wieder nach dem Geschlechtsverkehr in sein eigenes Zimmer zurück. Von den intimen Beziehungen zwischen den beiden hat im Hause niemand etwas gewußt. Der Beklagte wollte Magdalena H. heiraten und machte ihr wiederholt diesen Vorschlag. Die Kindesmutter mochte den Beklagten aber nicht und lehnte dieses Ansinnen stets ab. Auch beim gemeinsamen Essen fragte der Beklagte wiederholt vor mehreren Leuten Magdalena H., ob sie ihn nicht heirate. Auch bei solchen Gelegenheiten wies Magdalena H. den Beklagten zurück, wobei dies oft in ziemlich brüsker Art erfolgte und sie vor den Leuten äußerte, daß ihr vor dem Beklagten "grause". Als die Leute im Hause merkten, daß Magdalena H. schwanger war, hat man ihr geraten, doch den Beklagten zu ehelichen, zumal dieser erklärte, auch das erste außereheliche Kind der Beklagten in Kauf zu nehmen. Magdalena H. blieb aber dabei, daß sie den Beklagten nicht heiraten wolle, und erklärte dabei wiederholt, daß das zu erwartende Kind nicht vom Beklagten stamme und daß es diesen nichts angehe. Knapp vor der Entbindung kehrte sie in ihre Heimat zurück. Am 29. März 1960 kam sie mit dem Kind wieder und forderte jetzt vom Beklagten, daß er sie entweder heirate oder für das Kind zahle. Nunmehr lehnte der Beklagte eine Eheschließung ab, erklärte aber, er werde für das Kind zahlen, jedoch nur dann, wenn es von ihm sei.
Rechtlich meinte das Erstgericht, die Streitsache sei gemäß § 12 der
4. DVzEheG. nach dem Heimatrecht der Mutter, also nach italienischem Recht, zu beurteilen. Einer der Fälle, in denen nach Art. 269 Cciv. die natürliche Vaterschaft durch das Gericht festgestellt werden könne, liege nicht vor. Auch die Vorbehaltsklausel des § 18 der 4. DVzEheG. schließe die Anwendung des italienischen Gesetzes nicht aus. Die Abweisung des Vaterschaftsfeststellungsbegehrens müsse auch zu jener des Unterhaltsbegehrens führen.
Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil. Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen mit Ausnahme jener über den Inhalt der behaupteten Unterhaltsverpflichtungserklärung des Beklagten. In rechtlicher Beziehung folgte das Berufungsgericht der Auffassung des Erstgerichtes. Zu der Frage, ob dem Kläger nicht aus der behaupteten Erklärung des Beklagten, er werde für ihn so zahlen, daß er versorgt sei, ein gemäß § 36 ABGB. nach österreichischem Rechte zu beurteilender vertraglicher Anspruch auf Leistung des Unterhaltes entstanden sei, führte das Berufungsgericht aus, einen solchen Anspruch aus einem Vertrage zugunsten Dritter im Sinne des § 881 ABGB. habe der Kläger nicht geltend gemacht. Er fühle sich in dieser Beziehung durch das Urteil des Erstgerichtes nicht für beschwert, so daß auch das Berufungsgericht darauf nicht eingehen könne. Damit sei es aber auch für diese Entscheidung belanglos, ob der Beklagte die Unterhaltsleistung an den Kläger unbedingt oder nur für den Fall der Feststellung seiner Vaterschaft versprochen habe, so daß auf den Vorwurf der Berufung, das Erstgericht habe bei seiner Feststellung, daß der Beklagte die Unterhaltsleistung nur für den Fall versprochen habe, daß der Kläger tatsächlich sein Kind sei, die Aussage der Kindesmutter nicht berücksichtigt, wonach er dieses Versprechen einige Male auch unbedingt abgegeben habe, nicht einzugehen sei.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei, soweit sie sich gegen die Abweisung des Vaterschaftsfeststellungsbegehrens richtete, nicht Folge und bestätigte in diesem Punkte die untergerichtlichen Urteile als Teilurteil. Hingegen gab er der Revision insofern Folge, als sie die Abweisung des Unterhaltsbegehrens bekämpft, hob in diesem Umfang und im Kostenpunkt die Urteile der Vorinstanzen auf und verwies die Sache insoweit an das Erstgericht zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Zum Vaterschaftsfeststellungsbegehren:
Beide Untergerichte sind mit Recht davon ausgegangen, daß gemäß § 12 der 4. DVzEheG. die Feststellung der Vaterschaft des Beklagten zum Kläger wegen der italienischen Staatsangehörigkeit der Mutter nach italienischem Recht zu beurteilen ist. Nach dessen Art. 269 Cciv. darf die Vaterschaft zu einem außerehelichen Kind nur festgestellt werden, wenn
1. die Mutter und der angebliche Vater in der Empfängniszeit offenkundig wie Ehegatten zusammengelebt haben oder
2. die Vaterschaft sich mittelbar aus einem Urteil in einer Zivil- oder Strafsache oder aus einer unzweideutigen schriftlichen Erklärung desjenigen ergibt, der als Vater in Anspruch genommen wird, oder
3. ein Raub oder eine Vergewaltigung der Mutter in der Zeit festgestellt ist, zu welcher die Empfängnis erfolgte, oder
4. der tatsächliche Besitzstand eines natürlichen Kindes vorliegt.
Keiner dieser vier Fälle liegt vor. Was insbesondere den als Beilage zu den Akten gebrachten Brief des Beklagten an den Vater und die Schwester der Mutter des Klägers betrifft, so ist er so verworren, daß aus ihm allein nichts Entscheidendes gewonnen werden kann und daß die Untergerichte mit Recht darin keine unzweideutige schriftliche Erklärung im Sinn des Art. 269 Z. 2 Cciv. erblickt haben, aus der sich die Vaterschaft ergibt.
Auch die Rechtsmeinung des Klägers, daß die gemäß § 12 der 4. DVzEheG. für die Feststellung der außerehelichen Vaterschaft anzuwendende Vorschrift des Art. 269 Cciv. ohne weiteres dem österreichischen ordre public widerstreite, teilt der Oberste Gerichtshof nicht. Hiezu hat bereits das Erstgericht dem Sinne nach zutreffend ausgeführt, daß das italienische Recht eben für die Feststellung der außerehelichen Vaterschaft strengere und genauer formulierte Voraussetzungen aufstelle, von denen nicht gesagt werden könne, daß sie gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines österreichischen Gesetzes verstoßen. Es ist auch nicht so, daß diese Vorschrift mit der öffentlichen Ordnung in Österreich offensichtlich nicht vereinbar wäre (so Art. 2 Z. 5 des Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern vom 15. April 1958, BGBl. 1961 Nr. 294).
Der Revision gegen die Abweisung des Vaterschaftsfeststellungsbegehrens war daher nicht Folge zu geben. Der diesbezügliche Teil der untergerichtlichen Entscheidungen ist sohin als Teilurteil aufrechterhalten worden.
Zum Unterhaltsbegehren:
In dieser Beziehung wendet sich der Kläger mit Recht gegen die Meinung des Berufungsgerichtes, er habe einen Anspruch aus einer Unterhaltsanerkennung durch den Beklagten nicht geltend gemacht. Dazu verweist der Kläger zutreffend schon auf die Klage, in deren Punkt 4 vorgetragen wird, der Beklagte habe wiederholt geäußert, er werde für den Unterhalt des Kindes so sorgen, daß es gut versorgt sei. In der Berufung des Klägers wird darüber hinaus ausgeführt, daß eine vertragsmäßige Übernahme einer Unterhaltspflicht nicht der Schriftform bedürfe. Unter diesen Umständen muß sehr wohl entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes die Frage geprüft werden, ob eine vertragsmäßige Übernahme, d. h. eine Anerkennung der Unterhaltspflicht vorliege. Ob dabei die Mutter des Kindes als dessen Vertreter oder als Versprechensempfänger gemäß § 881 (2) ABGB. aufgetreten ist, macht im Ergebnis keinen rechtlichen Unterschied.
Richtig ist, daß gemäß § 12 der 4. DVzEheG. die Feststellung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind (§ 163 ABGB.) und die dem Vater dem Kind und seiner Mutter gegenüber obliegenden gesetzlichen Verpflichtungen nach den Gesetzen des Staates beurteilt werden, dem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört. Diese Kollisionsnorm bezieht sich aber - wie schon ihr Wortlaut ergibt - nur auf die gesetzlichen Verpflichtungen und nicht auf etwa vertragsmäßig gegenüber dem Kind übernommene Verpflichtungen. Für diese müssen die sonst geltenden Bestimmungen und Grundsätze des internationalen Privatrechtes herangezogen werden. Danach sind Schuldverhältnisse nach dem Recht des Abschlußortes zu beurteilen (§ 37 ABGB.), sofern sich nicht ein anderes Recht unter dem Gesichtspunkt des engsten Zusammenhanges ergibt (Klang - Stanzl, Komm. z. ABGB.[2] IV S. 741, mit weiteren Zitaten, und seither Werner Niederer, Der Stand des schweizerischen internationalen Privatrechts in: Die Rechtsordnung im technischen Zeitalter, Festschrift zum Zentinarium des schweizerischen Juristenvereins, Zürich 1961, S. 64 f.). Abschlußort ist hier für die behauptete Anerkennung ein Ort im Inland gewesen. Überdies ist die Kindesmutter mit dem Kind dorthin zum Beklagten, einem Österreicher, gekommen. Als Beziehung zum italienischen Recht bleiben daher nur die italienische Staatsbürgerschaft der Mutter und des Kindes. Diese Beziehung reicht aber nicht aus, um daraus ableiten zu können, daß der Schwerpunkt der behaupteten, in Österreich von einem Österreicher gegenüber dem anwesenden Kind bzw. seiner Mutter angeblich abgegebenen Anerkennungserklärung in Italien gelegen wäre. Dazu ist ferner darauf zu verweisen, daß auch bei anderen einseitig verbindlichen Verträgen wie bei Bürgschaften keineswegs an das Statut der Hauptschuld angeknüpft wird (dazu ausführlich Leo Raape, Internationales Privatrecht[5], 524 ff.). In diesem Sinne hat der Oberste Gerichtshof entschieden, daß von Österreichern in Österreich unterschriebene, nach dem Ausland abgeschickte Bürgschaftserklärungen nach österreichischem Recht zu beurteilen sind (E. 11. Juni 1929, NotZ. 1929 S. 140 = Rspr. 1929 Nr. 334). Auch aus § 36 ABGB. ergibt sich, daß die in Österreich von einem Österreicher übernommene Verbindlichkeit nach österreichischem Recht zu beurteilen ist. Hinzuweisen ist auch noch darauf, daß eine Erklärung des Beklagten, wie sie der Kläger behauptet, nach österreichischem Recht nicht als formbedürftiges Schenkungsversprechen aufzufassen wäre. Dies folgt daraus, daß in einer solchen Erklärung ein Vergleich über den Unterhalt des Klägers enthalten ist (Klang - Stanzl, Komm. z. ABGB. 2 IV S. 592 f.) und daß die der Schenkung wesentliche Unentgeltlichkeit dann nicht anzunehmen ist, wenn auch nur eine sittliche oder Anstandspflicht erfüllt werden soll (Klang - Stanzl, Komm. z. ABGB.[2] IV S. 588).
Die Auffassung des Klägers, daß Art. 25 (2) Cciv. anzuwenden wäre, trifft nicht zu. In dieser Beziehung ist dem Berufungsgericht zu folgen, wonach die Sonderbestimmung des Art. 20 Cciv. jener des Art. 25 (2) vorgeht.
Von der oben dargestellten Rechtslage ausgehend, bedarf es eingehender Feststellungen, ob, in welcher Weise und unter welchen Umständen der Beklagte den Unterhalt für den Kläger versprochen hat. Falls der Beklagte - wie bisher vom Erstgericht festgestellt - den Unterhalt nur zugesagt hat, wenn das Kind "von ihm ist", wird es grundsätzlich ausreichen, wenn die gesetzliche Vermutung des § 163 ABGB. erfüllt ist und nicht der strikte Beweis der Zeugung des Klägers durch den Beklagten verlangt werden kann. Allerdings müßte im Falle einer solchen Bedingung dem Beklagten nicht nur wie sonst der Beweis der Unmöglichkeit der Zeugung, sondern auch jener offengelassen werden, daß trotz der erwiesenen Beiwohnung während der Empfängniszeit gegrundete Zweifel an der Zeugung durch den Beklagten bestehen.
Die bisherigen Ausführungen ergeben, daß teils Verfahrensmängel, teils Feststellungsmängel vorliegen, so daß die untergerichtlichen Entscheidungen hinsichtlich des Unterhaltsbegehrens aufgehoben werden mußten. Die Entscheidung auch der ersten Instanz aufzuheben, empfahl sich, weil die Feststellungen über die angebliche Verpflichtungserklärung des Beklagten zu dürftig sind, als daß sie eine verläßliche rechtliche Beurteilung der Streitsache ermöglichten.
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