OGH 4Ob592/87

OGH4Ob592/8717.11.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*** Viehhandelsgesellschaft mbH, Rosenheim, Färberstraße 43, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Carl-Heinz Gressel, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei L*** Transportgesellschaft mbH, Salzburg,

Saalachstraße 9, vertreten durch DDr. Hans Esterbauer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 747.680,74 sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 6.April 1987, GZ 1 R 262/86-48, womit das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 23.Juli 1986, GZ 14 Cg 174/83-40, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 18.893,40 bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin S 1.499,40 Umsatzsteuer und S 2.400 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin erteilte der K*** K*** S***

Gesellschaft mbH (im folgenden kurz Firma K***) am 7.Oktober 1981 den Auftrag, Frischfleisch von Würzburg nach Athen zu befördern. Diesen Transport führte die Beklagte mit dem Kühlsattelanhänger "S 213.875" durch.

Mit der Behauptung, die Fleischwaren seien der Beklagten am 9. Oktober 1981 in genußtauglichem Zustand übergeben worden, am 15. Oktober 1981 sei jedoch in Griechenland der vollständige Verderb der gesamten Frischfleischladung festgestellt worden, begehrt die Klägerin von der Beklagten den Ersatz des Schadens in der Höhe von S 747.680,74 sA. Die Beklagte hafte als Frachtführer nach den Bestimmungen der CMR, weil sie die Weisungen, insbesondere was die Transportdauer anlange, nicht beachtet habe (ON 1). Die Beladung sei ordnungsgemäß erfolgt. Der Ersatzanspruch sei nicht verjährt, weil die Frist des Art 32 CMR durch die schriftliche Reklamation vom 15. Oktober 1981 auf dem CMR-Frachtbrief gehemmt worden sei. Am 28. Oktober 1981 seien der Beklagten die Schadensunterlagen und die Schadensrechnung übergeben worden; am 24.November 1981 sei der Beklagten der Schaden nochmals in Rechnung gestellt worden. Die Klägerin habe den Frachtvertrag dadurch unmittelbar mit der Beklagten geschlossen, daß diese durch ihren mit der Firmenstampiglie ausgestatteten Fahrer den Frachtbrief unterschrieben und der Klägerin zurückgestellt habe. Jedenfalls habe die Beklagte das Gut und den einzigen durchgehenden Frachtbrief angenommen (ON 37 S.194).

Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Der Verderb sei ausschließlich auf einen Verladefehler des Absenders zurückzuführen. Der von der Beklagten nicht eingehaltene Ankunftstermin (12.Oktober 1981) sei nicht mit ihr vereinbart, sondern erst dem für sie nicht vertretungsbefugten Kraftfahrzeuglenker im Frachtbrief vorgeschrieben worden. Die Vespätung habe den Schaden im übrigen auch nicht verursacht. Die eingeklagte Forderung sei verjährt. Die Klägerin habe den Transportschaden schon mit der Firma K*** verrechnet (ON 3). Da sich die Ware durch die Übergabe an die Transportunternehmung bereits im Eigentum der M***-H*** AG befunden habe, fehle der Klägerin auch die Aktivlegitimation (ON 4). Die Beklagte sei im übrigen nicht Unterfrachtführer der Firma K*** gewesen, sondern deren Lohnfuhrwerker. Die LKW-Fahrer hätten die Weisungen der Firma K*** befolgt und sich auch nach der Fahrt für den jeweils nächsten Auftrag dort gemeldet. Der Geschäftsführer der Beklagten sei nur ein- bis zweimal in der Woche davon verständigt worden, wo die Kühlzüge eingesetzt würden, damit er die Transportgenehmigungen besorge. Der Auftrag für den umstrittenen Transport sei unmittelbar an den Fahrer U*** ergangen (ON 25). Weder die Klägerin noch die Beklagte hätten die Absicht gehabt, durch Unterfertigung des CMR-Frachtbriefes eine Änderung in den bestehenden Vertragsverhältnissen herbeizuführen. Dieser Frachtbrief sei vielmehr als notwendiges Transportbegleitpapier betrachtet worden (ON 37 S.194). Der Erstrichter wies das Klagebegehren ab. Er traf folgende Feststellungen:

Die Beklagte vereinbarte im Jahre 1980 mit der Firma K***, daß diese einen bis drei Kühlzüge der Beklagten auf Kilometergeldbasis ständig beschäftige. Die Sätze für Voll- bzw. Leerkilometer betrugen zunächst S 13,50 bzw. S 10,-, in der Folge S 14,50 bzw. S 10,50 und im Jahre 1981 S 15,- bzw. S 12,-. Wie lange die Firma K*** eines der Fahrzeuge der Beklagten unbeschäftigt lassen konnte, wurde nicht ausdrücklich besprochen. Leere Stehzeiten gingen zu Lasten der Beklagten.

Auf Grund dieser Vereinbarung stellte die Beklagte der Firma K*** im Jahre 1980 den Kühlsattelanhänger "S 213.558" samt Zugmaschine für etwa 56 Transporte auf Kilometergeldbasis und für etwa 9 Transporte auf Grund einer Pauschalvereinbarung zur Verfügung. Den Kühlsattelanhänger "S 213.594" samt Zugmaschine stellte die Beklagte der Firma K*** im Jahre 1980 für 60 Transporte auf Kilometergeldbasis und für zwei Transporte auf Grund einer Pauschalvereinbarung im Jahre 1981 für 43 Transporte auf Kilometergeldbasis und für etwa 17 Transporte auf Grund einer Pauschalvereinbarung zur Verfügung. Im Jahre 1981 kam es mit diesem Kühlzug in etwa neun Fällen zu "Eigenbedarfsfahrten."

Den Kühlsattelanhänger "S 213.875" samt Zugmaschine stellte die Beklagte der Firma K*** im Jahre 1981 für etwa 54 Transporte auf der vereinbarten Kilometergeldbasis (S 15 bzw. S 12) und für 4 Transporte auf Grund einer Pauschalvereinbarung zur Verfügung; im Jahre 1981 kam es mit diesem Kühlzug in etwa 8 Fällen zu "Eigenbedarfsfahrten".

Bei den "Eigenbedarfsfahrten" handelte es sich darum, daß ein Kühlzug der Beklagten für die Firma K*** auswärts war und daß diese von dort keine Rückladung hatte. Da die Beklagte bemüht war, Leerstehzeiten (auf ihre Kosten) zu vermeiden, bemühte sie sich selbst um eine Rückladung, die dann nicht der Firma K***, sondern dem Geschäftspartner verrechnet wurde. Die Beklagte verständigte die Firma K*** von diesen Fahrten, weil diese wissen mußte, wo ihr die Fahrzeuge der Beklagten wieder zur Verfügung standen.

Pauschalvereinbarungen unter oder über dem vereinbarten Kilometergeldsatz kamen nur fallweise aus verschiedenen Gründen zustande. Wenn die Beklagte für die Firma K*** nach Nordafrika fahren und lange auf dem Schiff sein oder auf die Fähre warten sollte, wurde ein Pauschale über dem Kilometergeldsatz vereinbart. Ein Pauschale unter dem Kilometergeldsatz wurde zur Vermeidung von Leerstehzeiten z.B. vereinbart, wenn ein Fahrzeug der Beklagten auswärts stand und weder die Firma K*** noch die Beklagte eine volle gekühlte Rückladung nach Österreich hatte.

Der Geschäftsführer der Beklagten, Werner L***, wußte am 7. Oktober 1981, daß der an die Firma K*** vercharterte Kühlzug "S 213.875" mit einer Ladung der Firma K*** von Ungarn nach Nürnberg fuhr. Mit Fernschreiben vom 7.Oktober 1981 erteilte die Firma K*** dem Lenker des Sattelzuges der Beklagten "S 100.820/213.875", Johann U***, den Auftrag, am 9.Oktober 1981 um 4.00 Uhr beim Schlachthof der Firma S*** in Würzburg eine Ladung Frischfleisch nach Athen zu laden. Die Verzollung sollte beim Beladen stattfinden; die Papiere sollten vom Belader ausgehändigt werden.

Für diesen Transport wurde zwischen der Firma K*** und der Beklagten ein unter dem vereinbarten Kilometergeld liegendes Pauschale von S 38.000 vereinbart. Wenn die Beklagte damit nicht einverstanden gewesen wäre, hätte die Firma K*** den Kühlzug entweder eine Stunde oder auch erst einige Tage später zum Kilometergeldsatz eingesetzt.

Nach dem Einverständnis zum Pauschale wurde die Beklagte von der Firma K*** ersucht, als Fahrzeugeigentümer beim Amt der Salzburger Landesregierung Transportbewilligungen für Jugoslawien und Griechenland zu besorgen.

Die Fahrer der Beklagten hatten mit deren Willen

Firmenstampiglien der Beklagten bei sich. Sie benötigten diese Stampiglien für Zollabfertigungen, CMR-Frachtbriefe und für Bestätigungen der Warenübernahme, waren aber nicht berechtigt, selbständig Frachtverträge abzuschließen. Es kam auch nicht vor, daß ein Fahrer der Beklagten mit einem selbständig abgeschlossenen Frachtvertrag wieder nach Hause gekommen wäre.

Der Fahrer Johann U*** kam mit dem Kühlzug am 9.Oktober 1981 zur Beladestelle und sagte, er sei für G*** (bei Athen) da; über die Firma K*** oder die Beklagte wurde nicht gesprochen. Für die Klägerin war der Angestellte M*** zugegen, der für die Qualität des Fleisches zuständig war, im Jahre 1981 aber mit Frachtaufträgen sowie Speditionsangelegenheiten nichts zu tun hatte und sich dabei auch nicht auskannte. Der CMR-Frachtbrief war von der Klägerin bis auf die Artikel und die Gewichte bereits ausgefüllt; er wurde schließlich von der Klägerin fertig ausgefüllt und vom Fahrer U*** in den Rubriken "Frachtführer" und "Unterschrift und Stempel des Frachtführers" mit dem Stampiglienabdruck der Beklagten versehen sowie unterfertigt.

Da der Fahrer der Beklagten den CMR-Frachtbrief unter dem Stampiglienabderuck der Beklagten unterzeichnete, war M*** - der den Kühlzug nicht bestellt hatte - der Meinung, daß die Beklagte für die Einhaltung der Bestimmungen des CMR-Frachtbriefes zu sorgen habe. Der gegenständliche Transport wurde von der Beklagten zum vereinbarten Pauschale an die Firma K*** fakturiert; diese leistete die Zahlung an die Beklagte und erhielt ihrerseits das Entgelt von der Klägerin.

Die Rechnung über den Schaden wurde von der Klägerin mit Schreiben vom 21.Oktober 1981 zunächst der Firma K*** gelegt. Auf Grund einer Mitteilung der Firma K***, daß die Beklagte CMR-Frachtführer gewesen sei, machte die Klägerin den Schaden mit Schreiben vom 24.November 1981 gegenüber der Beklagten geltend. Rechtlich meinte der Erstrichter, daß die Beklagte nicht Unterfrachtführer, sondern Lohnfuhrwerker der Firma K*** gewesen und daher auch nicht kraft Gesetzes - nach Maßgabe der Bedingungen des Frachtbriefes - Vertragspartei geworden sei. Sie hafte daher der Klägerin nach den Bestimmungen der CMR nicht. Das Berufungsgericht hob dieses Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf. Nach Beweiswiederholung (§§ 281 a, 463 ZPO) traf es folgende "ergänzende bzw. abändernde" Feststellungen:

Die zwischen der Firma K*** und der Beklagten

abgeschlossene Vereinbarung bedeutete nur, daß die Firma K*** regelmäßig Frachtaufträge an die Beklagte weitergab. Eine Verpflichtung der Firma K***, Kühlzüge der Beklagten ständig einzusetzen, oder eine Verpflichtung der Beklagten, Fahrzeuge der Firma K*** zu deren freier Verfügung zu überlassen oder Aufträge der Firma K*** auf jeden Fall zu übernehmen, bestand auf Grund dieser Vereinbarung nicht. Es stand der Beklagten daher auch frei, eine Fuhre nicht zu übernehmen. Die Firma K*** hatte eigene Fahrzeuge, beschäftigte aber auch mehrere andere Frächter. Erhielt sie von der Klägerin einen Frachtauftrag, dann suchte sie ein nach Standort und vorhandenen Transportbewilligungen geeignetes Fahrzeug. Für die Transportversicherung, das Carnet-TIR, die Tragung der Nebenspesen und die Reinigung des Fahrzeuges hatten jeweils die Frächter zu sorgen. Nur wenn ein Frächter nicht versichert war, schloß die Firma K*** in dessen Namen und auf dessen Rechnung für den jeweiligen Transport eine Versicherung ab. Die Anweisungen für die Transporte erteilten die Firma K*** oder die Beklagte. Für die Beklagte, welche zu dieser Zeit keinen Fernschreiber hatte, übermittelte die Firma K*** Ladeaufträge fernschriftlich. Der Geschäftsführer der Beklagten telefonierte täglich mit der Firma K*** über den Einsatz der Fahrzeuge. Dabei wurden die Aufträge, welche die beklagte Partei von der Firma K*** übernahm, abgesprochen, weil die Beklagte auch die Genehmigungen für den jeweiligen Transport haben bzw. besorgen mußte. Außerdem wurden zum Teil von den Kilometergeldsätzen abweichende Pauschalvereinbarungen über die durchzuführenden Transporte getroffen.

Vor dem gegenständlichen Transport rief Alfred L***, ein Disponent der Firma K***, bei der Beklagten an, ob dafür ein entsprechendes Fahrzeug frei sei. Der Pauschalbetrag, auf den sich Werner L***, der Geschäftsführer der Beklagten, mit der Firma K*** geeinigt hatte, lag unter der Kilometergeldvereinbarung. Dennoch war Werner L*** aus wirtschaftlichen Überlegungen mit dem Frachtlohn einverstanden. Wenn Fahrer mit leerem Fahrzeug wegen eines Transportes angesprochen wurden, was in Jugoslawien und Griechenland vorkam, mußten sie bei der Beklagten rückfragen, ob und zu welchem Preis sie eine Fracht übernehmen durften.

Im übrigen übernahm das Gericht zweiter Instanz die Feststellungen des Erstrichters als das Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung. Rechtlich beurteilte es den Sachverhalt wie folgt:

Auf Grund des mit der Klägerin abgeschlossenen Vertrages sei die Firma K*** Frachtführer im Sinne der CMR gewesen, weil sie die Beförderung des Frischfleisches von Würzburg nach Athen übernommen habe. Als (Haupt-)Frachtführer sei sie nicht verpflichtet gewesen, die Beförderung selbst durchzuführen, sondern habe die von ihr selbst geschuldete Beförderung des Gutes einem anderen Frachtführer (dem Unterfrachtführer) im eigenen Namen übertragen können. Ein solcher (Unter-)Frachtvertrag setze nach § 425 HGB und Artikel 1 Z 1 CMR die Übernahme der entgeltlichen Beförderung von Gütern voraus, daß also der Erfolg, nämlich die Verbringung von Ort zu Ort geschuldet werde. Bei dem - begrifflich nicht eindeutig festgelegten - Lohnfuhrvertrag handle es sich hingegen um einen kombinierten Miet- und Dienstverschaffungsvertrag. Schulde der Übernehmer nicht den Erfolg seiner Tätigkeit - die Verbringung der Sache an einen anderen Ort - , sondern habe er ein bemanntes Fahrzeug zu beliebiger Fracht nach Weisung des Auftraggebers beizustellen, so liege kein Frachtvertrag, sondern ein Lohnfuhrvertrag vor.

Die Vereinbarung zwischen der Firma K*** und der Beklagten sei kein Mietvertrag über Kühlsattelzüge, verbunden mit einem Dienstvertrag oder Dienstverschaffungsvertrag, weil die Beklagte der Firma K*** den Gebrauch der Fahrzeuge nicht auf Grund einer solchen Vereinbarung eingeräumt habe und auch nicht verpflichtet gewesen sei, der Firma K*** die Fahrzeuge zur Verfügung zu stellen. Sie habe vielmehr jeweils selbst entscheiden können, ob und zu welchen Bedingungen sie einen Transportauftrag übernehme. Habe die Beklagte kein Fahrzeug zur Verfügung gehabt oder sei sie mit dem Fuhrlohn nicht einverstanden gewesen, so habe sie die Übernahme eines Transportes ablehnen können. Deshalb habe die Firma K*** in der Regel anfragen müssen, ob ein Fahrzeug zur Verfügung stehe. Auch der Frachtpreis sei zum Teil - wie auch im vorliegenden Fall - nicht nach der allgemeinen Abmachung, sondern für den jeweiligen Transport vereinbart worden. Die einzelnen Transportaufträge hätten demnach zwischen der Firma K*** und der Beklagten jeweils besprochen werden müssen; die Firma K*** habe nicht ohne Zustimmung der Beklagten über die Sattelzüge verfügen können, und die Beklagte habe auch den freien Laderaum für andere Auftraggeber nützen können. Die Vereinbarung zwischen der Firma K*** und der Beklagten sei sohin kein Lohnfuhrvertrag, sondern nur eine Art Rahmenvertrag über die Weitergabe von Transportaufträgen. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß die Fahrer der Beklagten Anweisungen für die Transporte unmittelbar von der Firma K*** bekommen hätten, weil dies im Frachtgeschäft durchaus üblich sei und die Fahrer deshalb allein noch nicht den Weisungen der Firma K*** unterworfen gewesen seien. Das allgemeine Weisungsrecht sei bei der Beklagten als Dienstgeberin verblieben, was sich insbesondere darin zeige, daß die Fahrer bei freiem Laderaum nach Rückfrage bei der Beklagten auch selbst Ladegut hätten übernehmen dürfen. Im vorliegenden Fall komme dazu, daß ein Angestellter der Firma K*** den Transportauftrag mit dem Geschäftsführer der Beklagten besprochen und einen bestimmten Fuhrlohn dafür vereinbart habe; das sei geradezu typisch für eine Weitergabe des Transportauftrages. Im Frachtbrief sei die Beklagte als Frachtführer angeführt. Der Frachtbrief diene nach Art 9 CMR bis zum Beweis des Gegenteils als Nachweis für den Inhalt des Beförderungsvertrages. Da dieser Gegenbeweis der Beklagten mißlungen sei, sei sie als Unterfrachtführer anzusehen.

Auch Frachtverträge zwischen dem Haupt- und einem Unterfrachtführer unterlägen bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen den Bestimmungen der CMR. Nach Art 34 CMR hafte, wenn eine Beförderung, die Gegenstand eines einzigen Vertrages sei, von aufeinanderfolgenden Straßenfrachtführern ausgeführt werde, jeder von ihnen für die Ausführung der gesamten Beförderung. Der zweite und jeder folgende Frachtführer würden durch die Annahme des Gutes sowie des Frachtbriefes nach Maßgabe der Bedingungen des letzteren Vertragspartner. Art. 34 CMR umfasse auch jene Fälle, in denen der Hauptfrachtführer den gesamten Auftrag einem Unterfrachtführer weitergebe. Für die Anwendung des Art.34 CMR werde nur vorausgesetzt, daß die grenzüberschreitende Beförderung Gegenstand eines einzigen Vertrages war und auch ein einziger (durchgehender) Frachtbrief ausgestellt wurde, den jeder der unter Umständen aufeinanderfolgenden Frachtführer mit dem Gut angenommen und allenfalls weitergegeben habe. Das gelte auch für die Anwendbarkeit des § 432 Abs 2 HGB. Der Unterfrachtführer trete unter diesen Voraussetzungen in den Frachtvertrag ein und werde Vertragspartner des Hauptfrachtvertrages nach den Bedingungen des Frachtbriefes. Habe der nachfolgende Frachtführer vom vorangehenden Frachtführer Gut und Frachtbrief übernommen, so hafte er gemeinsam mit dem Hauptfrachtführer dem Berechtigten als Gesamtschuldner. Fehlten aber die Voraussetzungen nach Art 34 CMR oder § 432 Abs 2 HGB, dann entstünden vertragliche Beziehungen nur zwischen dem Haupt- und dem Unterfrachtführer.

Da das Erstgericht das Klagebegehren allein mit der (unzutreffenden) Begründung abgewiesen habe, die Beklagte sei Lohnfuhrwerker gewesen, und daher zur Frage einer Haftung der Beklagten als Unterfrachtführer keine Feststellungen getroffen habe, sei das Verfahren mangelhaft geblieben. Im fortgesetzten Verfahren würden daher Beweise darüber aufzunehmen sein, ob die Beklagte der Klägerin als Unterfrachtführer im Sinn der Art 34 ff CMR hafte. Sollte dies der Fall sein, dann werde das Erstgericht auch über den Haftungsumfang nach Art 17 CMR sowie zu den Einwendungen der Beklagten die beantragten Beweise aufzunehmen und entsprechende Feststellungen zu treffen haben.

Gegen diesen Beschluß wendet sich der Revisionsrekurs (richtig: Rekurs) der Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung ersatzlos aufzuheben und das erstinstanzliche Urteil vollinhaltlich zu bestätigen.

Die Klägerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3, § 528 a ZPO).

Geht man von den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen - vor allem des Berufungsgerichtes - aus, dann kann das Vertragsverhältnis zwischen der Firma K*** und der Beklagten nicht als Lohnfuhrvertrag angesehen werden.

Im Unterschied zum Frachtvertrag, bei dem der Unternehmer (Frachtführer) dem Auftraggeber (Absender) den Erfolg der übernommenen Tätigkeit, die die Verbringung der Sache an einen anderen Ort, schuldet, ist der sogenannte "Lohnfuhrvertrag" dadurch gekennzeichnet, daß der Unternehmer dem Auftraggeber ein bemanntes Fahrzeug zu beliebiger Ladung und Fahrt nach Weisung des Auftraggebers zur Verfügung zu stellen hat (HS 11.204/29; EvBl 1984/13; Schütz in Straube, HGB, Rz 20 zu § 425; Helm im GroßKomm.z. HGB3 Anm.45 zu § 425). Die Lösung der Frage, ob bei Überlassung eines Fahrzeuges samt Besatzung (Lenker) ein Frachtvertrag oder ein gemischter Vertrag, zusammengesetzt aus Fahrzeugmiete und Arbeitnehmerüberlassung, vorliegt, ist im Einzelfall mitunter schwierig (vgl. Helm aaO Anm.44; Schaps/Abraham, Seehandelsrecht, Rz 16 und 17 vor § 556 HGB). In den der Entscheidung EvBl 1984/13 zugrunde liegenden Fall hatte sich der beklagte Transportunternehmer vertraglich verpflichtet, seinem Auftraggeber drei Tankwagenzüge samt Fahrer zur Durchführung von Transporten zur Verfügung zu stellen; hiebei war vereinbart worden, daß der Beklagte als Entgelt für seine Leistungen ein bestimmtes Kilometergeld sowie ein Standgeld je Tag erhalte, während sein Auftraggeber die Kosten für Carnet-TIR, die Warentransportversicherung nach der CMR, die Nebenspesen sowie die Reinigungskosten ua. zu tragen habe. Nur beim ersten Einsatz eines LKWs des Beklagten teilte dieser selbst seinem Fahrer die Route mit; die weiteren Touren wurden hingegen dem Fahrer unmittelbar vom Auftraggeber des Beklagten bekanntgegeben. Der Beklagte fragte nur ein- bis zweimal wöchentlich bei seinem Auftraggeber an, wo seine Fahrzeuge eingesetzt und womit sie beladen seien. Er selbst besorgte die Transitgenehmigungen und berechnete nach Abschluß jeder Route an Hand der Frachtpapiere die gefahrenen Kilometer, um sie mit dem Auftraggeber abzurechnen. Der Beklagte hatte die Kosten für den Chauffeur, für den Treibstoff und für die Erhaltung der Fahrzeuge zu tragen. Er war im Rahmen dieser Abmachung verpflichtet, Lastkraftwagen samt Fahrern zur Verfügung zu stellen, konnte aber auch einzelne Frachtaufträge des Auftraggebers ablehnen und hatte die Möglichkeit, die Geschäftsvereinbarung unter Einhaltung einer 30tägigen Kündigungsfrist zum Monatsletzten aufzukündigen. Dieses Vertragsverhältnis wurde vom Obersten Gerichtshof als Lohnfuhrvertrag gewertet.

Auch im Fall der Entscheidung ZVR 1986/7 hat der Oberste Gerichtshof einen Lohnfuhrvertrag, nicht aber einen Frachtvertrag angenommen, weil der Beklagte seinem Auftraggeber nur einen LKW für Obsttransporte innerhalb Österreichs gegen ein wöchentliches Entgelt zur Verfügung gestellt hatte; daß dem Beklagten bewußt war, er werde bei solchen Transporten nach außen hin als Frachtführer auftreten, sei, weil nur das Außenverhältnis betreffend, rechtlich bedeutungslos.

Der deutsche Bundesgerichtshof stellt darauf ab, ob die Parteien nur den Laderaum des Lastwagens oder aber die Beförderung bestimmter Güter zum Gegenstand ihres Vertrages gemacht haben; nur im ersteren Fall liege ein Lohnfuhrvertrag vor (VersR 1964, 967 und 970). Ein Frachtvertrag sei auch dann nicht anzunehmen, wenn ein Fuhrunternehmer auf Grund eines ihm erteilten Auftrages tätig wird, ohne die Beförderung auf eigene Rechnung auszuführen, oder wenn der Fuhrunternehmer nur die bewegende Kraft oder seine Leute einem anderen zur Verfügung stellt, damit dieser die Beförderung selbst ausführen kann (VersR 1975, 369).

In dem hier zur Entscheidung stehenden Fall hatten zwar die Firma K*** und die Beklagte miteinander vereinbart, daß die erstere ständig ein bis drei Kühlzüge der Beklagten auf Kilometergeldbasis beschäftige; die Beklagte war aber nicht verpflichtet, der Firma K*** tatsächlich Fahrzeuge zu ihrer freien Verfügung zu überlassen. Sie war nicht nur - wie nach dem der Entscheidung EvBl 1984/13 zugrunde liegenden

Sachverhalt - berechtigt, einzelne Aufträge abzulehnen, sondern überhaupt nicht verpflichtet, der Firma K*** Kühlzüge zur Verfügung zu stellen. Mit der Firma K*** war nur vereinbart, daß sie für die Beistellung von Kühlzügen ein bestimmtes Entgelt erhalte.

Die Beklagte hat der Firma K*** auch nicht Kühlzüge zu deren beliebiger Verwendung für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung gestellt; sie sprach vielmehr täglich fernmündlich mit ihrer Auftraggeberin über den Einsatz der Fahrzeuge. Dabei wurden alle einzelnen Aufträge zur Durchführung von Transporten, für welche die Beklagte die erforderlichen Genehmigungen haben oder besorgen mußte, abgesprochen. Auch diese Handhabung spricht gegen einen Lohnfuhrvertrag im oben dargestellten Sinne und für den jeweiligen Abschluß eines Frachtvertrages.

Auch dem hier maßgeblichen Transport von Würzburg nach Griechenland lag eine besondere Absprache zwischen der von Alfred L*** vertretenen Firma K*** und der Beklagten zu Grunde; hier wurde auch ein von der Kilometergeldvereinbarung abweichender Pauschalbetrag vereinbart. Diese Abrede muß dahin verstanden werden, daß es die Beklagte übernahm, gegen das Pauschalentgelt eine bestimmte Ware (Frischfleisch) von der Bundesrepublik Deutschland nach Griechenland zu verbringen; sie ist aber nicht in dem Sinne aufzufassen, die Firma K*** zahle der Beklagten einen Betrag, damit sie über deren Kühlzug samt Fahrer eine Zeit lang beliebig verfügen könne.

Die Beklagte vermag gegen diese Rechtsansicht keine stichhaltigen Argumente vorzubringen. In ihren Revisionsausführungen geht sie unzulässigerweise weitgehend nicht von den Feststellungen des Berufungsgerichtes, sondern von einem urteilsfremden Sachverhalt aus. Soweit das Gericht zweiter Instanz den Inhalt der Vereinbarung zwischen der Firma K*** und der Beklagten im einzelnen wiedergegeben hat, handelt es sich nicht um eine rechtliche Beurteilung, sondern um eine Tatsachenfeststellung. Das Berufungsgericht hat - entgegen den Revisionsausführungen - ausdrücklich festgestellt, daß die Beklagte im Rahmen dieses Vertrages das Recht hatte, die Übernahme eines Transportes zu verweigern; nach den weiteren Feststellungen des Berufungsgerichtes gab es tägliche Telefongespräche über den Einsatz der Fahrzeuge der Beklagten. Wenn die Beklagte im Gegensatz dazu damit argumentiert, die "klagende Partei" (offenbar gemeint: die Firma K***) habe frei über die "beiden LKW-Sattelzüge" verfügen können, wenn sie das vereinbarte Kilometergeld gezahlt habe, sie habe nur dann rückfragen müssen, wenn sie dieses reduzieren wollte, führt sie die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig (§ 506 Abs 2 ZPO) aus. Ihre Revisionsbehauptung, von den mit der Firma K*** vereinbarten Kilometersätzen sei nur bisweilen nach unten abgewichen worden, widerspricht im übrigen nicht nur den Feststellungen, sondern auch der Aussage ihres eigenen Geschäftsführers (ON 37 S.197).

Die Beklagte meint, daß ein Lohnfuhrvertrag deshalb anzunehmen sei, weil ihre Fahrer die Anweisungen für die Transporte unmittelbar von der Firma K*** bekommen hätten. Dem ist zunächst zu erwidern, daß die Fahrer der Beklagten nur in manchen Fällen die Anweisungen für die Transporte von der Firma K*** bekamen, in anderen Fällen aber von der Beklagten. Nur die fernschriftliche Übermittlung von Ladeaufträgen lag immer in der Hand der Firma K***, weil die Beklagte damals keinen Fernschreiber hatte. Solchen Anweisungen war aber jeweils ein Gespräch zwischen der Firma K*** und der Beklagten vorangegangen, in welchem der einzelne Transport besprochen worden war. Wenn die Firma K*** sodann entsprechende Weisungen an den Fahrer der Beklagten übermittelte, handelte sie damit im Einvernehmen mit der Beklagten. Davon, daß die Beklagte dabei - im Sinne eines Lohnfuhrvertrages - dem ihr zur Verfügung gestellten Fahrer der Beklagten beliebige, ihr richtig scheinende Weisungen erteilen konnte, kann nach dem Gesagten keine Rede sein.

Wie schon das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, ist somit der Beklagten nicht der Beweis gelungen, daß sie mit der Firma K*** keinen Unterfracht-, sondern einen Lohnfuhrvertrag geschlossen hätte. Der Rekurs mußte demgemäß erfolglos bleiben. Der Ausspruch über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50, 52 ZPO.

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