OGH 3Ob127/87

OGH3Ob127/872.12.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei S*** & Co. Bankaktiengesellschaft, Wien 1., Renngasse 1-3, vertreten durch Dr. Peter Kisler und DDr. Karl Pistotnik, Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichtete Partei Christine H***, Angestellte, Schwallenbach 25, vertreten durch Dr. Stefan Gloss und Dr. Hans Pucher, Rechtsanwälte in St. Pölten, wegen S 6 Mio. sA, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgerichtes vom 2.September 1987, GZ R 486/87-11, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes St. Pölten vom 16.Juli 1987, GZ 4 E 26/87-2, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird. Die Revisionsrekurskosten werden mit S 28.249,65 (darin S 2.568,15 an Umsatzsteuer) als weitere Kosten des Exekutionsverfahrens bestimmt.

Text

Begründung

Ing. Helmut R*** und die Verpflichtete haben in einem Notariatsakt vom 1.12.1986 ihre Zustimmung gegeben, daß dieser in Ansehung der darin von ihnen anerkannten Schuld an Kapital, Zinsen, Verzugs- und Zinseszinsen und Nebengebührenkaution im Sinne der §§ 3 und 3 a der NO vollstreckbar ist. In der dem Notariatsakt beigehefteten Privaturkunde bestätigte Ing. Helmut R***, von der betreibenden Partei ein Darlehen von S 6 Mio. zugezählt erhalten zu haben. Punkt I der Darlehensvereinbarung behandelt die im Zusammenhang mit der Darlehensgewährung entstehenden Kosten. In Punkt II wird festgelegt, daß die Rückzahlung des Darlehens am 31.12.1989 erfolgt. Punkt III statuiert ein Kündigungs- und Fälligstellungsrecht der betreibenden Partei, die insbesondere nach Z 2 lit c berechtigt ist, ihre Forderungen zur sofortigen Rückzahlung fällig zu stellen, wenn über das Vermögen des Darlehensschuldners die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt oder er zur Ablegung des Offenbarungseides vorgeladen wird, oder eine gegen ihn gerichtete Exekution fruchtlos verläuft. In Punkt IV, "Pfandbestellung und Aufsandungserklärung", Z 2, bestellte die Verpflichtete zur Sicherstellung des Darlehensbetrages zuzüglich Zinsen, Verzugs- und Zinseszinsen sowie einer Nebengebührenkaution der betreibenden Partei eine näher bezeichnete, in ihrem Eigentum stehende Liegenschaft zum Pfand und erteilte ihre ausdrückliche Einwilligung, daß dieses Pfandrecht für die Darlehensforderung der betreibenden Partei im Lastenblatt der Liegenschaft grundbücherlich einverleibt wird. Bei der bücherlichen Einverleibung des Pfandrechtes wurde die "Vollstreckbarkeit gemäß § 3 NotO" angemerkt.

Die betreibende Partei stellte den Antrag, ihr auf Grund der mit Notariatsakt vom 1.12.1986 bekräftigten und für vollstreckbar erklärten Privaturkunde gegen die Verpflichtete zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung von S 6 Mio. samt näher bezeichneten Nebengebühren die Exekution durch Zwangsversteigerung der verpfändeten Liegenschaft zu bewilligen. Die betreibende Partei sei zur sofortigen Fälligstellung der Darlehensforderung berechtigt. Ein bei Ing. Helmut R*** im Zuge eines gegen ihn anhängigen Exekutionsverfahrens am 15.6.1987 durchgeführter Vollzugsverzug sei vergeblich geblieben, weil an seinem Wohnort keine pfändbaren Ggenstände vorgefunden worden seien. In einem anderen Exekutionsverfahren sei Ing. Helmut R*** zur Ablegung des Offenbarungseides verhalten worden, sei jedoch zur Offenbarungseidestagsatzung nicht erschienen, so daß zur Erzwingung der Eidesleistung über ihn die Haft verhängt worden sei. Die Fälligkeit und Vollstreckbarkeit der Forderung seien daher eingetreten.

Die betreibende Partei bescheinigte die behaupteten Umstände. Durch Einsicht in die Urkundensammlung erhob das Erstgericht, daß Ing. Rudolf H***, zu dessen Gunsten ein dem Pfandrecht der betreibenden Partei vorangehendes Belastungs- und Veräußerungsverbot einverleibt ist, der Einverleibung dieses Pfandrechtes und einer allfälligen zwangsweisen Versteigerung der Liegenschaft durch die Gläubigerin ausdrücklich zugestimmt hat. Das Erstgericht bewilligte die Zwangsversteigerung. Das Rekursgericht wies den Antrag ab. Der vorgelegte Notariatsakt stelle gegenüber der Verpflichteten keinen Exekutionstitel iS des § 1 EO dar. Voraussetzung und Grundlage einer Exekutionsbewilligung sei ein an den Verpflichteten ergangener Befehl oder eine von ihm übernommene Verbindlichkeit, etwas zu leisten oder zu unterlassen. Die bloße Feststellung einer Verbindlichkeit in einem Exekutionstitel reiche für eine Exekutionsbewilligung nicht aus. Diese gelte auch für Parteierklärungen, die kraft Gesetzes einen Exekutionstitel bilden, wie gerichtliche Vergleiche und Notariatsakte. Es genüge daher auch bei diesen nicht die bloße Feststellung einer Rechtslage. Zu ihrer Vollstreckbarkeit sei vielmehr erforderlich, daß sich der Schuldner zu einer bestimmten Leistung oder Unterlassung verpflichte. Die Darlehensvereinbarung enthalte nur eine Pfandbestellung durch die Verpflichtete und die ziffernmäßige Feststellung der gesicherten Forderung, nicht aber eine Leistungsverpflichtung gegenüber der betreibenden Partei. In der von der Verpflichteten abgegebenen Erklärung, daß der Notariatsakt iS der §§ 3 und 3 a NO sofort vollstreckbar sein soll, könne die erforderliche Leistungsverpflichtung nicht erblickt werden, weil diese Erklärung nur Voraussetzung für die formelle Vollstreckbarkeit des Notariatsaktes sei und die fehlende Leistungsverpflichtung des Schuldners nicht ersetzen könne. Die noch vor der Exekutionsbewilligung einverleibte Kredithypothek sei selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, daß der Notariatsakt sie als vollstreckbar erkläre und diese Vollstreckbarkeit auch angemerkt worden sei, keine vollstreckbare Forderung iS des § 7 EO.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist berechtigt. Es ist richtig, daß nach § 7 Abs 1 EO und ebenso nach § 3 Abs 1 NO für eine Exekution auf Grund eines vollstreckbaren Notariatsaktes eine bestimmte Verpflichtungserklärung im Titel enthalten sein muß. Der Notariatsakt, auf Grund dessen die betreibende Partei die Exekution beantragt hat, entspricht diesen Erfordernissen für den Darlehensschuldner; eine ausdrückliche Leistungsverpflichtung der Verpflichteten fehlt. Dennoch kann von der bloßen Festlegung einer Rechtslage, aus der sich eine Verpflichtung ergibt, auch beim Verpflichteten nicht gesprochen werden. Der Notariatsakt vom 1.12.1986 hat in Punkt IV. die Pfandbestellung durch die Liegenschaftseigentümerin zugunsten einer bestimmten Schuld zum Inhalt. Die Verpflichtung, ein Pfand für eine bestimmte Schuld eines Dritten zu bestellen, ist einer ausdrücklichen Verpflichtungserklärung im Sinne der von der zweiten Instanz zitierten Lehre und Rechtsprechung gleichzuhalten, sodaß bei Fälligkeit der Schuld die Exekution in das Pfand zur Hereinbringung der Forderung zu bewilligen ist.

Der Eintritt der Fälligkeit der im Notariatsakt bezeichneten Forderung, die bei Errichtung eines notariellen Schuldscheines in der Regel noch nicht gegeben ist, muß ungeachtet der Anmerkung der Vollstreckbarkeit nach § 3 a NO im Antrag auf Exekutionsbewilligung gemäß § 3 Abs 2 NO (§ 7 Abs 2 EO) mittels öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunden nachgewiesen werden (Heller-Berger-Stix 99 und 918 sowie 98 und 195 ff). Die Berechtigung der betreibenden Partei, ihre Forderung zur sofortigen Rückzahlung fällig zu stellen, wurde durch die von ihr vorgelegten Urkunden nachgewiesen. Das Erstgericht hat sich auch, ohne daß es hiezu verpflichtet gewesen wäre, durch Einsichtnahme in die Urkundensammlung davon überzeugt, daß Ing. Rudolf H***, zu dessen Gunsten ein Belastungs- und Veräußerungsverbot grundbücherlich einverleibt ist, seine Zustimmung zu einer allfälligen zwangsweisen Versteigerung der Liegenschaft durch die betreibende Partei erteilt hat.

Es war deshalb dem Revisionsrekurs Folge zu geben und die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung erfolgte nach § 78 EO in Verbindung mit den §§ 41 und 50 ZPO.

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