Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wieder hergestellt wird. Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rekurses an die zweite Instanz selbst zu tragen. Die Kosten des Revisionsrekurses der betreibenden Partei werden mit 5.657,85 S (darin enthalten 514,35 S Umsatzsteuer) als weitere Exekutionskosten bestimmt.
Text
Begründung
Am 4.6.1986 beantragte die betreibende Partei beim Buchgericht auf Grund dreier gegen den am 29.12.1985 verstorbenen Franz W*** und eines weiteren gegen dessen Verlassenschaft ergangenen Titels unter Vorlage des erstgerichtlichen Mantelbeschlusses samt Einantwortungsurkunde vom 22.5.1986, A 17/86, mit dem Hinweis, daß sich daraus die übrigens gerichtsbekannte Rechtsnachfolge ergebe, gegen die Alleinerbin Walfriede W*** zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von 100.000 S samt Zinsen und Kosten die Exekution mittels zwangsweiser Pfandrechtsbegründung durch Einverleibung des Pfandrechtes auf der der Verpflichteten zugeschriebenen Hälfte der Liegenschaft EZ 52 Grundbuch Dörnbach, auf der damals ein Belastungs- und Veräußerungsverbot für den verstorbenen Franz W*** einverleibt war.
Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution. Dagen erhob die Verpflichtete einen auf Abweisung des Exekutionsantrages gerichteten Rekurs, weil das noch zugunsten Franz W*** einverleibte Belastungs- und Veräußerungsverbot trotz des Todes des Berechtigten der Bewilligung der Exekution entgegenstehe und die betreibende Partei entgegen dem § 9 EO nicht durch öffentliche Urkunden bewiesen habe, daß die in den Exekutionstiteln festgestellten Verpflichtungen von Franz W*** auf die Verpflichtete übergegangen seien; die betreibende Partei habe sich - nach Meinung der Rekurswerberin - nicht auf die Einantwortungsurkunde berufen. Die Rechtsmittelwerberin gestand jedoch zu, daß ihr der Nachlaß ihres am 29.12.1985 verstorbenen Ehemannes mit der schon erwähnten Einantwortungsurkunde eingeantwortet wurde und daß sie daher dessen Gesamtsrechtsnachfolgerin und damit Eigentümerin der gesamten Liegenschaft EZ 52 Grundbuch Dörnbach ist.
Das Rekursgericht wies den Exekutionsantrag mit der Begründung ab, daß die Einantwortung im Zeitpunkt der Exekutionsbewilligung noch nicht grundbücherlich durchgeführt und das Belastungs- und Veräußerungsverbot noch nicht gelöscht gewesen sei. Letzteres hindere die zwangsweise Pfandrechtsbegründung auch dann, wenn die betreibende Partei durch Vorlage entsprechender Urkunden - wie hier durch die Einantwortungsurkunde - das Erlöschen des Verbotsrechtes nachweise. Dazu berief sich das Rekursgericht auf die Entscheidung EvBl. 1962/486, wegen der es aussprach, daß der Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Dagegen richtet sich der auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Exekutionsbewilligungsbeschlusses gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs der betreibenden Partei, welche die Voraussetzungen der Anfechtbarkeit nach dem gemäß § 78 EO anzuwendenden § 528 Abs.2 iVm § 502 Abs.4 Z 1 ZPO darin erblickt, daß die von der zweiten Instanz zitierte Entscheidung mit anderen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes in Widerspruch stehe und von der Lehre kritisiert worden sei.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig, weil gegen die Entscheidung EvBl. 1962/486 von der Lehre (Heller-Berger-Stix 905 f) gewichtige Bedenken geäußert wurden.
Das Rechtsmittel ist auch berechtigt.
Ergibt sich schon aus der Eintragung, daß das Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten einer im § 364 c ABGB nicht genannten Person oder sonst unzulässigerweise im Grundbuch eingetragen wurde, so ist auf dieses Verbot nicht Bedacht zu nehmen (Heller-Berger-Stix 905; Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rz 10 zu § 364 c; SZ 27/93; SZ 43/102).
Die schon aus der bücherlichen Eintragung oder den ihr zugrundeliegenden Urkunden erkennbare Unzulässigkeit der Verbücherung des Verbotes unterscheidet sich von dem hier zu beurteilenden Fall der offenkundigen Gegenstandslosigkeit der bücherlichen Eintragung nicht wesentlich. In beiden Fällen besteht die eine zwangsweise Pfandrechtsbegründung scheinbar hindernde Grundbuchssperre zu Unrecht, ohne daß dem von der Entscheidung EvBl.1962/486 hervorgehobenen Unterschied, daß es sich im einen Fall um ein schon ursprünglich zu Unrecht eingetragenes Verbot, im anderen um ein zulässigerweise verbüchertes, nachträglich unwirksam gewordenes Verbot handle, entscheidende Bedeutung zukommt. Der erkennende Senat hat sich daher schon in seiner Entscheidung vom 4.3.1987, 3 Ob 28/87, der von Heller-Berger-Stix 905 f vertretenen Rechtsansicht angeschlossen, daß dann, wenn der Tod des Belasteten durch das beim selben Gericht anhängige Verlassenschaftsverfahren nachgewiesen ist, das eine sofortige Löschung ermöglichende Unwirksamwerden der bücherlichen Eintragung infolge des Todes des Belasteten (Spielbüchler aaO Rz 15 zu § 364 c; Koziol-Welser II7 42; SZ 25/95; NZ 1974, 188 ua) auch bei der Entscheidung über den Antrag auf Begründung des Zwangspfandrechtes zu beachten ist. Besteht kein Zweifel, daß das eingetragene vertragliche Verbot erloschen und die Eintragung daher gegenstandslos ist - die Löschung solcher Eintragungen erfolgt in der Regel erst im Zuge der Verbücherung der Ergebnisse der Verlassenschaftsabhandlung - , dann steht im Sinne des nach § 88 Abs.2 EO anzuwendenden § 94 GBG der beantragten Eintragung des Zwangspfandrechtes auch nach dem Grundbuchsstand in Wahrheit kein Hindernis mehr entgegen.
Diese grundsätzlichen Überlegungen sind auf den vorliegenden Fall insoweit anzuwenden, als auch hier kein Zweifel darüber besteht, daß das eingetragene vertragliche Verbot erloschen und die Eintragung daher gegenstandslos geworden ist.
Auch wenn man Veräußerungs- und Belastungsverbote für aktiv vererblich hält (so zB Ehrenzweig-Kralik, Erbrecht 11, anders zB Welser in Rummel, ABGB, Rz 6 zu § 531; Koziol-Welser, Grundriß7 II 259), wäre das Belastungs- und Veräußerungsverbot im vorliegenden Fall mit der Einantwortung des Nachlasses des Verbotsberechtigten an die Verbotsbelastete durch Vereinigung nach § 1445 ABGB erloschen. Walfriede W*** kann nicht sich selbst verpflichtet sein, die Belastung und Veräußerung ihrer Liegenschaftshälfte zu unterlassen. § 1446 ABGB, nach dessen erstem Satz Rechte und Vrbindlichkeiten, welche den öffentlichen Büchern einverleibt sind, durch die Vereinigung nicht aufgehoben werden, bis die Löschung aus den öffentlichen Büchern erfolgt ist (§ 526), ist auf dieses vertragsmäßige Belastungs- und Veräußerungsverbot nicht anwendbar, weil ein Wiederaufleben des erloschenen Verbotes ausgeschlossen ist (vgl. Bolla, Ein Beitrag zur Lehre vom rechtsgeschäftlichen Veräußerungsverbot, JBl.1952, 217 f).
Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung des verstärkten
Senates vom 29.6.1987, 3 Ob 130/86, JBl.1987, 592 = NZ 1987, 297
(EFSlg GBS 1987/102) = RdW 1987, 287) ausgeführt, daß das auf einer
Liegenschaft einverleibte rechtsgeschäftliche Belastungs- und Veräußerungsverbot der exekutiven Bewilligung der Belastung oder Veräußerung nicht entgegensteht, wenn der Verpflichtete und der Verbotsberechtigte die betriebene Forderung nach dem Exekutionstitel als Gesamtschuldner zu leisten haben. Im Falle einer solchen Mithaftung des Verbotsberechtigten entfällt nämlich der allein anzuerkennende Zweck eines solchen rechtsgeschäftlichen Verbotes, dem Liegenschaftseigentümer im Interesse des Begünstigten eine Belastung oder Veräußerung der Liegenschaft ohne dessen Zustimmung unmöglich zu machen. Diese Verbote sollen aber nicht verhindern, daß Gläubiger zur Sicherung oder Befriedigung einer Forderung, für die ihnen Liegenschaftseigentümer und Verbotsberechtigter zur ungeteilten Hand haften, auf die Liegenschaft Exekution führen können. Wenn der mit dem Verbot belastete Liegenschaftseigentümer und der Verbotsberechtigte als Gesamtschuldner zur ungeteilten Hand, also "einer für alle und alle für einen" haften, so müssen sie hiefür mit ihrem gesamten Vermögen einstehen und sind verpflichtet, das Eingreifen in ihre Rechtsgüter, in der Regel in das ganze Aktivvermögen, als Ersatz für die Nichterfüllung der Schuld zu dulden. Das Exekutionshindernis des im Grundbuch einverleibten Verbotes wird daher in einem solchen Falle nicht nur durch die Zustimmung des Verbotsberechtigten gebrochen, sondern auch durch jeden Exekutionstitel, der ihn und den Liegenschaftseigentümer solidarisch zur Leistung und damit zur Duldung des Zugriffs auf das gesamte Vermögen beider Schuldner verpflichtet.
Die zitierten Überlegungen des verstärkten Senates sind auch auf den vorliegenden Fall anwendbar. Wenn das Exekutionshindernis des im Grundbuch einverleibten Verbotes durch jeden Exekutionstitel gebrochen wird, der den Verbotsberechtigten und den Liegenschaftseigentümer solidarisch zur Leistung verpflichtet, so muß dies umso mehr dann gelten, wenn dem Exekutionsrichter - wie im vorliegenden Fall - urkundlich nachgewiesen ist, daß der Liegenschaftseigentümer (durch Einantwortung) Gesamtrechtsnachfolger des Verbotsberechtigten geworden ist. Dazu kommt hier, daß die Schuldverpflichtung nach den Exekutionstiteln gegen diesen Verbotsberechtigten begründet wurde und im Weg der Universalsukzession erst auf die Verpflichtete übergegangen ist. Der angefochtene Beschluß war daher durch Wiederherstellung des erstgerichtlichen Exekutionsbewilligungsbeschlusses abzuändern. Die Entscheidung über die Kosten des Rekurses der Verpflichteten beruht auf den gemäß § 78 EO anzuwendenden §§ 40 und 50 ZPO, die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses auf § 74 EO.
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