OGH 4Ob390/86

OGH4Ob390/865.5.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Maier, Dr.Petrag und Dr.Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Firma Wilhelm E***, Verleger, 4400 Steyr,

Stadtplatz 36, vertreten durch Dr. Josef Lechner, Rechtsanwalt in Steyr, wider die beklagten Parteien 1. Maria T***, Autorin, 4710 Grieskirchen, Stifterstraße 16, 2. Wilhelm H*** Verlag Gesellschaft mbH & Co KG, D-8000 München, Türkenstraße 5/7, vertreten durch Dr.Harry Zamponi, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterlassung (5 Mio. S) und Urteilsveröffentlichung (500.000 S) infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 2.September 1986, GZ 6 R 151/86-16, womit der Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 30. Juni 1986, GZ 6 Cg 226/86-5, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 27.012,15 S (darin enthalten 2.455,65 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Zur Sicherung seines mit Klage geltend gemachten Anspruches, die Erstbeklagte sei schuldig, die weitere Veröffentlichung und den Vertrieb des Werkes "Maria T***-Heilkräuter aus dem Garten Gottes" durch die Zweitbeklagte, und die Zweitbeklagte sei schuldig, den weiteren Verlag und Vertrieb des genannten Werkes der Erstbeklagten zu unterlassen, beantragte der Kläger, es beiden Beklagten zu verbieten, das Buch "Maria T***-Heilkräuter aus dem Garten Gottes" zu vertreiben, an Händler auszuliefern sowie zu verkaufen. Ungeachtet eines ihm von der Erstbeklagten mit Verlagsvertrag vom 13. Juni 1980 eingeräumten Werknutzungsrechtes an ihrem Werk "Gesundheit aus der Apotheke Gottes" habe die Erstbeklagte im Verlag der Zweitbeklagten das Buch "Maria T***-Heilkräuter aus dem Garten Gottes" erscheinen lassen, das dem erstgenannten Werk in der Aufmachung verwechselbar ähnlich und im Inhalt nahezu ident sei. Der Zweitbeklagten sei das dem Kläger zustehende Werknutzungsrecht bekannt gewesen. Durch den Vertrieb dieses Buches erweckten die Beklagten den Eindruck, es handle sich um eine Neuauflage des Werkes "Gesundheit aus der Apotheke Gottes". Beiden Beklagten falle ein Verstoß gegen Bestimmungen des UrhG, des UWG und des ABGB (Verlagsrecht) zur Last.

Nach Zurückweisung der Klage gegen die Zweitbeklagte durch das Erstgericht erstattete die Erstbeklagte eine Äußerung mit dem Antrag, das Sicherungsbegehren abzuweisen. Der Verlagsvertrag mit dem Kläger sei aus triftigen Gründen gekündigt worden. Der Erstbeklagten stehe weiterhin das Recht zur Bearbeitung ihrer Werke zu; das vollständig neue Buch, das grundlegend anders gestaltet sei, greife in die Verlagsrechte des Klägers nicht ein. Ein Wettbewerbsverbot sei nicht vereinbart worden. Als Autorin habe die Erstbeklagte mit dem Vertrieb, der Auslieferung und dem Verkauf des beanstandeten Werks nichts zu tun.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gegen die Erstbeklagte ohne Durchführung eines Bescheinigungsverfahrens ab. Es vertrat die Ansicht, daß ihr Einwand, als Autorin habe sie mit dem Vertrieb, der Auslieferung und dem Verkauf des Buches nichts zu tun, berechtigt sei. Überdies sei der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung derart kursorisch verfaßt, daß nicht einmal Bescheinigungsmittel angeboten worden seien.

Auf Rekurs des Klägers hob das Rekursgericht diesen Beschluß auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen, nach Verfahrensergänzung zu treffenden Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, 300.000 S übersteige, und setzte einen Rechtskraftvorbehalt. Der Erstbeklagten sei es durchaus möglich, etwa durch einvernehmliches Storno des neuen Verlagsvertrages mit der Zweitbeklagten tatsächlich die Einstellung des Vertriebes des neuen Buches zu bewirken. Überdies seien für einen Unterlassungsanspruch etwa nach § 14 UWG und § 81 UrhG auch Mittäter, Anstifter und überhaupt alle Personen passiv legitimiert, die in irgendeiner Weise an der beanstandeten Wettbewerbshandlung bzw. am Verstoß gegen ein Immaterialgüterrecht mitgewirkt haben. Insoweit könnten die Erstbeklagte als Autorin und die Zweitbeklagte als Verlegerin als Mittäter beim Vertrieb des Werkes, wodurch das Werknutzungsrecht des Klägers verletzt worden sein soll, angesehen werden. Auch wenn der Kläger in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung keine Bescheinigungsmittel angeführt habe, müßten doch die mit der Klage vorgelegten Urkunden als Anspruchsbescheinigung im Sinne des § 24 UWG und des § 81 UrhG angesehen werden.

Die vom Erstgericht angeführten Argumente könnten daher dessen abweisende Entscheidung nicht rechtfertigen. Die Auslieferung des Werkes an Händler und dessen Verkauf seien lediglich Erscheinungsformen des mit dem Unterlassungsbegehren beanstandeten Vertriebes, weshalb sich der Provisorialantrag im Rahmen des im Prozeß geltend gemachten Anspruches halte. Die Prozeßökonomie gebiete es, die neuerliche Entscheidung hinsichtlich beider Beklagter zu erlassen, zumal die Zurückweisung der Klage gegen die Zweitbeklagte inzwischen behoben worden sei. Deshalb sei es auch nicht erforderlich, auf Grund der vorliegenden Bescheinigungsmittel einen Sachverhalt festzustellen. Eine nähere sachliche Stellungnahme zur behaupteten Verletzung des Werknutzungsrechtes des Klägers und zu den angeblichen Wettbewerbsverstößen der Erstbeklagten sei verfrüht.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß die beantragte einstweilige Verfügung erlassen werde. Hilfsweise wird begehrt, den Beschluß der zweiten Instanz aufzuheben und dem Rekursgericht eine neuerliche Verhandlung und Entscheidung aufzutragen.

Die Erstbeklagte beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, dem Rechtsmittel des Klägers nicht Folge zu geben; in eventu, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und dem Rekursgericht die Sachentscheidung im Sinne einer Bestätigung des erstgerichtlichen Beschlusses aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Dem Revisionsmekurs kommt keine Berechtigung zu.

Wie der Kläger selbst ausführt, hat das Rekursgericht zwar mögliche Anspruchsgrundlagen angedeutet, aber ebenso wie das Erstgericht aus den angebotenen Bescheinigungsmitteln (S 6) keinerlei Feststellungen getroffen. Mangels jeglichen bescheinigten Sachverhalts muß eine sachliche Stellungnahme zu den im Revisionsrekurs aufgestellten und zum Teil im Tatsachenbereich liegenden Behauptungen entfallen. Auch im Sicherungsverfahren ist der Oberste Gerichtshof nur Rechts-, aber nicht Tatsacheninstanz (ÖBl. 1980, 40 ua). Entgegen der Ansicht der Erstbeklagten kann aber auch nicht Spruchreife im Sinne einer Abweisung des Sicherungsantrages angenommen werden:

Der Kläger bezieht sich in seinem Vorbringen, das auch für das Provisorialverfahren maßgeblich ist, auf angebliche Verstöße der Erstbeklagten gegen das UrhG, das UWG und das ABGB. Da sich das Sicherungsbegehren im Rahmen des Unterlassungsanspruches hält (ÖBl. 1978, 134) - insoweit entspricht das Verbot der Auslieferung und des Verkaufes der Bücher dem umfassenderen Begriff des Vertriebes -, wird der als bescheinigt angenommene Sachverhalt nach allen hiefür in Betracht kommenden gesetzlichen Bestimmungen zu prüfen sein. Das Recht des Verlegers ist in der Regel ein Werknutzungsrecht (Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Rz 412.5). Der Werknutzungsberechtigte erwirbt - im Gegensatz zum Inhaber einer Werknutzungsbewilligung - ein Ausschließungsrecht. Er ist auf Grund seines absoluten Rechts imstande, selbständig gegen jeden Eingriff eines Dritten vorzugehen (SZ 27/249; ÖBl. 1981, 137); er schließt insoweit auch den Urheber von der Werknutzung aus (§ 26 Satz 2 UrhG). Daß der Werknutzungsberechtigte dem Urheber auch Bearbeitungen eines Werks (§ 5 Abs. 1 UrhG) verbieten kann, nicht aber selbständige Neuschöpfungen (§ 5 Abs. 2 UrhG), hat das Rekursgericht richtig erkannt (ÖBl. 1983, 173 mwH). Entgegen der Ansicht der Erstbeklagten kann sich der Titel- und Ausstattungsschutz nicht nur auf § 80 UrhG stützen; wenn es sich um den Schutz der Ausstattung eines und desselben Werkes handelt, das bei verschiedenen Verlegern erschienen ist, und sich der eine Verleger gegen die mögliche Verwechslung verwahrt, ist vielmehr § 9 UWG anzuwenden (SZ 27/316). Für das wettbewerbswidrige Verhalten auch eines selbständigen Dritten hat aber jeder einzustehen, der den Wettbewerbsverstoß durch sein Verhalten gefördert oder überhaupt erst ermöglicht hat. Die Unterlassungsklage nach § 14 UWG kann daher, wie das Rekursgericht schon zutreffend hervorhob, auch gegen Mittäter, Anstifter und Gehilfen des eigentlichen Störers gerichtet werden (ÖBl. 1983, 144; ÖBl. 1984, 135 ua). Eine Gefährdungsbescheinigung ist nach § 81 Abs. 2 UrhG ebensowenig erforderlich wie nach § 24 UWG. Da sohin das Vorbringen des Klägers nicht schlechthin als unschlüssig anzusehen ist, Feststellungen für die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts aber zur Gänze fehlen, hat es bei der vom Rekursgericht angeordneten Aufhebung der erstgerichtlichen Entscheidung zu verbleiben. Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf den §§ 402 Abs. 2, 78 EO sowie den §§ 50, 41 ZPO. Eine Zuerkennung von Zinsen zu den Verfahrenskosten kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Kostenersatzanspruch grundsätzlich nur aus dem Prozeßrecht (§§ 41 ff ZPO) abgeleitet wird und dort abschließend geregelt ist. Der Ersatzanspruch ist ein öffentlich-rechtlicher Anspruch eigener Art, der auf anderen anspruchsbegründenden Kriterien beruht und in einem anderen Durchsetzungsverfahren geltend zu machen ist als die Normen des Privatrechts (Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 468). Im Prozeßkostenrecht sind aber Zinsen nicht vorgesehen.

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