OGH 8Ob664/86

OGH8Ob664/8619.11.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wilhelmine N***, Hausfrau, Zollergasse 18, 1070 Wien, vertreten durch Dr. Saskia Leinschitz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ing. Raimund N***, Kaufmann, Josef Österreicher-Gasse 43, 1230 Wien, vertreten durch Dr. Sieglinde Schubert, Rechtsanwalt in Wien, wegen Wiederaufnahme eines Ehescheidungsverfahrens infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 24. Juli 1986, GZ. 11 R 102/86-26, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 17. Februar 1986, GZ. 17 Cg 187/85-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten die mit S 2.719,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin die Umsatzsteuer von S 247,20) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrte das Urteil:

"1) Die Wiederaufnahme des Verfahrens in der Scheidungssache Ing. Raimund N*** gegen Wilhelmine N*** 17 Cg 31/81 des Landesgerichtes für ZRS Wien wird bewilligt.

2) Das in dieser Rechtssache ergangene Endurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen vom 18. 1. 1985 sowie das dieses Endurteil im wesentlichen bestätigende Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 7. 5. 1985 werden beseitigt."

In der Hauptsache beantragte sie das Urteil:

"Das auf §§ 47 und 49 EheG gestützte Scheidungsbegehren des Klägers Ing. Raimund N*** wird abgewiesen; gemäß § 61 Abs 3 EheG wird festgestellt, daß den Beklagten Ing. Raimund N*** das ausschließliche Verschulden an der Zerrüttung der Ehe trifft."

Sie brachte vor: Im Verfahren 17 Cg 31/81 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien sei mit Teilurteil vom 1. März 1984 die Ehe der Streitteile rechtskräftig geschieden und mit Endurteil vom 18. Jänner 1985 ausgesprochen worden, daß das Verschulden an der Zerrüttung der Ehe beide Ehegatten zu gleichen Teilen treffe. Gegen dieses Endurteil sei das Rechtsmittelverfahren noch anhängig. Am 19. Juni 1985 habe sie Leopoldine B***, die Lebensgefährtin des Zeugen Dr. R***, der mit ihr nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Endurteiles einen Geschlechtsverkehr gehabt hätte, getroffen. Diese habe ihr berichtet, Dr. R*** sei mit dem Beklagten in Geschäftsbeziehungen gestanden, zu ihm sogar in einem gewissen Abhängigkeitsverhältnis gewesen und zuletzt von ihm auch angestellt worden. Er habe Leopoldine B*** erklärt, einen PKW der Marke "Lancia" vom Beklagten bekommen zu haben, weil er ihm "einen Scheidungsgrund geliefert hätte". Bei Kenntnis der Aussage der Leopoldine B*** hätte das Erstgericht der Aussage des Zeugen Dr. R*** keinen Glauben geschenkt, nicht die Feststellungen über einen Ehebruch getroffen, sondern das ausschließliche Verschulden des Beklagten an der Zerrüttung der Ehe festgestellt.

Innerhalb der letzten vier Wochen vor Einbringung der Klage habe sie weiters von Frau Waltraud M*** erfahren, daß das Verhältnis des Beklagten zu Ilse H*** nicht nur wie im Ersturteil festgestellt im Jahre 1980, sondern ununterbrochen bis Ende 1982 bestanden habe. Auch die Kenntnis der Aussage der Zeugin Waltraud M*** hätte das Erstgericht zu einer für sie günstigeren Entscheidung veranlaßt. Der Beklagte bestritt dieses Vorbringen und beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Behauptungen der Klägerin entbehrten jeder sachlichen Grundlage.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf nachstehende Feststellungen:

Mit dem Teilurteil vom 1. März 1984, 17 Cg 31/81-115 des Landesgerichtes für ZRS Wien wurde die Ehe der Streitteile rechtskräftig geschieden und der Ausspruch über das Verschulden dem Endurteil vorbehalten. Mit dem Endurteil vom 18. Jänner 1985 wurde ausgesprochen, daß das Verschulden an der Zerrüttung der Ehe beide Ehegatten zu gleichen Teilen trifft. Das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht bestätigte dieses Endurteil. Beide Streitteile erhoben Revision. Das Revisionsverfahren ist noch anhängig. In dem Urteil vom 1. März 1984 wurde unter anderem festgestellt, daß Wilhelmine N*** (die Klägerin) Mitte Juni 1982 mit Dr. Arnold R*** einmal in der Wohnung ihrer Tochter Astrid Geschlechtsverkehr hatte. Das Oberlandesgericht Wien bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und führte aus, daß die Feststellung über den Ehebruch der Wilhelmine N*** mit Dr. R*** aufgrund dessen eindeutiger Aussage objektiviert erscheine und daß dieser Ehebruch selbst dann zu berücksichtigen wäre, wenn er nach der unheilbaren Zerrüttung der Ehe begangen worden wäre. Am 19. Juni 1985 hatte die Klägerin mit Leopoldine B*** ein Gespräch, in welchem ihr diese mitteilte, daß Dr. Arnold R*** ihr, seiner Lebensgefährtin, erklärt habe, daß er den PKW der Marke Lancia, über den er nach Behauptung der Leopoldine B*** seit Juli 1982 verfügte, von Ing. Raimund N*** dafür bekommen haben soll, daß er ihm einen Scheidungsgrund geliefert habe. Nach dem Ableben des Dr. R*** habe Leopoldine B*** den PKW Marke Lancia Ing. Raimund N*** zurückgegeben. Überdies habe Ing. N*** Dr. R*** zumindest in den letzten Monaten dessen Lebens angestellt, damit Dr. R*** in den Genuß von ASVG-Leistungen kommen sollte.

In der zweiten Junihälfte 1985 sprach die Klägerin mit Waltraud M*** und erfuhr von dieser, daß Ing. Raimund N*** mit Ilse H*** im Sommer 1981 zum Ehepaar M*** zu Besuch gekommen sei und Waltraud M*** den Eindruck gewonnen habe, er wohne bei Ilse H*** und daß diese der Meinung sei, er habe das Verhältnis zu Ilse H*** bis 1982 aufrecht erhalten.

Am 21. Juli 1982 wurde auf Dr. Arnold R*** der PKW Marke Lancia, B*** 2000, zugelassen. Eigentümer dieses PKWs war Dr. Arnold R***, der erst seit Herbst 1982 mit der Firma B***, die dem Beklagten gehört, in Geschäftsverbindung stand und zwar als Geschäftsführer und Gesellschafter der Firma GMV, Handelsgesellschaft mbH mit dem Sitz in 1030 Wien, Gudrunstraße 5. Da diese Firma bei der Firma B*** Schulden hatte, verkaufte Dr. R*** am 20. Jänner 1983 diesen Lancia B*** um S 20.000,-- an die Firma B*** Handels-GesmbH, wobei vereinbart war, daß sie den Kaufpreis zur teilweisen Abdeckung der Verbindlichkeiten der Firma GMV gegenüber der Firma B*** behält. Am 3. Februar 1983 verstarb Dr. Arnold R*** im Spital an einem Leberleiden; seine jahrelange Lebensgefährtin Leopoldine B*** war damit einverstanden, daß der PKW Lancia B*** 2000 der Firma B*** überstellt wurde. Bei der Firma B*** war Dr. Arnold R*** 1982 und 1983 nicht als Dienstnehmer zur Sozialversicherung gemeldet. Der Nachlaß nach Dr. Arnold R*** ergab eine Überschuldung von S 104.873,20; mit dem Beschluß des Bezirksgerichtes Fünfhaus als Verlassenschaftsgericht wurde am 4. Jänner 1984 die Verlassenschaftsabhandlung für beendet erklärt.

Ilse H*** lernte der Beklagte im Frühjahr 1981 kennen und unterhielt zu ihr von Sommer 1981 bis Frühjahr 1982 eine intime Beziehung, hatte mit ihr Geschlechtsverkehr und nächtigte auch wiederholt in ihrer Wohnung in Wiener Neudorf.

Die Klägerin kannte Dr. Arnold R*** seit Mitte 1981, war mit ihm per du, ließ sich von ihm beraten, bekam von ihm unter anderem eine Karte aus Verona vom 6. Jänner 1982 mit der Anrede "Adorata, amata" und im Schlußsatz "innigst küßt Dich Arnoldo", und eine Karte aus Verona datiert mit 25. Jänner 1982 mit der Anrede "innig geliebte Frau" und dem Text "ohne Deine Nähe verkümmere ich trostlos. Sei mir herzinnigst geküßt" unterschrieben mit Arnold. Sie verwahrte sich keineswegs gegen solche Liebesbeteuerungen des 55-jährigen, gut aussehenden und gewandt auftretenden Dr. Arnold R***, obwohl sie wußte, daß er in Lebensgemeinschaft mit Leopoldine B*** lebte. Ein einziges Mal hatte Wilhelmine N*** mit Dr. Arnold R*** Geschlechtsverkehr, und zwar Mitte Juni 1982 in der Wohnung ihrer Tochter Astrid in Wien. Als der Beklagte von der näheren Beziehung des Dr. Arnold R*** zu Wilhelmine N*** erfuhr, ließ er Dr. Arnold R*** mit dessen Zustimmung als Zeugen in dem Ehescheidungsverfahren 17 Cg 31/81 von seiner Rechtsanwältin führen. Dr. Arnold R*** gab in der Scheidungsverhandlung als Zeuge vernommen zu, mit Wilhelmine N*** Mitte Juni 1982 in der Wohnung deren Tochter Astrid in Wien Geschlechtsverkehr gehabt zu haben; er hinterließ auf das Gericht einen überzeugenden Eindruck.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, daß der Klägerin nicht der Beweis neuer Tatsachen oder Beweismittel, deren Benützung im früheren Verfahren eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt hätten, gelungen sei. Insbesondere habe sie nicht nachweisen können, daß der Zeuge Dr. Arnold R*** im Scheidungsverfahren wahrheitswidrig ausgesagt habe, er hätte Mitte Juni 1982 mit Wilhelmine N*** Geschlechtsverkehr gehabt und habe als Gegenleistung hiefür die Überlassung eines PKWs "Lancia B*** 2000" bzw. eine Meldung als Dienstnehmer bei der Firma B*** erhalten. Die nunmehr im Wiederaufnahmsverfahren nachgewiesene Tatsache, daß der Beklagte mit Ilse H*** vom Frühjahr 1981 bis Frühjahr 1982 Geschlechtsverkehr gehabt habe, hätte eine für die Klägerin günstigere Entscheidung im Scheidungsverfahren nicht herbeiführen können, da schon dort ein Geschlechtsverkehr des Beklagten mit Ilse H*** im Jahr 1980 festgestellt wurde und die zeitliche Verlegung dieses Verhältnisses auf die Zeit nach der Trennung der Ehegatten eine für sie günstigere Beurteilung der Verschuldensteilung nicht zulasse.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge, sondern bestätigte das erstgerichtliche Urteil. Auf der Grundlage der vom Erstgericht getroffenen Feststellungen, die es als unbedenklich erachtete, führte das Berufungsgericht rechtlich aus:

Die Klägerin habe ihre Klage auf zwei Wiederaufnahmsgründe gestützt: 1. die Kenntnis der für sie neuen Tatsache, daß Dr. Arnold R*** seiner Lebensgefährtin gegenüber erklärt hätte, er habe einen PKW vom Beklagten bekommen, weil er ihm einen Scheidungsgrund geliefert habe, und 2. die Kenntnis der Erklärung der Zeugin Waltraud M***, das Verhältnis des Beklagten zu Ilse H*** habe bis Ende 1982 gedauert. Beide Umstände wären jedoch nicht geeignet gewesen, bei Vorbringen und Benützung im Ehescheidungsverfahren eine für die Klägerin günstigere Entscheidung herbeizuführen. Die Erklärung Dr. R***'S seiner Lebensgefährtin gegenüber habe die Feststellung des Geschlechtsverkehrs der Klägerin mit diesem nicht widerlegt, sodaß das Erstgericht auch bei Kenntnis dieser Äußerung Dr. R***'S gegenüber seiner Lebensgefährtin diese Feststellung hätte treffen müssen. Zum zweiten Wiederaufnahmsgrund habe das Erstgericht die Feststellung getroffen, daß der Beklagte intime Beziehungen zu Ilse H*** nicht im Jahr 1980, sondern von Sommer 1981 bis Frühjahr 1982 unterhalten hatte. Aber auch dieser Umstand hätte, wenn er von der Klägerin im Scheidungsverfahren vorgebracht worden wäre, eine für sie günstigere Entscheidung nicht herbeigeführt. Das Erstgericht sei bei Abwägung des Verschuldens des Beklagten (des Klägers im Scheidungsverfahren) davon ausgegangen, daß dieser noch vor Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft intime Beziehungen zu Ilse H*** unterhalten hatte. Die Tatsache, daß diese ehewidrigen Beziehungen des Beklagten erst nach Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft aufgenommen wurden, wäre eher geeignet gewesen, das Gewicht dieser Eheverfehlungen zu vermindern. Die von der Klägerin als Wiederaufnahmsgründe geltend gemachten Umstände seien demnach zwar nachgewiesen worden, doch wären sie nicht geeignet gewesen, im Ehescheidungsverfahren eine für die Klägerin günstige Entscheidung herbeizuführen.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision der Klägerin aus den Anfechtungsgründen des § 503 Abs 1 Z 2, 3 und 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Klägerin macht zunächst Mangelhaftigkeiten des berufungsgerichtlichen Verfahrens und das Vorliegen einer Aktenwidrigkeit geltend. Diese Revisionsgründe liegen jedoch nicht vor, was nicht näher zu begründen ist (§ 510 Abs 3 ZPO). Die Rechtsrüge führt die Klägerin dahin aus, daß "bei einem fehlerfreien Verfahren im Hinblick auf das Nichtvorliegen eines intimen Verhältnisses zu Dr. R***" die Wiederaufnahme zu bewilligen, die auf Scheidung der Ehe wegen §§ 47 und 49 EheG lautenden Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und das Scheidungsbegehren abzuweisen gewesen wäre. Die Klägerin geht hiebei jedoch nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Dieser lautet dahin, daß die Klägerin Dr. R*** seit Mitte 1981 kannte, von ihm Karten mit Anreden wie "Adorata, amata" und "innig geliebte Frau" erhielt und mit ihm einmal im Juni 1982 in der Wohnung ihrer Tochter einen Geschlechtsverkehr hatte. Ausdrücklich stellte das Erstgericht fest, daß es von der Aussage der neu geführten Zeugin B*** nicht dahin überzeugt werden konnte, daß Dr. R*** für eine falsche Zeugenaussage über einen angeblichen Geschlechtsverkehr mit der Klägerin den in Rede stehenden PKW bekommen hätte. Das Berufungsgericht verwies auch auf die eigene Aussage der Klägerin, wonach sie selbst den Geschlechtsverkehr mit Dr. R*** zugegeben hatte (Tagsatzung vom 27. Juli 1982). Wird der Revisionsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO aber nicht gesetzmäßig ausgeführt, kann die so aufgebaute Rechtsrüge nicht zur Überprüfung der rechtlichen Beurteilung der Vorinstanzen führen (8 Ob 194, 195/76 uza.). Davon abgesehen erweist sich die Revision - soweit ihr unterstellt werden kann, daß sie zumindest teilweise vom festgestellten Sachverhalt ausgeht - auch aus anderen Gründen als unberechtigt:

Zutreffend haben die Vorinstanzen die von der Klägerin neu vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel im Wiederaufnahmeverfahren nicht nur im Hinblick auf ihre abstrakte Eignung, eine Änderung der im Vorprozeß erflossenen Entscheidung herbeizuführen, gewürdigt, sondern auch eine Prüfung dahingehend vorgenommen, ob die Nichtberücksichtigung der neuen Tatsachen und Beweismittel im Vorprozeß geeignet war, die Beweiswürdigung im Vorprozeß zu beeinflussen und etwa aus diesem Grund die Bewilligung der Wiederaufnahme des Verfahrens und damit die Aufhebung der Vorentscheidung gerechtfertigt erscheint (Fasching IV 517; derselbe in JBl 1956, 245 ff; SZ 27/149; SZ 32/33 = EvBl 1959/166; SZ 38/215; EvBl 1972/89; EFSlg 18.575; 20.848, 3 Ob 22/75 ua.). Sie sind dabei zu dem berechtigten Schluß gekommen, daß der als Scheidungsgrund geltend gemachte Ehebruch der Klägerin durch die neu hervorgekommenen Umstände nicht aus der Welt geschafft wurde. Hier wie im Hauptverfahren war darauf Bedacht zu nehmen, daß Ehebruch ein absoluter Scheidungsgrund ist, der die Scheidung der Ehe ohne Rücksicht darauf rechtfertigt, ob er die Zerrüttung der Ehe bewirkte (RZ 1977/41; EFSlg 20.309; 18.090 ua.) und bei der Verschuldensabwägung auch dann ins Gewicht fällt, wenn er nach Zerrüttung der Ehe vollzogen wurde (EFSlg 2179; 25.091; 34.053 ua.). Daß der Kläger, der zum Zeitpunkt des Ehebruches der Beklagten mit Dr. R*** schon längst die Ehescheidungsklage angestrengt hatte, keine eheliche Gesinnung mehr besaß, war im Hauptverfahren für den relevanten Zeitraum ebenso klargestellt worden wie im Wiederaufnahmeverfahren; durch die neu festgestellten Umstände wurde diese Tatsache zwar massiv unterstrichen, die Feststellung des Ehebruches der Beklagten mit Dr. R*** aber nicht beseitigt. Nach ständiger Rechtsprechung müßte zur Annahme eines überwiegenden Verschuldens der Gegenseite das mindere Verschulden auf Seite der Revisionswerberin "fast völlig in den Hintergrund treten" (EFSlg 34.044; 41.284; Schwind in Klang 837; Pichler in Rummel, Rdz 2 zu § 60 EheG). Für eine solche Annahme reicht aber der im Wiederaufnahmeverfahren neu hervorgekommene Sachverhalt nicht aus, um die auf der Berücksichtigung sämtlicher sonst gleich gebliebener Umstände vorgenommene Verschuldensteilung der Gerichte im Hauptverfahren im von der Klägerin ins Auge gefaßten Sinn zu ändern.

Dies trifft auch für die im Wiederaufnahmeverfahren hervorgekommene geänderte zeitliche Fixierung des Verhältnisses des Beklagten zu Ilse H*** zu. Dazu haben die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt, daß die neuen Feststellungen für die Klägerin nicht günstiger sind als die bisherigen; der Beklagte hat darnach die in Rede stehende Beziehung erst nach länger währender Auflösung der häuslichen Gemeinschaft der Streitteile als bisher angenommen wurde, begonnen. Dies wäre aber eher geeignet, sein Verhalten in einem günstigeren Licht erscheinen zu lassen. Von einer durch die Ergebnisse des Wiederaufnahmeverfahrens erfolgten Änderung des Sachverhaltes zugunsten der Klägerin im oben dargestellten Sinn kann daher nicht die Rede sein. Dies haben die Vorinstanzen zutreffend erkannt.

Der Revision der Klägerin war daher der Erfolg zu versagen. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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