OGH 3Ob34/88

OGH3Ob34/8829.6.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei S*** I***-H*** Tiroler Sparkasse, Innsbruck, Sparkassenplatz 1, vertreten durch DDr. Hubert Fuchshuber, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die verpflichtete Partei Anna R***, Pensionistin, Telfs, Moritzenstraße 22 a, vertreten durch Dr. Thaddäus Schäfer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 403.422,10 S sA, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 12. Jänner 1988, GZ 1 a R 684/87-4, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Telfs vom 9. November 1987, GZ E 4940/87-1, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die betreibende Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung

Am 24. Oktober 1986 erklärten die Verpflichtete und eine andere Person in einem an die betreibende Partei gerichteten Schreiben, dieser auf Grund einer Bürgschaftsverpflichtung zum 21. Oktober 1986 403.422,10 S zuzüglich 12,25 % Zinsen und 6 % Verzugszinsen je seit 22. Oktober 1986 "zu schulden und diese Forderung dem Grunde und der Höhe nach anzuerkennen". Am selben Tag wurde von einem öffentlichen Notar ein Notariatsakt aufgenommen, in dem diese Urkunde im Sinn des § 54 NO notariell bekräftigt wurde. In dem Notariatsakt erteilten die Schuldner ihre ausdrückliche Zustimmung, daß er für die darin von ihnen anerkannte Schuld im Sinn der §§ 3 und 3 a NO sofort vollstreckbar sein solle und daß diese Vollstreckbarkeit im Grundbuch angemerkt werde, ohne daß der Gläubiger verpflichtet sein solle, im Falle der Exekutionsführung den Eintritt der Fälligkeit sowie die Höhe der Forderung samt Nebengebühren durch eine öffentliche Urkunde nachzuweisen.

Das Erstgericht bewilligte der betreibenden Partei auf Grund des angeführten Notariatsaktes zur Hereinbringung der Forderung von 403.422,10 S sA die Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung.

Das Rekursgericht wies den Exekutionsantrag infolge Rekurses der Verpflichteten im wesentlichen mit der Begründung ab, aus der notariell bekräftigten Urkunde ergebe sich nicht, daß die Verpflichtete zu einer Leistung verpflichtet sei. Die bloße Feststellung einer Verbindlichkeit oder das Anerkenntnis einer Schuld reiche nicht aus. Die fehlende Leistungsverpflichtung werde durch die gemäß den §§ 3 und 3 a NO abgegebene Erklärung über die sofortige Vollstreckbarkeit des Notariatsaktes nicht ersetzt. Der von der betreibenden Partei gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt. Im § 3 Abs 1 NO werden die Voraussetzungen festgelegt, unter denen ein Notariatsakt wie ein vor Gericht abgeschlossener Vergleich exekutionsfähig ist. Dazu gehört, daß darin eine Verpflichtung zu einer Leistung oder Unterlassung festgestellt wird (lit. a) und daß daraus die Zeit der Leistung oder Unterlassung zu entnehmen ist (lit. b). Diese Bestimmung ist dahin zu verstehen, daß sich der Schuldner in dem Notariatsakt ausdrücklich zu einer bestimmten Leistung oder Unterlassung verpflichtet haben muß. Die bloße Feststellung einer Verbindlichkeit genügt ebensowenig wie Festsetzung einer Rechtslage oder die Regelung eines Rechtsverhältnisses, woraus sich erst die Verpflichtung zu einer Handlung oder Unterlassung ergibt (Heller-Berger-Stix I 96;

EvBl. 1975/51; 3 Ob 81/86; 3 Ob 46/88; ebenso beim Vergleich:

EvBl. 1965/307; EvBl. 1967/161 ua). Die gemäß § 3 Abs 1 lit. d NO erklärte Zustimmung, daß der Notariatsakt sofort vollstreckbar sein solle, ersetzt die Verpflichtung zu einer Leistung oder Unterlassung nicht (EvBl. 1975/51; 3 Ob 31-33/85; 3 Ob 118/86).

Rechtliche Beurteilung

Diese Rechtslage wurde vom Rekursgericht zutreffend wiedergegeben und dieses erkannte auch richtig, daß der hier den Exekutionstitel bildende Notariatsakt die Verpflichtung zu einer Leistung nicht enthält. Aus ihm ergibt sich nur die Anerkennung und Feststellung einer Schuld, aber kein Hinweis auf die Zahlung und insbesondere nicht der Zeitpunkt, bis zu dem die Schuld zu tilgen ist. Die fehlenden Angaben hierüber werden durch die Zustimmung zur Vollstreckbarkeit nicht ersetzt.

Das in der Revision enthaltene Argument, daß die Leistungsverpflichtung zwangsläufiger Ausfluß dessen sei, was jemand schulde, ist nicht zielführend. Dies trifft zwar zu, ändert aber nichts daran, daß das Gesetz von einem Exekutionstitel besondere inhaltliche Erfordernisse verlangt, wozu bei einem Notariatsakt eben gehört, daß der Schuldner nicht bloß die Erklärung abgibt, etwas schuldig zu sein, sondern daß er sich ausdrücklich verpflichtet, die Schuld zu tilgen. Entspricht ein Notariatsakt nicht diesem inhaltlichen Erfordernis, so verliert er zwar nicht jede rechtliche Bedeutung, ist aber kein Exekutionstitel.

Die betreibende Partei beruft sich im Revisionsrekurs selbst darauf, daß der Gläubiger nach der Fassung des Notariatsaktes von den Schuldnern Zahlung verlangen könne. Dies macht aber deutlich, daß sie noch nicht die Zahlung zu einer bestimmten Zeit versprochen, sich hiezu also noch nicht verpflichtet haben. Der vorliegende Notariatsakt ist daher nicht exekutionsfähig, weil darin nicht die Verpflichtung zu einer Leistung festgestellt wird und daraus auch die Zeit der Leistung nicht eindeutig zu entnehmen ist. Die vom Obersten Gerichtshof gebilligte Rechtsansicht des Rekursgerichtes entspricht im übrigen der, die er in der schon zitierten Entscheidung EvBl. 1975/51 vertrat. Darin wurde einem Notariatsakt, der bloß das Anerkenntnis einer Schuld enthielt, die Eigenschaft eines Exekutionstitels abgesprochen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses beruht auf § 78 EO iVm §§ 40 und 50 ZPO.

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