Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid vom 27. April 1986 gewährte die beklagte Partei dem Kläger vom 1. März 1986 bis 28. Februar 1987 die Invaliditätspension. Mit Bescheid vom 10. April 1987 lehnte sie seinen Antrag auf Weitergewährung der Pension ab.
Das Erstgericht wies das auf Weitergewährung der Invaliditätspension gerichtete Klagebegehren ebenfalls ab. Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:
Der (am 3. April 1944 geborene) Kläger war während der letzten 15 Jahre (vor dem Stichtag) als Bauhilfsarbeiter tätig. Er ist auf Grund seines - im einzelnen beschriebenen - körperlichen und geistigen Zustandes imstande, während des gesamten Arbeitstages unter Einhaltung der gesetzlichen Pausen leichte Arbeiten zu verrichten. Dauerndes Stehen oder Gehen, häufiges Bücken und das Arbeiten auf Leitern oder absturzgefährdeten Stellen sind ihm nicht mehr zuzumuten. Zugluft, Nässe-, Rauch- und Staubeinwirkungen sowie schlecht geheizte Räume sollen vermieden werden. Akkordarbeiten sind auszuschließen. Der Weg zum Arbeitsplatz kann bis 1000 m betragen, wobei öffentliche Verkehrsmittel benützt werden können. Rechtlich beurteilte das Erstgericht den von ihm festgestellten Sachverhalt dahin, daß der Kläger nicht invalid im Sinn des für ihn maßgebenden § 255 Abs 3 ASVG sei, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch eine Reihe von Berufstätigkeiten zur Verfügung stünden, die seinem Leistungskalkül entsprächen. Dazu seien Verpackungs-, Einlege- und Etikettierarbeiten in der chemischen, pharmazeutischen, Seifen- und kosmetischen, Lebensmittel- oder Zuckerwarenindustrie, Heft-, Falz- und Klebearbeiten in Buchbindereien sowie die Tätigkeit als Portier zu zählen. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es schloß sich der Ansicht des Erstgerichtes an, daß auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, mit dem das Verweisungsfeld ident sei, gerichtsbekanntermaßen noch eine Reihe von dem Leistungskalkül des Klägers entsprechenden Berufstätigkeiten zu finden seien. Es sei ferner gerichtsbekannt, daß zahlreiche Arbeitsplätze für diese Tätigkeiten innerhalb von 1 km von der Wohnung erreicht werden könnten und daß man insbesondere im städtischen Bereich auf einer Strecke von weniger als 1000 m zu öffentlichen Verkehrsmitteln gelangen könne. Der Kläger sei daher nicht deshalb vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen, weil für ihn der Anmarschweg nicht mehr als 1000 m betragen solle.
Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Klägers wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern oder es allenfalls aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die beklagte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Der Mängelrüge kann ein Erfolg nicht beschieden sein, weil damit nur Mängel des Verfahrens erster Instanz geltend gemacht wurden, die schon den Gegenstand der Berufung bildeten und deren Vorliegen vom Berufungsgericht verneint wurde. Mängel des Verfahrens erster Instanz, die das Berufungsgericht nicht für gegeben erachtet, können aber auch in Sozialrechtssachen mit Revision nicht mehr geltend gemacht werden (SSV-NF 1/32 uva).
In der Rechtsrüge vertritt der Kläger die Auffassung, vom allgemeinen Arbeitsmarkt deshalb ausgeschlossen zu sein, weil sich sein Wohnhaus 6 km von der nächsten Haltestelle zu einem öffentlichen Verkehrsmittel befinde, ihm aber nur ein Anmarschweg von 1000 m zugemutet werden dürfe. Schon die Vorinstanzen erkannten aber richtig, daß es auf die Wohnverhältnisse des Versicherten im allgemeinen nicht ankommt, und unterließen daher mit Recht Feststellungen über die Wohnverhältnisse des Klägers. Wie der Oberste Gerichtshof schon mehrfach aussprach, sind nämlich für die Anforderungen, die mit dem Erreichen des Arbeitsplatzes verbunden sind, die Verhältnisse des gesamten Arbeitsmarktes maßgebend und es bildet daher die Lage der Wohnung des Versicherten ein persönliches Moment, das bei der Prüfung der Frage, ob Invalidität besteht, außer Betracht zu bleiben hat (SSV-NF 1/4 mit der hier unbeachtlichen Einschränkung, daß aus medizinischen Gründen gegen eine Wohnortverlegung oder ein Pendeln keine Bedenken bestehen dürfen; ferner SSV-NF 1/20). Die Ausführungen in der Revision bieten keinen Anlaß, von dieser Auffassung abzugehen. Der Kläger beruft sich auf den Wortlaut des § 255 Abs 3 ASVG, in dem als Voraussetzung für die Invalidität unter anderem festgelegt wird, daß dem Versicherten die Tätigkeit, auf die er verwiesen werden darf, unter billiger Berücksichtigung der von ihm ausgeübten Tätigkeiten zugemutet werden kann. Gerade dies spricht aber gegen und nicht für den Standpunkt des Klägers, weil sich aus dem wiedergegebenen Teil der Bestimmung ergibt, daß von den persönlichen Verhältnissen des Versicherten, sieht man von seinem im Gesetz ebenfalls ausdrücklich erwähnten körperlichen und geistigen Zustand ab, nur die bisher ausgeübten Berufungstätigkeiten berücksichtigt werden dürfen. Es kommt daher insbesondere nicht darauf an, ob die finanziellen Verhältnisse des Versicherten den Wohnungswechsel zulassen. Das hiezu erstattete Vorbringen des Klägers ist deshalb nicht nur wegen des im Revisionsverfahren geltenden Neuerungsverbotes, sondern auch aus den dargestellten Gründen nicht zielführend.
Die hier von den Vorinstanzen vertretene Auffassung, daß ein Anmarschweg von 1 km je Wegstrecke zu keinem Ausschluß vom allgemeinen Arbeitsmarkt führe, hat der Oberste Gerichtshof schon in seiner Entscheidung vom 16. Juni 1987, 10 Ob S 25/87, gebilligt. Der Kläger bringt dagegen in seinem Rechtsmittel ebenso wenig etwas vor wie gegen die weitere Auffassung der Vorinstanzen, daß auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine Reihe von Berufstätigkeiten zur Verfügung stünden, die dem Leistungskalkül des Klägers entsprechen. Da auch der Oberste Gerichtshof keine Bedenken dagegen hat, muß hierauf in der Sache nicht weiter eingegangen werden. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.
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