Spruch:
Den Revisionen wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 14.340,32 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.303,67 Umsatzsteuer), die erstbeklagte Partei weiters den Betrag von S 567,60 (darin enthalten S 51,60 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Franz und Pauline K*** sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 2757 KG Lengenfeld, zu deren Gutsbestand das Grundstück 20 Baufläche Schloßkeller gehört. Geschäftsführer der zweitbeklagten Partei war Franz K***. Franz K*** betrieb im Schloßkeller eine Abfüllhalle, in der sich u.a. eine Flaschenwaschmaschine und eine Gelägerpresse befanden. Der Kläger ist Fischereiberechtigter der Fischereireviere Kamp I/11 und Donau I/19. Die Reviere liegen an der Mündung des Kamp in die Donau. Am 3. Juni 1983 wurden aus der im Schloßkeller befindlichen Flaschenwaschmaschine 4 m3 Natronlauge ausgelassen und ohne wasserrechtliche Genehmigung in den Sirnitzbach, der in der weiteren Folge in den Loisbach und dieser wiederum in den Kamp mündet, geleitet. Durch die Einleitung dieser Lauge wurde der Fischbestand in den Revieren des Klägers dadurch geschädigt, daß die Fische sonstigen Belastungen gegenüber wesentlich empfindlicher wurden; ein Fischsterben wurde dadurch aber nicht hervorgerufen. Am 4. Juni 1983 trat in den Fischereirevieren des Klägers ein Fischsterben auf. Aus dem Revier Kamp I/11 wurden 4515 kg Weißfische, 285 kg Karpfen und 306 kg Hechte, aus dem Revier Donau I/19 3168 kg Weißfische, 156 kg Karpfen und 249 kg Hechte tot geborgen.
Der Kläger begehrt gegenüber dem erstbeklagten Masseverwalter die Feststellung, daß die vom Kläger im Konkurs des Franz K*** zu S 17/85 des Kreisgerichtes Krems an der Donau mit einem Betrag von S 408.851,45 angemeldete Forderung zu Recht besteht. Die zweitbeklagte Gesellschaft sei schuldig, dem Kläger den Betrag von S 383.856,11 samt Anhang zu bezahlen. Franz K*** und die zweitbeklagte Partei seien Verursacher des Fischsterbens; neben der Waschlauge habe Franz K*** ohne wasserrechtliche Bewilligung auch Geläger und andere organische Substanzen in den Sirnitzbach eingeleitet. Franz K*** habe als Organ der zweitbeklagten Partei gehandelt.
Die beklagten Parteien wendeten ein, sie seien nicht Verursacher des Fischsterbens. Franz K*** habe auch nicht für die zweitbeklagte Partei gehandelt; das Einleiten von Waschlauge sei für das Fischsterben nicht kausal. Geläger seien in den Sirnitzbach nicht eingeleitet worden. Auch weitere Weinbaubetriebe und sämtliche Haushalte der Gemeinde Lengenfeld leiteten Abwässer in den Sirnitzbach. Weder Franz K*** noch die zweitbeklagte Partei hätten Wein produziert.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte fest, die Abwässersituation sei in Lengenfeld schlecht. Viele ungeklärte Abwässer flössen in den Sirnitzbach; dadurch werde auch die Güte des Wassers des Loisbaches beeinträchtigt. Franz K*** habe am 3. Juni 1983 100 bis 200 l Geläger, das sind die nach Abziehen des Weines im Faß oder in der Zisterne verbliebenen Gärrückstände, in den Sirnitzbach geleitet. Die zweitbeklagte Partei habe Wein aus Trauben produziert, die sie u.a. von Franz K*** gekauft habe. Dafür habe sie die Gelägerpresse und die Flaschenwaschmaschine, die vom Geschäftsführer der zweitbeklagten Partei Franz K*** bedient worden sei, verwendet. Das Einleiten dieser Gelägermenge in den Sirnitzbach habe auch noch im Kamp dazu geführt, daß der Sauerstoffgehalt unter die für den Fischbestand minimal erforderlichen Werte abgesunken sei. Schon die Einleitung von 100 l Geläger reiche aus, um den Fischbestand im Kamp zu vernichten. Aus den Ausführungen des Erstgerichtes zur Beweiswürdigung ergibt sich, daß es auf Grund des eingeholten Sachverständigengutachtens die vom Kläger begehrten Schadenersatzbeträge für gedeckt hielt, eine Annahme, die von den beklagten Parteien im Rechtsmittelverfahren nicht bestritten wurde.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß Franz K*** als Hälfteeigentümer der Liegenschaft, von der aus die Abwässer in den Sirnitzbach eingeleitet worden seien, gemäß § 364 Abs 2 ABGB hafte. Der klagenden Partei stehe daher gegen Franz K*** ein verschuldensunabhängiger Ausgleichsanspruch zu. Auch ein Fischereiberechtigter werde als dinglich Berechtigter geschützt. Die zweitbeklagte Partei hafte für das deliktische Verhalten ihres Organes; ihr Geschäftsführer Franz K*** habe rechtswidrig und vorsätzlich Abwässer (Spüllauge, Geläger) in den Sirnitzbach geleitet.
Das Berufungsgericht gab den Berufungen der beklagten Parteien nicht Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes. Nach diesen reiche die von Franz K*** Anfang Juni 1983 vorgenommene Einleitung von 100 bis 200 l Geläger in den Sirnitzbach aus, um den Fischbestand im Kamp zu vernichten, weil der Sauerstoffgehalt unter die für Fische minimal erforderlichen Werte abgesunken sei. Nach ständiger Rechtsprechung spreche bei der Verletzung eines Schutzgesetzes der Beweis des ersten Anscheines dafür, daß der von der Norm zu verhindernde Schaden durch das verbotene Verhalten verursacht worden sei. Die Vorschriften der §§ 30 ff WRG seien Schutzgesetze im Sinne des § 1311 ABGB. Bei Verletzung von Schutzgesetzen treffe den Schädiger gemäß § 1298 ABGB die Beweislast dafür, daß ihn an der Übertretung des Schutzgesetzes kein Verschulden treffe. Ein solcher Beweis sei den beklagten Parteien nicht gelungen. Die Haftung wäre selbst dann gegeben, wenn der Schaden erst durch die Summierung der von Franz K*** eingeleiteten mit den Schadstoffen anderer Verschmutzer eingetreten wäre. Das Unaufklärbarkeitsrisiko habe bei alternativer Kausalität nicht der Geschädigte zu tragen. Die zweitbeklagte Partei hafte als juristische Person für jedes Verschulden ihres Organes, das bei Ausführung einer ihm zustehenden Verrichtung einem Dritten einen Schaden zugefügt habe.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionen der beklagten Parteien sind nicht berechtigt. Die gerügten Mangelhaftigkeiten des Berufungsverfahrens liegen, wie der Oberste Gerichtshof prüfte (§ 510 Abs 3 ZPO), nicht vor. Das Fischereirecht ist dort, wo es vom Eigentum gesondert in Erscheinung tritt, ein selbständiges dingliches Recht (SZ 59/200; SZ 56/11; SZ 51/160 ua; Klang2 II 251; Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 383; Pimmer in Schwimann, ABGB, Rz 4 zu § 383). Fischereiberechtigten kommt daher der Schutz der §§ 364 f ABGB zugute (SZ 55/172; SZ 50/84; JBl. 1966, 319; Spielbüchler aaO; Pimmer aaO Rz 5 zu § 364).
Gemäß § 31 Abs 1 WRG hat jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, mit der im Sinne des § 1297 ABGB, zutreffendenfalls mit der im Sinne des § 1299 ABGB gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben oder sich so zu verhalten, daß eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 WRG zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist. Nach § 30 Abs 1 WRG sind u. a. alle Gewässer so reinzuhalten, daß die Gesundheit von Tieren nicht gefährdet wird und Fischwasser erhalten bleiben. Die Bestimmungen der §§ 30 ff WRG sind Schutzgesetze im Sinne des § 1311 ABGB (SZ 59/92; SZ 57/134; SZ 57/16). Dieses Schutzgesetz hat Franz K*** als Organ der zweitbeklagten Partei handelnd durch Einleitung von Waschlauge und Geläger übertreten. Den Übertreter des Schutzgesetzes trifft die Beweislast, daß ihn daran kein Verschulden trifft (SZ 59/92; SZ 57/134; SZ 57/16 uva; Welser in ZVR 1976, 9 f; Harrer in Schwimann ABGB, Rz 30 zu § 1311 und Rz 20 zu § 1298). Sicher ist es richtig, daß es die Ausführungen des Erstgerichtes im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung, das Einleiten von Geläger durch Franz K*** als Geschäftsführer der zweitbeklagten Partei sei vorsätzlich begangen worden, an jeder Tatsachengrundlage mangelt. Das ändert aber nichts daran, daß die beklagten Parteien den Beweis der Schuldlosigkeit des Franz K*** nicht einmal angetreten haben. Das Vorbringen der zweitbeklagten Partei in der Revision, die Einleitung des Gelägers sei auf einen zur Nachtzeit entstandenen Maschinenschaden zurückzuführen, stellt sich als unbeachtliche Neuerung dar. Das Erstgericht stellte fest, daß die Einleitung einer Gelägermenge von 100 bis 200 l in den Sirnitzbach auch noch im Kamp dazu führte, daß der Sauerstoffgehalt unter die für Fische minimal erforderlichen Werte abgesunken sei. Diese Feststellung im Zusammenhang mit den übrigen Ausführungen des Urteiles kann nur dahin verstanden werden, daß dadurch das Fischsterben hervorgerufen wurde.
Den Revisionen ist der Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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