Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten DDr. Heinrich W*** wird zur Gänze, jener des Angeklagten DDr. Peter S*** teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 288 Abs. 1 StGB. (II/2) unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen wegen des Verbrechens der Untreue (I und II/1) und damit auch in den Strafaussprüchen, ferner in dem 1,001.601,14 S umfassenden Privatbeteiligtenzuspruch (§ 369 StPO.) sowie in dem den Angeklagten DDr. W*** betreffenden Ausspruch über die Verpflichtung zum Kostenersatz (§ 389 StPO.) aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten DDr. Peter S*** zurückgewiesen.
Mit ihren Berufungen werden die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte DDr. Peter S*** auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 14.Februar 1922 geborene Universitätsprofessor DDr. Heinrich W*** des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs. 1 und 2, zweiter Fall, StGB. (I) und der am 27.Juni 1926 geborene Rechtsanwalt DDr. Peter S*** des Verbrechens der Untreue als Beteiligter nach §§ 12 (dritter Fall), 153 Abs. 1 und 2, zweiter Fall, StGB. (II/1) sowie des Vergehens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 1 StGB. (II/2) schuldig erkannt. Darnach liegt DDr. Heinrich W*** zur Last, die ihm durch Gesetz, nämlich durch die Bestimmungen des Universitäts-Organisationsgesetzes 1975 (Bundesgesetz vom 11. April 1975, BGBl. Nr. 258: UOG.) eingeräumte Befugnis, als Vorstand des Instituts für Krebsforschung der Universität Wien über dessen Vermögen zu verfügen und das genannte Institut zu verpflichten, dadurch wissentlich mißbraucht zu haben, daß er im März 1979 entgegen einem früheren Übereinkommen mit dem für das Institut für Krebsforschung der Universität Wien und den Verein zur Förderung dieses Instituts in Verlassenschaftssachen eingeschrittenen Rechtsanwalt DDr. Peter S*** die Honorierung seiner Tätigkeit nach den autonomen Honorarrichtlinien vereinbarte sowie von Ende 1979 bis Juni 1980 und im Februar 1982 die Bezahlung der auf Grund dieser Vereinbarung gelegten Honorarnoten über schon erloschene Honorarforderungen in ca. 18 Causen veranlaßte und hiedurch dem Institut für Krebsforschung der Universität Wien einen Vermögensnachteil von "ca. 1,001,601,14 S" (so konstatiert) zufügte (I). DDr. Peter S*** hat zur Ausführung der unter I beschriebenen strafbaren Handlung des DDr. Heinrich W*** dadurch wissentlich beigetragen, daß er entgegen einem früheren Übereinkommen im Frühjahr 1979 die erwähnte Vereinbarung abschloß, entsprechende Kostennoten legte und die Beträge auch vereinnahmte (II/1). Darüber hinaus hat DDr. Peter S*** am 25. September 1981 vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien im Strafverfahren AZ. 5 a E Vr 2581/81 als Zeuge bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache dadurch falsch ausgesagt, daß er die Frage, ob die Kanzlei S*** für die Vertretung des Instituts für Krebsforschung der Universität Wien bzw. für die Vertretung des Vereins zur Förderung des Instituts in Verlassenschaftssachen Honorare verrechnet habe, beantwortete: "Meines Wissens in zwei Fällen, es dürften die Fälle M*** und H*** gewesen sein" (II/2).
Dieses Urteil fechten beide Angeklagten mit getrennt ausgeführten Beschwerden an, wobei von DDr. W*** die Nichtigkeitsgründe nach Z. 4, 5 und 9 lit. a, von DDr. S*** jene nach Z. 3, 4, 5, 5 a, 9 lit. a und b sowie 10 des § 281 Abs. 1 StPO. geltend gemacht werden.
Rechtliche Beurteilung
Zu den Schuldsprüchen wegen Untreue (I und II/1):
Nach den - zusammengefaßt dargestellten - Urteilsfeststellungen hatte DDr. W***, der im Jahr 1968 zum Vorstand des Instituts für Krebsforschung der Universität Wien (im weiteren kurz: Institut) bestellt worden war, den Plan, dieses Institut zu einer international renommierten Forschungsstätte zu machen. Um über die engen Grenzen der Universitätsbürokratie hinaus dem Institut Geldmittel zuführen und über sie verfügen zu können, wurde ihm geraten, einen Förderverein zu gründen. Als juristischer Berater wurde ihm der Anwalt DDr. Peter S*** empfohlen, der sich auch bereit erklärte, im Verein als Vorstandsmitglied mitzuwirken. Er ließ in seiner Kanzlei die Statuten ausarbeiten, worauf am 24. März 1971 der Verein zur Förderung des Institutes für Krebsforschung der Universität Wien (im weiteren kurz: Verein) mit dem ausschließlichen Zweck konstituiert wurde, "Vermögenswerte zu schaffen, zu sammeln und dem Institut für Krebsforschung der Universität Wien zur Verfügung zu stellen". Vorsitzender und nach außen vertretungsbefugtes Organ des Vereins wurde DDr. W***, sein Stellvertreter der Arzt Dr. Helmuth D*** und Schriftführer Rechtsanwalt DDr. Peter S***. Der Verein, der nachfolgend nicht statutengemäß agierte, konnte im Lauf der Jahre Millionenbeträge vornehmlich aus Verlassenschaften sammeln, über die DDr. W*** als Institutsvorstand und Vereinsvorsitzender im Sinn seiner Intentionen frei verfügte. In den einzelnen Verlassenschaftsabhandlungen trat, egal ob der Verein, das Institut oder die Universität Wien als Erbe oder Vermächtnisnehmer eingesetzt war, Rechtsanwalt DDr. Peter S*** mit einer nur von DDr. W*** unterzeichneten Vollmacht auf, wodurch es jahrelang gelang, unabhängig davon, wer in den einzelnen Testamenten begünstigt war (Verein, Institut oder andere Universitätseinrichtung), alle Mittel dem Vereinskonto zuzuführen. Das Gericht konstatierte zwar an einer Stelle der Urteilsgründe (S. 39/VI), daß zwischen DDr. W*** als Vereinsvorsitzendem und DDr. S*** vereinbart worden war, daß dieser seine anwaltliche Tätigkeit für den Verein unentgeltlich und ehrenamtlich verrichte, geht an anderen Stellen aber davon aus, daß das Übereinkommen zur unentgeltlichen Vertretung auch mit dem Institut geschlossen worden ist (S. 33 und 41/VI), spricht aber letztlich nur von einer einseitig abgegebenen Verzichtserklärung (S. 72, 73/VI). Wegen der angeblich zu großzügigen und widmungswidrigen Verwendung der Mittel des Vereins kam es zu Beginn des Jahres 1979 zu einer Pressekampagne, in deren Folge im Rahmen einer öffentlichen Rechtfertigung die Angeklagten ankündigten, der Verein werde ohnehin liquidiert, weil durch das UOG. dem Institut Rechtspersönlichkeit zugestanden wurde und der Institutsvorstand damit nunmehr ohnehin berechtigt sei, vermögensrechtliche Entscheidungen für das von ihm vertretene Institut zu treffen.
Den wissentlichen Mißbrauch der Befugnis, über das Vermögen des Instituts zu verfügen, erblickte das Schöffengericht in der Entscheidung des Institutsvorstands DDr. W***, entgegen der "ursprünglichen" ("ab ovo" getroffenen) Vereinbarung kostenloser Rechtsvertretung (S. 62, 64/VI) DDr. S*** nunmehr doch im nachhinein für bereits erbrachte Leistungen Honorare zuzugestehen und auszuzahlen. Da in der Folge tatsächlich die im Spruch angeführten und in den Urteilsgründen aufgelisteten Honorare an die Kanzlei des DDr. S*** ausbezahlt wurden, wurde das Institut um diesen Betrag geschädigt (I). DDr. S***, der in Kenntnis der Sach- und Rechtslage Kostennoten legte und das Geld auch in Empfang nahm, hat nach der Auffassung des Schöffensenats zur Untreue des Institutsvorstands wissentlich beigetragen (II 1).
Den weiteren Feststellungen zufolge war nur in einem Fall der Verein letztwillig begünstigt, in allen anderen Verlassenschaften war die Universität Wien, die Medizinische Fakultät der Universität Wien und in den Verlassenschaften H***, M***, B***, E***, K***, W*** sowie H***, in denen die im Urteil festgestellten Honorare ausbezahlt wurden (S. 42, 43/VI), das Institut legitimiert. Die Finanzprokuratur hat als Vertreterin des Instituts auch in einigen Verlassenschaftsverfahren die ihr vorerst nicht zugestellten Beschlüsse betreffend letztwillige Zuwendungen zur Förderung der Krebsforschung mit Erfolg angefochten (ON. 81, S. 38/V). Der Angeklagte DDr. W*** verantwortete sich im wesentlichen damit, daß es ihm - entgegen den Urteilsannahmen - nur darauf angekommen sei, ein Institut mit Weltgeltung zu schaffen; die Gebarung des Vereins und jene des Instituts seien für ihn immer eine Einheit gewesen, alle mit den Verlassenschaftsabhandlungen verbundenen juristischen Angelegenheiten habe DDr. S*** erledigt; über dessen Honorierung sei nie gesprochen worden, jedenfalls sei nie Unentgeltlichkeit seiner anwaltlichen Tätigkeit vereinbart worden. Im Zug der Liquidation des Vereins seien jedenfalls Honorarnoten gelegt worden, die er über Anraten des mit der Liquidation beauftragten Steuerberaters H*** "schweren Herzens" akzeptiert und bezahlt habe, zumal die Leistungen tatsächlich erbracht wurden.
Der Angeklagte DDr. S*** verantwortete sich - allerdings im Verlauf des Verfahrens nicht gleichlautend - in der Hauptverhandlung im wesentlichen damit, daß er bei seiner anwaltlichen Tätigkeit für den Verein und das Institut, die auch für ihn eine wirtschaftliche Einheit darstellten, davon ausgegangen sei, daß DDr. W*** persönlich, dem von ihm repräsentierten Institut und dem Verein keine Kosten erwachsen sollten, die nicht durch die Verlassenschaften hereinzubringen waren. Er habe deshalb auch die Angestellten seiner Kanzlei angewiesen, Kosten moderat zu verrechnen, niemals sei aber eine unentgeltliche Tätigkeit vereinbart gewesen, zumal nach den kanzleiinternen Gepflogenheiten eine derartige Vereinbarung nur sein Vater Dr. Michael S*** hätte treffen können. Tatsächlich seien im Lauf der Jahre auch 70.000 S verrechnet worden. Die nicht immer von ihm formulierte und von ihm auch nicht genau durchgelesene Korrespondenz und die kanzleiinternen Unterlagen seien jedenfalls in diesem Sinn zu verstehen. Diese Verantwortungen verwarf das Schöffengericht mit umfangreicher Begründung, die bezüglich des Angeklagten DDr. W*** darin gipfelt, daß er keineswegs als weltfremder Gelehrter, sondern als tüchtiger Manager zu sehen sei, der auch durch das Einschreiten der Finanzprokuratur und durch Erlässe des Wissenschaftsministeriums über die einschlägigen Rechtsfragen informiert gewesen sei, sich aber nach der öffentlichen Kritik an seiner Tätigkeit wissentlich darüber hinweggesetzt habe, um seinem Freund Honorare zuzugestehen, auf die dieser bereits verzichtet hatte. Dies ergebe sich vor allem aus den Einlassungen des Angeklagten DDr. S*** im Vorverfahren, wo dieser ausdrücklich erklärt hatte, es sei Unentgeltlichkeit der Tätigkeit vereinbart gewesen. Erst nach Einlangen von diversen Rechtsgutachten habe DDr. S*** seine Verantwortung geändert, weshalb ihr jede Glaubwürdigkeit abzusprechen sei.
Vor einem Eingehen auf die Beschwerdeargumente ist vorweg in rechtlicher Hinsicht festzuhalten, daß der Tatbestand der Untreue auf wissentlichen Befugnismißbrauch abstellt, weshalb zunächst der Frage, worin die (vermögensbezogenen) Befugnisse des Angeklagten DDr. W*** als Institutsvorstand lagen, zentrale Bedeutung zukommt. Da bis zum Inkrafttreten des UOG. (im wesentlichen) mit Beginn des Studienjahrs 1975/76 nur "Hochschulen und Fakultäten" (§ 1 Abs. 1 HSchOrgG.), nicht aber Institute Rechtspersönlichkeit hatten (vgl. auch § 26 Abs. 2 lit. w HSchOrgG.), kam bis dahin eine Befugnis des Vorstands eines Instituts zum Abschluß für dieses rechtswirksamer (entgeltlicher wie auch unentgeltlicher) Rechtsgeschäfte schon mangels eines rechtlich tauglichen Machtgebers nicht in Betracht. Ein vor diesem Zeitpunkt (1.Oktober 1975) mit dem Institutsvorstand abgeschlossenes Rechtsgeschäft, welcher vermögensrechtlichen Art auch immer, mußte solcherart zwangsläufig ohne Rechtswirkung für die Universität, die Fakultät oder das Institut bleiben, weil eine bloß vorgetäuschte (oder einseitig arrogierte) Verfügungsmacht (falsus procurator) zur Tatbestandsverwirklichung nach § 153 StGB. ebensowenig ausreicht, wie der Mißbrauch einer bloß faktischen Verfügungsmacht (Leukauf-Steininger2 RN. 7 und 9 zu § 153 StGB.). Die Frage, ob das Institut durch Initiativen (Vereinbarungen, Absprachen) seines Vorstands vor dem 1.Oktober 1975 zivilrechtlich bedeutsame Rechte (wie etwa jenes auf kostenlose Rechtsvertretung schon aus einer "ursprünglichen" ... "ab ovo" getroffenen Vereinbarung: S. 62, 64/VI) erlangt hat, stellt sich daher in Wahrheit nicht.
Seit dem Inkrafttreten des UOG. kommt indes auch den Instituten einer Universität eine im § 2 Abs. 2 UOG. inhaltlich in den Verfügungs- und Verpflichtungsmöglichkeiten umschriebene, eingeschränkte (verbo: insofern) Rechtspersönlichkeit zu. Darnach sind Institute zufolge lit. a dieser Bestimmung berechtigt, durch unentgeltliche Rechtsgeschäfte Vermögen und Rechte zu erwerben und hievon im eigenen Namen zur Erfüllung ihrer Zwecke Gebrauch zu machen (§ 2 Abs. 2 lit. b UOG. ist fallbezogen nicht aktuell). § 2 Abs. 3, letzter Satz UOG. legt dazu fest, daß für Verbindlichkeiten, die im Rahmen der Vermögensfähigkeit gemäß Abs. 2 entstehen, den Bund keine Haftung trifft. Dies ist eine selbstverständliche Konsequenz aus der Teilrechtsfähigkeit des Instituts (Rummel: Zur Privatrechtsfähigkeit von Universitäten, S. 27, 28), die also zusätzlich dessen eingeschränkte Rechtspersönlichkeit unterstreicht. Im Bereich der Verbindlichkeiten findet diese Limitierung ihren Ausdruck in einer zweifachen Schranke: Diese müssen 1. der Erfüllung eines Institutszwecks dienen und 2. im Institutsvermögen Deckung finden (Rummel, a.a.O. S. 24, 26, 29 ff., 32, 34, 36). Daraus folgt zunächst, daß eine widmungswidrige Verwendung von Mitteln, die entweder dem Institut gar nicht zustehen oder über die der Institutsvorstand nach den vorgenannten Vorschriften des UOG. gar nicht zu verfügen berechtigt ist, dem Institutsvorstand niemals als Untreue, allenfalls aber - freilich entsprechende Tatsachenfeststellungen vorausgesetzt - als ein anderes Vermögensdelikt zugerechnet werden könnte.
Der Zweck des Vereins zur Förderung des Instituts,
Vermögenswerte zu schaffen, zu sammeln und dem Institut zur Verfügung zu stellen, entspricht der im § 2 Abs. 2 lit. a UOG. festgelegten Berechtigung, durch unentgeltliche Rechtsgeschäfte Vermögen und Rechte zu erwerben. Dazu kommt die Identität von (Vereins-) Vorsitzendem und (Instituts-) Vorstand. Da bei strafbaren Handlungen gegen fremdes Vermögen die wirtschaftliche Betrachtungsweise den Vorrang hat (13 Os 42/85, besonders klar LSK. 1983/157), ist aus strafrechtlicher Sicht dem Verein gegenüber dem Institut eine eigenständige Bedeutung abzusprechen; war er doch nur vorgeschoben, um Gebarungskontrollen zu umgehen und auszuschalten. Auch dort, wo der Angeklagte DDr. W*** formell als Vereinsvorsitzender tätig geworden ist, ist er demnach (auch) als Institutsvorstand aktiv geworden, was insofern rechtlich bedeutsam ist, als ihm der Mißbrauch von Befugnissen als Institutsvorstand vorgeworfen wird.
Die Vertretungsmacht nach außen ist in § 2 Abs. 3 UOG. (in Verbindung mit § 51 Abs. 2 lit. g UOG.) geregelt. Schon wegen des unmittelbaren Zusammenhangs mit § 2 Abs. 2 UOG. kann nicht bezweifelt werden, daß die Regelung schlechthin auch für die eingeschränkte Privatrechtsfähigkeit (siehe oben) der genannten Gliederungen (darunter des Universitätsinstituts) gilt. Selbstverständliche Grenze der Vertretungsmacht ist die Rechtsfähigkeit der vertretenen Person. Was der Vertretene nicht kann, kann der Vertreter auch nicht an seiner Stelle (in seinem Namen).
Gemäß § 2 Abs. 3 UOG in Verbindung mit § 51 Abs. 2 lit. g leg. cit. wird das Institut durch den Institutsvorstand vertreten, was aber grundsätzlich nicht dessen Vertretung vor Gericht einschließt. Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 ProkuraturG. (StGBl. 1945/172) hat nämlich die Finanzprokuratur die Republik Österreich auch hinsichtlich ihrer sonstigen Einrichtungen, darunter auch der Universitätsinstitute, vor Gericht zu vertreten, denn gemäß § 2 Abs. 1 UOG. sind die Universitäten - und damit auch ihre Untergliederungen (Fakultäten und Institute) - Einrichtungen des Bundes. Diese Vertretungsbefugnis der Finanzprokuratur ist - mit nachstehend angeführter Ausnahme - eine ausschließliche (Fasching II 6; vgl. SZ. 25/262, NZ. 1981, 39). Dort aber, wo widerstreitende Interessen (von Universität, Fakultät und Institut) die Bestellung eines von der Finanzprokuratur verschiedenen Vertreters erfordern (§ 6 ProkuraturG., Ermacora: UOG. S. 5, Fußnote 6, dort zitiert 5 Ob 733/80, wonach der Oberste Gerichtshof DDr. Peter S*** auftrug, eine nach dem Inkrafttreten des UOG. ausgestellte Vollmacht des Instituts für Krebsforschung der Universität Wien vorzulegen), ist die Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts durch den Institutsvorstand, für das Institut vor Gericht aufzutreten, rechtlich gedeckt, wenn dieses Einschreiten im Zusammenhang mit einer der dem Institut zustehenden Agenden steht, unter die auch der unentgeltliche Erwerb von Vermögen und Rechten fällt (§ 2 Abs. 2 lit. a UOG.). Nur in solchen Fällen einander widerstreitender Interessen (§ 6 ProkuraturG.) durfte daher DDr. W*** als Institutsvorstand namens des Instituts einen Rechtsanwalt mit dessen Vertretung vor Gericht betrauen und seine Leistungen honorieren, es sei denn, daß auch in diesen Fällen trotz der auf einer rechtlich zulässigen Bevollmächtigung beruhenden anwaltlichen Tätigkeit aus besonderen Gründen eine Verpflichtung zu deren Honorierung nicht bestand.
Die im Rahmen des Deckungsfonds (siehe oben) namens des Instituts geleisteten Honorarzahlungen stellen indes in jedem Fall als solche - von der Befugnis zur Bevollmächtigung eines Anwalts losgelöst, also isoliert betrachtet - rechtsgeschäftliche Verwaltungshandlungen dar, zu denen der Institutsvorstand nach außen hin ihrer Art nach befugt war, mag auch die zugrundeliegende Bevollmächtigung eines Anwalts und damit dessen Honorierung oder auch nur dessen Honorierung allein im Einzelfall den im Gesetz oder sonstwie verankerten Verpflichtungen widersprochen haben, was den Befugnismißbrauch ausmacht.
Im konkreten Fall hat das Erstgericht angenommen, daß die Vereinbarung und die Zahlung von Honoraren an DDr. S*** einem rechtsgeschäftlich erworbenen Anspruch des Instituts auf Unentgeltlichkeit der anwaltlichen Vertretung widersprach. Es hätte dazu allerdings eindeutiger Feststellungen über den Rechtsgrund der Unentgeltlichkeit (nach inhaltlicher und zeitlicher Reichweite determinierter) anwaltlicher Leistungen bedurft, die im Ersturteil indes fehlen. Ist es darnach doch unklar geblieben, ob das Gericht nun - unter Zugrundelegung einer "ab ovo" angenommenen (wenn vor dem 1. Oktober 1975 abgeschlossen sogar irrelevanten - siehe oben) "ursprünglichen Unentgeltlichkeitsvereinbarung" (S. 62, 64/VI) - von einer nach dem Inkrafttreten des UOG. (zumindest stillschweigend) abgeschlossenen oder weiter geltenden zweiseitigen Vereinbarung (Übereinkommen) über die unentgeltliche Rechtsvertretung ausging, oder ob es sich - wie in der rechtlichen Beurteilung ausgeführt - nur um eine einseitige, jederzeit widerrufliche Verzichtserklärung des Rechtsanwalts DDr. S*** gehandelt hat, die auch keiner Annahme bedurfte. (Zur grundsätzlichen Problematik der Rechtsgültigkeit solcher einseitiger Verzichtserklärungen siehe Rummel in Rummel Rz. 3 zu § 1444 ABGB.)
Erst wenn auf der Grundlage zureichender Feststellungen zur zivilrechtlichen Vorfrage über den rechtmäßigen Bestand der Honorarforderungen die Verpflichtung zur Bezahlung des geforderten Anwaltshonorars klar verneint werden müßte, wäre neben dem Vorsatz, einen Vermögensnachteil zuzufügen, als weiteres subjektives Tatbestandsmerkmal des § 153 StGB. zu prüfen, ob der in dieser Zahlung (objektiv) gelegene Befugnismißbrauch auch wissentlich (§ 5 Abs. 3 StGB.) geschah, das heißt, ob DDr. W*** in der klaren Erkenntnis, daß das Institut die geforderten Honorare nach der besonderen Gestaltung der Rechtslage nicht zu zahlen hatte, diese dennoch bezahlt hat.
Im Licht dieser hier nur skizzierten Rechtslage kann schon dem Beweisantrag des Angeklagten DDr. W***, Ing. Erich R*** darüber zu vernehmen, daß Rechtsanwalt DDr. S*** auch ihm gegenüber erklärt hatte, niemals eine Vereinbarung über kostenlose Rechtsvertretung geschlossen zu haben (S. 27/VI), wie gerügt (Z. 4), die Relevanz nicht abgesprochen werden; wurde doch die Beweiswürdigung weitgehend gerade auf die Äußerungen dieses Angeklagten im Vorverfahren gestützt.
In diesem Zusammenhang kommt aber auch dem Vorbringen in der Mängelrüge (Z. 5) des Zweitangeklagten Berechtigung zu, das Schöffengericht gehe zwar von gelegentlichen Honorarzahlungen auch schon vor dem 28.März 1979 aus (siehe hiezu neben Beilage A zu ON. 132 auch die im Akt erliegenden Abrechnungen S. 511 ff./I und ON. 21/II), ziehe daraus aber den Schluß, daß in diesen Honorarzahlungen noch kein Hinweis auf eine Entgeltlichkeitsvereinbarung zu erblicken sei (S. 55/VI). Diesem Schluß liegt nämlich die Prämisse zugrunde, daß die Tätigkeit eines Rechtsanwalts grundsätzlich unentgeltlich wäre, wenn nicht ausdrücklich Entgeltlichkeit vereinbart ist. Diese rechtliche Annahme widerspricht aber den auf das Vollmachtsverhältnis von Rechtsanwälten anzuwendenden Normen der Rechtsanwaltsordnung und des ABGB., wonach der Rechtsanwalt mangels ausdrücklicher Honorarvereinbarung immer Anspruch auf angemessene - im Zweifel nach den Honorarrichtlinien zu berechnende - Entlohnung hat, wenn nicht ausdrücklich Unentgeltlichkeit vereinbart wurde (Strasser in Rummel Rz. 8 f. zu § 1004 ABGB., SZ. 51/27, 3 Ob 590/82, 3 Ob 606/83). Die Tatsache, daß - wenn auch geringe - Honorare gefordert und bezahlt wurden, spricht daher gegen eine Vereinbarung der gänzlichen Unentgeltlichkeit der anwaltlichen Vertretung, die zudem unter dem Gesichtswinkel der §§ 53 ff. der Richtlinien für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes (Anw. 1977, 476) standesrechtlich bedenklich gewesen wäre. Die vom Erstgericht vorgenommene Würdigung dieses Beweisergebnisses erweist sich daher als denkgesetzwidrig. Gerade dieses Beweisresultat wäre im Zusammenhalt mit dem der Anklage zugrundeliegenden Gutachten des Sachverständigen Dr. H*** und den dort ersichtlichen Abrechnungsmodalitäten (ON. 64/IV) - wie in der Rechtsrüge des Angeklagten DDr. W*** richtig aufgezeigt - zum Anlaß für präzise Feststellungen zu nehmen gewesen, wann und in welchen Fällen welche Vereinbarungen nach dem Inkrafttreten des UOG. zwischen DDr. W*** als Institutsvorstand und dessen Rechtsvertreter DDr. S*** über die Honorierung seiner Tätigkeit (Unentgeltlichkeit, Ersatz der tatsächlichen Kosten, Bezahlung eines geringfügigen Honorars) getroffen wurden oder ob nur eine einseitige ausdrücklich oder stillschweigend von DDr. W*** zur Kenntnis genommene Erklärung des Rechtsanwalts DDr. S*** vorlag, keine oder nur gelegentlich moderat Kosten zu verlangen. Wie aber bereits erwähnt, hätte es im Hinblick auf die vielfache juristische Problematik des Umfangs der Handlungsfähigkeit und der zivilrechtlichen Wirksamkeit einer derartigen Erklärung für einen Schuldspruch wegen § 153 StGB. begründeter Feststellungen darüber bedurft, inwiefern DDr. W*** tatsächlich im Rahmen seiner ihm laut UOG. zustehenden Befugnisse gehandelt und die von ihm anerkannten Honorare (S. 42, 43/VI) tatsächlich im Bewußtsein bezahlt hat, sie nicht bezahlen zu müssen, weil er überhaupt im Einzelfall nicht berechtigt war, einen Rechtsanwalt zu bevollmächtigen, oder ein rechtswirksamer Verzicht auf Honorar vorliegt. In diesem Zusammenhang verweist das Erstgericht selbst auf die Aussagen des Steuerberaters H***, meint aber, dieser habe DDr. S*** keineswegs zur Vorlage von Honorarabrechnungen veranlaßt (S. 71/VI). Damit ist aber nicht über die für die Beurteilung der subjektiven Tatseite des Angeklagten DDr. W*** wesentliche Angabe dieses Zeugen abgesprochen, wonach ihn DDr. W*** im Zusammenhang mit der Abrechnung der einzelnen Verlassenschaften in der Liquidationsphase des Vereins gefragt habe, ob er die Honorare des DDr. S*** bezahlen müsse, worauf er (H***) darauf hingewiesen habe, daß die anwaltlichen Leistungen ja erbracht wurden. Diese Aussage indiziert eingehende Erörterungen unter Einbeziehung gerade auch dieses Beweisresultats zum wissentlichen Befugnismißbrauch, weil dieser nur dann vorläge, wenn sich DDr. W*** trotzdem darüber klar gewesen wäre, daß eine Verpflichtung, diese Honorare zu bezahlen, nicht bestanden hat. Damit zeigte sich schon bei der nichtöffentlichen Beratung, daß das Verhalten des Angeklagten DDr. Heinrich W*** auf Grund der vorliegenden Feststellungen noch keiner endgültigen strafrechtlichen Beurteilung zugeführt werden kann, es daher einer neuen Hauptverhandlung und detaillierter Sachverhaltsfeststellungen bedarf. Es war daher der ihn betreffende Schuldspruch zur Gänze aufzuheben (§ 285 e StPO.).
Aus eben diesen Erwägungen kommt auch der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten DDr. Peter S*** Berechtigung zu. Im Hinblick auf den engen tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang des Schuldspruchs wegen des Tatbeitrags des DDr. S*** nach § 12, dritter Fall, StGB. zum Verbrechen des DDr. W*** (vgl. hiezu LSK. 1985/58) war dessen Schuldspruch wegen Untreue (II/1) ebenfalls aufzuheben (§ 289 StPO.), ohne auf das Beschwerdevorbringen des Angeklagten DDr. Peter S*** noch weiter inhaltlich eingehen zu müssen. Demgemäß waren auch die die beiden Angeklagten betreffenden Strafaussprüche und der Privatbeteiligtenzuspruch nach § 369 StPO. sowie der DDr. W*** betreffende Ausspruch über die Kostenersatzpflicht (§ 389 StPO.) zu kassieren.
Zum Schuldspruch wegen falscher Beweisaussage (II/2):
Der Ausspruch, DDr. S*** habe in der Hauptverhandlung über seine Privatanklage gegen Götz K***, Erwin S*** und Erwin T*** wegen Vergehens der üblen Nachrede nach § 111 Abs. 2 StGB. am 25.September 1981 als Zeuge bewußt die Unwahrheit ausgesagt, wurde vom Schöffengericht eingehend und insbesondere mit dem lebensnahen Argument begründet, daß der Unterschied zwischen den von DDr. S*** einbekannten zwei Honorarnoten und den im damaligen Zeitpunkt tatsächlich gelegten fünfzehn Honorarnoten sowohl der Anzahl, als auch dem Betrag nach zu bedeutend erscheine, als daß die falsche Aussage des DDr. S*** mit bloßem Irrtum erklärt werden könnte (S. 77 ff./VI). Was gegen die Feststellung des Erstgerichtes, DDr. S*** sei nach seinem Wissensstand völlig sicher gewesen, daß von seiner Kanzlei mehr als nur zwei Honorarnoten (betreffend die Verlassenschaftsverfahren M*** und H***) gelegt wurden, in der Beschwerde vorgebracht wird, ergibt keinen formellen Begründungsmangel im Sinn der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO., sondern erschöpft sich in einer Kritik an der zureichend und schlüssig begründeten (zudem auch überzeugenden) Beweiswürdigung. Soweit aber negiert wird, daß das Schöffengericht seine Verantwortung als widerlegt erachtet und angenommen hat, daß DDr. S*** im genannten Privatanklageverfahren vorsätzlich eine falsche Zeugenaussage vor Gericht abgelegt hat, wird kein dem Schuldspruch wegen § 288 Abs. 1 StGB. anhaftender materiellrechtlicher Nichtigkeitsgrund zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung gebracht.
In diesem Umfang war sohin die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten DDr. S*** als unbegründet zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 StPO.).
Durch die auch die Strafaussprüche beinhaltende kassatorische Entscheidung wurden die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten DDr. S*** gegenstandslos.
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