OGH 1Ob36/87

OGH1Ob36/8711.11.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Kodek und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kurt C***, Steuerberater, Wien 4., Schelleingasse 22/15, vertreten durch Dr. Werner Mayerhofer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dipl.Ing. Friedwin K***, Geometer, Vöcklabruck, Stadtplatz 34, vertreten durch Dr. Gerhard Hoyer, Rechtsanwalt in Wels, wegen S 500.000,-- samt Anhang infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 8. Mai 1987, GZ 5 R 56/87-9, womit der Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 26. Februar 1987, GZ 2 Cg 9/87-5 abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 15.874,65 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin enthalten S 1.443,15 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Begründung

Der Beklagte hat im Auftrag der Gemeinde Nußdorf am Attersee ein Gutachten über die Möglichkeit einer Straßenverbindung zwischen der Privatstraße Lind (Grundstück 2096/1) und der in Bau befindlichen Straßen auf den Grundstücken 2738/1, 2127, 2111 und 2116 der Ehegatten R*** erstattet.

Der Kläger begehrt den Zuspruch des Betrages von S 500.000,-- samt Anhang. In diesem Gutachten sei der Beklagte zu der Ansicht gelangt, daß auf Grund der örtlichen Gegebenheiten die Straßenverbindung zu kostspielig und technisch nur mit einem zu großen Aufwand möglich sei, da das Gelände zu steil wäre. Auf Grund dieses Gutachtens sei die Ausführung der Verbindungsstraße unterblieben. Tatsächlich ergebe sich jedoch, daß diese Verbindungsstraße mit einem minimalen technischen Aufwand möglich gewesen wäre und das Gutachten nicht nur technisch unrichtig, sondern auch sonst mangelhaft geblieben sei. Durch das Unterbleiben der Verbindungsstraße, an die der Kläger mit seinem Grundstück angeschlossen gewesen wäre, sei eine merkantile Wertminderung und eine dauernde Nutzungsbeeinträchtigung eingetreten. Dieser Schaden belaufe sich auf Grund der Lage des Grundstückes und des dort errichteten Landhauses auf zumindest S 500.000,--.

Der Beklagte erhob unter anderem die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges. Er habe das Gutachten im Auftrag der Marktgemeinde Nußdorf am Attersee erstellt. Seine Tätigkeit sei als Berater der Gemeinde im Rahmen der Hoheitsverwaltung erfolgt.

Das Erstgericht wies die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück. Die Planung und Errichtung einer öffentlichen Straße durch eine Gemeinde stelle eine hoheitliche Tätigkeit dar. Der Beklagte sei als Sachbearbeiter der Gemeinde in Vollziehung der Gesetze und somit im Rahmen der Hoheitsverwaltung tätig geworden. Die Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes seien anzuwenden. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers Folge und änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß es die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges verwarf. Der Bau und die Instandhaltung öffentlicher Straßen gehörten zum privatrechtlichen Aufgabenbereich der Rechtsträger. Frei bestellte Sachverständige seien keine Organe im Sinn des § 1 Abs 2 AHG, weil sie selbst keine Entscheidungen träfen, sondern der Behörde durch ihren Befund und Gutachten lediglich ein Beweismittel lieferten. Für den durch ein unrichtiges Gutachten verursachten Schaden hafte der Sachverständige den Betroffenen unmittelbar und persönlich. Der Beklagte sei nicht als Amtssachverständiger tätig geworden.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Beklagten ist nicht berechtigt. Der Beklagte hat im Auftrag der Marktgemeinde Nußdorf am Attersee ein Gutachten über die Möglichkeit einer Straßenverbindung erstattet. Der freiberuflich tätige Beklagte wurde demnach nicht als Amtssachverständiger tätig. Nur ein solcher wäre Organ des Rechtsträgers, weil er der Behörde beigegeben ist und sein Wissen als das der Behörde gilt (JBl 1987, 308;

Loebenstein-Kaniak AHG2 44 f). Der Beklagte als von der Gemeinde für den Einzelfall bestellter Sachverständige wurde auch nicht als deren Erfüllungsgehilfe, sondern als deren beratendes Organ tätig. In diesem Fall steht dem mit Werkvertrag bestellten Sachverständigen selbst in Fällen, in denen die darauf fußende Entscheidung in Vollziehung der Gesetze zu ergehen hätte, keine hoheitsrechtliche Entscheidungsbefugnis zu. Die Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes sind auf seine Tätigkeit nicht anzuwenden (SZ 54/19 mwN; Loebenstein-Kaniak aaO 45 f).

Schon aus diesem Grund ist dem Revisionsrekurs der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf §§ 52, 41, 50 ZPO.

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