OGH 6Ob587/86

OGH6Ob587/8623.2.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier, Dr. Angst, Dr. Bauer und Dr. Kellner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anton D***, technischer Angestellter, Deutsch-Wagram, Friedrich Hegelgasse 25, vertreten durch Dr. Anton Pokorny und Dr. Franz Withoff, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei K*** DER Z*** W***, 1040 Wien, Operngasse 20 b, vertreten durch Dr. Hans Frieders, Dr. Heimo Puschner, Dr. Christian Tassul und Dr. Georg Frieders, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung (Streitwert S 740.000), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 23. Jänner 1986, GZ 1 R 222/85-52, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 22. Juli 1985, GZ 14 Cg 4/85-46, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 18.868,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.497,15 Umsatzsteuer und S 2.400 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrt mit Urteil festzustellen, daß er der beklagten Partei nicht als Bürge und Zahler für den von dieser dem Manfred S*** (Kreditnehmer) gewährten Kredit im Betrag von 1,600.000 S hafte. Nachdem er zunächst vorgebracht hatte, eine Urkunde über eine Bürgschaftsübernahme für den Kreditnehmer der beklagten Partei überhaupt nicht unterfertigt zu haben, diese Bestreitung aber nach Einholung eines Schriftsachverständigengutachtens nicht mehr aufrechterhielt, brachte er (nach zwei Rechtsgängen zusammengefaßt) vor, er habe dem Leiter der Zweigstelle der beklagten Partei, Alexander N***, in dessen Büro dieser mit dem Kreditnehmer verhandelt habe, wiederholt erklärt, er wolle eine Haftung für den Kredit nur als Ergänzung zu einer vorgesehenen Pfandhaftung der vom Kreditnehmer mit dem Kreditbetrag zu erwerbenden Liegenschaft EZ 156 KG Königsbrunn übernehmen. Einerseits solle seine Haftung bis zum Betrag von S 500.000 beschränkt sein, andererseits nur dann gültig sein, wenn der Kreditbetrag als Kaufpreis für die vom Kreditnehmer zu erwerbende Liegenschaft verwendet werde. Sollte ihm die Erklärung eines davon abweichenden Inhaltes zuzurechnen sein, beruhe dies darauf, daß ihm die Haftungserklärung vom 23.Jänner 1980 durch Täuschungshandlungen des Zweigstellenleiters der beklagten Partei herausgelockt worden sei. Die beklagte Partei habe einen Teilbetrag der Kreditsumme, nämlich 1 Mio S zu Handen eines Treuhänders ausbezahlt und nach dem Scheitern des Liegenschaftsankaufes wieder zurückerhalten. Der restliche Kreditbetrag (von S 600.000) sei aber vereinbarungswidrig anderweitig verwendet worden. Über das Vermögen des Kreditnehmers sei in der Folge der Konkurs eröffnet worden. Die beklagte Partei habe das Kreditverhältnis als aufgelöst erklärt, eine Forderung von mehr als 740.000 S geltend gemacht und gegenüber dem Kläger auf der Rechtsverbindlichkeit seiner Bürgenerklärung in der hierüber errichteten Urkunde bestanden. Dies habe für den Kläger zur Folge gehabt, daß ein anderes Kreditinstitut seine weitere Kreditwürdigkeit verneint habe. Die zur Besicherung des Kredites in erster Linie vorgesehene Pfandhaftung der zu erwerbenden Liegenschaft hätte für die beklagte Partei volle Deckung für ihre Rückzahlungsforderung in jenem Zeitpunkt geboten, als ihr das Scheitern des Kaufvertrages über die Liegenschaft bekannt geworden sei. Die beklagte Partei habe es verabsäumt, ihr zustehende Ansprüche auf Bestellung eines Ersatzpfandes oder Aufkündigung des Kreditverhältnisses geltend zu machen. Sie hätte dafür Sorge tragen müssen, daß der über den Treuhanderlag von 1 Mio S hinausgehende Kreditbetrag von S 600.000 erst nach Ankauf der Liegenschaft an den Kreditnehmer zur Auszahlung gelange, weil die Auszahlung dieses Betrages, eines Barbetrages überhaupt, an den Kreditnehmer mit dem Kläger niemals vereinbart worden sei und dieser erst im vorliegenden Verfahren davon Kenntnis erhalten habe.

Die beklagte Partei wandte ein, der Kläger habe ohne die behaupteten Willensmängel eigenhändig eine Bürgschaftserklärung für einen Privatkredit ihres Kreditnehmers von 1,600.000 S abgegeben. Sie habe gegenüber dem Kläger als Bürgen auch keine Obliegenheitsverletzungen begangen: Sie habe erst im Dezember 1980 bei bereits eingetretener Zahlungsunfähigkeit des Kreditnehmers vom Scheitern der Verhandlungen über den Liegenschaftsankauf Kenntnis erlangt. Auf Grund der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Kreditnehmers am 5.Jänner 1982 sei sie nicht mehr in der Lage gewesen, sich Ersatzpfänder bestellen zu lassen und Rückforderungsansprüche geltend zu machen. Überdies wären solche Rechtshandlungen der Anfechtung im Konkurs unterlegen. Eine Erhöhung des Bürgenrisikos des Klägers sei nicht eingetreten. Zur Minderung des Bürgenrisikos habe für die beklagte Partei nach Scheitern der Kaufvertragsverhandlungen und Rücklangen des Treuhandbetrages vom Treuhänder keine Möglichkeit mehr bestanden. Die Begründung eines Pfandrechtes auf einer dem Kreditnehmer nur zur Hälfte gehörenden Liegenschaft mit einem Gesamtwert von S 30.000 für eine Kreditforderung von 1,600.000 S bzw 600.000 S hätte Kosten und Gebühren verursacht, die unter Berücksichtigung des Aufwandes einer Zwangsversteigerung keinen Realerlös hätte bringen können. Folgender Sachverhalt steht nach zwei Rechtsgängen und einer vom Berufungsgericht im zweiten Rechtsgang durchgeführten Beweiswiederholung fest:

Der Kreditnehmer bemühte sich bei der beklagten Partei um einen zu gewährenden Privatkredit von 1,600.000 S zur Finanzierung eines geplanten Liegenschaftsankaufes und forderte den Kläger zur Bürgenstellung auf. Der Kläger erklärte sich nach mehreren Gesprächen dazu bereit. Am 23.Jänner 1980 unterfertigte der Kläger in der Zweigstelle der beklagten Partei in Strebersdorf vor dem damaligen Leiter der Zweigstelle Alexander N***, der die Verhandlungen über die Kreditgewährung mit dem Kreditnehmer geführt hatte, die als Bürgschaftsübernahme bezeichnete Urkunde. Vorher hatte der Kläger den Kreditvertrag der beklagten Partei mit dem Kreditnehmer über 1,600.000 S durchgelesen. Nach den über den Formularvordruck hinaus besonders vereinbarten Vertragspunkten 12 bis 16 wurde im Kreditvertrag nicht nur auf die Bürgenhaftung des Klägers (P 12) und dessen Risikoversicherung (P 14) hingewiesen, sondern in P 13 ausdrücklich festgehalten, der Kreditnehmer und seine Ehefrau haben der beklagten Partei "die ihnen künftig je zur Hälfte gehörige Liegenschaft EZ 156 KG Königsbrunn Gerichtsbezirk Korneuburg als Haupteinlage und die ihnen je zur Hälfte gehörige Liegenschaft EZ 2013 KG Roggendorf Gerichtsbezirk Gänserndorf als Nebeneinlage bis zum Höchstbetrag von 2,080.000 S je an erster Stelle simultan zu verpfänden. Die zu erwerbende Liegenschaft ist zum vollen Neubauwert gegen Brandschaden versichert zu halten. Die Vinkulierungserklärung ...... ist bei Unterschriftsleistung

vorzulegen ........ (die Beklagte) wird die Treuhandvaluta von

1 Mio S unter Haftung des Kreditnehmers für alle Schäden wegen der Treuhandschaft an Herrn Dr. Michael K*** überweisen, der für die Eintragung des Simultanpfandrechtes an erster Stelle Sorge tragen wird." Es war vereinbart, daß der Betrag von 1 Mio S aus dem Kredit zur treuhändigen Verwahrung bis zum Abschluß des Kaufvertrages über die Liegenschaft an den vertragserrichtenden Notar Dr. K*** überwiesen werden sollte, wobei der Notar auch die Eintragung des Simultanpfandrechtes auf der zu erwerbenden Liegenschaft und der dem Kreditnehmer und seiner Ehefrau bereits gehörenden Liegenschaft in Roggendorf mit einem Höchstbetrag von 2,080.000 S grundbücherlich zu besorgen hatte.

Nach dem Inhalt der Bürgschaftserklärung übernahm der Kläger zur Sicherstellung aller Forderungen der beklagten Partei aus dem näher bezeichneten Kreditverhältnis über die Gewährung eines Kredites von 1,600.000 S an den Kreditnehmer die Haftung als Bürge und Zahler gemäß § 1357 ABGB. Bei der schriftlichen Abfassung der Bürgenerklärung wurde ein Vordruck verwendet, dessen dritter Absatz lautet: "Ich/Wir verzichte(n) auf die Geltendmachung der mir/uns als Bürge(n) nach dem Gesetz zustehenden Einreden, insbesondere auf die Einrede der Aufrechnung. Ihre Rechte gehen erst dann auf mich/uns als Bürgen über, wenn Sie wegen Ihrer sämtlichen Ansprüche gegen den Hauptschuldner vollständig befriedigt sind. Bei etwaiger Verlängerung des von Ihnen gegebenen Kredites bleibt die Bürgschaft in Geltung". Der anschließende Satz "Sie erlischt auch nicht durch vorübergehende Rückzahlung des Kredites bei Fortbestand des Kreditverhältnisses" wurde auf Verlangen des Klägers vor seiner Unterschriftsleistung gestrichen. Gleichzeitig mit der Unterfertigung der Bürgschaftserklärung unterschrieb der Kläger den Antrag an einen Versicherer auf Abschluß einer Risikoversicherung mit einer Versicherungssumme von 500.000 S. Von einer Begrenzung der Bürgenhaftung auf die Höhe der Versicherungssumme war nie die Rede. Im Antrag auf Risikoversicherung wurde diese Summe gewählt, weil bei einer höheren Versicherungssumme eine ärztliche Untersuchung erforderlich gewesen wäre. Der Kläger erörterte weder mit dem Kreditnehmer noch mit dem Zweigstellenleiter der beklagten Partei was geschehen sollte, falls der vom Kreditnehmer angestrebte Grunderwerb unterbleibe. Eine Bedingung, daß die Bürgschaft nur unter der Voraussetzung des Liegenschaftsankaufes und eine Auszahlung des eingeräumten Kreditgesamtbetrages von 1,600.000 S nur nach Zustandekommen des Kaufvertrages durchgeführt werden dürfe, war nicht Inhalt des Bürgschaftsvertrages.

Am 26.Februar 1980 überwies die beklagte Partei von der Kreditvaluta 1 Mio S entsprechendd P 13 des Kreditvertrages vom Kreditkonto an den im Kreditvertrag genannten Notar Dr. K*** und über fernmündlichen Überweisungsauftrag, wer diesen erteilt hat kann nicht festgestellt werden, 530.620 S auf ein ebenfalls bei der beklagten Partei eingerichtetes Konto, lautend auf die S*** & Co Gesellschaft mbH, welches zum Zeitpunkt der Überweisung mit mehr als 530.000 S im Debet war. Für diesen Kredit hatten Manfred S***, seine Ehefrau und zwei weitere Verwandte die selbstschuldnerische Mithaftung übernommen. Diese durchgeführte Überweisung widerspricht nicht der getroffenen Kreditvereinbarung und der Bürgschaftsübernahme.

Bei Abschluß des Kreditvertrages und Unterfertigung der Bürgenerklärung war der Kaufpreis der zu erwerbenden Liegenschaft noch nicht vereinbart. Bei den Vertragsverhandlungen schwankten die Vorstellungen der Liegenschaftseigentümerin und des Kreditnehmers zwischen 1,200.000 S und 1,400.000 S. Nach Überweisung der Kreditvaluta führte der Kreditnehmer noch weitere Vertragsverhandlungen, ein Kaufvertrag über die Liegenschaft kam aber nicht zustande.

Peter H***, in der Folge Kreditsachbearbeiter der beklagten Partei, ersuchte den Kreditnehmer wiederholt um Aufklärung über die Verzögerung beim Liegenschaftskauf, ohne eine zufriedenstellende Auskunft zu erhalten. Ende November, Anfang Dezember 1980 brachte Peter H*** durch Anfrage bei Notar Dr. K*** in Erfahrung, daß nach dessen Ansicht der Kaufvertrag wahrscheinlich niemals zustandekommen werde. Die beklagte Partei forderte daraufhin die Rücküberweisung des Treuhandbetrages, was am 16.Dezember 1980 auch geschah. In weiterer Folge informierte Peter H*** den Kreditnehmer darüber und urgierte im Gespräch die Rücküberweisung des auf das Konto der S*** & Co Gesellschaft mbH überwiesenen Teilbetrages von 530.620 S oder jedenfalls das Anbot von Ersatzbesicherungen. Neben dem Rückfluß des Treuhandbetrages von 1 Mio S erfolgten durch den Kreditnehmer am 29.Mai 1980, 24.Juli 1980, 26.August 1980 und 3. November 1981 Teilzahlungen von zusammen 97.520 S auf das Kreditkonto. Der Kreditnehmer wurde von der beklagten Partei am 30. April, 30.Juni, 31.Juli, 30.September, 31.Oktober 1980 sowie am 31. Jänner, 28.Februar, 31.März, 30.Juni, 31.Juli und 31.August 1981 zur Einhaltung seiner Rückzahlungsverpflichtungen gemahnt. Die Mahnschreiben wurden in Durchschrift auch an alle Mitverpflichteten und Bürgen, so auch an den Kläger übersandt. Die Reaktionen des Kreditnehmers waren jeweils mündliche nicht eingehaltene Zahlungsversprechen. Die Forderungen des Kreditsachbearbeiters Peter H*** nach weiteren Sicherheiten beantwortete der Kreditnehmer dahin, daß er die Sicherheiten für weitere Kredite benötige. Mit diesen Krediten wolle er auch den gegenständlichen Kredit in den Rahmen der Vereinbarung bringen. Er wurde diesbezüglich auch aktiv, ein anderes Kreditinstitut erkundigte sich bei der beklagten Partei. An eine Stellung weiterer Bürgen, etwa Familienmitglieder des Kreditnehmers, war nicht zu denken, weil diese bereits für andere Kredite Bürgschaften übernommen hatten. Der Kreditnehmer beteuerte gegenüber Peter H***, in dem von ihm eröffneten Lokal "R***" werde eine Diskothek eingebaut. Wenn diese in Betrieb gehe, gebe es mit der Rückzahlung keine Schwierigkeiten mehr. Auf der dem Kreditnehmer gehörenden Hälfte der Liegenschaft in Raggendorf, deren Gesamtwert etwa 30.000 S betrug, wurde aus wirtschaftlichen Gründen kein Pfandrecht für die Kreditforderung eingetragen. Sonstiges Vermögen des Kreditnehmers war nicht feststellbar. Als im September/Oktober 1981 klar wurde, daß das Lokal "R***" nicht den erwarteten Erfolg brachte, den der Kreditnehmer der beklagten Partei dargestellt hatte, wurde der Kredit "echt" notleidend.

Am 5. Jänner 1982 wurde über Antrag des Kreditnehmers vom 23. November 1981 über dessen Vermögen der Konkurs eröffnet. Am 1. Februar 1982 "entzog" die beklagte Partei dem Kreditnehmer den Kredit, der mit 744.712,61 S aushaftete. Es stellte sich heraus, daß die Konkursmasse vollkommen vermögenslos war, es konnten nach der Schlußrechnung des Masseverwalters nur Einnahmen von 15.000 S aus dem Verkaufserlös des Hälfteanteiles des Kreditnehmers an der Liegenschaft Raggendorf erzielt werden.

Über das Vermögen der Firma S*** & Co Gesellschaft mbH wurde am 13.April 1981 der Konkurs eröffnet, über jenes der Firma R*** Restaurationsgesellschaft mbH am 30.Oktober 1981 der Ausgleich und in der Folge der Anschlußkonkurs eröffnet.

Rechtliche Beurteilung

Im Aufhebungsbeschluß vom 22.November 1984 6 Ob 702/84 im ersten Rechtsgang - damals fehlten Feststellungen darüber, wann und wie das Scheitern der Liegenschaftsankaufsverhandlungen bekannt geworden war und wie sich der Kläger, der Kreditnehmer und die beklagte Partei nach Überweisung des Treuhandbetrages an den Treuhänder und des restlichen Kreditbetrages an die S*** & Co Gesellschaft mbH verhielten - hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß nach den schon damals getroffenen Feststellungen sich der Kläger nach dem Inhalt seiner Bürgschaftserklärung als Bürge und Zahler zur Sicherung der Forderungen der beklagten Partei gegenüber dem Kreditnehmer verpflichtete, weil die beklagte Partei die Kreditgewährung von der Bestellung eines tauglichen Bürgen abhängig gemacht hatte. Die Bürgenhaftung des Klägers wurde aber inhaltlich durch die zu besichernde Forderung der beklagten Partei bestimmt. Daß die beklagte Partei dem Kreditnehmer den von ihm zur Finanzierung eines Liegenschaftsankaufes beantragten Kredit nicht oder nur zu wesentlich anderen Abreden in der Hauptsache einzuräumen bereit gewesen wäre, wurde nicht behauptet. Es bestand eine letztlich erfolgreiche Bewerbung des Kreditnehmers um einen "Privatkredit". Die Finanzierung des konkreten Liegenschaftskaufes war zwar der offengelegte Anlaß für den Kreditwunsch des Kreditnehmers aber kein Wesensmerkmal des Kreditvertrages. Ein offensichtlich vertraglich gewahrtes Interesse der beklagten Partei war aber an der pfandrechtlichen Sicherstellung ihrer Ansprüche aus dem Kreditvertrag anzunehmen, wobei die Bewirkung dieser Besicherung in Ansehung eines Teilbetrages von 1 Mio S durch die vereinbarte Treuhandschaft gewährleistet sein sollte. Sollte der Kläger bei Übernahme seiner Bürgschaftsverpflichtung der Ansicht gewesen sein, die beklagte Partei sei nach dem Kreditvertrag zur Auszahlung der Kreditsumme nur dann verpflichtet, wenn gewährleistet ist, daß der Betrag zu dem vom Kreditnehmer angegebenen Kauf verwendet werde, ist die Veranlassung eines solchen Irrtumes nicht der beklagten Partei zuzurechnen, weil weder behauptet noch festgestellt ist, daß der Kläger bei der beklagten Partei dargelegt oder diese auf andere Weise davon Kenntnis gehabt hätte, aus welchem Grund er sich zur Bürgschaft für den Kreditnehmer bereit fand. Die Pfandbestellungsverpflichtung diente offenkundig nur dem Sicherungsbedürfnis der beklagten Partei.

Wäre vor oder bei Leistung der Bürgschaft die vereinbarte Pfandbestellung erfolgt, wäre dem Kläger die Regelung nach § 1360 ABGB zustatten gekommen. Auf die in der Bürgschaftserklärung enthaltene Verzichtserklärung in ihrer allgemeinen Form hätte sich die beklagte Partei aus dem Grunde des § 937 ABGB nicht berufen können. § 1360 ABGB umreißt mangels wirksamer Abbedingung die Interessen des Klägers, die bei der Ergänzung des Bürgschaftsvertrages durch eine Regelung für den nicht bedachten, aber in der Folge eingetretenen Fall der Vereitelung des Liegenschaftskaufes nach den Grundsätzen des redlichen Geschäftsverkehrs zu beachten sind. Bis zur Pfandbestellung war die Forderung der beklagten Partei auf das vereinbarte Simultanpfandrecht auf der zu erwerbenden Liegenschaft und einer bereits im Eigentum des Kreditnehmers und seiner Gattin gestandenen Liegenschaft nur durch die Treuhandschaft im Teilbetrag von 1 Mio S gesichert. In dieser Hinsicht ist es zur Rückzahlung und damit - von Nebenforderungen an Zinsen und Spesen abgesehen - auch zu keiner aufrecht gebliebenen Rückzahlungsforderung der beklagten Partei gekommen.

Der Bürgschaftsvertrag ist im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag in ergänzender Vertragsauslegung dahin zu verstehen, daß die beklagte Partei gegenüber dem Kläger als Bürgen und Zahler die Obliegenheit traf, die im Kreditvertrag vorgesehenen hypothekarischen Sicherheiten zu bewirken, etwa bestehende Ansprüche auf ein Ersatzpfand zu betreiben oder ein etwa bestehendes Recht zur vorzeitigen Beendigung des Kreditverhältnisses auszuüben. Es ist der übereinstimmende Vertragswille der Streitteile zu unterstellen, daß Nachlässigkeiten des Gläubigers, die zur Schmälerung oder zum Verlust der hypothekarischen Sicherstellung führen ebenso wie Versäumnisse in einer möglichen vorzeitigen Fälligstellung der Rückzahlungsverpflichtung gegenüber dem Bürgen zu verantworten sind. Soweit infolge einer Verletzung dieser Obliegenheiten durch die beklagte Partei eine Bürgenhaftung des Klägers aktualisiert worden wäre, könnte sie von der beklagten Partei nur bei Nachweis geltend gemacht werden, daß auch ohne Obliegenheitsverletzung die Bürgschaft eingetreten wäre. Dem Kläger obliegt die Beweislast, daß die vorgesehene Pfandhaftung für die beklagte Partei - und damit auch für ihn im Wege der Einlösung - volle Deckung für die Rückzahlungsforderung geboten hätte, die in dem Zeitpunkt bestand, als das Scheitern des Kaufvertrages der beklagten Partei bekannt geworden war, die beklagte Partei es aber verabsäumte, ihr zustehende Ansprüche auf Bestellung eines Ersatzpfandes oder auf Aufkündigung des Kreditverhältnisses geltend zu machen. Die beklagte Partei kann sich von ihrer Haftung befreien, wenn sie beweist, daß solche Unterlassungen das Bürgenrisiko nicht erhöht hätten. Nachdem die Vorinstanzen die dazu erforderlichen Feststellungen über die Entwicklung und die Handlungen der Streitteile sowie des Kreditnehmers ab Krediteinräumung im zweiten Rechtsgang nachgetragen hatten, wiesen sie übereinstimmend das Klagebegehren ab: Der beklagten Partei seien Nachlässigkeiten, die zur Schmälerung oder zum Verlust der beabsichtigten hypothekarischen Sicherstellung geführt hätten ebensowenig vorzuwerfen, wie die Versäumnis einer möglichen vorzeitigen Fälligstellung des eingeräumten Kredites. Der Kreditnehmer sei immer wieder gemahnt worden und habe bis Ende 1980 Rückzahlungen von rund 80.000 S geleistet. Es seien keine Sicherheiten hervorgekommen, die auch nur zur Verminderung der Rückzahlungsverpflichtung des nun klagenden Bürgen geführt hätten.

Durch keine mögliche Maßnahme wäre eine realistische Minderung der Verbindlichkeiten des Kreditnehmers möglich gewesen. Die beklagte Partei habe auf Grund dieser Situation zweckmäßige Prüfungen angestellt und die Bestellung von Ersatzsicherheiten verlangt. Außer der Liegenschaftshälfte in Roggendorf, hinsichtlich derer wegen der Kosten der Pfandbestellung die Verwertung wirtschaftlich nicht zweckmäßig gewesen wäre, seien keine Vermögenswerte des Kreditnehmers vorhanden gewesen.

In seiner Revision macht der Kläger Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und beantragt, das Urteil des Berufungsgerichtes im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern und stellt hilfsweise einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision keine Folge zu geben. Der Revision kommt keine Berechtigung zu.

Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens erblickt der Revisionswerber darin, daß es das Berufungsgericht unterlassen habe, der beklagten Partei aufzutragen, einen Nachweis für den Auftrag zur Überweisung der über den Treuhandbetrag hinausgehenden Kreditsumme auf das Konto der S*** & Co Gesellschaft mbH zu erbringen. Wenn kein Überweisungsauftrag des Kreditnehmers vorgelegen sei, wäre die Überweisung widerrechtlich erfolgt und habe den Kreditnehmer und damit auch den Bürgen nicht verpflichten können.

Es ist richtig, daß das Berufungsgericht zwar die Feststellungen des Erstgerichtes (nach denen die Überweisung über telefonischen Auftrag des Kreditnehmers erfolgte) übernommen hat und darüber hinaus nur zusätzliche Feststellungen treffen wollte, aber in der Behandlung der von der beklagten Partei erhobenen Rüge der Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens ausführte, auf Grund der durchgeführten Beweiswiederholung sei nicht feststellbar, wer mündlich den Auftrag an die beklagte Partei zur Überweisung des Kreditrestbetrages erteilt hat. Dies, weil die Mitarbeiter der beklagten Partei aus eigener Erinnerung dazu nichts aussagen konnten und ein schriftlicher Überweisungsauftrag nicht aufgefunden wurde. Ein Auftrag an die beklagte Partei, einen schriftlichen Nachweis für die Überweisung vorzulegen, hätte also keinen Erfolg haben können. Dem Revisionswerber ist entgegenzuhalten, daß nach den Feststellungen die Verfügungsmöglichkeit des Kreditnehmers über den die Treuhandsumme übersteigenden Kreditbetrag nicht eingeschränkt war, weil eine Vereinbarung, daß der Kreditnehmer bis zum Abschluß des Liegenschaftskaufvertrages keine Dispositionen treffen könne, nicht geschlossen wurde. Manfred S*** hatte für den Kredit der S*** & Co Gesellschaft mbH nicht nur die selbstschuldnerische Haftung übernommen, er war damals auch deren alleiniger Geschäftsführer (HRB 14721 des Handelsgerichtes Wien). Wäre die Überweisung gegen oder auch nur nur ohne seinen Willen erfolgt, hätte er jederzeit eine Rücküberweisung veranlassen können. Da dies nicht geschehen ist, muß jedenfalls seine Zustimmung zu der erfolgten Überweisung angenommen werden. Daß ihm die erfolgte Überweisung aber jedenfalls bekannt war, ergibt sich aus der Feststellung, daß der Kreditbearbeiter der beklagten Partei, Peter H***, nach Bekanntwerden des Scheiterns des Liegenschaftsankaufes die Rücküberweisung des auf das Konto der S*** Gesellschaft mbH überwiesenen Teilbetrages von S 530.620,-- (vergeblich) gefordert hat.

Zutreffend hat das Berufungsgericht auch die Verletzung von Obliegenheitspflichten der beklagten Partei gegenüber dem Kläger verneint. Auch für diesen war erkennbar, daß zum Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme der Kredit (abgesehen von der Haftung des Kreditnehmers und seiner Ehefrau als Hauptschuldner) nur durch den Treuhanderlag von 1 Mio S abgesichert war und bis zur Eintragung der Simultanpfandrechte auch bei günstiger Entwicklung noch geraume Zeit vergehen werde, in der Kreditrückzahlungsraten fällig und Zinsen auflaufen würden. Der Kläger wurde von der beklagten Partei durch Übersendung von Durchschriften zahlreicher Mahnungen an den Kreditnehmer davon informiert, daß der Hauptschuldner mit seinen Verpflichtungen im Rückstand war. Der Kläger hat nicht einmal behauptet, daß er sich bei der beklagten Partei oder dem Kreditnehmer auch nur über den Stand der Dinge erkundigt hätte. Die Aufkündigung des Kreditvertrages bei Nichteinhaltung der vereinbarten Rückzahlungsraten ist primär ein Recht, nicht aber eine Pflicht der Bank. Nur wenn diese zum Nachteil des Bürgen unterblieben wäre, stellt die Unterlassung der Aufkündigung eine Obliegenheitsverletzung diesem gegenüber dar. So lange die beklagte Partei noch damit rechnen konnte, der Kreditnehmer werde seinen Verpflichtungen (wenn auch verspätet) nachkommen, war ein Zuwarten mit der Aufkündigung im Interesse des Bürgen. Da der Kreditnehmer einerseits eine Umschuldung in Aussicht stellte, die durch die Anfrage eines anderen Kreditinstitutes bei der beklagten Partei für diese nicht von vornherein als aussichtslos beurteilt werden mußte, andererseits einen Gastgewerbebetrieb führte, der erst im Aufbau war und nach dessen vollem Betrieb man sich höhere Erträge erwartete, mußte der beklagten Partei, welche sich auch bemühte, Rückzahlungen und zusätzliche Sicherheiten zu erlangen, ein Zuwarten auch im Interesse des Bürgen wirtschaftlich gesehen durchaus sinnvoll erscheinen. Schließlich hat das Verfahren ergeben, daß der Kreditnehmer schon nach Bekanntwerden des Scheiterns der Liegenschaftskaufverhandlungen im Dezember 1980, also ab Anfang 1981 außer einer Liegenschaftshälfte im Wert von S 15.000 aus deren Verwertung im Hinblick auf die hohen damit verbundenen Prozeß- und Exekutionskosten ein Erlös für die beklagte Partei wohl nicht zu erzielen gewesen wäre, über keine Vermögenswerte mehr verfügte, die auch nur zu einer Verminderung der Rückzahlungsverpflichtung des Bürgen geführt hätten.

Der Revision war daher insgesamt keine Folge zu geben. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41 und 50 ZPO.

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