Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Text
Begründung
Die Streitteile sind seit 4. Mai 1985 verheiratet. Für den Antragsteller war dies die zweite, für die Antragsgegnerin die dritte Eheschließung. Die Ehe blieb kinderlos. Die im Wohnungseigentum der Antragsgegnerin stehende Ehewohnung befand sich in Klagenfurt, Villacher Straße 149. Der Antragsteller verließ diese Ehewohnung am 10. Juni 1987 und wohnt seither in einer gemieteten Garconniere in Klagenfurt, Feldkirchner Straße 30.
Mit seinem am 8. Juli 1987 beim Erstgericht eingelangten Antrag begehrte der Antragsteller die Feststellung der Rechtmäßigkeit seiner gesonderten Wohnungnahme. Er begründete dies damit, daß ihm auf Grund des Verhaltens der Antragsgegnerin ein weiteres Zusammenleben mit ihr nicht mehr zumutbar sei. Die Ehe sei seit mehr als einem halben Jahr zerrüttet. Die Antragsgegnerin habe ihn Anfang Mai 1987 und dann nochmals am 28. Mai 1987 aus der Ehewohnung ausgesperrt und ihn wiederholt aufgefordert, doch "endlich zu verschwinden". Ihre täglichen Tiraden hätten seinen psychischen Gesundheitszustand derart beeinträchtigt, daß sie seit Winter 1987 eine fachärztliche Behandlung sowie eine gesonderte Wohnungnahme erfordert hätten; der Facharzt habe nämlich dem - medikamentös behandelten - Antragsteller dringend geraten, jedwede Aufregung zu meiden. In den letzten Monaten habe ihn die Antragsgegnerin dritten Personen gegenüber wiederholt schlecht gemacht und herabgesetzt. Sie habe schließlich am 27. Juni 1987 anläßlich eines Besuches in seiner nunmehrigen Wohnung völlig grundlos auf ihn eingeschlagen, wobei er zwei stark blutende Platzwunden am Hinterkopf erlitten habe. Demgegenüber behauptete die Antragsgegnerin, der Antragsteller sei grundlos aus der Ehewohnung ausgezogen. Er habe ein fixes Verhältnis mit Elfriede O***. Nicht sie habe ihn psychisch terrorisiert; sie selbst sei vielmehr vom Antragsteller "pausenlos sekkiert" worden. Sie habe den Antragsteller auch nie körperlich attackiert. Da sie es nervlich nicht mehr ausgehalten habe, habe sie den Antragsteller aufgefordert, die Ehewohnung zu verlassen. Das Erstgericht erklärte die gesonderte Wohnungnahme des Antragstellers für gerechtfertigt und legte seiner Entscheidung folgende wesentlichen Tatsachenfeststellungen zugrunde:
Als sich seit Herbst 1986 das Verhältnis zwischen den Streitteilen zu verschlechtern begann, schlug der Antragsteller der Antragsgegnerin eine einvernehmliche Scheidung vor und kümmerte sich zugleich um eine eigene Wohnungsmöglichkeit. Dies hatte eine weitere Vertiefung der Auseinandersetzungen zur Folge. Die Antragsgegnerin stimmte einer Scheidung nicht zu. Während eines Besuches bei dem befreundeten Ehepaar P*** im Frühjahr 1987 sagte die Antragsgegnerin zum Antragsteller: "Aber Pemperln hat mein Exgatte besser können". Darüber waren die übrigen Anwesenden sehr schockiert. Die Antragsgegnerin äußerte sich auch gegenüber Maria P*** in der Folge wiederum "herablassend" über den Antragsteller und sagte schließlich im Zuge eines abermals in Gegenwart des Ehepaares P*** geführten Streitgespräches zum Antragsteller: "Verschwind, Dir ghert eh nix". Als der Antragsteller erwiderte, dann werde er eben gehen, stimmte die Antragsgegnerin zu. Sie war auch nicht mit den vom Antragsteller vorzunehmenden Reparaturarbeiten am gemeinsamen PKW einverstanden und "äußerte sich diesbezüglich". Auf Grund dieses Verhaltens der Antragsgegnerin befindet sich der Antragsteller in einem "sehr schlechten nervlichen Zustand"; er leidet insbesondere unter Schlafstörungen und tagsüber unter Konzentrationsschwäche. Seit März 1987 befindet sich der Antragsteller in ärztlicher Behandlung bei Dr. Harald S***. Am 22. Juni 1987 besuchte die Antragsgegnerin den Antragsteller, nachdem sie dessen neue Anschrift erfahren hatte, in seiner Wohnung; dieser forderte sie aber unverzüglich zum Weggehen auf. Am 27. Juni 1987 versuchte die Antragsgegnerin, Elfriede O*** an deren Arbeitsstelle im Landeskrankenhaus Klagenfurt wegen der von ihr vermuteten ehewidrigen Beziehung zum Antragsteller anzusprechen. In Begleitung ihrer Freundin Anna K*** kam sie dann zu Mittag wieder in die Wohnung des Antragstellers, wo sie diesen und Elfriede O*** antraf. Im Zuge eines erregten Streitgespräches schlug die Antragsgegnerin mit ihrem Schirm ("Knirps") dem Antragsteller zweimal über den Kopf. Hiedurch erlitt dieser zwei Platzwunden am Kopf.
In rechtlicher Hinsicht folgerte das Erstgericht daraus, daß dem Antragsteller ein Zusammenleben mit der Antragsgegnerin unzumutbar gewesen sei, weil ihn diese in Gegenwart dritter Personen mehrfach herabgewürdigt habe; dadurch habe sich sein nervlicher Zustand derart verschlechtert, daß er sogar ärztlich behandelt werden müsse. Zusätzlich sei die Antragsgegnerin gegen den Antragsteller am 27. Juni 1987 sogar tätlich vorgegangen.
Das Rekursgericht wies den Antrag auf Feststellung der Rechtmäßigkeit der gesonderten Wohnungnahme ab. Nach den von ihm ergänzend getroffenen Feststellungen hat der Antragsteller zugleich mit dem vorliegenden Antrag zu 3 C 71/87 des Erstgerichtes wider die Antragsgegnerin auch eine Ehescheidungsklage eingebracht; zu 3 C 80/87 des Erstgerichtes ist eine von der Antragsgegnerin wider den Antragsteller erhobene Unterhaltsklage anhängig. In beiden Verfahren ist bisher noch keine Entscheidung ergangen. Das Gericht zweiter Instanz erachtete die Feststellungen des Erstgerichtes grundsätzlich als mangelhaft und ergänzungsbedürftig, weil sie erhebliches Sachvorbringen der Streitteile unberücksichtigt gelassen hätten. So fehlten konkrete Feststellungen zu den vom Antragsteller behaupteten Aussperrungen aus der Ehewohnung und darüber, daß ihn die Antragsgegnerin laufend zum Verschwinden aufgefordert sowie wiederholt vor dritten Personen schlechtgemacht und herabgesetzt habe. Die allein festgestellte Äußerung der Antragsgegnerin in Gegenwart des Ehepaares P*** über die sexuellen Qualitäten des Antragstellers könne für sich allein noch nicht die gesonderte Wohnungnahme rechtfertigen. Es fehlten aber auch Feststellungen über das von der Antragsgegnerin behauptete Verhältnis des Antragstellers zu Elfriede O***, würde doch eine solche ehewidrige Beziehung ihren körperlichen Angriff vom 27. Juni 1987 in einem milderen Lichte erscheinen lassen; auch die nervlichen Beschwerden des Antragstellers könnten dann anders beurteilt werden. Überhaupt beruhten die Feststellungen über das psychische Krankheitsbild des Antragstellers auf zu wenig verläßlichen Beweisgrundlagen; auch hiezu hätte das Erstgericht gemäß § 2 Abs 2 Z 5 AußStrG die notwendigen Erhebungen von Amts wegen vornehmen müssen.
Dennoch sei die erstgerichtliche Entscheidung nicht aufzuheben, weil bereits ein anderer Abweisungsgrund vorliege: In seiner Scheidungsklage habe der Antragsteller nämlich behauptet, daß die Ehe vollkommen zerrüttet sei und mit der Herstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht mehr gerechnet werden könne. Es handle sich daher bei seiner gesonderten Wohnungnahme nicht um einen vorübergehenden, sondern um einen Dauerzustand, welcher aber ein Begehren im Sinne des § 92 Abs 2 ABGB nicht rechtfertigen könne.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen abändernden Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs des Antragstellers ist im Sinne seines Aufhebungsantrages gerechtfertigt:
Das Gericht zweiter Instanz hat zwar die herrschende Rechtsprechung zur Rechtfertigung einer gesonderten Wohnungnahme nach § 92 Abs 2 ABGB richtig wiedergegeben, daraus aber eine für den vorliegenden Fall unzutreffende Schlußfolgerung gezogen. Nur ein echter Dauerzustand kann nämlich nicht zum Gegenstand einer Entscheidung des Außerstreitrichters nach § 92 Abs 3 ABGB gemacht werden, doch steht einer solchen Entscheidung die Anhängigkeit eines Scheidungsstreites nicht im Wege (EFSlg. 28.549, 35.156 = MietSlg. 32.002; EFSlg. 39.938, 44.823 = MietSlg. 36.004 ua). Die Entscheidung des Außerstreitrichters hat nur feststellenden Charakter und kann nicht vollstreckt werden; der Zweck des Verfahrens vor dem Außerstreitrichter erschöpft sich somit in einer präjudiziellen Vorklärung für einen allfälligen Unterhaltsstreit oder ein Ehescheidungsverfahren (MietSlg. 34.002; 7 Ob 581/87). Danach kommt aber eine solche Entscheidung nur dann nicht mehr in Betracht, wenn die Ehe bereits rechtskräftig geschieden ist und entweder ein Unterhaltsanspruch, für den sie noch präjudiziell sein könnte, nicht erhoben wurde oder darüber gleichfalls bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Sollte derartiges im Verlaufe eines Rechtsmittelverfahrens gegen eine Entscheidung des Außerstreitrichters nach § 92 Abs 3 ABGB eintreten, so hätte dies den Wegfall des Rechtmittelinteresses zur Folge (7 Ob 581/87). Im vorliegenden Fall ist aber weder im Ehescheidungsverfahren noch im Unterhaltsverfahren bisher eine Entscheidung gefällt worden. Um ihrem Zweck gerecht zu werden, soll daher die vom Antragsteller angestrebte Entscheidung nach § 92 Abs 3 ABGB nach einem möglichst raschen Verfahren und ohne unnötige Verfahrensverzögerungen durch überspannte Genauigkeitserfordernisse gefällt werden (EFSlg. 47.425). Dabei kann es nach dem bisher Gesagten nur auf die vom Antragsteller geltend gemachten Gründe ankommen (vgl. EFSlg. 44.829 = MietSlg. 36.004), nicht aber darauf, ob und aus welchen Gründen dieser etwa auch ein Scheidungsbegehren verfolgt. Es ist daher verfehlt, aus dem bloßen Vorbringen des Antragstellers im Scheidungsverfahren den Rückschluß zu ziehen, seine gesonderte Wohnungnahme sei aus Gründen dauernder Natur erfolgt. Die Sache erweist sich somit im Gegensatz zur Meinung des Rekursgerichtes noch nicht als spruchreif. Dieses hat aber zutreffend erkannt, daß in diesem Fall noch ergänzende Feststellungen zum Vorbringen der Streitteile erforderlich sind; es hat überdies erkennbar die Feststellungen des Erstgerichtes über Art und Ursache der nervlichen Beschwerden des Antragstellers nicht übernommen, weil es die hiefür bisher herangezogenen Beweisgrundlagen als unzureichend erachtete. Dem kann der Oberste Gerichtshof schon deshalb nicht entgegentreten, weil er auch im außerstreitigen Verfahren nicht Tatsacheninstanz ist. Die Rechtssache war daher aus allen Gründen an das Erstgericht zur Ergänzung des Verfahrens und zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.
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