Spruch:
Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten der beiden Rekurse sind wie weitere Exekutionskosten zu behandeln.
Text
Begründung
Gegenstand des vorliegenden Versteigerungsverfahrens sind die beiden Liegenschaften EZ 436/II KG Hall mit den Grundparzellen 777 und 778/1 und EZ 48/II KG Heiligkreuz mit der Grundparzelle 3857/2. Auf diesen drei eine einheitliche Grundfläche bildenden Grundparzellen und teilweise auf einer im Eigentum eines Dritten stehenden Nachbarparzelle Nr. 3857/1 steht eine 117 m lange Halle (wovon 26 laufende Meter auf dem nicht im Eigentum der verpflichteten Partei stehenden Grund liegen). Strittig sind die Art der vorzunehmenden Schätzung und verschiedene Ansätze der bisher vorgenommenen Schätzung.
Das Erstgericht stellte den Schätzwert für beide Einlagezahlen endgültig mit zusammen S 12,253.246,-- fest (Punkt 1 des Beschlusses ON 26).
Es folgte im wesentlichen dem Gutachten des Sachverständigen Ing. P***. Bei der Wertermittlung ging es zunächst davon aus, daß nur der auf den im Eigentum der verpflichteten Partei stehenden Grundstücken stehende Hallenteil geschätzt werden solle. Was jeweils beim Bauwert und Ertragswert zu einem verhältnismäßigen Abzug führte. Bei der Bewertung spielte auch noch eine zwecks Trennung des zu versteigernden Hallenteiles zu errichtende Trennmauer eine Rolle. Mit einer solchen Trennung nebst einigen sonstigen Maßnahmen sei eine einwandfreie Teilung der Halle möglich. Der auf fremdem Grund stehende Hallenanteil stehe im Eigentum des Ernst S*** (der gleichzeitig alleinvertretungsbefugter Liquidator der verpflichteten Partei ist), was sich durch Einsichtnahme in das Grundbuch ergeben habe. Gemäß dem Vertrag mit dem Rechtsvorgänger des Ernst S*** könne die Halle jedenfalls bis zum Jahr 1992 auf dem fremden Grund stehen bleiben. Weiters übernahm das Erstgericht den Standpunkt des Sachverständigen Ing. P***, daß nicht der vom Oberlandesgericht Innsbruck verlautbarte Kapitalisierungszinsfuß, sondern ein höherer, nämlich ein solcher von 8 % zugrundezulegen sei. Wegen der Vermietung sei ein gewisser Prozentsatz als Mietausfallswagnis abzuziehen.
Das Gericht zweiter Instanz hob den Beschluß des Erstgerichtes mit Rechtskraftvorbehalt auf.
Für das Gericht zweiter Instanz waren dabei folgende Erwägungen maßgebend:
Zum Kapitalisierungszinsfuß müsse erörtert werden, welche konkreten Gründe im Sinne des § 19 Abs. 2 RealSchO allenfalls für eine Erhöhung desselben sprächen, da die von den Sachverständigen bisher angeführten allgemeinen Erwägungen schon vom Oberlandesgericht Innsbruck bei der Festsetzung des normalerweise zugrundezulegenden Zinsfußes berücksichtigt worden seien. Näher geklärt werden müßten auch die Gründe, die für einen Abzug wegen eines "Mietausfallwagnisses" sprechen könnten, weil ein solcher Abzug nach § 20 Abs. 2 RschO nicht vorgesehen sei. Festgesetzt werden müsse auch der Wert jeder einzelnen Liegenschaft, da unter Umständen eine unterschiedliche Belastung vorliegen könne (was freilich derzeit nach dem Grundbuchstand nicht der Fall ist). Unrichtig sei aber vor allem auch die Vorgangsweise des Erstgerichtes, daß nämlich nur der Wert des Hallenteiles berücksichtigt werde, der auf den Grundstücken 777, 778/1 und 3857/2 stehe. Da ein Superädifikat im Grundbuchsauszug der Liegenschaft EZ 161/II KG Heiligkreuz (das ist die nicht im Eigentum der verpflichteten Partei stehende Nachbarliegenschaft) nicht aufscheine, könne sich aus dem Grundbuch auch nicht ergeben, daß der auf dieser Liegenschaft befindliche Hallenteil im Eigentum des Ernst S*** stehe. Derzeit sei die Halle als einheitliches Gebäude aufzufassen und die Versteigerung könne, wenn überhaupt, nur so erfolgen, daß mit den beiden in Exekution gezogenen Liegenschaften die ganze Halle versteigert werde, dies freilich ohne das Nachbargrundstück. Hier müßte aber der nähere Sachverhalt geklärt werden, falls sich hier Hindernisse ergeben sollten, müsse nach §§ 134 Abs. 3 (101) EO vorgegangen werden.
Gegen den Aufhebungsbeschluß des Gerichtes zweiter Instanz wenden sich die Rekurse der führenden betreibenden Partei Ö*** L*** und der beigetretenen betreibenden Partei O*** R***-Z*** jeweils mit dem Antrag,
den Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz im Sinne einer Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichtes abzuändern und insbesondere auch auszusprechen, daß die vom Erstgericht eingeschlagene Vorgangsweise bezüglich der Teilung der Halle richtig sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Rekurse sind im Ergebnis nicht berechtigt.
In den Rekursen beider betreibenden Parteien werden im wesentlichen folgende vier Rechtsfragen an den Obersten Gerichtshof herangetragen:
1. Der vom Erstgericht angenommene Kapitalisierungszinsfuß von 8 % sei realistisch und durch die Darlegungen des Sachverständigen so untermauert, daß es hier keiner zusätzlichen Verfahrensergänzung bedürfe.
2. Die vom Erstgericht berücksichtigten Abzüge von
- a) 1,5 % Abschreibung des Neuwertes der Halle (S 10,244.250,--)
- b) S 85.000,-- Mietausfallswagnis seien berechtigt und durch die Ausführungen der Sachverständigen hinreichend gestützt.
3. Eine Anwendung des § 14 Abs. 1 RschO sei entbehrlich, weil beide Liegenschaften gemeinsam versteigert werden sollen.
4. Da nur die Versteigerung des Hallenteiles in Frage komme, der sich auf dem im Eigentum der verpflichteten Partei stehenden Grundstücken befinde, sei die Schätzungsmethode des Erstgerichtes zutreffend und der diesbezügliche Ergänzungsauftrag des Gerichtes zweiter Instanz unzutreffend.
Zu diesen Problemkreisen ist folgendes zu erwägen:
Zu 1.
Die zu versteigernde Liegenschaft besteht im wesentlichen aus einer zusammenhängenden Grundfläche nebst einer Verkaufshalle und ist derzeit zur Gänze vermietet. Gemäß § 16 Abs. 3 RschO ist daher der Schätzwert zwischen dem kapitalisierten Zinsertrag und dem Grund- und Bauwert festzulegen, wobei die Gründe anzugeben sind, aus denen sich der Schätzwert mehr dem einen oder dem anderen Wert annähert.
Da im vorliegenden Fall der Ertragswert (selbst bei Zugrundelegung eines Kapitalisierungszinsfußes von 8 %) höher ist als der Grund- und Bauwert, kommen die verschiedentlich geäußerten Bedenken über den oft zu sehr vernachlässigten Ertragswert hier nicht zum Tragen (vgl. Czech ImmZ 1950, 331; Lüftl ImmZ 1976, 233, Müller ImmZ 1984, 235 und 252).
Daraus ergibt sich, daß das Gericht zweiter Instanz mit Recht verlangt, daß die Sachverständigen im Sinne des § 19 Abs. 2 RschO genau darlegen, welche Gründe im konkreten Fall gegen eine Anwendung der vom Oberlandesgericht jährlich verlautbarten Kapitalisierungszinsfuße (für Gebäude ohne land- oder forstwirtschaftliche oder industriellen Betrieb) sprechen. Wenn hier das Gericht zweiter Instanz die bisherigen Angaben der Sachverständigen noch für zu allgemein hält, kann dem der Oberste Gerichtshof, welcher nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten.
Zu 2.
Bei der endgültigen Festsetzung des Schätzwertes ist sowohl bei Ermittlung des Ertragswertes, wie auch bei Ermittlung des Grund- und Bauwertes und besonders auch bei Ermittlung des zwischen diesen beiden Werten liegenden Endwertes immer auch auf den sogenannten Verkehrswert Bedacht zu nehmen. Das Ergebnis der Schätzung soll der wirkliche Wert und nicht irgendein rein fiktiver Wert sein (Heller-Berger-Stix 1142, Biletti in ImmZ 1983, 31, 51 und 74 bes. 36 mit dem Hinweis auf die Mitberücksichtigung marktpolitischer Aspekte, vgl. auch E. wie SZ 48/72, SZ 49/150, MietSlg. 33.703). Daraus folgt, daß die von den Rechtsmittelwerbern beanständeten Abzüge für Abschreibung einerseits und für ein Mietausfallswagnis andererseits dann gerechtfertigt sind, wenn solche Abzüge bei der Kalkulation der Kaufinteressenten üblicherweise eine Rolle spielen, wenn also mit anderen Worten das in Frage kommende Käuferpublikum trotz einer bestimmten Mietzinshöhe nie die volle Kapitalisierung der Mietzinse als tragbaren Verkehrswert ansieht, sondern einen entsprechend geringeren Betrag, weil für das Zinsausfallswagnis etwas abgezogen wird und weil wegen der immer größer werdenden Entwertung des Gebäudes auch für die Abschreibung eine entsprechende Post abgezogen wird. An und für sich könnten diese beiden Abzugsposten schon dadurch berücksichtigt werden, daß eben der Kapitalisierungszinsfuß entsprechend höher angesetzt wird, es ist aber auch nicht zu beanständen, wenn der Sachverständige diese Abzugsposten gesondert veranschlagt.
Insoweit hier die bisherigen Angaben der Sachverständigen noch weiterer Aufklärungen bedürftig sind, gehört dies wiederum dem Tatsachenbereich an. In rechtlicher Hinsicht ist jedoch der diesbezügliche Ergänzungsauftrag des Gerichtes zweiter Instanz nicht zu beanständen.
Zu 3.
Da in § 14 Abs. 1 RschO ausdrücklich die gesonderte Schätzung des Wertes jedes einzelnen von mehreren Grundbuchskörpern verlangt wird, auch wenn diese als Ganzes bewirtschaftet werden, muß dieser Wert nachgetragen werden. Da im vorliegenden Fall die Belastung beider Grundbuchskörper ganz gleich ist, kann sich jedoch diese gesonderte Bewertung in einer einfachen Verhältnisrechnung erschöpfen, ohne daß hier eine aufwendige Detailschätzung der einzelnen Grundbuchskörper erforderlich wäre.
Zu 4.
Was den Hallenteil betrifft, der nicht auf den im Eigentum der verpflichteten Partei stehenden Grundstücken steht, liegt zwar nach dem ersten Anscheine ein sogenannter Grenzüberbau vor. Hier sind theoretisch allerdings die verschiedenartigsten Rechtsgestaltungen denkbar. Es könnte sich um ein Superädifikat handeln. Es könnte mit gewissen Modifikationen eine Anwendung des § 418 ABGB in Betracht kommen. Es könnte sich darum handeln, daß der verpflichteten Partei gewisse obligatorische oder dingliche Rechte am Nachbargrund zustehen. In allen genannten Fällen könnte der Grenzüberbau Zubehör der in diesem Verfahren zu versteigernden Liegenschaften sein (vgl. zur Problematik des Grenzüberbaus Jabornek in FS Eichler 1977 S 287, Spielbüchler in Rummel Rz 9 zu § 418 ABGB, Ostheim ÖJZ 1975, 202 f. dort 207).
Für das Versteigerungsverfahren hat der Oberste Gerichtshof für solche Fälle schon wiederholt ausgesprochen, daß noch vor Festsetzung der Versteigerungsbedingungen genau geklärt werden müsse, welcher Liegenschaft der Grenzüberbau zuzuordnen ist. Zwar ist im Exekutionsverfahren nicht schon eine endgültige Klärung der diesbezüglichen Rechtsverhältnisse möglich und nötig, sondern diese kann dann dem Ersteher überlassen werden, aber es muß doch Klarheit darüber bestehen, ob ein bestimmtes Gebäude zur Gänze als Zubehör einer bestimmten Liegenschaft mitversteigert werden kann oder nicht (SZ 49/31, EvBl. 1982/179). Grundsätzlich soll dabei keine (endgültige) rechtliche Zerstückelung eines einheitlichen Grenzüberbaus eintreten (Jabornek aaO S 289).
Die vom Gericht zweiter Instanz im Zusammenhang mit dem strittigen Hallenteil vertretene Auffassung ist daher grundsätzlich zutreffend.
Im vorliegenden Fall ist aber davon auszugehen, daß sich alle Beteiligten mit dem Umstande abgefunden haben, daß ausnahmsweise nicht die gesamte Halle sondern nur der auf den zu versteigernden Liegenschaften selbst stehende Teil der Halle als Bestandteil der beiden Liegenschaften behandelt wird. Gegen den diesbezüglichen Beschluß des Erstgerichtes erhob der Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der verpflichteten Partei nur deshalb Rekurs, weil der Schätzwert aus anderen Gründen zu niedrig angesetzt worden sei. Und auch der Rekurs des Liquidators der verpflichteten Partei, dessen Rekurslegitimation wegen der zwischenzeitigen Konkurseröffnung gar nicht mehr gegeben war, enthielt keineswegs die Forderung, es müsse der auf Kirchengrund stehende Hallenteil mitversteigert werden. Dazu kommt die von niemandem bekämpfte Feststellung des Erstgerichtes, daß der auf Kirchengrund stehende Hallenteil als ein Superädifikat im persönlichen Eigentum des Ernst S*** steht, was auch aus dem Akt Uh 5/85 des Bezirksgerichtes Hall hervorgeht, sodaß dieser Hallenteil schon wegen der nicht gegebenen Eigentümeridentität (mögen Ernst S*** auch alle Geschäftsanteile der verpflichteten Partei gehören) hier nicht als Zubehör der beiden zu versteigernden Liegenschaften behandelt werden kann.
Bei dieser ganz besonderen Sachlage war daher das Gericht zweiter Instanz nicht berechtigt, den Parteien von amtswegen die Versteigerung auch dieses strittigen Hallenteiles aufzuzwingen (was nach der Aktenlage eine Klage des Ernst S*** gemäß § 37 EO in Ansehung seines Superädifikates auslösen könnte), sondern die Versteigerung hat sich nur auf die beiden Liegenschaften der verpflichteten Partei und den auf diesen selbst befindlichen Hallenteil zu erstrecken.
Der vom Gericht zweiter Instanz im Zusammenhang mit dem auf Kirchengrund stehenden Hallenteil erteilte Ergänzungsauftrag ist daher entbehrlich.
Insgesamt hat es aber aus den oben zu 1 - 3 angeführten Gründen bei der Aufhebung des Beschlusses des Erstgerichtes zu bleiben. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 78 EO, 52 Abs. 1 ZPO. Über die Notwendigkeit der Rekurserhebung an die dritte Instanz kann nämlich zweckmäßigerweise erst im zweiten Rechtsgang über die Festsetzung des Schätzungswertes abgesprochen werden.
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