Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 8.096,71 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Umsatzsteuer von 736,06 S, keine Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin wurde bei einem vom Erstbeklagten verschuldeten Verkehrsunfall am 6. April 1985 schwer verletzt. Die Schadenersatzpflicht der Beklagten ist dem Grunde nach unbestritten. Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte die Klägerin aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes aus diesem Verkehrsunfall die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von 650.000 S sA (Schmerzengeld); überdies stellte sie ein auf Feststellung der Haftung der Beklagten für künftige Unfallschäden gerichtetes Feststellungsbegehren. Dem Feststellungsbegehren wurde mit Teilanerkenntnisurteil vom 16. Oktober 1986 (ON 6) rechtskräftig stattgegeben. Ihr Leistungsbegehren stützte die Klägerin im wesentlichen auf die Behauptung, daß die ihr zugefügten Verletzungen ein Schmerzengeld von 700.000 S rechtfertigten. Mit Rücksicht auf eine von der Zweitbeklagten geleistete Teilzahlung von 50.000 S gebühre der Klägerin noch der Klagsbetrag.
Die Beklagten wendeten ein, daß das Schmerzengeldbegehren der Klägerin überhöht sei.
Das Erstgericht verurteilte mit seinem Endurteil die Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von 550.000 S sA und wies das Mehrbegehren der Klägerin auf Zahlung eines weiteren Betrages von 100.000 S sA ab. Den gegen diese Entscheidung gerichteten Berufungen beider Streitteile gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil keine Folge.
Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Beklagten. Sie bekämpfen sie im Umfang des Zuspruches eines Betrages von 200.000 S sA an die Klägerin aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil in diesem Umfang im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise stellen sie einen Aufhebungsantrag.
Die Klägerin hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision der Beklagten keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist im Hinblick auf die Höhe des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, ohne die im § 503 Abs 2 ZPO normierte Einschränkung der Revisionsgründe zulässig, sachlich aber nicht berechtigt. Die Vorinstanzen gingen im wesentlichen von folgendem
Sachverhalt aus:
Die Klägerin erlitt bei dem Unfall vom 6. April 1985 folgende
Verletzungen:
1) Einen Gesichtsschädelbruch nach Le Fort I und III. Ein solcher Gesichtsschädelbruch zieht vom Nasenbein durch den Oberkiefer abwärts, und zwar ist der Bruch I mehr beim Nasenbein gelegen, der Bruch III mehr an der Außenseite. Es war auch zu einer Impression der Siebbeinzellen und des Augenhöhlenbogens gekommen mit Impression und Seitenverlagerung des Jochbeines, und es war ein Nasenbeinbruch vorhanden, sodaß der ganze Gesichtsschädel auf der linken Seite beteiligt war. Daneben bestand eine schwere Augapfelprellung links mit anfänglichem Doppelbildsehen. Es waren auch der Oberkiefer gebrochen und Wunden unter der linken Augenbraue und im Bereiche des Kinnes vorhanden.
2) Es bestand eine Brustkorbtraumatisierung, wobei auf der linken Seite eine Gasbrust vorhanden war und außerdem eine Kontusion des Herzens.
- 3) Es bestand links ein Darmbeinschaufelbruch.
- 4) Außerdem war rechts im Unterarm ein Speichenbruch vorhanden, der primär übersehen worden war.
5) Auf der linken Seite bestand ein offener Trümmerbruch des Unterarms mit zahlreichen Wunden, die vom linken Handrücken bis aufwärts über den Ellenbogenbereich hinausreichten; es war hier auch der Ellenhaken gebrochen.
6) Im Bereich des rechten Beines bestand ein Trümmerbruch des Oberschenkelschaftes und ferner eine Verrenkung des rechten Lisfranc'schen Gelenkes, der Verbindung zwischen Fußwurzel und Mittelfußknochen.
7) Auf der linken Seite war der Oberschenkel etwas höher gebrochen, nämlich per- und subtrochantär. Es waren Abschürfungen vorhanden und der 5. Mittelfußknochen war links an der Basis gebrochen.
8) Es bestand ein schwerer Schockzustand.
Insgesamt lagen 12 Knochenbrüche vor und außerdem eine Reihe von Prellungen, Bandverletzungen und Gelenksbeschädigungen. Die Klägerin wurde zunächst im Krankenhaus Ried im Innkreis stationär aufgenommen, und zwar vom 6. April bis 22. April 1985 (17 Tage), und dann zur weiteren Behandlung in die Augenabteilung des Krankenhauses Wels vom 22. April bis 25. April 1985 verlegt. Im Anschluß daran wurde sie in die Kieferabteilung des Krankenhauses Wels für die Zeit vom 25. April bis 8. Mai 1985 verlegt, von wo sie dann wieder nach Ried zurück überstellt wurde, wo sie vom 8. Mai bis 28. Juni 1985 verblieb. Sie war dann später nochmals vom 5. Juli 1985 bis 14. Juli 1985 im Krankenhaus Ried zur stationären Behandlung. Die Summe der stationären Aufenthalte beträgt 82 Tage. Nach der Einlieferung in das Krankenhaus Ried wurde in erster Linie eine intensive Schockbekämpfung durchgeführt; gleichzeitig wurden links ein Brustdrain eingelegt und an beiden Seiten Schienbein-Nagelextensionen vorgenommen. Ziel der Behandlung war es, die Hauptbrüche zunächst zu stabilisieren. Der Brustdrain konnte am 6. Tag entfernt werden. Es wurde dann zuerst eine offene Reposition des linken Oberschenkelbruches mit Verplattung am 12. April vorgenommen und dann eine Ostheosynthese des rechten Oberschenkels am 16. April; gleichzeitig wurde eine Bohrdrahtostheosynthese des Lisfranc'schen Gelenkes gemacht, welches völlig verrenkt war. Es wurde in diesem Zusammenhang auch festgestellt, daß am ersten Keilbein ein Knochenstück ausgebrochen war. Nach Stabilisierung und Fixierung des linken Unterarms durch zwei Bohrdrähte und einen äußeren Spanner erfolgte die Überstellung der Klägerin in die Augenabteilung des Krankenhauses Wels. Dort wurde festgestellt, daß der rechte Augapfel ziemlich unverändert war, während links am Augenhintergrund, insbesondere am Sehfleck, Veränderungen vorhanden waren mit einem Kontusionsherd und mit kleineren Blutungen. Es kam anfangs zum Doppelbildsehen, und zwar durch die Verlagerung des Augen nach hinten. Nach 3 Tagen Untersuchung und Beobachtung wurde die Klägerin, weil kein augenärztlicher Eingriff möglich war, dann auf die Kieferstation des Krankenhauses Wels verlegt, wo am 25. April eine ausgedehnte Operation notwendig wurde. Es mußte die Siebbeinzelle, die eingedrückt war, die linke Stirnhöhle und die linke Kieferhöhle tamponiert und das Jochbein mit Drahtligatur fixiert werden. Es wurde dann festgestellt, daß der Oberkiefer insgesamt abnorm beweglich war, weshalb eine Oberkiefergaumenplatte eingebunden und Oberkieferknopfschienen gegeben wurden, verbunden mit Zügeln zwischen den Zähnen. Es wurde dann auch noch eine interfaciale Aufhängung gemacht. In der weiteren Folge wurde beim Stirnbein links hinter dem linken Jochbogen der Oberkiefer angehängt. Insgesamt lag ein Eingriff erheblicher Größe vor.
In der weiteren Folge wurde festgestellt, daß am rechten Unterarm die Speiche gebrochen war, weshalb mit einem Biegungskeil und einer Verplattung der Bruch stabilisiert wurde. Von seiten des Augenarztes wurde festgestellt, daß eine Sehminderung auf 1/20 der normalen Sehschärfe eingetreten war. Im Rahmen der weiteren Behandlung erhielt die Klägerin einen Oberarmgipsverband rechts. Es war nämlich am 17. Juni eine Plattenostheosynthese an Elle und Speiche vorgenommen worden mit Spanübertragungen vom linken Darmbein. Es ist dann allmählich eine Mobilisierung mit Heilgymnastik sowie Turnen und Unterwasserbehandlung erfolgt. Schließlich wurde beim letzten Aufenthalt die Entfernung der beiden Verrieglungsschrauben am rechten Oberschenkel durchgeführt. Es sind demnach noch eine Platte an der rechten Speiche, zwei Platten am linken Unterarm, ein Nagel im rechten Oberschenkel und eine Platte im linken Oberschenkel vorhanden, die allmählich erst entfernt werden müssen.
Insgesamt war die Behandlung äußerst schwierig.
Anläßlich der Untersuchung durch den medizinischen Sachverständigen Univ.Prof.Dr.Klaus J*** ergab sich nachstehendes Gesundheitsbild der Klägerin:
Im Kopfbereich bestand eine Asymmetrie des Gesichtes und damit eine Veränderung des Gesichtsausdruckes, weil es zu einer Einsenkung der linken Wange gekommen ist mit leichter Verschiebung der Nase nach links und Rückverlagerung des linken Augapfels. Es sind auch mehrere Narben vorhanden, und zwar eine 4 cm messende am unteren Augenhöhlenrand links, unter der Augenbraue von 2,5 cm und an der Innenseite bei der Nase von 3 1/2 und 2 cm. Die Nase ist nach links zu verbreitert und der Augapfel zurückgesenkt. Es sind Veränderungen am Augenhintergrund am Sehfleck vorhanden, sodaß die Sehschärfe auf 1/20 herabgesetzt ist, also fast praktische Blindheit besteht. Doppelbilder werden nicht mehr gesehen. Es ist an der Kinnspitze eine 4,5 und 2 cm messende Narbe vorhanden. Der vierte Zahn links oben ist verlängert und gelockert. Das Gehör ist geringfügig herabgesetzt.
Die Klägerin leidet an Kopfschmerzen und Schwindelerscheinungen, doch ist das EEG normal. Zentral-nervöse Ausfallerscheinungen sind nicht vorhanden. Es besteht aber eine erhöhte Wetterempfindlichkeit im Bereich der linken Gesichtshälfte mit leichten Sensibilitätsstörungen.
Im Bereich des Brustkorbes fanden sich keine Verletzungsfolgen mehr. Das Vitalogramm war geringfügig eingeschränkt, das EKG wieder normal und die Klägerin in diesem Bereich im wesentlichen wiederhergestellt bis auf eine zarte Narbe nach dem Brustdrain. Das linke Darmbein ist gut verheilt, es ist nur eine Narbe von 7 cm zurückgeblieben, weil in diesem Bereich für die Fixierung des Unterarmbruches ein Knochenspan entnommen worden war. Im rechten Arm ist eine Platte an der Speiche vorhanden und eine diesbezügliche Narbe von 17 cm am Unterarm. Es besteht rechts eine Beweglichkeitseinschränkung des Daumengelenkes, wodurch die Kraft herabgesetzt ist.
Am linken Arm waren zwei Narben von 13 und 8,5 cm vorhanden und daneben zahlreiche weitere Narben, so am Ellenhaken von 3 und 3,5 cm, am Oberarm von 1 cm und am Unterarm von 7 x 7,5 und 11 x 4 cm. Das Drehvermögen ist in diesem Bereich eingeschränkt und die Beweglichkeit im Ellenbogen gegenüber der anderen Seite deutlich herabgesetzt. Insbesondere ist hier das Drehvermögen, besonders das Außendrehvermögen des Unterarms eingeschränkt und die Beugefähigkeit im Handgelenk ebenfalls. Der Nackengriff ist beiderseits erschwert, besonders von der linken Seite her. Die Durchblutung ist beiderseits schlecht, aber gleichmäßig.
Im Bereich des rechten Beines findet man eine 13 cm messende Narbe beim Trochanter abwärts ziehend und beim Knie eine 6 cm messende und eine flächenhafte Narbe von Schillingstückgröße und eine solche von 2 cm; ferner an der Außenseite des linken Oberschenkels eine 30 cm messende Narbe. Rechts ist noch der Marknagel und links eine Platte vorhanden.
Die Drähte im Bereich des linken Fußes sind zwar entfernt, doch blieben kleinere Narben zurück. Das Gangbild ist fast frei, jedoch der Zehenballengang erschwert. Das linke Bein ist um 1 cm kürzer. Ein besonderer Muskelschwund ist nicht mehr vorhanden, die Durchblutung ist seitengleich schlecht. Es treten immer wieder Beschwerden bei längerem Gehen auf und beim Niederknieen. Es ist auch eine allgemeine Wetterempfindlichkeit vorhanden. Spätkomplikationen sind möglich, und zwar schon wegen der noch ausstehenden Entfernung des Fixationsmaterials und anderer Nachbehandlungen.
Die Klägerin erlitt anfangs starke Schmerzen wegen der Vielzahl der Brüche, die zum Teil den Charakter sehr starker Schmerzen bewirkten, wobei diese starken Schmerzen anfangs auch vom allgemeinen Darniederliegen der Kreislaufverhältnisse bedingt waren. Es mußte auch ein Epiduralkatheder zur Schmerzlinderung gegeben werden und es wurde eine Intensivbehandlung während der ersten Phase notwendig. Wie schon erwähnt, waren auch mehrere operative Eingriffe notwendig, insbesondere in Wels am 25. April. In diesem Zusammenhang ist eine starke Beeinträchtigung der Klägerin auch deshalb eingetreten, weil Ober- und Unterkiefer mit Gummizügeln zusammengehalten werden mußten und damit die Nahrungsaufnahme sehr erschwert war. Es waren daher während der ersten 33 Tage nach dem Unfall nicht nur starke, sondern sehr starke Schmerzen von der Klägerin zu erdulden.
In der Zeit des daran anschließenden Aufenthaltes im Krankenhaus Ried bestanden mittelstarke Schmerzen, insbesondere auch im Rahmen der Mobilisierung. Der Kiefer war noch immer zusammengehängt und es gab noch durch 7 - 8 Wochen bei der Nahrungsaufnahme eine entsprechende Behinderung. Anschließend folgten die leichten und fallweise leichten Schmerzen. Beim Entfernen der zwei Schrauben waren wieder zwei Tage starke und vier Tage mittelstarke Schmerzen zu erdulden. Es folgten dem wieder leichte Schmerzen, insbesondere auch bei Wetterwechsel.
Für den Zeitraum vom 6. April 1985 bis 31. Dezember 1986, also durch 1 3/4 Jahre, hatte die Klägerin gerafft 35 Tage starke Schmerzen, 55 Tage mittelstarke Schmerzen und 4 Monate leichte Schmerzen zu erdulden, dies verteilt auf den gesamten genannten Zeitraum. Es sind noch am rechten Unterarm eine Platte, am linken Unterarm zwei Platten, am linken Oberschenkel eine Platte und am rechten Oberschenkel ein Marknagel zu entfernen, wobei wiederum mit 10 Tagen starken Schmerzen, 4 - 6 Wochen mittelstarken Schmerzen und dann leichten Schmerzen in einem gerafften Ausmaß von 6 Monaten zu rechnen ist.
Der Gesichtsausdruck der Klägerin ist etwas verändert und verunstaltet, was für sie eine psychische Belastung darstellt. Sie ist auch in ihrer Freizeitgestaltung, insbesondere der Sportausübung, sehr stark eingeschränkt und wird auch bei Wetterwechsel immer wieder Beschwerden haben. Sie kann aber den Haushalt für sich und ihren Gatten, sowie vier Kinder im Alter von 6 - 19 Jahren wieder führen. Sie kann die Buchhaltung im Tischlereibetrieb ihres Mannes nicht mehr führen und ihm auch sonst kaum mehr zur Hand gehen.
Nach der Krankenhausentlassung hatte sie wegen ihrer Veränderungen im Gesicht große Hemmungen, in Gesellschaft zu gehen. Diese Hemmungen bessern sich nur allmählich und langsam. Sie ist etwas vergeßlich geworden, leidet auch an der Erblindung eines Auges, was sie im übrigen auch beim Lenken eines PKW und bei feineren Arbeiten, wie etwa beim Nähen, behindert.
Insgesamt ist das Leben der Klägerin nach dem Unfall mit der Zeit vorher nicht mehr zu vergleichen. Sie bezieht derzeit eine Rente der P*** DER A***. Bei der Klägerin kann eine Dauerinvalidität erst nach Entfernung des Fixationsmaterials endgültig beurteilt werden. Derzeit ist die Erwerbsminderung noch von 80 auf 60 % fallend gegeben; es kommt höchstens ein Rückgang auf 40 % in Betracht.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß der Klägerin im Hinblick auf Art und Grad ihrer Verletzungen und deren Folgen ein Schmerzengeld von 600.000 S gebühre; da sie bereits 50.000 S erhalten habe, sei ihr noch ein Betrag von 550.000 S zuzusprechen, das Mehrbegehren aber abzuweisen.
Das Berufungsgericht billigte diese Bemessung des Schmerzengeldes durch das Erstgericht.
Die Beklagten versuchen in ihrer Revision darzutun, daß der Klägerin nur ein Schmerzengeld von insgesamt 400.000 S zuzuerkennen sei; damit seien ihre Verletzungen und deren Folgen hinlänglich abgegolten.
Dem ist nicht zu folgen.
Nach ständiger Rechtsprechung ist das im Sinne des § 1325 ABGB gebührende Schmerzengeld unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der körperlichen und seelischen Schmerzen des Verletzten sowie der Art und der Schwere seiner Verletzungsfolgen nach freier Überzeugung des Gerichtes global festzusetzen. Die im Vordergrund stehende Beurteilung der Umstände des Einzelfalles läßt Vergleiche mit anderen Fällen fast immer problematisch erscheinen. Darüber hinaus wurde in der Rechtsprechung bei Bemessung von Schmerzengeldansprüchen immer die fortschreitende Geldentwertung berücksichtigt; auch unter diesem Gesichtspunkt ist ein Vergleich mit vor längerer Zeit erfolgten Schmerzengeldzusprüchen nicht zielführend. Die in der Revision der Beklagten angeführten oberstgerichtlichen Entscheidungen sind unter diesen Gesichtspunkten nicht geeignet, den von den Beklagten vertretenen Rechtsstandpunkt zu stützen.
Im vorliegenden Fall erscheint entscheidend, daß die Klägerin bei dem Unfall vom 6. April 1985 eine in dieser Art nur selten vorkommende Vielzahl von schweren Verletzungen erlitten hat, die nicht nur äußerst schwere und langdauernde Schmerzen zur Folge hatten, sondern auch eine Vielzahl von Operationen erforderlich machten und noch erforderlich machen werden. Noch gravierender sind aber die verbliebenen Dauerfolgen. Die Klägerin ist nicht nur auf einem Auge praktisch erblindet, sondern auch hochgradig entstellt. Ihr Gehör ist geringfügig herabgesetzt; sie ist etwas vergeßlich geworden und leidet an Kopfschmerzen, Wetterfühligkeit und Schwindelerscheinungen. Daß gerade diese schwerwiegenden Dauerfolgen, die das Leben der Klägerin völlig veränderten, zu einer tiefgreifenden seelischen Belastung der Klägerin führen müssen, bedarf keiner weiteren Erörterung. Insgesamt handelt es sich bei den Verletzungen der Klägerin und ihren derzeit überschaubaren Folgen, die mit dem ihr gebührenden Schmerzengeld global abzugelten sind, um äußerst schwerwiegende körperliche und seelische Beeinträchtigungen, die, in ihrer Gesamtheit betrachtet, nach den Umständen des vorliegenden Einzelfalles die Bemessung des Schmerzengeldes mit insgesamt 600.000 S durchaus rechtfertigen.
Der Revision der Beklagten muß daher ein Erfolg versagt bleiben. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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