Spruch:
Die Klage wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Im Verfahren AZ 3 Cg 83/84 des Kreisgerichtes Leoben stellt die B*** FÜR O*** UND S*** als Klägerin das Begehren, die R*** S*** S*** reg.Gen.mbH als Beklagte
schuldig zu erkennen, ihr Zug um Zug gegen Übergabe des Sparbuches Nr. 32012.817 lautend auf Sicherheit, mit einem Stand von 477.054,04 S, den Betrag von 477.054,04 S s.A. zu bezahlen. Das Erstgericht wies die Klage ab, das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes. Der Oberste Gerichtshof gab der Klage mit Entscheidung vom 7.November 1985, 7 Ob 599/85, statt. Er ging im wesentlichen davon aus, es sei für die Entscheidung des Rechtsstreites unerheblich, ob ein an dem genannten Sparbuch begründetes Pfandrecht der beklagten Raiffeisenkasse ungeachtet des Umstandes aufrecht geblieben ist, daß das Sparbuch in die Hand des Verpfänders Helmut P*** zurückgelangte, weil die Beklagte die neuerliche Verpfändung des Sparbuches durch Helmut P*** an die Klägerin, die gutgläubig gewesen sei, auch dann gegen sich gelten lassen müsse, wenn davon ausgegangen werde, daß das Pfandrecht der Beklagten an dem Sparbuch weiterbestehe.
Im Verfahren AZ 7 Cg 16/83 des Kreisgerichtes Leoben stellte die R*** S*** S*** reg.Gen.mbH als Klägerin
unter anderem das Begehren, Dr. Franz L*** als Masseverwalter im Konkurs des Helmut P*** als Beklagten schuldig zu erkennen, das Sparbuch Nr. 32012.817, lautend auf Sicherheit, herauszugeben. Der Klage wurde in allen Instanzen stattgegeben. In der Entscheidung vom 28. August 1986, 8 Ob 555/86, vertrat der Oberste Gerichtshof hiezu die Ansicht, das Pfandrecht der Raiffeisenkasse am Sparbuch bestehe ungeachtet der Rückstellung des Pfandes an Helmut P*** fort, und zwar unabhängig davon, ob Helmut P*** die Gelegenheit, das Sparbuch weiterzuverpfänden, wirksam wahrgenommen habe oder nicht. Mit der am 23.Oktober 1986 beim Obersten Gerichtshof eingelangten Klage begehrt die R*** S***
S*** reg.Gen.mbH die Wiederaufnahme des Verfahrens
3 Cg 83/84, 6 R 28/85 und 7 Ob 599/85 des Kreisgerichtes Leoben und die Beseitigung der ergangenen Urteile. Es sei rechtlich und logisch undenkbar, daß die frühere OGH-Entscheidung 7 Ob 599/85 das Pfandrecht der Raiffeisenkasse für erloschen erkläre, während die jüngere Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 8 Ob 555/86 das Weiterbestehen des Pfandrechtes normiere. Beide Rechtsmeinungen könnten nebeneinander nicht bestehen, eine schließe die andere aus. Die Entscheidung 8 Ob 555/86 sei dem Klagevertreter am 25.September 1986 zugestellt worden.
Rechtliche Beurteilung
Die Klage ist zur Bestimmung einer Tagsatzung für die mündliche Verhandlung ungeeignet (§ 538 Abs. 1 ZPO).
Die Klägerin stützt ihr Begehren offensichtlich auf den Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs. 1 Z 7 ZPO, da jeder andere der in den §§ 530, 531 ZPO angeführten Wiederaufnahmsgründe von vornherein nicht in Betracht kommt. Dies betrifft insbesondere auch den Wiederaufnahmsgrund nach § 530 Abs. 1 Z 6 ZPO, da Entscheidungen über den gleichen Anspruch nicht vorliegen, so daß die Rechtskraft der früheren Entscheidung durch die später ergangene Entscheidung nicht beeinträchtigt werden konnte (vgl. Fasching IV 508 f), ganz abgesehen davon, daß die Wiederaufnahmsklägerin nicht die Beseitigung der späteren, sondern (aus naheliegenden Gründen) der früheren Entscheidung anstrebt.
Aber auch der gesetzliche Anfechtungsgrund des § 530 Abs. 1 Z 7 ZPO liegt nicht vor. Der von der Klägerin behauptete Sachverhalt läßt sich vielmehr unter keinen der Wiederaufnahmsgründe der §§ 530, 531 ZPO unterordnen (vgl. Fasching IV540). Die Klägerin macht nicht etwa geltend, daß sie in Kenntnis von neuen Tatsachen gelangt ist oder Beweismittel aufgefunden oder zu benützen in den Stand gesetzt wurde, deren Vorbringen und Benützung im früheren Verfahren eine ihr günstigere Entscheidung der Hauptsache herbeigeführt haben würde. Sie behauptet lediglich die Unvereinbarkeit zweier oberstgerichtlicher Entscheidungen. Ganz abgesehen davon, daß zwei einander widersprechende oberstgerichtliche Entscheidungen nicht die Wiederaufnahme eines der beiden Verfahren zu begründen vermöchten - eine andere rechtliche Beurteilung ist weder eine neue Tatsache, noch ein neues Beweismittel iS des § 530 Abs. 1 Z 7 ZPO (vgl. Fasching IV 510 und 512 sowie III 227; auch eine Wiederaufnahme etwa wegen Änderung der Rechtslage ist unzulässig -, liegen einander widersprechende Entscheidungen gar nicht vor. Das diesbezügliche Vorbringen der Wiederaufnahmsklägerin ist vielmehr, wie bereits aus der Sachverhaltsdarstellung ersichtlich ist, aktenwidrig. In der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 7 Ob 599/85 wurde keineswegs die Ansicht vertreten, das Pfandrecht der Wiederaufnahmsklägerin an dem Sparbuch sei durch dessen Ausfolgung an Helmut P*** untergegangen. Die Beurteilung dieser Frage wurde vielmehr ausdrücklich offengelassen. Sie wurde für die Entscheidung des Rechtsstreites als unerheblich angesehen, weil die B*** FÜR O*** UND S*** durch die neuerliche Verpfändung jedenfall ein Pfandrecht, und zwar ein einem allenfalls weiterbestehenden Pfandrecht der Wiederaufnahmsklägerin vorangehendes Pfandrecht, erworben habe (S 15 unten der genannten Entscheidung). Die Entscheidungen 7 Ob 599/85 und 8 Ob 634/86 sind daher auch durchaus miteinander vereinbar.
Da sich der von der Wiederaufnahmsklägerin behauptete Sachverhalt von vornherein unter keinen der Wiederaufnahmsgründe der §§ 530, 531 ZPO unterordnen läßt, war die Klage zurückzuweisen (Fasching IV 540).
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