Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 19.587,15 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.780,65 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 25. Oktober 1984 verstarb der in Rietz, Stagglhof, wohnhaft gewesene Pensionist Martin B***. In den beim Bezirksgericht Silz zu A 171/84 anhängigen Verlassenschaftsverfahren
gaben - zunächst - sowohl die Klägerin auf Grund eines mündlichen Testamentes vom 21. Oktober 1984 als auch der Beklagte auf Grund eines mündlichen Testaments vom 24. Oktober 1984 jeweils bedingte Erbserklärungen ab. Mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 29. März 1985, 2 b R 52/85, wurden diese Erbserklärungen zu Gericht angenommen und die Klägerin mit ihren Erbansprüchen unter Setzung einer Frist von 4 Wochen auf den Rechtsweg verwiesen.
Mit der vorliegenden Klage begehrte die Klägerin die Feststellung, daß "mit Wirkung zwischen den Streitteilen das mündliche Testament des Martin B*** vom 24. Oktober 1984 zur Erbseinsetzung des Hans E*** ungültig sei". Ein solches Testament sei nie zustande gekommen. Die vom Beklagten behaupteten Äußerungen des Erblassers seien nicht als Testament, sondern so zu verstehen, daß der Verstorbene sich über einen Übergabsvertrag oder eine Art Leibrentenvertrag unterhalten habe. Ein allfälliges Testament sei auch aus formalen Gründen ungültig, da der Zeuge Peter K*** als Ehegatte der außerehelichen Tochter der Gattin des Beklagten kein fähiger Zeuge im Sinne des § 594 ABGB sei.
Der Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen, und wendete ein, Martin B*** habe ihn am 24. Oktober 1984 in einem formgültigen Testament zum Alleinerben eingesetzt.
Das Erstgericht stellte "mit Rechtswirksamkeit zwischen den Streitteilen" fest, daß die Erklärung des Martin B*** vom 24. Oktober 1984 kein mündliches Testament und "zur Erbeinsetzung des Beklagten ungültig" sei. Es nahm folgenden wesentlichen Sachverhalt als erwiesen an:
Am 24. Oktober 1984 erschien Martin B*** gegen 8,30 Uhr im Haus des Beklagten. In der Küche wurde ihm eine Suppe angeboten. In diesem Zusammenhang sprach Martin B*** davon, daß er den kommenden Winter fürchte und für sich und seinen Hund eine warme Unterkunft und die Verpflegung bzw. das Futter anstrebe. Er äußerte jedoch keine Befürchtungen im Hinblick auf ein allfälliges Ableben. In Anwesenheit der mit dem Beklagten nicht verwandten und verschwägerten Zeugen Ida T***, Peter B*** und Peter K*** (Ehegatte der außerehelichen Tochter der Ehefrau des Beklagten) äußerte Martin B*** sinngemäß, er wolle seinen Besitz dem Beklagten - den er "Hansel" nannte - sofort übergeben, wenn er nicht mehr heimgehen müsse, sondern beim Beklagten bleiben dürfe und Unterkunft und Verpflegung bekomme. Diese Erklärung bezeichnete Martin B*** als "Verfügung". Die Worte "letzter Wille" oder "Testament" sind nicht gefallen. Von den Anwesenden wurden die Äußerungen des Martin B*** so verstanden, daß er bereit wäre, seinen gesamten Besitz sofort dem Beklagten zu übergeben, sofern er als Gegenleistung noch für den kommenden Winter für sich und seinen Hund Unterkunft und Verpflegung bekomme.
In rechtlicher Hinsicht verneinte das Erstgericht einen Testierwillen des Martin B*** bei der mündlichen Äußerung am 24. Oktober 1984 und damit das Zustandekommen eines mündlichen Testamentes. Dem Erblasser sei es damals offenbar darum gegangen, unter dem Druck des kommenden Winters für sich und seinen Hund eine warme Unterkunft und Verpflegung zu erlangen. Für diesen Fall wäre er bereit gewesen, als Gegenleistung dem Beklagten seinen Besitz zu übergeben. Martin B*** habe also eine Art Übergabsvertrag im Auge gehabt, wobei er sich bestimmte Gegenleistungen vorbehalten habe. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteige. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und teilte auch dessen Rechtsansicht, daß eine letztwillige Anordnung zugunsten des Beklagten nicht vorliege, wobei es darauf verwies, daß Martin B*** an einer Regelung und Sicherung seiner Versorgung zu Lebzeiten und nicht daran gelegen gewesen sei, am 24. Oktober 1985 bereits über seinen Nachlaß zu verfügen. Dies gelte umso mehr, als der Beklagte bei dieser Erklärung nicht einmal anwesend gewesen sei und daher keine Zusagen habe machen können. Das Erstgericht habe sich auch zutreffend nur auf die Prüfung des angeblichen Testaments vom 24. Oktober 1984, aus dem der Beklagte sein Erbrecht ableite, beschränkt.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit den Anträgen, es im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern oder es aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an eine der Vorinstanzen zurückzuverweisen. Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Soweit der Beklagte meint, das Verfahren sei deshalb mangelhaft geblieben, weil keine Feststellungen darüber getroffen worden seien, ob zugunsten der Klägerin ein Testament bestehe und sie daher ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung habe, kann ihm nicht beigepflichtet werden.
Die Klage des auf den Rechtsweg verwiesenen Erbansprechers ist eine negative Feststellungsklage. In diesem Verfahren wird nur mit Wirkung zwischen den Streitteilen festgestellt, ob der Titel des Beklagten ungültig ist; hingegen erfolgt keine positive Entscheidung über die Erbberechtigung des Klägers (Koziol-Welser, Grundriß 7 II 359; Welser in Rummel, ABGB I Rz 24 zu §§ 799, 800; Fasching, Kommentar III 31; SZ 25/26; SZ 27/132; SZ 56/180 ua). Fasching (Lehrbuch Rz 1104) rechnet die Erbrechtsklage zu jenen Feststellungsklagen, bei denen bereits der materiellrechtliche Tatbestand alle Voraussetzungen des § 228 ZPO erfülle, weshalb bei solchen Klagen das Feststellungsinteresse fast nie fehlen könne und daher auch vom Kläger nicht noch gesondert behauptet werden müsse. Das schließt allerdings nicht aus, daß die aktive Klagelegitimation deshalb nicht gegeben ist, weil im Verfahren feststeht, daß der Erbrechtstitel, auf den sich der Kläger stützt, unwirksam ist (SZ 55/143; NZ 1986, 203). Allerdings spricht prima facie für die Aktivlegitimation des Klägers im Erbrechtsstreit zunächst die Tatsache, daß (auch) seine Erbserklärung zu Gericht angenommen wurde, also jedenfalls der äußeren Form nach eine letztwillige Verfügung zu seinen Gunsten vorliegt. Es wäre daher Sache des Beklagten gewesen, im Erbrechtsstreit die Aktivlegitimation der Klägerin zu widerlegen. Insoweit muß die Aussage der Entscheidung NZ 1986, 203, es komme nicht darauf an, ob die zugunsten des Beklagten getroffene letztwillige Verfügung ein Testament enthalte, weil die Klägerin ihr Erbrecht nicht bewiesen habe, und ihr daher die aktive Klagelegitimation fehle, eingeschränkt werden. Im übrigen wurde in dieser Entscheidung die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes über die Beweislastverteilung, daß nämlich den Beklagten die Beweispflicht für die Ungültigkeit des Testamentes zugunsten des Klägers treffe, ihm allerdings dieser Nachweis gelungen sei, ausdrücklich gebilligt. Der Rechtssatz, die Klägerin habe ihr Erbrecht nicht beweisen können, steht daher mit der Aussage über die Beweislastverteilung im Widerspruch.
Im vorliegenden Fall hat zwar der Beklagte in einem Halbsatz der Klagebeantwortung ausgeführt, er bestreite, daß Martin B*** überhaupt zugunsten der Klägerin ein Testament gemacht habe. Irgendwelche weiteren Ausführungen dazu fehlen jedoch, und der Beklagte hat auch keine Beweise für sein Vorbringen angeboten. In der Berufung hat der Beklagte dazu überhaupt nicht Stellung genommen. Er ist daher seiner Behauptungs- und Beweispflicht nicht nachgekommen, weshalb von der Aktivlegitimation der Klägerin auszugehen ist.
Die Vorinstanzen haben aber auch mit Recht das Vorliegen eines zugunsten des Beklagten errichteten mündlichen Testaments verneint. Nach Lehre und ständiger Rechtsprechung (Fasching IV 333; SZ 56/43 uva) ist die Frage, ob der Erblasser in Testierabsicht gehandelt hat, eine im Revisionsverfahren unüberprüfbare Tatsachenfeststellung. Beide Vorinstanzen sind davon ausgegangen, daß die Äußerung des Erblassers nicht in der Absicht erfolgte, eine letztwillige Verfügung zu treffen. Wenn das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang ausführte, die Äußerung des Erblassers sei dahin zu verstehen, daß er möglicherweise die Absicht hatte, den Beklagten letztwillig oder allenfalls bereits zu Lebzeiten in Form eines Übergabsvertrages zu bedenken, falls er dafür Unterkunft und Verpflegung bekomme, dann ist dies kein Widerspruch zur Verneinung der Testierabsicht bei Abgabe der Erklärung; selbst die geäußerte Absicht, zugunsten des Beklagten zu testieren, falls dieser seinerseits gewisse Gegenleistungen erbringt, würde ja noch keine letztwillige Verfügung bedeuten.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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