OGH 2Ob49/86 (2Ob50/86)

OGH2Ob49/86 (2Ob50/86)28.4.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Huber als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen I.) der klagenden Partei Ö*** B***, vertreten durch die Finanzprokuratur,

1011 Wien, Singerstraße 17-19, wider die beklagten Parteien

  1. 1.) Fa. K*** OHG, 8740 Schärding, Unterer Stadtplatz 13,
  2. 2.) Franz F***, Kraftfahrer, 4725 Taufkirchen, Jechtenhorn 21,
  3. 3.) N*** Allgemeine Versicherungs-AG, 1010 Wien,

    Uraniastraße 2, alle vertreten durch Dr. Helmut Wildmoser, Rechtsanwalt in Linz, wegen 3,503.899,19 S sA (6 Cg 260/83), und II.) der klagenden Partei Fa. K*** OHG, 5870 Schärding, Unterer Stadtplatz 13, vertreten durch Dr. Reinhard Wildmoser, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagten Parteien

    1.) Ö*** B***, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, und 2.) G*** K***, 5431 Kuchl, vertreten durch Dr. Herbert Gollackner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 636.009 S sA (6 Cg 99/84), infolge Revisionen der klagenden Partei zu II. und der beklagten Parteien zu

    I. gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 13. Mai 1986, GZ 4 R 4, 5/86-44, womit infolge Berufungen der klagenden Partei zu II. und der beklagten Parteien zu I. das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 30. August 1985, GZ 6 Cg 260/83, 6 Cg 99/84-37, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Den Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei Fa. K*** OHG ist schuldig, der

beklagten Partei Ö*** B*** die mit 16.221,15 S

(darin keine Barauslagen und 1.474,65 S Umsatzsteuer) sowie der beklagten Partei G*** K*** die mit 17.421,15 S (darin 1.200 S Barauslagen und 1.474,65 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens betreffend das Verfahren 6 Cg 99/84 binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens betreffend das Verfahren 6 Cg 260/83 wird dem Endurteil vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 17. Juni 1980 gegen 9.30 Uhr ereignete sich auf der zweigeleisigen Westbahnstrecke der Ö*** B*** auf

dem schienengleichen Bahnübergang bei Bahnkilometer 22.440 im Bereich von Kuchl-Garnei ein Verkehrsunfall. Der bei der Fa. K*** OHG beschäftigte Kraftfahrer Franz F*** lenkte den dieser gehörigen LKW, polizeiliches Kennzeichen O-190.003, samt Tiefladeanhänger, polizeiliches Kennzeichen O-30.840, dessen Haftpflichtversicherer die Drittbeklagte war, auf der zunächst parallel zur Bahnstrecke führenden Bundesstraße 159 von Hallein kommend Richtung Kuchl. In Kuchl-Garnei bog er mit dem LKW samt Tiefladeanhänger nach rechts ab, um die mit Halbschranken gesicherte Eisenbahnkreuzung über die Westbahnstrecke zu passieren. Dabei kam der Tiefladeanhänger, auf dem ein Löffelbagger geladen war, im Bereich der Eisenbahngeleise zum Aufsitzen. Der aus Salzburg kommende Personenzug 5002 der Ö*** B*** fuhr mit

etwa 102 km/h auf die Eisenbahnkreuzung zu; er wurde vom Triebfahrzeugführer angesichts des die Bahnstrecke blockierenden Tiefladeanhängers und LKW auf etwa 73 km/h abgebremst und prallte mit dieser Geschwindigkeit gegen das Hindernis. Anschließend fuhr aus der Gegenrichtung der Eilzug E 695 der Ö***

B*** mit etwa 92 km/h; dessen Triebfahrzeugführer konnte die Geschwindigkeit noch auf etwa 30 km/h reduzieren und prallte mit dieser Geschwindigkeit gegen den noch auf den Geleisen der Westbahnstrecke liegenden Tiefladeanhänger. Sämtliche Ersatzansprüche der Ö*** B*** betragen der Höhe

nach jedenfalls einen Schilling.

Die Ö*** B*** begehrten mit ihrer Klage

(6 Cg 260/83 des Landesgerichtes Salzburg) von den beklagten

Parteien Fa. K*** OHG, Franz F*** und N*** A***

V***-AG den Ersatz ihres Schadens von 3,503.899,19 S sA. Sie brachten dazu vor, daß sich der Lenker Franz F*** (in Hinkunft Zweitbeklagter genannt) vor der Überquerung der Eisenbahnkreuzung nicht vergewissert habe, ob aufgrund der besonderen Beschaffenheit des Tiefladeanhängers (geringe Bodenfreiheit und langer Radstand) und der örtlichen Situation ein gefahrloses Überqueren der Eisenbahnkreuzung gewährleistet sei. Als Berufslenker hätte er beim Überqueren der Eisenbahnkreuzung besonders vorsichtig sein müssen und zumindest den mitfahrenden Walter G*** mit der Überwachung des Tiefladeanhängers während des Überquervorganges beauftragen müssen. Die Baustelle hätte auch über eine andere Zufahrstrecke erreicht werden können. Die Fa. K*** OHG (in Hinkunft Erstbeklagte genannt) hafte als Halterin des LKW, aber auch aus eigenem Verschulden, weil sie es unterlassen habe, organisatorisch dafür Vorsorge zu treffen, daß der Transport mit dem Tieflader gefahrlos möglich sei und den Zweitbeklagten entsprechend anzuweisen. Sie hafte auch deswegen, weil es sich beim Zweitbeklagten um einen untüchtigen Besorgungsgehilfen handle. Die Triebwagenführer der Ö*** B*** treffe kein Verschulden. Diese hätten nicht mit dem plötzlichen Auftauchen eines Hindernisses rechnen müssen, weil Züge nicht auf Sicht fahren, sondern im freien Raumabschnitt verkehren. Der Kraftwagenzug der Fa. K*** OHG habe sowohl die zulässige Gesamtlänge als auch das zulässige Höchstgewicht überschritten und habe nicht über die erforderlichen Genehmigungen verfügt. Den Ö*** B*** sei insgesamt ein Schaden in Höhe von

3,503.899,19 S entstanden.

Die beklagten Parteien des Verfahrens 6 Cg 260/83 beantragten Klagsabweisung und wendeten im wesentlichen ein, daß die beim Transport benützte Gemeindestraße an der Unfallstelle eine Kuppe bilde, auf deren Scheitel sich die Eisenbahnkreuzung befinde. Es hätten sich dort keine Verkehrszeichen befunden, die eine Beschränkung des Befahrens nach Breite, Höhe, Länge, Gewicht oder Bodenfreiheit von Fahrzeugen angezeigt hätten. Von der Bahnanlage habe die Sicht auf den Bahnübergang aus Richtung Golling 767 m und aus Richtung Salzburg 1047 m betragen. Die Baustelle sei nur über die Unfallskreuzung zu erreichen gewesen. Der Tiefladeanhänger sei mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von 21 Tonnen und einer Länge von 12 m zum Verkehr zugelassen gewesen; der am Anhänger beförderte Bagger habe ein Gewicht von 14.2 Tonnen gehabt und zulässigerweise transportiert werden dürfen. Die Bodenfreiheit des Tiefladeanhängers habe unbeladen 300 mm, bei einer Beladung von 14,6 Tonnen 260 mm und bei einer solchen 21 t etwa 230 mm betragen. Beim Unfall habe die Bodenfreiheit daher rund 240 mm betragen. Für den Zweitbeklagten habe es keine Gründe gegeben, die gegen ein Befahren der Eisenbahnkreuzung gesprochen hätten; er habe nicht damit rechnen müssen, daß es zu irgendwelchen Schwierigkeiten kommen werde. Auf Grund der Anlage der Gemeindestraße und des Eisenbahnüberganges habe eine Bodenberührung stattgefunden; der gesamte Lastkraftwagenzug sei zum Stehen gekommen. Dem Zweitbeklagten sei es nicht mehr gelungen, den LKW-Zug wieder wegzubringen. Ein Versuch des Zweitbeklagten, den Tiefladeanhänger vom LKW abzukoppeln, sei gescheitert. Der Mitfahrer G*** habe noch versucht, den herannahenden Eisenbahnzug durch Haltezeichen zu warnen. Der Triebfahrzeugführer des Personenzuges 5002 habe schuldhaft eine Notbremsung verspätet eingeleitet und sei mit der Geschwindigkeit von 73,4 km/h auf den stehenden Lastkraftwagenzug aufgefahren. Ein Teil der Vorderachse des Tiefladers sei von der Lokomotive noch etwa 130 m mitgeschleift worden. Als der Personenzug kaum zum Stehen gekommen sei, sei aus der Gegenrichtung der Eilzug E 695 gekommen. Durch eine schuldhaft verspätete Reaktion dessen Triebfahrzeugführers sei der Eilzug noch mit 30 km/h gegen den auf den Schienen befindlichen Tiefladeanhänger gefahren und erst 5 m nach der Unfallstelle zum Stillstand gekommen. Die Triebwagenführer seien verpflichtet, die von ihnen befahrene Strecke ständig nach Hindernissen zu beobachten. Bei dieser Beobachtung wäre der Unfall unterblieben. Das alleinige Verschulden treffe die beiden Tirebfahrzeugführer. Die Erstbeklagte treffe jedenfalls kein Verschulden; beim Zweitbeklagten handle es sich auch um keinen untüchtigen Besorgungsgehilfen.

Die Fa. K*** OHG begehrte als Klägerin (Verfahren 6 Cg 99/84 des Landesgerichtes Salzburg) von den beklagten Parteien

Ö*** B*** und G*** K*** zur ungeteilten Hand

den Ersatz ihres Schadens von 636.009 S sA, da die Triebfahrzeugführer der Ö*** B*** das Verschulden am Unfall treffe und die Ö*** B***

nach den Bestimmungen des EKHG haften. Sie brachte dazu vor wie in den Einwendungen im Verfahren 6 Cg 260/83 und wendete weiter ein, daß der schienengleiche Bahnübergang nicht geeignet gewesen sei, das gefahrlose Passieren eines zum Verkehr zugelassenen Fahrzeuges zu gewährleisten. Die Ö*** B*** seien im Rahmen

ihrer Verkehrssicherungspflicht verpflichtet gewesen, eine derart extreme Kuppenbildung zu vermeiden und auf die Gefahrenquelle hinzuweisen. Die G*** K*** sei die Wegehalterin der Gemeindestraße und hafte als solche für den Schaden. Sie habe die Richtlinien des Bundesministeriums für Bauten und Technik für Gemeindestraßen grob fahrlässig verletzt; nach diesen seien für Gemeindestraßen Ausrundungsradien zwischen 500 und 1000 m vorzusehen. Im gegenständlichen Fall sei eine Kuppe mit einem vertikalen Ausrundungsradius von 40 m geschaffen worden. Die G*** K*** hätte diese Umstände der zuständigen Verwaltungsbehörde bekanntgegen müssen; diese hätte für die Anordnung eine Gewichtsbeschränkung, eines Mindestbodenabstandes oder einer Längenbeschränkung der Fahrzeuge sorgen müssen. Die Beklagten Ö*** B*** und G*** K***

beantragten Klagsabweisung. Die Ö*** B***

wendeten ein wie zur Klage 6 Cg 260/83, daß den Lenker der Fa. K*** OHG das alleinige Verschulden an dem Unfall treffe. Ihre Triebfahrzeugführer treffe kein Verschulden; sie selbst treffe keine Haftung.

Die G*** K*** wendete ein, daß die Eisenbahnkreuzung baubehördlich und eisenbahnrechtlich genehmigt worden sei, ohne daß ihr irgendwelche Auflagen erteilt worden seien. Die Richtlinien des Bundesministeriums für Bauten und Technik haben bei Errichtung der Gemeindestraße nicht bestanden und seien auch nicht verbindlich. Der Gemeindeweg sei mangelfrei und behördlich genehmigt. Auch bei Anwendung der größten Sorgfalt sei nicht erkennbar gewesen, daß möglicherweise eine Gefahr für Straßenbenützer gegeben sei. Die Triebfahrzeugführer der Ö*** B*** hätten einen

erheblichen Reaktionsverzug zu verantworten, sodaß die Ö*** B*** ein Verschulden für den Unfall treffe.

Aber auch die Fa. K*** OHG treffe ein Verschulden, da ihr Lastkraftwagenzug eine Gesamtlänge von 18.8 m aufgewiesen und die zulässige Gesamtlänge um nahezu 1 m überschritten habe. Der Lenker habe auch der geringen Bodenfreiheit von nur 23 cm keine Beachtung geschenkt.

Die Ö*** B*** und die Fa. K*** OHG

wendeten ihren eingeklagten Schadenersatz jeweils als Gegenforderung

aufrechnungsweise ein.

Das Erstgericht hat die Verfahren 6 Cg 260/83 und 6 Cg 99/84 zur gemeinsamen Verhandlung verbunden; das Verfahren wurde auf den Grund des Anspruches eingeschränkt.

Mit dem Zwischenurteil zu 6 Cg 260/83 erkannte das Erstgericht zu Recht, daß die Forderung der Ö*** B***, die Beklagten seien zur ungeteilten Hand schuldig, ihr 3,503.899,19 S samt 4 % Zinsen seit 1. Juni 1982 zu bezahlen, dem Grunde nach mit der Maßgabe zu Recht bestehe, daß die Haftung der Drittbeklagten auf den Betrag des Haftpflichtversicherungsvertrages beschränkt sei. Mit dem Endurteil zu 6 Cg 99/84 wies das Erstgericht das Klagebegehren der Fa. K*** OHG zur Gänze ab.

Mit ihren Gegenforderungen wurden die Parteien auf diese Entscheidung verwiesen.

Die Berufungen der Beklagten im Verfahren 6 Cg 260/83 gegen das Zwischenurteil und der Klägerin im Verfahren 6 Cg 99/84 gegen das Endurteil blieben erfolglos.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wenden sich die Revisionen der Beklagten im Verfahren 6 Cg 260/83 sowie der Klägerin im Verfahren 6 Cg 99/84 aus den Anfechtungsgründen nach § 503 Abs. 1 Z 3 und 4 ZPO mit dem Antrag auf Abänderung des Zwischenurteils im Sinne der Klagsabweisung sowie des Endurteils im Sinne der Klagsstattgebung; hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt. Die Ö*** B*** und die G*** K***

beantragen in ihren Revisionsbeantwortungen, den Revisionen nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionen sind nicht berechtigt.

Das Erstgericht stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:

Die gegenständliche Eisenbahnkreuzung wurde mit Bescheid der Eisenbahnbehörde vom 29. Dezember 1975 genehmigt. In diesem Bescheid wurden keine für den gegenständlichen Unfall relevanten besonderen Auflagen gemacht. Die Baugenehmigung für den Wegübergang wurde mit Bescheid der Salzburger Landesregierung erteilt. Für die Westbahnstrecke ist im Bereich der Unfallstelle eine Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h zugelassen. Die Strecke ist auf beiden Seiten des Wegüberganges übersichtlich; die Sichtverhältnisse waren durchschnittlich gut. Der Personenzug 5002 wurde von Salzburg nach Innsbruck mit etwa 102 km/h von Siegfried H*** gelenkt; dieser bremste die Fahrt auf 73 km/h ab, bevor er auf den Kraftwagenzug der Fa. K*** OHG stieß. Der aus der Gegenrichtung anschließend kommende Eilzug E 695, der von Peter K*** gelenkt wurde, hielt zunächst eine Geschwindigkeit von etwa 92 km/h ein. K*** bremste ab und stieß mit etwa 30 km/h gegen den auf dem Gleis liegengebliebenen Tiefladeanhänger. Die gegenständliche Eisenbahnstrecke ist signaltechnisch voll ausgerüstet. Die Sicherung von Fahrten der ÖBB erfolgt durch Geschwindigkeitsbefehl und Signale, die von den örtlichen und zeitlichen Sichtverhältnissen unabhängig sind. Ein "Fahren auf Sicht" als Grundlage für die Zugsicherung ist bei den gegebenen Streckengeschwindigkeiten nicht möglich. Unbeschadet dieses Sicherungsystems hat jeder Triebfahrzeugführer die allgemeine Verpflichtung zur Beobachtung der vor ihm liegenden Strecke. Bei Eisenbahnunfällen wird vom Augenblick des Erkennens einer Gefahr bis zum Abschluß der Reaktionshandlung des Triebfahrzeugführers eine Zeit von etwa 3 Sekunden als ausreichend betrachtet. Bis die Bremsmechanismen des Zuges voll wirksam werden, sind weitere 3 Sekunden zu veranschlagen. Für den Zug 5002 ergibt sich ein Reaktionsweg von 170 m und für den Zug E 695 ein solcher von 153 m. Im Einzelfall muß mit einer Abweichung von 1/6 dieser Angaben gerechnet werden. Die Parameter für die Berechnung des Bremsweges sind im gegenständlichen Fall nicht präzise zu ermitteln. Bei Annahme einer mittleren Bremsverzögerung von 1,6 m/sec 2 ergibt sich für den Zug 5002 ein Bremsweg von 246 m und für den Zug E 695 ein Bremsweg von 221 m. Dabei ergibt sich ein Anhalteweg für den Zug 5002 von 416 m und für den Zug E 695 von 374 m. Bei der Bremsverzögerung von 1,6 m/sec 2 haben beim Zug 5002 die Bremsen 118 m vor der Anprallstelle angesprochen; der Reaktionspunkt liegt daher 288 m vor dem Anprall. Für die Verzögerung braucht er rein rechnisch 4,86 sec. Der Gegenzug wurde bei der gleichen Verzögerung 200 m vor dem Anprall voll abgebremst; der Reaktionspunkt lag 353 m vor dem Anprall. Rein rechnerisch ergibt sich eine Bremszeit von 11,41 sec. Eine Eisenbahnkreuzung der vorliegenden Art bedeutet für den Lokführer keine besondere Stelle im Verlauf der Strecke, die von ihm besondere Handlungen verlangen würde. Ein Lokführer muß bei der Annäherung an eine Eisenbahnkreuzung damit rechnen, daß nach in seinem Sichtbereich befindliche Fahrzeuge sich langsam über die Gleisanlage bewegen. Er darf darauf nicht reagieren. Dabei kann er aus einer größeren Entfernung, beispielsweise aus 1 km, zunächst kaum abschätzen, ob ein sich langsam bewegendes Fahrzeug nun steht oder sich bewegt. Die beiden Triebfahrzeugführer haben nach den zugrundeliegenden Vorschriften rechtzeitig gebremst. Ob sich die Halbschrankenanlage schließt, ist für den Lokführer erst sehr spät erkennbar.

Der Kraftwagenzug der Fa. K*** OHG bestand aus dem LKW der Marke Mercedes Benz 1926, der laut Typenschein ein Eigengewicht von

7.930 kg, eine Nutzlast von 8.070 kg und ein zulässiges Höchstgesamtgewicht von 16.000 kg aufweist. Die Gesamtlänge betrug 6,8 m. An diesem LKW war ein Tiefladeanhänger der Type T 185 S angehängt. Dieser dreiachsige Tiefladeanhänger hatte im unbeladenen Zustand eine Bodenfreiheit von etwa 300 mm, bei einer Beladung von 14,6 t eine solche von 260 mm und bei einer Beladung mit 21 t eine solche von etwa 230 mm. Die Gesamtlänge des Anhängers betrug 12 m, sein Eigengewicht 7.400 kg. Die zulässigen Belastungen waren laut Einzelgenehmigung bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h mit 21.000 kg, bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h mit 14.600 kg begrenzt. Die Radstände waren mit 7,5 und 1,45 m angegeben (vorne Doppelachse, hinten Einzelachse). Der auf dem Tiefladeanhänger geladene Hydrobagger mit Ausleger und Löffel hatte ein Gewicht von 17.530 kg; das Gesamtgewicht dieses Anhängers betrug daher 24.930 kg. Der Zweitbeklagte F*** war als Kraftfahrer bei der Fa. K*** OHG beschäftigt. Er erhielt den Auftrag, den angeführten Bagger von Wien zur Baustelle in Kuchl zu bringen. Er war angewiesen worden, in Kuchl, kurz vor der gegenständlichen Eisenbahnkreuzung, den Baggerfahrer G*** zusteigen zu lassen. Eine Genehmigung der Landesregierung für den gegenständlichen Transport lag nicht vor; eine solche war nach Meinung des Zweitbeklagten auch nicht nötig. G*** gab nach seinem Zusteigen dem Zweitbeklagten etwa 100 m vor der Kreuzung an, nach rechts über die Eisenbahnanlage abzubiegen. Zu diesem Abbiegemanöver scherte der Zweitbeklagte etwas nach links aus und schickte sich mit einer Geschwindigkeit von etwa 8 km/h zur Überquerung der Eisenbahnkreuzung an. Bei dieser Überquerung blieb der Kraftwagenzug infolge der geringen Bodenfreiheit des Tiefladeanhängers bzw. der stark ausgeprägten Fahrbahnkuppe stecken. Der Versuch des Zweitbeklagten, mit dem Kraftwagenzug wieder in Fahrt zu kommen, scheiterte am großen Reibungswert zwischen Tieflader und Gleisanlage. Den beiden Insassen des LKW blieb nichts anders übrig, als das Fahrzeug zu verlassen. G*** bemühte sich noch, dem inzwischen bemerkten Eisenbahnzug entgegenzulaufen. Die Bodenfreiheit des Tiefladeanhängers betrug unter Berücksichtigung der Beladung von etwa 17.500 kg etwa 240 mm. Der Tiefladeanhänger hätte eine Bodenfreiheit von 260 mm haben müssen, um streifungsfrei passieren zu können. Er hätte dann die Eisenbahnkreuzung, ohne hängenzubleiben, übersetzen können, wenn das Ladegut etwa 3 bis 4 Tonnen weniger Gewicht gehabt hätte. Der LKW-Zug hatte vom Niveau der Bundesstraße 159 bis zum Scheitelpunkt der Eisenbahnkreuzung eine Höhendifferenz von etwa 1,17 m zu überwinden. Der Übergang der Steigung des Gemeindeweges in die anschließende Horizontale im Bereich der Gleisanlage erfolgte auf sehr kurze Distanz; es war eine auffällige Kante ausgebildet, die der Zweitbeklagte schon aus einer Entfernung von etwa 100 m als solche erkennen hätte können. Dies war ihm ab einer Entfernung von 25 m, als er bereits mit dem Einbiege- und Lenkvorgang beschäftigt war, nicht mehr ohne weiteres möglich. Bei der gegebenen Bodenfreiheit des Tiefladeanhängers und dem Straßenprofil war das Berühren und das massive Aufsitzen des Anhängers bei jeder möglichen Fahrlinie unvermeidbar. Es kann technisch nicht angegeben werden, ob der LKW aus seiner festsitzenden Position aus eigener Kraft entweder nach vorne oder nach rückwärts loskommen hätte können. Für die Errichtung einer Gemeindestraße, wie sie über die gegenständliche Eisenbahnkreuzung führt, gibt es keine Richtlinien; die Errichtung dieser Gemeindestraße entsprach den Regeln der Technik. Für den Bau untergeordneter Gemeindestraßen bestanden keine bautechnischen Vorschriften und waren auch keine behördlichen Genehmigungen erforderlich. Richtlinien und Vorschriften für den Straßenbau waren für diese Gemeindestraße nicht vorgeschrieben. Ihre Anwendung wäre technisch wegen der kurzen Entwicklungslänge bei dem gegebenen Höhenunterschied zwischen der Fahrbahn der Bundesstraße und der Gleisanlage nicht möglich gewesen. Die erforderlichen eisenbahnrechtlichen Verfahren wurden ordnungsgemäß durchgeführt und abgeschlossen. Es gibt auch keine Ö-Normen, die auf derartige Gemeindestraßen Anwendung finden.

Beim gegenständlichen Unfall erlitten sowohl der LKW als auch der Tiefladeanhänger der Fa. K*** OHG einen Totalschaden; an den Einrichtungen der Ö*** B*** trat großer

Sachschaden ein.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, daß nach § 104 Abs. 9 KFG die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte beim Kfz mit Anhänger 38.000 kg und die größte Länge von Kfz und Anhänger 18 m nicht überschreiten dürfen. Der Kfz-Zug der Fa. K*** OHG habe diese Werte mit einem Gesamtgewicht von 44.000 kg und einer Gesamtlänge von 18,8 m überschritten. Das Ziehen des LKW-Zuges hätte daher nur mit einer Bewilligung des Landeshauptmannes erfolgen dürfen. Die Fa. K*** OHG als Zulassungsbesitzer habe gegen § 103 Abs. 1 KFG verstoßen und nicht dafür gesorgt, daß dieses Fahrzeug und seine Beladung dem KFG entsprochen habe. Auch der Zweitbeklagte als Lenker wäre verpflichtet gewesen, dem Fahrzeugbesitzer den nicht entsprechenden Zustand zu melden. Beim Übersetzen schienengleicher Bahnübergänge habe jedermann - auch bei geöffneten Bahnschranken - erhöhte Aufmerksamkeit und besondere Vorsicht anzuwenden. Der Zweitbeklagte hätte den besonderen Eigenschaften des Kfz-Zuges Rechnung tragen müssen; er hätte bei entsprechender Aufmerksamkeit erkennen müssen, daß es beim Befahren der Eisenbahnkreuzung zu einem Streifen oder Aufsitzen kommen müsse. Nach § 20 StVO hätte er daher diese Eisenbahnkreuzung mit dem LKW-Zug nicht überfahren dürfen. Er habe daher gegen Schutznormen im Sinne der § 1311 ABGB verstoßen. Der Beweis, daß trotz der Verstöße gegen diese Schutznormen der Schaden eingetreten wäre, sei der Fa. K*** OHG, dem Zweitbeklagten und der Haftpflichtversicherung nicht gelungen. Bei einem vorschriftsmäßigen Verhalten des Zweitbeklagten wäre der Schaden überhaupt nicht entstanden. Beim Zweitbeklagten handle es sich aber um einen untüchtigen Besorgungsgehilfen. Die Fa. K*** OHG und der Zweitbeklagte hafteten daher aus Verschulden für den Schaden der Klägerin, die Haftpflichtversicherung beschränkt mit dem Betrag des Haftpflichtversicherungsvertrages. Dagegen liege keine fehlerhafte Beschaffenheit von Einrichtungen der Ö*** B***

vor. Da es für die Triebfahrzeugführer äußerst schwierig zu erkennen sei, ob ein Fahrzeug stillstehe oder sich bewege, könne diesen ein Reaktionsverzug nicht angelastet werden; die objektiv mögliche Sichtstrecke auf die Unfallstelle verliere an Bedeutung. Die Ö*** B*** müßten daher für einen Schaden nicht

eintreten. Aber auch eine Haftung der G*** K*** sei nicht gegeben. Eine Berufung auf den mangelhaften Zustand der Gemeindestraße sei nicht möglich, da der Zweitbeklagte aus der Art der Straße erkennen hätte müssen, daß diese zum Befahren mit dem LKW-Zug ungeeignet sei. Eine grobe Fahrlässigkeit oder gar ein Vorsatz der G*** K*** oder ihrer Leute liege nicht vor. Dieser könne auch kein Verstoß gegen § 98 StVO vorgeworfen werden. Das Klagebegehren der Ö*** B*** bestehe daher dem Grunde nach zu Recht; das Klagebegehren der Fa. K*** OHG sei hingegen abzuweisen gewesen.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und billigte auch die rechtliche Beurteilung der ersten Instanz.

Der Revisionsgrund nach § 503 Abs. 1 Z 3 ZPO liegt nicht vor, was nicht näher zu begründen ist (§ 510 Abs. 3 ZPO). In der Rechtsrüge bekämpfen die Revisionswerber die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß den zweitbeklagten Lenker des Kraftfahrzeuges, Franz F***, ein Verschulden an dem Unfall treffe. Aus dem Sachverständigengutachten des Dipl.Ing.Dr. F*** ergebe sich, daß der Zweitbeklagte nicht nur seine Geschwindigkeit entsprechend gewählt habe, sondern auch bei entsprechender Aufmerksamkeit nicht hätte erkennen können, daß ein Befahren der gegebenen Eisenbahnkreuzung zu Schwierigkeiten hätte führen können. Auch sei die Frage der Zumutbarkeit nicht geprüft worden, obwohl vorgebracht worden sei, daß der Zweitbeklagte den Bahnübergang zum ersten Mal befahren habe und dieser darüber hinaus die einzig mögliche Zufahrt zu der Baustelle bildete, zu welcher der auf dem Tieflader beförderte Bagger gebracht werden sollte. Es könne keine Rede davon sein, daß es sich bei dem in Rede stehenden Bahnübergang um eine auffällige Fahrbahnkuppe gehandelt habe. Auch unter Berücksichtigung der Feststellungen des Oberlandesgerichtes Linz, daß eine "entsprechende" Fahrbahnkante für den Zweitbeklagten erkennbar war, habe sich der Zweitbeklagte aber keineswegs mit erhöhter Aufmerksamkeit und besonderer Vorsicht dem Bahnübergang annähern müssen und ihn übersetzen dürfen. Es sei darüber hinaus rechtlich verfehlt, einen Verstoß gegen § 20 Abs. 1 StVO und § 16 EisbKrV daraus abzuleiten, daß der Zweitbeklagte seinen Mitfahrer G*** nicht beauftragt habe, sich aus dem Fahrzeug zu begeben und zu beobachten, ob ein streifungsfreies Passieren des Bahnüberganges möglich sei. Dem Zweitbeklagten könne also weder eine objektive Sorgfaltswidrigkeit zur Last gelegt noch ein subjektiver Schuldvorwurf gemacht werden. Aber auch der Entlastungsbeweis nach § 9 EKHG sei den Ö***

B*** nicht gelungen. Bei der den Triebfahrzeugführern obliegenden Verpflichtung, ständig zu beobachten, ob die vor ihnen liegende Strecke frei sei, könne bei Sichtweiten von 1047 bzw. 767 m und der Größe des auf dem Bahnübergang stehenden Hindernisses nicht von der Beachtung jeder gebotenen Sorgfalt gesprochen werden. Die Triebfahrzeugführer hätten erkennen müssen, daß sich ein Hindernis auf den Geleisen befinde und jedenfalls früher, als dies tatsächlich geschehen ist, die jeweils von ihnen gelenkten Züge abbremsen müssen. Bei Anwendung jeder gebotenen Sorgfalt hätte der Verkehrsunfall vom 17.Juni 1980 durch die Triebfahrzeugführer verhindert werden können. Die Ö*** B*** hätten

daher zum Schadensausgleich gemäß § 11 EKHG herangezogen werden müssen. Aber auch der G*** K*** falle ein Verstoß gegen die Vorschrift des § 98 Abs. 4 StVO zu Last. Sie wäre ständig verpflichtet gewesen, laufend Überprüfungen vorzunehmen und der zuständigen Behörde jene Umstände bekanntzugeben, die für die Erlassung einer Verordnung nach § 43 StVO maßgebend sein können. Auch daß die StVO keine Verkehrszeichen für eine "Fahrbahnkuppe" oder für ein "Fahrverbot bei einem nicht genügenden Abstand zwischen Unterboden und Fahrbahn" bzw. für ein "Fahrverbot bei einem zu weiten Radstand" kennt, sei völlig irrelevant, da allein schon mit einer Gewichtsbeschränkung oder einem ähnlichen Verkehrszeichen das Auslangen gefunden worden wäre. Die G*** K*** habe daher eindeutig ein grob fahrlässiges Verhalten zu vertreten, da es zu ihren Verpflichtungen bei Instandhaltung einer Straße gehörte, das Erforderliche zu veranlassen, daß die Straße mit allen den Vorschriften entsprechenden Verkehrseinrichtungen versehen werde. Dazu gehörte auch, die jeweils wesentlichen Umstände der zuständigen Verwaltungsbehörde bekanntzugeben. Überdies enthalte das Salzburger Landesstraßengesetz (LGBl. Nr. 119/1972), das unter anderem auch die Erhaltungspflicht für Gemeindewege regle, keine Einschränkung der Haftung des Erhaltungspflichtigen auf grobe Fahrlässigkeit. Es sei daher unrichtig, daß die G*** K*** nur bei grober Fahrlässigkeit nach § 1319 a ABGB haften würde. Die G*** K*** habe für die Verletzung des § 98 Abs. 4 StVO im Hinblick auf die Bestimmungen des Salzburger Landesstraßengesetzes auch bei leichter Fahrlässigkeit zu haften.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Gemäß § 6 StVO gelten für das Verhalten bei Annäherung und bei der Übersetzung eines schienengleichen Eisenbahnüberganges die eisenbahnrechtlichen Vorschriften. Gemäß § 16 Abs. 1 EisbKrV haben sich die Straßenbenützer bei Annäherung an Eisenbahnkreuzungen unter Beachtung der Straßenverkehrszeichen und auf Grund der vorhandenen Sichtverhältnisse so zu verhalten und insbesondere ihre Geschwindigkeit so zu wählen, daß sie erforderlichenfalls vor der Eisenbahnkreuzung verläßlich anhalten können. Gemäß Abs. 3 hat dann, wenn ein gefahrloses Übersetzen der Eisenbahnkreuzung möglich und erlaubt ist, dies ohne Verzögerung und so rasch wie möglich zu erfolgen; ein Verweilen auf der Eisenbahnkreuzung ist allen Straßenbenützern verboten. Beim Übersetzen schienengleicher Bahnübergänge hat jedermann erhöhte Aufmerksamkeit und besondere Vorsicht in Ansehung einer allfälligen Zugsannäherung anzuwenden. Dies gilt auch dann, wenn beschrankte Eisenbahnübergänge bei geöffneten Schranken befahren werden (vgl. SSt. 30/124 ua). Werden diese Vorschriften auf den im vorliegenden Fall festgestellten Sachverhalt angewendet, ist davon auszugehen, daß für den Zweitbeklagten aus einer Entfernung von etwa 100 m bis 25 m vor den Eisenbahnschienen die auffällige Fahrbahnkuppe wahrzunehmen war; der LKW-Zug mit Anhänger war insgesamt 18,8 m lang und der Tiefladeanhänger hatte im unbeladenen Zustand nur eine Bodenfreiheit von etwa 300 mm bei einem Radstand von 7,5 m. Infolge der Beladung des Tiefladeanhängers mit 17.530 kg (Gesamtgewicht 24.930 kg) betrug diese Bodenfreiheit nur noch etwa 240 mm. Die Bodenfreiheit hätte aber 260 mm betragen müssen, um die Eisenbahnkreuzung streifungsfrei passieren zu können. Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, daß unter diesen Umständen der Zweitbeklagte verpflichtet gewesen wäre, erhöhte Aufmerksamkeit und besondere Vorsicht bei der Annäherung und Übersetzung des schienengleichen Bahnüberganges anzuwenden. Hiezu hätte er sich ohne Schwierigkeiten seines Mitfahrers bedienen können, um von außerhalb des Fahrzeuges zu kontrollieren, ob ein Überqueren der Eisenbahnkreuzung mit dem Tiefladeanhänger ohne Berührung der Gleise möglich sein werde; auf diese Weise hätte er ein Aufsitzen des Anhängers auf den Gleisen vermeiden und durch Rückwärtsfahren die Kreuzung vor dem Herannahen des ersten Zuges wieder verlassen können. Der Zweitbeklagte fuhr jedoch ohne Kontrolle durch den Mitfahrer mit einer Geschwindigkeit von etwa 8 km/h auf die Kreuzung zu und versuchte, diese zu überqueren. Daß er die Eisenbahnkreuzung nach der Behauptung der Beklagten zum ersten Mal befuhr, hätte ihn nur zu noch größerer Vorsicht und Aufmerksamkeit verpflichtet, vermag ihn aber in keiner Weise zu entlasten. In der Auffassung, daß der Zweitbeklagte durch sein Verhalten gegen die Vorschrift des § 16 EisbKrV verstoßen und damit schuldhaft eine Schutznorm im Sinn des § 1311 ABGB verletzt hat, kann daher keine Fehlbeurteilung des Berufungsgerichtes erblickt werden. Desgleichen hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt, daß es infolge schuldhafter Verletzung von Schutznormen im Sinne des § 1311 ABGB Sache der Beklagten gewesen wäre, den Beweis zu erbringen, daß der Schade in gleicher Weise auch bei vorschriftsmäßigem Verhalten eingetreten wäre (vgl. SZ 51/109, SZ 45/32 uva). Einen solchen Beweis vermochten die Beklagten jedoch nicht zu erbringen. Ohne Rechtsirrtum hat daher das Berufungsgericht die Haftung der Beklagten dem Grunde nach für den Schaden der Ö*** B*** bejaht, ohne daß es eines Eingehens

auf die Frage, ob auch durch Überschreitung des zulässigen Gesamtgewichtes des LKW-Zuges und der zulässigen Gesamtlänge für den Schaden kausale Verstöße gegen die Vorschrift des § 104 Abs. 9 KFG vorliegen, bedurft hätte.

Auch soweit die Revisionswerber die Auffassung vertreten, den Ö*** B*** sei der Entlastungsbeweis im Sinn des § 9 EKHG nicht gelungen, da die beiden Triebfahrzeugführer nicht die erforderliche äußerste Aufmerksamkeit, Geistesgegenwart und Umsicht angewendet hätten, kann ihnen nicht gefolgt werden. Das Berufungsgericht hat nach Beweisergänzung hiezu folgende zusätzliche Feststellungen getroffen: Die freie Sichtstrecke für den Triebfahrzeugführer des Personenzuges 5002 aus Richtung Salzburg auf die Unfallstelle betrug ca. 1.047 m; diese Sichtstrecke betrug für den Lokführer des aus der Gegenrichtung kommenden Eilzuges E 695 ca. 767 m. Nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes war die gegenständliche Eisenbahnstrecke signaltechnisch voll ausgerüstet. Die Sicherung von Eisenbahnfahrten erfolgt durch Geschwindigkeitsbefehle und Signale. Bei Eisenbahnunfällen ist eine Reaktionszeit von etwa 3 Sekunden ausreichend; weitere 3 Sekunden vergehen, bis die Bremsmechanismen voll wirksam werden. Der Reaktionspunkt des Triebfahrzeugführers des Personenzuges lag etwa 288 m, jener des Lokführers des Eilzuges etwa 353 m vor dem Anprall. Bei den festgestellten Entfernungen war es für die beiden Triebfahrzeugführer trotz pflichtgemäßer Beobachtung der Strecke schwierig zu erkennen, ob ein Fahrzeug auf der Eisenbahnkreuzung in Bewegung ist oder still steht. Die beiden Triebfahrzeugführer haben nach den anzuwendenden Vorschriften rechtzeitig gebremst.

Auf Grund dieser Feststellungen hat das Berufungsgericht zutreffend ein von den Revisionswerbern auch nicht mehr behauptetes Verschulden der Triebfahrzeugführer verneint. Ein Verschulden der ÖBB durch Erlassung der Betriebsvorschrift, nach welcher ein Lokführer bei der Annäherung an eine Eisenbahnkreuzung damit rechnen muß, daß noch in seinem Sichtbereich befindliche Fahrzeuge sich langsam über die Gleisanlage bewegen und darauf nicht reagieren darf, wurde nicht eingewendet, sodaß auch diese Frage nicht einzugehen war.

Hingegen trifft den Zweitbeklagten das alleinige Verschulden an dem Unfall. Im vorliegenden Fall kommt § 11 EKHG zur Anwendung. Nach dieser Bestimmung ist in erster Linie das Verschulden der Beteiligten für die gegenseitige Ersatzpflicht maßgebend, wobei der Halter für das Verschulden der Personen haftet, die mit seinem Willen beim Betrieb tätig waren; erst in Ermangelung eines Verschuldens eines der Beteiligten ist die auf der nächsten Rangstufe stehende außergewöhnliche Betriebsgefahr heranzuziehen (vgl. ZVR 1983/203 ua). Ein Schadensausgleich könnte auch dann in Betracht kommen, wenn auf der einen Seite ein schwerwiegendes Verschulden vorliegt, auf der anderen Seite der Schaden durch eine außergewöhnliche Betriebsgefahr mitverursacht wurde (vgl. ZVR 1978/231 uva). Im vorliegenden Fall kann indes, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, von einer außergewöhnlichen Betriebsgefahr der beiden Eisenbahnzüge nicht gesprochen werden. Bei eindeutigem Verschulden eines Beteiligten kommt es aber nicht auf die Erbringung des Entlastungsbeweises nach § 9 EKHG an, sondern darauf, ob nach den Umständen des Falles Grund besteht, den anderen Beteiligten zum Schadensausgleich heranzuziehen (vgl. ZVR 1983/288 ua). Bei Anwendung dieser Grundsätze kann daher in der Auffassung des Berufungsgerichtes, daß im vorliegenden Fall bei Berücksichtigung des schwerwiegenden Verschuldens des Zweitbeklagten kein Anlaß besteht, die Ö*** B*** im Sinne des § 11 EKHG zum Schadensausgleich heranzuziehen, keine unrichtige rechtliche Beurteilung erblickt werden.

Entgegen der Auffassung der Revisionswerber kann auch der G*** K*** kein für die Unfallsschäden haftungsbegründendes Verhalten angelastet werden. Gemäß § 98 Abs. 4 StVO hat der Straßenerhalter der Behörde Umstände, die in der Anlage und Beschaffenheit der Straße begründet sind und für die Erlassung einer Verordnung nach § 43 StVO maßgebend sein können, bekanntzugeben. Für die Verletzung dieser Bestimmung hat der Straßenerhalter nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit seiner Organe einzustehen (ZVR 1977/163); gemäß § 43 Abs. 6 StVO darf außer den in der StVO besonders angeführten Fällen ein Hinweis auf Gefahren und sonstige verkehrswichtige Umstände nur unterbleiben, wenn die Gefahr oder der verkehrswichtige Umstand auch ohne einen solchen Hinweis leicht erkannt werden kann. Nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen war vom Niveau der Bundesstraße 159 bis zum Scheitelpunkt der Eisenbahnkreuzung eine Höhendifferenz von ca. 1,17 m zu überwinden. Der Übergang der Steigung des Gemeindeweges in die anschließende Horizontale im Bereich der Gleisanlage erfolgte auf sehr kurze Distanz; es war eine auffällige Kante ausgebildet, die schon aus einer Entfernung von etwa 100 m bis etwa 25 m erkennbar war. Die gegenständliche Eisenbahnkreuzung wurde mit Bescheid vom 29. Dezember 1975 von der Eisenbahnbehörde genehmigt. In diesem Bescheid wurden keine für den gegenständlichen Unfall bedeutsamen besonderen Auflagen erteilt. Die Baugenehmigung für den Wegübergang wurde vom Amt der Salzburger Landesregierung mit Bescheid vom 28. Mai 1974 erteilt, der auch der für die Erlassung einer Verordnung nach § 43 StVO zuständigen Bezirkshauptmannschaft Hallein zugestellt wurde; wie sich aus diesem Bescheid ergibt, wurde darin die Auflage erteilt, die Straßenverkehrszeichen "Bahnübergang mit Schranken" (§ 50 Z 6 a StVO) auf der Bundesstraße 159 150 m vor der Einbindung des Gemeindeweges zur Kreuzung in beiden Fahrtrichtungen anzubringen. Eine Änderung der örtlichen Verhältnisse in der Anlage oder Beschaffenheit der Straße, die für die Erlassung einer weiteren Verordnung nach § 43 StVO maßgebend sein könnten, wurde von den Revisionswerbern nicht behauptet und liegt nach dem Akteninhalt auch nicht vor. Unter diesen Umständen kann aber in der Auffassung des Berufungsgerichtes, der G*** K*** sei jedenfalls kein grob fahrlässiger Verstoß gegen die Vorschrift des § 98 Abs. 4 StVO anzulasten, keine unrichtige rechtliche Beurteilung erblickt werden.

Soweit der Revisionswerber eine Haftung der G*** K*** auf Grund der Bestimmungen des Landesstraßengesetzes für Salzburg (LGBl. 1972/119) auch für leichte Fahrlässigkeit ableiten wollte, ist ihnen entgegenzuhalten, daß dieses Gesetz keine ausdrückliche Haftungsbestimmung enthält, sondern für die Haftung für durch den mangelhaften Zustand einer öffentlichen Straße verursachte Schäden § 5 des BStG 1971 sinngemäß anzuwenden war (vgl. Klang 2 ErgBd 179). § 5 BStG 1971 wurde jedoch durch Art. IV des Bundesgesetzes BGBl. 1975/416 aufgehoben. Darüber hinaus wurde durch § 1319 a ABGB jeder früheren Vorschrift, die denselben Gegenstand regelte, daher insbesondere den Wegehaftungsbestimmungen der Länder, materiell derogiert (vgl. ZVR 1984/47 ua). Für eine allfällige Haftung der G*** K*** auf Grund des mangelhaften Zustandes des Gemeindeweges von der Bundesstraße zur Eisenbahnkreuzung konnte somit nur die Bestimmung des § 1319 a ABGB herangezogen werden. Nach dieser Bestimmung wird aber nur für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit gehaftet. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, müßten die G*** K*** als Wegehalter oder ihre Leute zur Begründung einer groben Fahrlässigkeit ganz einfache und naheliegende Überlegungen anzustellen unterlassen haben (vgl. ZVR 1984/142 uva). Dem Berufungsgericht ist aber darin beizupflichten, daß die G*** K*** und ihre Leute nicht damit rechnen mußten, daß ein LKW-Zug von den Ausmaßen jenes der K*** OHG, der nicht einmal die zum gefahrlosen Befahren der eine weithin erkennbare Fahrbahnkuppe bildenden Eisenbahnkreuzung erforderliche Bodenfreiheit von 260 mm aufwies, dennoch versuchen würde, die Eisenbahnkreuzung zu überqueren. Ohne Rechtsirrtum hat daher das Berufungsgericht auch eine Haftung der G*** K*** auf Grund der Bestimmung des § 1319 a ABGB verneint.

Der Revision mußte daher ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50, 52 und 393 Abs. 4 ZPO.

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