Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird an das Prozeßgericht erster Instanz zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Prozeßkosten.
Text
Begründung
Der Beklagte war bis August 1986 für den Kläger, einen venezolanischen Staatsbürger, in Venezuela als Vermögensberater tätig; er sollte mit einem Drittel am Gewinn beteiligt sein. Zur Sicherung dieses Anspruches aus der Vermögensberatung wurde zu seinen Gunsten über Auftrag des Klägers von der Schweizerischen Bankgesellschaft eine Bankgarantie (richtig: Clean Letter of Credit = Kreditbrief im Sinn des Art.407 SchwOR) ausgestellt. Der Kläger nahm in der Folge bei der Firma A*** S*** CA, die ihren Sitz in Venezuela hat und deren Präsident bis Ende 1985 der Beklagte war, einen Kredit in der Höhe von 1 Mill. Bolivar auf. Zwischen den Streitteilen und der Schweizerischen Bankgesellschaft wurde vereinbart, daß dieser Kredit gleichfalls durch den Clean Letter of Credit abgesichert sein sollte. Auch die Firma A*** S*** CA schien somit als Begünstigte auf. Der Kläger hat in der Folge den gesamten Kredit an die Firma A*** S*** CA zurückgezahlt. Der Clean Letter of Credit der Schweizerischen Bankgesellschaft wurde im August 1986 von der Deutsch-Südamerikanischen Bank AG Miami mit dem Betrag von US-$ 70.000 abgerufen. Die Deutsch-Südamerikanische Bank AG Miami brachte diesen Betrag auf einem Konto der Firma A*** - S*** CA gut.
Am 4.11.1986 kam es zwischen den Streitteilen in Graz in einem Kaffeehaus wegen der Inanspruchnahme des Clean Letter of Credit zu einer Unterredung. Anschließend begaben sich die Streitteile in die Kanzlei des Klagevertreters, in der vor dessen Anwärter Dr. Peter W*** schriftlich eine ausdrücklich so bezeichnete "Ratenzahlungsvereinbarung" mit folgendem wesentlichem Inhalt festgehalten wurde: "....Infolge Garantiebeanspruchung der Deutsch-Südamerikanischen Bank AG Miami erklärt Herr Dr. Ernst Gabriel W***, Herrn Mario M*** einen Betrag von US$ 70.000 zuzüglich Zinsen und Kosten im pauschalierten Betrag von US-$ 30.000, somit zusammen US$ 100.000, schuldig zu sein und verpflichtet sich, diesen Betrag in vier Teilraten zu bezahlen..... je bei fünftägigem Respiro und Terminsverlust im Falle Nichtzahlung auch nur einer Teilrate. Die Einzahlungen haben auf das Konto Nr.492 181 61 Y bei der Schweizerischen Bankgesellschaft, 8021 Zürich, Bahnhofstraße 45, lautend auf Mario M***, zu erfolgen." Dr. Peter W*** fragte den Beklagten ausdrücklich, ob er den Betrag schulde; dies wurde vom Beklagten bejaht. Die Vereinbarung wurde darauf von den Streitteilen unterzeichnet. Der Kläger begehrt vom Beklagten die Bezahlung des Betrages von US-$ 100.000 samt Anhang oder den Gegenwert von S 1,325.000 samt Anhang zu Handen des Klagevertreters. Der Beklagte habe die Vereinbarung vom 4.11.1986 nicht eingehalten, so daß Terminsverlust eingetreten sei. Der Betrag von US-$ 100.000 entspreche einem heutigen Kurswert von S 1,325.000.
Der Beklagte wendete ein, bei Abschluß der Ratenzahlungsvereinbarung seien die Streitteile übereinstimmend davon ausgegangen, daß der Clean Letter of Credit vom Beklagten in Anspruch genommen worden sei. Tatsächlich sei die Inanspruchnahme aber zugunsten der Firma A*** S*** CA erfolgt. Der Beklagte habe sich daher bei Abschluß des Geschäftes über einen Umstand in Irrtum befunden, der als unzweifelhaft angenommen worden sei. Es werde die Ungültigkeit der Ratenzahlungsvereinbarung infolge Irrtums geltend gemacht.
Das Erstgericht erkannte den Beklagten schuldig, dem Kläger den Betrag von US$ 100.000 oder den Gegenwert in Schilling (Geldkurs der Wiener Börse zum Zahlungstag) samt Anhang zu bezahlen. Es stellte fest: Der Kläger habe dem Beklagten vorgeworfen, er habe die Garantie ausgenützt. Bei dem Gespräch im Grazer Kaffeehaus vom 4.11.1986 habe der Beklagte darauf hingewiesen, daß es auch durchaus möglich wäre, daß die Firma A*** S*** CA die Garantie abberufen hätte. Die Streitteile hätten sich darauf unter Berücksichtigung der dem Kläger aufgelaufenen Zinsen und Auslagen sowie einer offenen Provisionsforderung des Beklagten gegen den Kläger aus der Vermögensberatung dahin geeinigt, daß der Beklagte den Betrag von US$ 100.000 zahlen solle. Mit diesem Betrag sollte ein Strich unter allem gezogen werden; sämtliche Geschäfte seien zwischenzeitig abgerechnet, weitere Provisionen seien nicht denkbar. Dann erst hätten sich die Streitteile in die Kanzlei des Klagevertreters begeben. Dort habe der Beklagte gemeint, er könne nicht sofort zahlen, er habe darauf die in der schriftlichen Ratenzahlungsvereinbarung aufgenommenen Beträge und Termine genannt. Damit sei der Kläger einverstanden gewesen. Bei der Vereinbarung der Streitteile habe es sich um eine Generalbereinigung gehandelt. Rechtlich führte das Erstgericht aus, die Irrtumsanfechtung versage, weil schon anläßlich der Vereinbarung vom 4.11.1986 zweifelhaft gewesen sei, ob der Clean Letter of Credit überhaupt vom Beklagten in Anspruch genommen worden sei. Der Beklagte habe überdies die Voraussetzungen des § 871 ABGB nicht einmal behauptet. Nach dem Text der Ratenzahlungsvereinbarung handle es sich um eine echte Fremdwährungsschuld. Eine Ersetzungsbefugnis sei jedoch nicht ausgeschlossen. Die Umrechnung habe in einem solchen Fall nach dem Kurswert der Zahlungszeit für den Zahlungsort zum Geldkurs zu erfolgen. Das Urteilsbegehren sei in diesem Sinn richtig zu stellen. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge. Es übernahm die auf Grund eines mängelfreien Verfahrens getroffenen Feststellungen des Erstgerichtes. Eine ausdrückliche Rechtswahl hätten die Streitteile nicht vorgenommen. Schlüssig werde eine Rechtswahl vorgenommen, wenn die Parteien eine bestimmte Rechtsordnung als maßgebend annehmen und das betreffende Recht gleichsam als Geschäftsgrundlage behandelten. Daß die Parteien zweifelsfrei an die Geltung einer bestimmten Rechtsordnung gedacht hätten, sich also deren Geltung bewußt gewesen seien, könne primär aus ihrem Verhalte geschlossen werden. Im besonderen Fall sei ein österreichischer Rechtsanwalt mit der schriftlichen Festlegung der mündlich zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Vereinbarung beauftragt worden, ohne daß ihm die Weisung erteilt worden wäre, von einer ausländischen Rechtsordnung auszugehen. Unter diesen Voraussetzungen müsse angenommen werden, daß die Parteien, die einen österreichischen Rechtsanwalt mit der schriftlichen Fixierung einer bereits mündlich geschlossenen Vereinbarung beauftragt hätten, das diesem Rechtsanwalt geläufigste Recht, also österreichisches Recht, ihrer Vereinbarung zugrundelegen wollten und sich der dadurch erkennbar gewordenen Rechtswahl bewußt gewesen seien. Daraus könne gefolgert werden, daß die Streitteile gemäß § 45 IPRG auch österreichisches Recht auf das dem Vergleich zugrundeliegende Vertragsverhältnis der Vermögensverwaltung und damit zusammenhängend der Bankgarantie hätten angewendet wissen wollen. Durch die Neufassung des Klagebegehrens habe das Erstgericht zwar gegen die Bestimmung des § 405 ZPO verstoßen; dies sei aber nicht ausdrücklich gerügt worden. Die Bestimmung des § 1413 ABGB mache das Klagebegehren, in dem deutlich zum Ausdruck gebracht werde, daß der Kläger Geld und nicht eine bestimmte Geldsorte haben wolle, grundsätzlich nicht unzulässig. Devisenrechtliche Bestimmungen stünden dem Klagebegehren nicht entgegen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Beklagten ist berechtigt.
Nach § 2 IPRG sind die für die Anknüpfung an eine bestimmte Rechtsordnung maßgebenden Tatsachen und rechtlichen Voraussetzungen grundsätzlich von Amts wegen festzustellen. Das Gericht trifft eine amtswegige Ermittlungspflicht, wenn ausreichende Anhaltspunkte für die Erforderlichkeit einer kollisionsrechtlichen Prüfung bestehen (EvBl 1985/63; SZ 52/117; SZ 47/138 uva; Schwimann in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 2 IPRG). Erst das Berufungsgericht griff diese Frage von Amts wegen auf und kam, ohne daß dies mit den Parteien erörtert worden wäre, zur Ansicht, die Streitteile hätten nicht nur auf ihre Vereinbarung vom 4.11.1986, sondern auch auf die zugrundeliegenden Rechtsverhältnisse österreichisches Recht angewendet wissen wollen. Nun ist es zwar richtig, daß nach § 35 Abs 1 IPRG Schuldverhältnisse nach dem Recht zu beurteilen sind, das die Parteien ausdrücklich oder schlüssig bestimmen; einer schlüssigen Bestimmung steht es gleich, wenn sich aus den Umständen ergibt, daß die Parteien eine bestimmte Rechtsordnung als maßgebend angenommen haben. Nur wenn eine solche Rechtswahl nicht getroffen wurde oder unbeachtlich wäre, sind die Vorschriften der §§ 36 bis 49 IPRG maßgebend. Eine nach § 35 Abs 1 IPRG für ein akzessorisches Rechtsgeschäft getroffene Rechtswahl schlösse daher die subsidiäre Regelung des § 45 IPRG aus (RV 784 BlgNR 14.GP; Duchek-Schwind, IPR 99; Schwimann, IPR 144; ders. in Rummel aaO Rz 3 zu § 45 IPRG). Allein daraus, daß die Streitteile in der Kanzlei eines österreichischen Rechtsanwaltes eine in einem Grazer Kaffeehaus zuvor getroffene und ausdrücklich nur als Ratenzahlungsvereinbarung bezeichnete Regelung, die den Rechtsgrund der Einigung nur recht undeutlich bezeichnete, schriftlich festhielten, kann jedoch noch nicht der Schluß gezogen werden, daß die Parteien eine bestimmte Rechtsordnung, die österreichische, als maßgebend angenommen und das österreichische Recht gleichsam zur Geschäftsgrundlage gemacht hätten. Voraussetzung für eine solche Annahme wäre es, daß die Parteien zweifelsfrei an die Geltung einer bestimmten Rechtsordnung gedacht haben, sich also deren Geltung bewußt waren. Dies lag angesichts der Tatsache, daß alle vorangegangenen Rechtshandlungen durchwegs im Ausland gesetzt worden waren und der weiter in Venezuela wohnende Kläger offenbar nur dem nun in Österreich wohnhaften Beklagten zur Bereinigung ihrer Rechtsbeziehungen nachgereist war, nicht nahe und war schon gar nicht selbstverständlich.
Die vom Berufungsgericht angeführte - und selbst unter den dortigen Voraussetzungen in ihrer Richtigkeit bezweifelten (Schwimann, JBl 1983, 162) - Entscheidung SZ 55/76 betraf einen anders gelagerten Sachverhalt. Nach diesem konnte es nur strittig sein, ob auf mündlich getroffene Vereinbarungen belgisches oder österreichisches Recht anzuwenden gewesen wäre. Die Parteien beauftragten mit der schriftlichen Abfassung des Vertrages dann einen österreichischen Rechtsanwalt, so daß unter diesen Voraussetzungen selbst ohne Weisung, von welcher Rechtsordnung der Vertragsverfasser ausgehen sollte, zu unterstellen war, die Parteien wollten ihrer Vereinbarung das dem Rechtsanwalt geläufige österreichische Recht zugrundelegen. Eine solche Rechtswahl kann aber nicht ohne nähere Erörterung des Parteiwillens in einem Fall angenommen werden, in dem alle maßgebenden Vereinbarungen einem ausländischen (wahrscheinlich venezolanischen) Statut unterliegen und eher zufällig in Österreich eine vergleichsweise Regelung über die zwischen den Streitteilen bestandenen Rechtsverhältnisse, die weder in Österreich begründet noch hier, sondern in Venezuela, in der Schweiz und in den USA abgewickelt worden waren, getroffen wurde. Allein aus der Tatsache, daß man sich in einem Grazer Kaffeehaus über die beiderseits behaupteten Ansprüche einigte und sich anschließend zu einem österreichischen Rechtsanwalt begab, um die bereits getroffene Vereinbarung als bloße Ratenzahlungsvereinbarung in Dollarwährung mit einem Zahlungsort in der Schweiz schriftlich festzuhalten, kann im Zweifel nicht geschlossen werden, daß die Streitteile auf die Bereinigung ihrer ausschließlich fremdem Recht unterliegenden Rechtsverhältnisse österreichisches Recht angewendet wissen wollten.
Da nach dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt die Anwendung österreichischen Rechtes wohl ausscheidet, die Vorinstanzen aber die Frage des anzuwendenden Rechtes mit den Parteien nicht erörtert haben, erweist sich das bisherige Verfahren als mangelhaft.
Die Urteile der Vorinstanzen sind aufzuheben und die Rechtssache an das Prozeßgericht erster Instanz zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Zutreffend macht der Revisionswerber im übrigen geltend, er habe bereits in der Berufung, wenn auch unter Anführung des Berufungsgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, ausdrücklich gerügt, die vom Erstgericht vorgenommene Änderung des begehrten Urteilsspruches sei unzulässig gewesen. Die Beurteilung des Berufungsgerichtes, die Änderung der Wahlmöglichkeit durch das Erstgericht sei nicht ausdrücklich gerügt worden, beruht demnach auf aktenwidriger Grundlage. Es ist allerdings der Urteilsantrag des Klägers undeutlich. Er begehrt den Zuspruch des Betrages von US-Dollar 100.000 oder den Gegenwert von öS 1,325.000. Sollte der Kläger den Antrag in der Richtung klarstellen, daß sich der Beklagte auch durch die Zahlung des Gegenwertes in österreichischen Schilling (zu einem bestimmten oder bestimmbaren Umrechnungszeitpunkt) befreien kann, würde er dem Beklagten eine Ersetzungsbefugnis einräumen. Die Ersetzungsbefugnis ist, wird dem Klagebegehren stattgegeben, so in den Spruch aufzunehmen, wie sie der Kläger einräumte. Das Gericht ist, will es nicht gegen die Vorschrift des § 405 ZPO verstoßen, nicht befugt, von sich aus eine andere Ersetzungsbefugnis in den Urteilsspruch aufzunehmen, als sie der Kläger beantragte (6 Ob 880/82). Durch die vom Erstgericht eingeschlagene Vorgangsweise kann der Beklagte beschwert sein, da bei den schwankenden Dollarkursen der Schillinggegenwert zum Zeitpunkt der Klagseinbringung geringer gewesen sein könnte als am Zahlungstag.
Nach dem zu erhebenden maßgeblichen Statut, aber auch nach österreichischem Devisenrecht wird außerdem noch die Frage zu prüfen sein, ob die einseitige Abänderung des vereinbarten Zahlungsortes einer Fremdwährungsschuld materiell für zulässig erachtet wird. Da inländisches Devisenrecht im Rahmen seines eigenen Anwendungswillens (§§ 2 ff DevG; vgl. Schwarzer-Csoklich-List, Das österreichische Währungs- und Devisenrecht4 465 ff Anm.4) von inländischen Gerichten stets anzuwenden ist (ÖBA 1988, 397; EvBl 1983/83; SZ 48/31 ua, Schwimann in Rummel, ABGB, Rz 10 vor § 35 IPRG), wird der Kläger Zahlung in Österreich wohl nur dann begehren können, wenn österreichische Devisen- oder Transfervorschriften der Zahlung ins Ausland entgegenstünden (SZ 26/117; Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 20 zu § 905; Binder in Schwimann, ABGB, Rz 3 zu § 905). Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 52 ZPO.
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