Spruch:
Der Revision wird nicht stattgegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der Beklagten die mit 10.766,25 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten an Umsatzsteuer 978,75 S) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin hatte als Inhaberin des von ihr ausgestellten Wechsels die wechselmäßige Haftung der Beklagten als Annehmerin geltend gemacht und den Wechselzahlungsauftrag vom 24. Juni 1986 erwirkt.
Als Bezogener war von der Ausstellerin im Wechsel die "Fam. S*** Werner Berghotel Biberkopf 6767 Warth" bezeichnet worden.
Die Beklagte ist die Mutter des in der Bezeichnung des Bezogenen genannten Hoteliers. Sie hatte am 11. März 1986 im Hotel ihres Sohnes, an dem die Klägerin in dessen Auftrag Leistungen erbracht hatte, auf Andrängen des Geschäftsführers der Klägerin das im übrigen von diesem maschinschriftlich ausgefüllte Wechselformular durch Angabe des Ausstellungsortes und -tages handschriftlich ergänzt und unter dem vorgedruckten Wort angenommen auf der Vorderseite des Wechselformulars mit Vor- und Familiennamen unterschrieben und ihrer Unterschrift den Stempelabdruck des Hotelbetriebes ("Biberkopf Restaurant Pension 6767 Warth" samt Telefonnummern) beigesetzt.
In den Einwendungen gegen den Wechselzahlungsauftrag machte die Beklagte vor allem eine Formungültigkeit des Wechsels geltend, weil es an der Wesensgleichheit von Bezogenem und Annehmer fehle. Überdies wendete die Beklagte das Fehlen eines Grundgeschäftes zwischen den Streitteilen und Willensmängel bei der Leistung ihrer Wechselunterschrift ein: Ihr Sohn sei Alleineigentümer des Berghotels und als solcher auch alleiniger Auftraggeber der von der Klägerin ausgeführten Bauarbeiten gewesen, die Beklagte habe keine Vertretungsmacht zu rechtsgeschäftlichem Handeln ihres Sohnes besessen, das habe der Geschäftsführer der Klägerin, der ihr das Wechselformular zur Unterschrift vorgelegt habe, auch gewußt. Diesen Einwendungen setzte die Klägerin die Behauptung entgegen, die Beklagte habe ihre Wechselunterschrift nicht in Vertretungsabsicht, sondern in der von Willensmängeln freien Absicht gegeben, selbst eine wechselmäßige Haftung zu übernehmen. Ein die Formungültigkeit bewirkender Mangel hafte dem Wechsel nicht an. Das Erstgericht hob den Wechselzahlungsauftrag auf. Das Berufungsgericht bestätigte - nach Einschränkung des Klagebegehrens auf einen 300.000 S übersteigenden Teil der Wechselsumme - dieses Urteil.
Es erachtete die Rüge unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger Tatsachenfeststellung als nicht stichhältig und übernahm demgemäß die erstrichterlichen Feststellungen als Entscheidungsgrundlage. Daraus ist hervorzuheben:
Das 1928 von den Eltern der Beklagten errichtete, bis 1938 mit einjähriger Unterbrechung auch von diesen in Eigenregie geführte, dann aber verpachtete Hotel führt seit dem Jahre 1967 der Sohn der Beklagten als Konzessionsinhaber. 1975 erwarb dieser den Hälfteanteil seines Großvaters, 1982 auch den der Beklagten. Seither ist der Sohn der Beklagten Alleineigentümer des Hotels. Er ist "alleinzeichnungsberechtigter Geschäftsführer". Die Beklagte ist im Betrieb mittätig, sie betreut die Küche, Keller, Wäsche und Einkauf betreffenden Aufgaben. Die Schwiegertochter der Beklagten erledigt die Buchhaltungsangelegenheiten. 1984 "beschlossen" der Sohn der Beklagten, seine Ehefrau und seine Mutter die Errichtung eines Hotelzubaues. Der Sohn der Beklagten erteilte unter Einschaltung eines Architekten der klagenden Partei den in der Vertragsurkunde vom April 1985 niedergelegten Bauauftrag mit einer zwei Millionen Schilling übersteigenden Auftragssumme. Diese Vertragsurkunde unterschrieb er als Bauherr und Auftraggeber unter dem Abdruck des Geschäftsstempels, den die Beklagte dann ihrer auf das Wechselformular gesetzten Unterschrift beidrückte. Auf die Schlußrechnung der Klägerin vom Dezember 1985 blieb ein Betrag von 947.114,30 S unbeglichen, weil der Bankkreditrahmen ausgeschöpft war. Die klagende Partei drängte mehrmals telefonisch auf Zahlung des restlichen Rechnungsbetrages. Die Telefongespräche übernahm jeweils die Beklagte, die ihren Sohn auch tatkräftig bei seinen Bemühungen um Erschließung weiterer Finanzierungsmöglichkeiten unterstützte, von ihrem Sohn aber niemals bevollmächtigt worden war, in seinem Namen rechtsgeschäftliche Erklärungen abzugeben. Der Sohn der Beklagten überließ seiner Mutter lediglich wiederholt die Verhandlungsführung.
Der Geschäftsführer der Klägerin suchte zwei oder drei Tage vor dem 11. März 1986 wegen der in Aussicht gestellten Finanzierung der Restzahlung das Hotel auf und sprach in Abwesenheit des Sohnes der Beklagten mit dieser. Der Geschäftsführer der Klägerin schlug die Überbrückung der Finanzierung durch einen Wechsel vor und suchte mit der Klägerin gemeinsam die Hausbank (des Hotelbetriebes) auf, deren Filialleiter auf entsprechende Frage erklärte, man könne eine Zwischenfinanzierung mittels Wechsels probieren.
Am 11. März 1986 erschien der Geschäftsführer der Klägerin nach fernmündlicher Vorankündigung abermals im Hotel und legte das Wechselformular mit den maschinschriftlichen Ausfüllungen des Zahlungsortes, der Verfallszeit, der Wechselsumme, der Zahlstelle und der Angabe des Bezogenen ("Fam. ...") zur Unterschrift vor. Die Beklagte, die inzwischen wegen einer Zwischenfinanzierung mittels Wechsels nicht mit ihrem Sohn gesprochen hatte, aber die Möglichkeit eines von der Klägerin zu stellenden Konkursantrages besorgte, erklärte dem Geschäftsführer der Klägerin, daß sie nicht unterschreiben dürfe, da ihr Sohn Hotelbesitzer sei. Dem entgegnete der Geschäftsführer der Klägerin, er kenne die Beklagte, sie wäre ihm persönlich gut genug. Daraufhin unterschrieb die Beklagte auf der Vorderseite des Wechsels in der Rubrik "angenommen" mit ihrem Vor- und Zunamen unter Beisetzung des Geschäftsstempels und setzte auch handschriftlich Ausstellungsort und -tag in den Wechselvordruck ein.
Zufolge der Erklärung der Beklagten, nicht Hotelunternehmerin zu sein, war dem Geschäftsführer der Klägerin klar, daß der Sohn der Beklagten Unternehmer und Besitzer des Hotels war. Dem Geschäftsführer der Klägerin war bewußt, daß er es mit dem Eigentümer des Hotels zu tun habe und die Beklagte als Vertreterin ihres Sohnes auftrat.
Die Beklagte teilte ihrem Sohn nach dessen Rückkehr mit, daß sie einen Wechsel als Annehmerin unterschrieben habe. Der Sohn der Beklagten meinte dazu, daß sie dies besser nicht getan hätte. Er nahm in der Folge keinen Kontakt mit der Klägerin auf und teilte dieser nicht mit, daß er mit der Annahme des Wechsels durch seine Mutter nicht einverstanden wäre.
Die Klägerin erhob mangels Zahlung Protest gegen die "Familie", wie sie im Wechsel als Bezogener angeführt war.
Hinweise auf einen von der Beklagten eingewendeten Willensmangel stellte das Erstgericht nicht fest.
Das Berufungsgericht führte im Zuge der Erledigung einer Rüge unvollständiger Tatsachenfeststellungen aus, daß die Beweisergebnisse zu einer Feststellung darüber nicht hinreichten, der Sohn der Beklagten sei von dieser oder sonstwie in Kenntnis gesetzt worden, daß er in dem von seiner Mutter unterfertigten Wechsel als Bezogener bezeichnet gewesen sei.
In rechtlicher Beurteilung hatte das Erstgericht gefolgert: Die Beklagte gehöre als Aszendentin nicht zu der im Wechsel als Bezogener bezeichneten Familie, ein Wechsel könne aber nur dem Bezogenen zur Annahme vorgelegt werden. Die Beklagte habe durch ihre Unterfertigung unter Beisetzung des Geschäftsstempels deutlich gemacht, daß sie nicht für sich persönlich, sondern für den Inhaber des mit dem Geschäftsstempel bezeichneten Unternehmens, also für ihren Sohn, die Wechselunterschrift leiste. Dies habe sich auch aus ihrer Äußerung gegenüber dem Geschäftsführer der Klägerin anläßlich dessen Vorlage des Wechsels zur Unterschrift ergeben. Die Beklagte habe für ihren Sohn den vorgelegten Wechsel angenommen, ohne von diesem hiezu ermächtigt gewesen zu sein. Dieser habe die in seinem Namen erfolgte Annahme des Wechsels nachträglich zumindest stillschweigend genehmigt, indem er die Klägerin vom Vollmachtsmangel seiner Mutter auch nachträglich nicht in Kenntnis gesetzt habe. Dazu wäre er aber nach der ihm bekannten Sachlage verpflichtet gewesen. Die Unterlassung der Aufklärung sei ihm als nachträgliche Genehmigung des vollmachtslosen Handelns seiner Mutter zuzurechnen. Damit entfalle aber eine wechselrechtliche Haftung der Beklagten im Sinne des Art. 8 WG.
Das Berufungsgericht unterzog den von ihm zugrunde gelegten Sachverhalt folgender rechtlicher Würdigung:
Durch die Umschreibung des Bezogenen ("Fam. S*** Werner Berghotel Biberkopf in 6767 Warth") seien die namentlich genannte Person und deren Familienangehörige als Unternehmer des angeführten gastgewerblichen Betriebes bezeichnet worden, mangels Eigenschaft einer (Mit-)Unternehmerin daher nicht die Beklagte. Diese habe durch den ihrer Unterschrift beigefügten Abdruck des Geschäftsstempels ("Biberkopf Restaurant Pension 6767 Warth" samt Telefonnummern) zu erkennen gegeben, die Wechselunterschrift für den Betriebsinhaber, also ausschließlich für ihren Sohn, zu leisten. Die Beklagte habe den Geschäftsführer der Klägerin noch vor ihrer Unterschriftsleistung davon in Kenntnis gesetzt, daß ihr Sohn der Betriebsunternehmer sei und sie deshalb den Wechsel eigentlich nicht unterschreiben dürfe. Die Klägerin habe daher nicht auf eine Vertretungsmacht der Beklagten zur Annahme des Wechsels namens ihres Sohnes vertrauen dürfen. Die wechselmäßige Haftung dessen, der, ohne hiezu ermächtigt zu sein, seine Unterschrift in Vertretung eines anderen auf den Wechsel setze (Art. 8 WG), bestehe nicht gegenüber einem Wechselinhaber, der auf die Vertretungsmacht nicht vertraut habe.
Davon abgesehen, wäre der Sohn der Beklagten verpflichtet gewesen, durch entsprechende Erklärungen der Klägerin gegenüber einen gegen ihn sprechenden Rechtsschein zu beseitigen. Dies habe der Sohn der Beklagten (als Scheinvertretener) unterlassen und müsse sich diese Unterlassung als Genehmigung anrechnen lassen. Damit wäre eine (etwa begründete) Haftung der Beklagten als Scheinvertreterin gemäß Art. 8 WG wieder entfallen.
Die Klägerin ficht das bestätigende Berufungsurteil aus den Revisionsgründen nach § 503 Abs. 2 und 4 ZPO mit einem Abänderungsantrag im Sinne ihres (eingeschränkten) Klagebegehrens und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag an. Die Beklagte strebt die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Verfahrensgegenstand ist die wechselmäßige Annehmerhaftung der Beklagten aus dem im Wechselzahlungsauftrag bezeichneten Wechsel. Die Beklagte ist durch die Umschreibung des Bezogenen in der Wechselurkunde - mag die Beklagte nach allgemeinem oder örtlichem Sprachgebrauch als Mutter des Werner S*** unter die Sammelbezeichnung "Familie S*** Werner" gerechnet werden oder nicht - schon deshalb nicht betroffen, weil in Übereinstimmung mit der Schuldnerstellung aus dem Kausalverhältnis (Bauauftrag) das namentlich genannte Familienmitglied als Inhaber des zur Identifizierung des Schuldners angeführten gastgewerblichen Betriebes als Bezogener zu gelten hat und die Beklagte weder nach den Behauptungen der Klägerin noch nach etwa überschießenden Feststellungen zur Zeit ihres Wechselskripturaktes (Mit-)Unternehmerin war. Nach dem Erscheinungsbild des vorgelegten Wechsels und den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes zur inhaltlichen Ausfüllung der Umschreibung des Bezogenen im Hinblick auf das Kausalverhältnis, das Anlaß für die Wechselbegebung war, kann eine wechselmäßige Haftung der Beklagten als Annehmerin, selbst wenn sie ihre Unterschrift in der erklärten Absicht einer Annahme auf den Wechsel gesetzt haben sollte, nicht wirksam bestehen. Eine Haftung als vollmachtslose Vertreterin nach Art. 8 WG kommt nach dem in der Revision bezogenen Standpunkt der Klägerin nicht in Betracht. Eine derartige Haftung scheidet im vorliegenden Fall aus dem vom Berufungsgericht zutreffend dargelegten Grundsatz aus, daß die Haftung nach Art. 8 WG dem Wechselinhaber nicht zustatten kommen könnte, der den Mangel der Vertretungsmacht kannte (SZ 52/11 u.a.). Damit sind alle Erörterungen über einen Wegfall einer solchen Haftung der Beklagten nach Art. 8 WG zufolge nachträglicher Genehmigung ihres vollmachtslosen Wechselskripturaktes durch ihren Sohn gegenstandslos.
Eine wechselmäßige Haftung der Beklagten als Bürgin für den Annehmer gemäß Art. 31 Abs. 3 WG scheitert daran, daß es - wenn die Unterschrift der Beklagten als die einer Wechselbürgin angesehen werden sollte - an der Unterschrift eines Annehmers gebräche (Art. 32 Abs. 2 WG; vgl. SZ 43/173).
Ob eine allgemein bürgerlich-rechtliche Bürgschaft vorliegt, ist nach dem Klagsvorbringen nicht Prozeßgegenstand.
Die Rechtsrüge zu B/4 der Revision ist nicht stichhältig, damit gehen sämtliche übrigen Revisionsausführungen ins Leere. Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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