OGH 8Ob665/88

OGH8Ob665/8820.10.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Schwarz und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Firma S*** Gesellschaft mbH & Co KG, 5020 Salzburg, Münchner Bundesstraße 123, vertreten durch Dr. Franz Kreibich und Dr. Alois Bixner, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Ignaz F***, Installations-Unternehmer, 5071 Wals-Himmelreich, Bundesstraße 12, vertreten durch Dr. Ernst Pallauf, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 44.654,40 s.A. infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 14. Juli 1987, GZ 3 R 142/87-44, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 15.Februar 1987, GZ 14 a Cg 139/84-35, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben; die Rechtssache wird an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Gegen die eingeklagte, der Höhe nach unbestrittene Werklohnforderung der klagenden Partei wendete der Beklagte mangelnde Fälligkeit mit der Begründung ein, dem Werk, einer von der klagenden Partei im Auftrage des Beklagten für Peter S*** gebauten Sauna, hafteten noch nicht behobene Mängel an. Überdies wendete er aus dem Titel des Schadenersatzes eine von ihm an Peter S*** wegen der verspäteten Werkübergabe vertragsgemäß geleistete Pönalezahlung von S 35.000,-- aufrechnungsweise gegen die Klageforderung ein.

Die klagende Partei erwiderte, sie habe alle von ihr zu vertretenden Mängel behoben. Da der Bauherr Peter S*** in der Zwischenzeit dem Beklagten das Entgelt - abgesehen von gewissen Abzügen - für die Sauna auch zur Gänze bezahlt habe, sei der Beklagte nicht berechtigt, den Werklohn der klagenden Partei zurückzubehalten. Die behauptete Pönaleforderung Peter S*** gegenüber dem Beklagten sei nicht auf Verzögerungen der klagenden Partei zurückzuführen.

Das Erstgericht verneinte den Bestand der Klageforderung und wies das Klagebegehren ab. Es legte seiner Entscheidung nachstehenden Sachverhalt zugrunde: Der Beklagte führte im Landhaus des Peter S*** die Sanitärinstallationsarbeiten durch und hatte sich vertraglich verpflichtet, diese Arbeiten zügig und ohne Unterbrechung auszuführen, widrigenfalls er für jeden Tag der verspäteten Fertigstellung ein Pönale von S 3.500,-- zu entrichten habe. Am 1.9.1983 beauftragte er die klagende Partei als Subunternehmer, im Landhaus eine "Silgmann-Sauna" zum Preise in Höhe des Klagebetrages einzubauen; diesen Auftrag führte sie am 3.11.1983 durch. In der Folge wurden zahlreiche, im einzelnen angeführte Mängel gerügt. Im Zeitpunkt der gemeinsamen Mängelbesichtigung am 30.11.1983 hatte die klagende Partei bereits Kenntnis von der zwischen dem Beklagten und dessen Auftraggeber bestehenden Vereinbarung, wonach der Beklagte täglich S 3.500,-- Pönale zu zahlen habe, wenn seine Arbeit nicht bis zum 9.12.1983 abgeschlossen sei. Die Streitteile sowie Peter S*** einigten sich hierauf dahin, daß die Mängel an der Sauna am 12.12.1983, 14,00 Uhr, behoben würden. Tatsächlich kamen die Monteure der klagenden Partei an diesem Tag aber erst um 19,00 Uhr zum Landhaus, worauf als neuer Termin der 19.12.1983 vereinbart, jedoch wiederum nicht eingehalten wurde. Bereits am 14.12.1983 wies der Beklagte die klagende Partei schriftlich darauf hin, daß das von ihm wegen der Terminüberschreitung Peter S*** zu leistende Pönale "an die klagende Partei abgetreten" werde. In der Zeit nach Weihnachten 1983 traten weitere Mängel an der Sauna auf, insbesondere im Bereiche des Schlosses und des Türblattes der Saunatüre. Die Schadensbehebung am Türblatt würde rund S 3.900,-- kosten. Wegen der bei der Saunaerrichtung aufgetretenen Verzögerungen zog Peter S*** dem Beklagten für die Zeit vom 10.12.1983 bis Februar 1984 vom Werklohn kulanterweise nur für 10 Tage ein Pönale von insgesamt S 35.000,--- ab. Weiters zog er wegen des mangelhaften Türschlosses von der Schlußrechnung S 1.750,-- ab.

In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Ansicht, der noch nicht behobene, fristgerecht gerügte Mangel an der Saunatüre, dessen Behebung die klagende Partei verweigere, berechtige den Beklagten bis zur vollständigen Verbesserung zur Zurückhaltung des gesamten Werklohnes. Da kein ganz unwesentlicher Mangel und daher keine schikanöse Leistungsverweigerung vorliege, sei der Werklohn nicht fällig.

Das Berufungsgericht stellte die Klageforderung als mit S 44.654,40, die eingewendete Gegenforderung als mit S 35.000,-- zu Recht bestehend fest, sprach der klagenden Partei den Betrag von S 9.654,40 s.A. zu und wies das Mehrbegehren ab. Es sprach aus, daß die Revision nicht zulässig sei. Auf der Grundlage der erstgerichtlichen, ihm unbedenklich erscheinenden Feststellungen hielt es die Rechtsrüge der Berufung der klagenden Partei für gerechtfertigt. Die Fälligkeit des Werklohnes könne nur so lange hinausgeschoben werden, als ein Verbesserungsanspruch bestehe und die Verbesserung im Interesse des Bestellers liege. Habe der Besteller mit dem Bauherrn bereits eine Vereinbarung über die Bereinigung des zugrundeliegenden Gewährleistungsanspruches getroffen, so fehle im Sinne der Entscheidung RdW 1984, 41, das Bedürfnis nach Zuerkennung eines Leistungsverweigerungsrechtes, weil dieses ja nur die nachträgliche Bewirkung der Verbesserung zu sichern habe. Vorliegendenfalls habe sich der Beklagte mit dem Bauherrn Peter S*** hinsichtlich des mangelhaften Türschlosses auf eine Preisminderung von S 1.750,-- sowie eine Pönalesumme von S 35.000,-- geeinigt, sodaß der Verbesserungsanspruch und damit auch das Leistungsverweigerungsrecht in Wegfall gekommen und der Werklohn daher entgegen der erstgerichtlichen Ansicht fällig geworden sei. Die von der beklagten Partei gegen das berufungsgerichtliche Urteil erhobene Revision ist zulässig, weil einerseits die berufungsgerichtliche abändernde Entscheidung sich auf einen S 15.000,-- übersteigenden Streitwert bezieht, zumal die teilweise mit dem erstgerichtlichen Urteil übereinstimmende Klageabweisung nur eine Folge der berufungsgerichtlichen Berücksichtigung der vom Beklagten eingewendeten Gegenforderung darstellt (8 Ob 31/86, 8 Ob 63/86 u.a.), und andererseits die Entscheidung des Rechtsfalles im Sinne der diesbezüglichen Revisionsausführungen und der nachfolgenden Darlegungen von der Lösung einer Rechtsfrage der im § 502 Abs 4 Z 1 ZPO genannten Art abhängt.

Unter Heranziehung der Anfechtungsgründe des § 503 Abs 1 Z 2 und 4 ZPO rügt der Revisionswerber die Nichtberücksichtigung der von ihm in der Berufungsbeantwortung gerügten Feststellungsmängel sowie eine Verletzung des Neuerungsverbotes und einen Verstoß gegen das Unmittelbarkeitsprinzip durch das Berufungsgericht: Die klagende Partei habe erst in ihrer Berufung die Behauptung aufgestellt, daß dem Beklagten vom Bauherrn Peter S*** der Werklohn, allenfalls unter Abzug von S 1.750,-- für das Türschloß, bereits zur Gänze bezahlt worden sei; das Berufungsgericht habe diese Feststellung ohne Beweisergänzung bzw. -wiederholung getroffen. Tatsächlich habe der Bauherr Peter S*** nach der Zeugenaussage des Rudolf H*** einen weiteren Betrag von S 16.750,-- zwecks Verwirklichung seines Verbesserungsanspruches zurückbehalten und bis jetzt nicht bezahlt. Der vorliegende Mangel an der Türe sei von der klagenden Partei auch nicht behoben worden. Die erstgerichtliche Feststellung, daß für das mangelhafte Türschloß nur S 1.750,-- abgezogen worden seien, erscheine unrichtig. Der Teilrückbehalt von S 1.750,-- könne daher keinesfalls im Sinne einer Aufgabe des Verbesserungsanspruches des Bauherrn aufgefaßt werden. Die Annahme einer diesbezüglichen Vereinbarung widerspreche den Zeugenaussagen H*** und S*** sowie "den übrigen Zeugen".

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Sinne des gestellten Aufhebungsantrages gerechtfertigt.

Das Erstgericht hat seine Feststellung, der Bauherr Peter S*** habe sich wegen des mangelhaften Türschlosses von der Schlußrechnung S 1.750,-- abgezogen, ausdrücklich und ausschließlich auf der Grundlage der Zeugenaussage des Rudolf H*** getroffen (siehe S 17 des erstgerichtlichen Urteiles). Dieser Zeuge hatte (S 20 des Protokolles 13.3.1985 = ON 20, AS 50) wie folgt ausgesagt:

"...Nur wegen dieser Sauna hat uns der Bauherr S*** dann die S 35.000,-- aus der Endabrechnung abgezogen. Weitere S 15.000,-- hat er noch zurückbehalten, bis die Sauna in Ordnung gehe. Außerdem hat er noch die Summe, die das Schloß selbst kostet, nämlich S 1.750,--, zurückbehalten."

Die Aussage des Rudolf H*** wurde somit vom Erstgericht nur teilweise verwertet. Die berufungsgerichtliche Schlußfolgerung, in der erstgerichtlichen Feststellung, der Bauherr Peter S*** habe sich wegen der Mangelhaftigkeit des Türschlosses von der Schlußrechnung einen Betrag von S 1.750,-- abgezogen, komme eine Einigung des Peter S*** mit dem Beklagten im Sinne einer diesbezüglichen Preisminderung und im übrigen die Bezahlung der Schlußrechnung zum Ausdruck, erscheint im Hinblick auf den dargestellten weiteren Inhalt der Zeugenaussage des Rudolf H*** offenbar nicht haltbar.

Damit erweist sich die in der Berufungsbeantwortung des Beklagten erhobene, durch sein erstinstanzliches Vorbringen (ON 22, AS 85) gedeckte Rüge eines hinsichtlich der von Peter S*** zurückbehaltenen Beträge gegebenen Feststellungsmangels aber wegen der Erheblichkeit dieser begehrten Feststellung als gerechtfertigt. Grundsätzlich entspricht nämlich die berufungsgerichtliche Rechtsansicht, daß bei Wegfall des Interesses des Bestellers an der Verbesserung kein Bedürfnis nach Gewährung eines gänzlichen Leistungsverweigerungsrechtes bestehe, der vom Obersten Gerichtshof in den Entscheidungen RdW 1984, 41 und 2 Ob 661/84 vom 18.12.1984 vertretenen Rechtsmeinung. Eine Einigung des Peter S*** mit dem Beklagten über die Abgeltung des Mangels durch Preisminderung und ein entsprechender Rückbehalt des vereinbarten Betrages würde daher im Sinne der berufungsgerichtlichen Ausführungen, welche von den Parteien im Revisionsverfahren auch nicht bekämpft werden, den Verlust des Leistungsverweigerungsrechtes des Beklagten und damit die Fälligkeit des Werklohnanspruches der klagenden Partei nach sich ziehen. Der vom Beklagten geforderten Feststellung kommt somit streitentscheidende Bedeutung zu.

Die Nichterledigung der Rüge von Feststellungsmängeln durch das Berufungsgericht stellt einen Verstoß gegen tragende Verfahrensgrudsätze und einen Widerspruch zur diesbezüglichen ständigen Rechtsprechung dar, sodaß die Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO vorliegen. Demgemäß war das berufungsgerichtliche Urteil aufzuheben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung in der Sache aufzutragen (§ 496 Abs 3 ZPO). Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.

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