OGH 6Ob687/88

OGH6Ob687/8820.10.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Marianne Josefine M***, Hausfrau, Geißkopf 401, Bödele, 6850 Dornbirn, vertreten durch Dr. Karl Rümmele, Dr. Birgitt Breinbauer, Rechtsanwälte in Dornbirn, wider den Antragsgegner Karl Josef M***, Landwirt, Angern 1, 6845 Hohenems, vertreten durch Dr. Josef Spiegel, Dr. Martin Spiegel, Rechtsanwälte in Dornbirn, wegen gesonderter Wohnungnahme, infolge Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgerichtes vom 10. August 1988, GZ 1 a R 356/88-14, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Dornbirn vom 15. Juli 1988, GZ F 4/88-8, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten des Revisionsrekurses wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Antragstellerin begehrte die Bewilligung der gesonderten Wohnungnahme und brachte vor, der Antragsgegner beschimpfe sie und habe sie mehrfach geschlagen. Bei Auseinandersetzungen mit seinen Verwandten, mit denen die Ehegatten räumlich beengt zusammenwohnten, ergreife der Antragsgegner Partei für seine Verwandten. Der Antragsgegner verletze seine Unterhaltspflicht gegenüber der Antragstellerin und der ehelichen Tochter. Die Antragstellerin stehe unter einer starken psychischen Belastung, ihr Arzt habe ihr zu einer Trennung geraten. Der Antragstellerin sei ein Zusammenleben mit dem Antragsgegner nicht zumutbar, weshalb sie mit der ehelichen Tochter die Wohnung verlassen habe.

Auf gleichartige Behauptungen stützte die Antragstellerin eine am selben Tag eingebrachte Ehescheidungsklage, in der sie ausführte, die Ehe sei unheilbar zerrüttet, mit der Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft sei nicht mehr zu rechnen.

Der Antragsgegner bestritt das Vorbringen der Antragstellerin. Er brachte vor, die Antragstellerin habe die Ehewohnung grundlos verlassen und unterhalte ehewidrige Beziehungen zu anderen Männern. Der Antrag auf Bewilligung des abgesonderten Wohnortes sei zurückzuweisen, weil ein Dauerzustand vorliege.

Gestützt auf grundloses Verlassen und ehewidrige Beziehungen zu anderen Männern brachte der Antragsgegner eine auf Ehescheidung gerichtete Widerklage ein.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Bewilligung der gesonderten Wohnungnahme ab. Es führte aus, die von beiden Teilen eingebrachten Scheidungsklagen, in welchen jeweils erklärt werde, eine Fortsetzung der Ehe komme nicht mehr in Frage, die Ehe sei unheilbar zerrüttet, zeigten, daß die Antragstellerin nicht nur vorübergehend gesondert Wohnung nehmen wolle, sondern daß es sich um einen nicht mehr rückgängig zu machenden Dauerzustand handle. Die materiellen Voraussetzungen nach § 92 Abs.3 ABGB seien daher nicht gegeben. Das Rekursgericht hob diesen Beschluß auf und trug dem Erstgericht eine neue Entscheidung auf. Das Gericht zweiter Instanz vertrat die Ansicht, strebe ein die gesonderte Wohnungnahme begehrender Ehegatte auch die Scheidung der Ehe an, könne nicht gesagt werden, daß durch die Entscheidung ein Dauerzustand geschaffen werden solle. Gerade nach Einleitung eines Ehescheidungsverfahrens könne das Zusammenleben mit dem anderen Ehegatten unzumutbar sein. Wenn der Antragsteller in dieser Situation nicht mehr die Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft beabsichtige, dürfe ihm zumindest für die Dauer des Ehescheidungsverfahrens eine Entscheidung im Sinne des § 92 Abs.3 ABGB nicht mit der Begründung verwehrt werden, er strebe eine gesetzlich unzulässige dauernde Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft an. Die Entscheidung könne nämlich über das Ehescheidungsverfahren hinaus von rechtlicher Bedeutung sein, so etwa für die Frage des Unterhaltes des Antragstellers. Da das Erstgericht entscheidungswesentliche Feststellungen nicht getroffen habe, sei die Aufhebung seiner Entscheidung notwendig. In der neuerlichen Entscheidung seien insbesondere darüber Feststellungen zu treffen, ob der Antragstellerin ein weiteres Zusammenleben unzumutbar sei oder nicht.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Antragsgegner gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Richtig ist zwar, daß ein echter Dauerzustand nicht zum Gegenstand einer Entscheidung nach § 92 Abs.3 ABGB gemacht werden kann (EFSlg. 35.156, 44.823), die Anhängigkeit eines Scheidungsverfahrens steht einer derartigen Entscheidung aber nicht im Wege (EFSlg. 35.156, 39.938; 4 Ob 601/87). Die Entscheidung des Außerstreitrichters hat feststellenden Charakter, ihr Zweck ist eine präjudizielle Vorklärung für einen allfälligen Unterhaltsstreit oder ein Ehescheidungsverfahren (MietSlg. 34.002; 7 Ob 581/87). Nur nach rechtskräftiger Ehescheidung kommt eine Entscheidung nach § 92 Abs.3 ABGB nicht mehr in Frage (4 Ob 601/87). Um ihrem Zweck gerecht zu werden, soll die vom Antragsteller angestrebte Entscheidung nach § 92 Abs.3 ABGB nach einem möglichst raschen Verfahren und ohne unnötige Verfahrensverzögerungen durch überspannte Genauigkeitserfordernisse gefällt werden (EFSlg. 47.425). Dabei kann es nur auf die vom Antragsteller geltend gemachten Gründe ankommen, nicht aber darauf, ob der antragstellende Eheteil etwa aus anderen Gründen ein Scheidungsbegehren verfolgt (EFSlg. 44.829; 4 Ob 601/87). Aus diesen Gründen erweist sich das Verfahren in dem vom Rekursgericht aufgezeigten Sinne ergänzungsbedürftig, weshalb dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen war.

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten des Revisionsrekurses war zurückzuweisen, weil im Verfahren außer Streitsachen - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - ein Kostenersatz nicht stattfindet.

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