OGH 6Ob516/87

OGH6Ob516/875.3.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch, Dr.Schobel, Dr.Schlosser und Mag.Engelmaier als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Elfriede W***, derzeit ohne Beschäftigung, Kasernstraße 23, 3500 Krems an der Donau, vertreten durch Dr.Herwig Hammerer, Rechtsanwalt in Krems, wider die beklagte Partei Ö*** L*** Aktiengesellschaft, Am Hof 2, 1010 Wien, vertreten durch Dr.Wilhelm Grünauer und Dr.Wolfgang Putz, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 108.452,-- s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 9. Oktober 1986, GZ. 3 R 158/86-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau vom 9.Mai 1986, GZ. 4 Cg 41/85-8 abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wieder hergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 16.657,30 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten S 1.514,30 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin unterhielt bei der beklagten Partei seit 20. Jänner 1983 ein nicht als Gehalts- oder Rentenkonto geführtes Kontokorrentkonto unter der Bezeichnung Nr.313-221-541/00. In der Folge eröffnete die beklagte Partei für die Klägerin unter der Bezeichnung Nr.313-221-541/01 ein weiteres Girokonto, auf das noch vor dem 21.Jänner 1985 einige Überweisungen an die Klägerin gebucht wurden. Ein eigenes Kontoeröffnungsblatt wurde für dieses Konto septo nicht angelegt. Der Führung beider Konten sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen (AGBKr) zugrundegelegt. Punkt 2 lautet wie folgt:

"Unterhält der Kunde mehrere Konten, so kann das Kreditinstitut in allen Fällen Forderungen gegen Verbindlichkeiten aufrechnen, der Kunde aber insoweit, als seine Forderungen von dem Kreditinstitut anerkannt sind, in derselben Währung bestehen und die Verpflichtungen übersteigen."

Die Klägerin war bei der Franz W*** Gesellschaft m.b.H., über deren Vermögen am 20.August 1984 der Konkurs eröffnet wurde, beschäftigt. Sie hatte am 7.August 1980 die wechselmäßige Haftung für Schulden dieser Gesellschaft der beklagten Partei gegenüber übernommen. Die Höhe dieser Verbindlichkeiten übersteigt die eingeklagte Forderung. Der Girovertrag zwischen den Streitteilen war bis zum 13.März 1985 nicht gekündigt.

Die Klägerin begehrte die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung von S 108.452,-- s.A. Sie brachte hiezu zuletzt vor, das Arbeitsamt Krems habe ihr Insolvenzausfallgeld von S 176.665,-- zuerkannt und im Jänner 1985 S 153.778,-- auf das Konto Nr.313-221-541/01 überwiesen. Dieser Betrag setze sich aus dem Gehalt für August 1984, der Kündigungsentschädigung für die Zeit vom 1. September bis 30.November 1984, aus anteiligen Sonderzahlungen, der Abfertigung und der Urlaubsentschädigung zusammen. Die beklagte Partei habe der Klägerin die Auszahlung mit dem Hinweis verweigert, daß mit der Forderung der beklagten Partei gegen das Guthaben aufgerechnet werde. Diese Aufrechnung sei gemäß § 251 EO unzulässig; jedenfalls ein Betrag von S 108.452,-- sei als pfändungsfrei der Aufrechnung entzogen. Ein Fall gemäß § 293 Abs.3 EO zulässiger Aufrechnung liege nicht vor.

Die beklagte Partei wendete vor allem ein, der bei der Überweisung angeführte Verwendungszweck enthalte keine Aufschlüsselung. Sie habe die Auszahlung angesichts ihrer Gegenforderung verweigert, das Guthaben auf das für die Franz W*** Gesellschaft mbH geführte Konto übertragen und das Konto Nr.313-221-541/00 am 13.März 1985 gelöscht. Die Aufrechnung sei zulässig gewesen, weil sich das Wesen eines Geldbetrages durch die Einstellung in ein Kontokorrentverhältnis auch in bezug auf die Exekutionsbeschränkungen nach dem Lohnpfändungsgesetz ändere. Außerdem bestehe ein wesentlicher Unterschied zwischen exekutiver Pfändung und vertraglicher Aufrechnung.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf noch nachstehende Feststellungen:

Mit Bescheid vom 12.Dezember 1984 erkannte das Arbeitsamt Krems an der Donau der Klägerin Insolvenz-Ausfallgeld für das Gehalt für August 1984 von S 13.300,-- für die Abfertigung (drei Monate) von S 58.594,--, für die Kündigungsentschädigung (vom 1.September bis 30. November 1984) von S 41.732,--, für die Urlaubsentschädigung (74 Tage) von S 58.196,--, für Sonderzahlungen (für den Zeitraum vom 1. Jänner bis 30.November 1984) von restlich S 4.723,-- und für Kosten von S 120,-- insgesamt daher S 176.665,-- zu und überwies diesen Betrag - abzüglich eines Vorschusses von S 22.887,-- - mit einem restlichen Betrag von S 153.778,-- auf das genannte Konto septo bei der beklagten Partei; dieser Betrag wurde am 21. Jänner 1985 auf das Konto gebucht. In der Überweisung war auf allfällige Aufrechnungsverbote nicht hingewiesen worden; als Zweck war "Firma W*** abzügl. Zession" angeführt. Zum 5.März 1985 wies das Konto einen Saldo von S 153.792,74 zugunsten der Klägerin aus. Diesen Saldo übertrug die beklagte Partei am 11.März 1985 (Valuta 5. März 1985) auf das Konto der Franz W*** Gesellschaft mbH und teilte der Klägerin den "Übertrag aufgrund der privaten Mithaftung" mittels Buchungsanzeige mit.

Rechtlich meinte das Erstgericht, bei Übertragung des Guthabens auf das Konto der Franz W*** Gesellschaft mbH sei der Girovertrag noch nicht beendet gewesen. Aus dem Zweck des Girovertrages sei jedoch trotz der AGBKr ein Aufrechnungsverbot abzuleiten. Auch wenn die Klägerin die vorangegangenen Eingänge auf diesem Konto immer bar abgehoben habe, sei es ihr für die Zukunft unbenommen geblieben, der beklagten Partei Überweisungsaufträge zu erteilen. Da die beklagte Partei zur Aufrechnung nicht berechtigt gewesen sei, könne die Frage, inwieweit der überwiesene Betrag pfändungsfrei gewesen sei und deshalb ein gesetzliches Aufrechnungsverbot bestehe, ungeprüft bleiben.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab und sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Es führte in rechtlicher Hinsicht aus, die Klägerin habe im Verfahren erster Instanz die Unzulässigkeit der Aufrechnung und damit das Klagebegehren ausschließlich darauf gegründet, daß exekutionsrechtliche Bestimmungen der Pfändbarkeit bestimmter Teile des Insolvenz-Ausfallgeldes und damit der Aufrechenbarkeit entgegenstünden, nicht aber auch auf den die Aufrechnung ausschließenden Zweck des Girovertrages. Deshalb habe auch für die beklagte Partei kein Anlaß bestanden, sich mit einem von der Klägerin gar nicht geltend gemachten Aufrechnungshindernis auseinanderzusetzen und vorzubringen, daß die Geschäftsverbindung mittlerweile aufgelöst worden sei. Das Erstgericht habe das Urteil ohne entsprechendes Parteivorbringen darauf gestützt, daß der Girovertrag der Aufrechnung entgegenstehe. Es müsse aber zufolge der die Zivilprozeßordnung beherrschenden Parteienmaxime der Partei überlassen bleiben, ob sie aus dem Vertragszweck ein Aufrechnungshindernis ableiten wolle. Die amtswegige Wahrnehmung aller denkbaren Angriffs- und Verteidigungsmittel widerspreche den Grundsätzen des Prozeßrechtes. Das Erstgericht habe daher die Stattgebung des Klagebegehrens nicht auf ein aus dem Girovertrag abgeleitetes Aufrechnungshindernis stützen dürfen. Es bleibe zu prüfen, ob das Begehren aus dem von der Klägerin behaupteten Grund der Unzulässigkeit der Aufrechnung gegen pfändungsfreie Teile des Guthabens auf Renten-, Gehalts- und sonstigen Girokonten gemäß den §§ 251 Z 7 und 293 Abs.1 und 3 EO berechtigt sei. Dieses gesetzliche Aufrechnungsverbot stehe auch der vertraglichen Aufrechnung entgegen. § 251 Z 7 EO schütze den Verpflichteten auch noch nach Auszahlung pfändungsfreier Bezüge bzw. Bezugsteile vor dem Zugriff durch Fahrnisexekution. Der Pfändungsschutz erstrecke sich jedoch nicht auf den gesamten beim Vollzug vorgefundenen Geldbetrag aus unpfändbaren Bezügen, sondern nur auf jenen Teilbetrag, der vom zuletzt ausbezahlten Bezug bis zu der dem Vollzug nächstfolgenden Auszahlung unpfändbar sei. Daraus folge, daß beim Fahrnisexekutionsvollzug vorgefundenes Bargeld aus unpfändbaren Bezügen für einen Zeitraum vor der Geldabnahme keinen Pfändungsschutz genieße. Die Exekutionsbeschränkungen des Lohnpfändungsgesetzes gälten an sich nur für die Forderungsexekution auf diese Bezüge. Für die Zeit nach der Auszahlung fänden sich dort keine Bestimmungen; für diesen Zeitraum greife die Schutzbestimmung des § 251 Z 7 EO ein. Lehre und Praxis hätten den Anwendungsbereich dieser Bestimmung auch auf die Forderungsexekution auf erlegtes und verwahrtes Geld und insbesondere auf Gehaltskonten erweitert. Aber auch diese ausdehnende Auslegung nütze der Klägerin nichts, weil dadurch nur die Pfändungsmöglichkeiten des betreibenden Gläubigers, nicht aber auch das Verhältnis zwischen Verpflichtetem und kontoführendem Kreditinstitut betroffen werde. Das vertraglich eingeräumte Recht zur Aufrechnung werde durch den Pfändungsschutz bestimmter auf dem Gehaltskonto einlangender Beträge nicht berührt. Ein gesetzliches Aufrechnungsverbot könne somit aus § 251 Z 7 EO nicht abgeleitet werden. Aber auch bei gegenteiliger Schlußfolgerung könnte das Aufrechnungsverbot in Analogie zu dieser gesetzlichen Bestimmung nur den im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung noch vorhandenen aliquoten Teil des pfändungsfreien Betrages für Februar oder März 1985 erfassen, nicht aber auch Leistungen für frühere Zeiträume. Die der Klägerin gebührenden Gehälter bzw. Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung für Feber bzw. März 1985 seien indessen nicht mehr auf dieses Konto überwiesen worden. Da § 293 Abs.3 EO ausdrücklich nur die Aufrechnung gegen den der Exekution entzogenen Teil der Forderung ausschließe, somit im Fall von Gehaltsforderungen die Aufrechnungsmöglichkeiten für den Dienstgeber einschränke, könne sich diese Bestimmung nicht auch gegen die beklagte Partei richten, weil die Klägerin gegen sie keinen Anspruch auf Gehaltsauszahlung habe. Es liege demnach kein gesetzliches Aufrechnungsverbot vor, das nach Lehre und Rechtsprechung einer vertraglichen Aufrechnung entgegenstünde.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Klägerin gegen das Berufungsurteil erhobene Revision ist zulässig. Das Berufungsgericht hat - im Gegensatz zum Erstgericht - die Prüfung der Berechtigung des Klagebegehrens aus dem Gesichtspunkt eines aus dem Zweck des Girovertrages ableitbaren Aufrechnungsverbotes abgelehnt, weil die Klägerin diesen Klagegrund in erster Instanz nicht geltend gemacht habe; eine amtswegige Berücksichtigung dieses Klagegrundes verwehre indessen der Beibringungsgrundsatz. Das Gericht zweiter Instanz läßt dabei außer acht, daß sich die Klägerin schon der Klageschrift auf das Bestehen eines Girovertrages und auf ein Aufrechnungsverbot berufen hat; das Tatsachenvorbringen der Klägerin in erster Instanz reicht somit aus, um das behauptete Aufrechnungshindernis auch aus dem Rechtsgrund des aufrechten Girovertrages auf seine Berechtigung hin zu prüfen. Nach nunmehr einhelliger Rechtsprechung hat das angerufene Gericht den ihm vorgetragenen Sachverhalt nach allen rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen, wenn sich der Kläger nicht auf einen bestimmten Rechtsgrund festgelegt hat (JBl.1978, 600 u.a.), auf den er sein Klagebegehren unter Ausschluß anderer Rechtsgründe stützt. Eine unrichtige rechtliche Qualifikation des von der Klägerin geltend gemachten Anspruches rechtfertigt dagegen noch nicht die Annahme, daß sie ihr Klagebegehren ausschließlich auf die von ihr angegebenen Gesetzesbestimmungen stützen will (SZ 46/109 u.a.). Klagegrund ist das tatsächliche Vorbringen der Partei und nicht dessen rechtliche Qualifikation, so daß eine Änderung der rechtlichen Argumentation selbst noch im Rechtsmittelverfahren zulässig ist (SZ 37/151; JBl.1952,16; 6 Ob 664/83 u.a.). Auch daß die Klägerin - ausgehend von ihrer rechtlichen Qualifikation die, wie noch zu zeigen sein wird, ungeprüft bleiben kann - mit ihrer Klage nicht die gesamte Überweisung auf das Konto der Franz W*** Gesellschaft mbH, sondern bloß die Überweisung des ihrer Ansicht nach pfändungsfreien und damit auch der Aufrechnung jedenfalls entzogenen Teiles von S 108.452 bekämpft, läßt noch nicht den Schluß zu, daß sie ihr Begehren ausschließlich aus den von ihr vorgetragenen rechtlichen Gesichtspunkten geprüft wissen will; vielmehr hat sie eben nur jenen Betrag geltend gemacht, welcher der von ihr in der Klage angestellten rechtlichen Qualifikation zufolge jedenfalls zu Unrecht auf ein Konto mit einem ihr Guthaben übersteigenden Debetsaldo, für den sie die Mithaftung erklärt hatte, übertragen und mit diesem Saldo verrechnet wurde. Das Berufungsgericht hat den schon dem Klagsvorbringen zu entnehmenden Klagegrund des girovertraglichen Aufrechnungsverbotes in zu enger Auslegung der Substantiierungstheorie (§ 226 ZPO; Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 1040) zu Unrecht nicht in seine rechtliche Beurteilung miteinbezogen. Darin liegt aber die unrichtige Lösung einer Rechtsfrage, der zur Wahrung der Rechtssicherheit erhebliche Bedeutung beizumessen ist (§ 502 Abs.4 Z 1 ZPO). Bei Bedachtnahme auf den vom Berufungsgericht aus seiner rechtlichen Beurteilung ausgeschiedenen Klagegrund erweist sich die Revision aber auch als berechtigt.

Fraglich ist es schon, ob der Haftungsvertrag zwischen den Streitteilen betreffend den Debetsaldo auf dem Konto der Franz W*** Gesellschaft mbH als "Konto" der Klägerin im Sinne des Punktes 2 AGBKr beurteilt werden kann. Selbst wenn man diese Frage jedoch bejahen wollte, wäre für die beklagte Partei nichts gewonnen. Nach Lehre und Rechtsprechung (SZ 56/186; SZ 47/9; EvBl.1976/79; Rummel in Rummel, ABGB, Rdz 29 zu § 1440) ist schon aus dem Zweck des Girovertrages für die Dauer seines Bestandes ein stillschweigender Verzicht des Kreditunternehmens auf Aufrechnung mit seinen Forderungen aus einem Kredit an den Kunden (oder wie hier aus dessen Mithaftung für einen solchen Kredit) gegen die sich aus den Guthaben auf dem Girokonto ergebende Kundenforderung, soweit dieses nicht der Kreditabstattung gewidmet ist, abzuleiten. Das Kreditunternehmen ist in diesem Fall trotz des im Punkt 2 AGBKr festgelegten Aufrechnungsrechtes zur Kompensation nicht berechtigt, sondern hat vielmehr das Girokonto in vollem Umfang Aufträgen des Kontoinhabers zur Verfügung zu halten. Zur Aufrechnung ist in solchen Fällen das Kreditunternehmen nur bei ausdrücklicher Vereinbarung berechtigt (SZ 54/161); auf eine solche ausdrückliche Vereinbarung hat sich die beklagte Partei aber nicht berufen.

Die beklagte Partei hat - unter Berufung auf

Punkt 2 AGBKr - gegen das Guthaben der Klägerin aufgerechnet, obwohl der Girovertrag betreffend das Konto septo von ihr nicht gekündigt war. Da nach dem vorher Gesagten die Kompensation zu diesem Zeitpunkt ausgeschlossen war, waren mit der verbotswidrigen Aufrechnung keine Wirkungen verbunden (7 Ob 747/79). Die beklagte Partei hätte zwar zufolge Punkt 36 AGBKr die Geschäftsverbindung (Abs.1) oder auch nur den Girovertrag (Abs.2; vgl. auch Schinnerer-Avancini, Bankverträge 3 I 106) - durch Kündigung, also durch empfangsbedürftige Erklärung (Schinnerer-Avancini aa0 276 f) - mit sofortiger Wirkung auflösen und dann möglicherweise von dem ihr bedingungsgemäß eingeräumten Aufrechnungsrecht Gebrauch machen können, doch hat sie eine solche Aufrechnung nach Beendigung des Girovertrages nicht behauptet. Mangels wirksamer Kompensation ist die beklagte Partei zu Befolgung von Aufträgen der Klägerin über das Girokonto - und damit auch zur Ausfolgung des Guthabens an sie - verpflichtet, so daß das Klagebegehren in der Höhe der geltend gemachten Forderung jedenfalls berechtigt erscheint. Soweit die beklagte Partei - in ihrer Berufung, in der Revisionsbeantwortung hat sie hiezu keine Ausführungen erstattet - meint, es müsse zwischen Giro- und Kontokorrentkonto unterschieden werden, übersieht sie, daß ein Kontokorrentvertrag ohne ein Girokonto gar nicht bestehen kann (vgl. Schinnerer-Avancini aa0 68), so daß es sich bei dem streiterheblichen Konto in Wahrheit um ein kontokorrentmäßig geführtes Girokonto handelt.

Das Gericht zweiter Instanz hat zwar die Mängelrüge in der Berufung der beklagten Partei - ausgehend von seiner Rechtsansicht - nicht erledigt, doch hat diese damit in Wahrheit einen Feststellungsmangel, die Unterlassung von Feststellungen über die Löschung des Kontos, gerügt. Feststellungsmängel sind jedoch zum Gegenstand der Rechtsrüge zu machen. Der behauptete Feststellungsmangel liegt aber schon deshalb nicht vor, weil die Parteien in der Verhandlungstagsatzung am 14.November 1985 (ON 7, S.22) außer Streit gestellt haben, daß das Girokonto im Zeitpunkt der Umbuchung (Aufrechnungserklärung) ungekündigt und damit nicht beendet war.

Auf die von den Vorinstanzen - offenbar, weil die Streitteile hiezu nichts vorgebracht hatten - nicht aufgeworfene Frage, ob und inwieweit der Haftungsvertrag zwischen den Streitteilen (betreffend den Debetsaldo auf dem Konto des Dienstgebers der klagenden Partei) gegen die §§ 1 und 3 KautionsschutzG verstoßen oder doch zur Umgehung dieser Dienstnehmerschutzbestimmungen eingegangen worden sein könnte (vgl. hiezu EvBl.1986/92, S.345; Klang in JBl.1937,356) und dann nichtig wäre, so daß der Aufrechnung durch die beklagte Partei schon deshalb der Boden entzogen wäre, kann somit ungeprüft bleiben.

Ist aber die von der beklagten Partei behauptete Aufrechnung nicht wirksam geworden, erweist sich das Klagebegehren als berechtigt, so daß das klagsstattgebende Urteil des Gerichtes erster Instanz wieder herzustellen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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