OGH 3Ob67/86

OGH3Ob67/8618.6.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Dipl.-Ing. Nicolaus N***, Wirtschaftstreuhänder, 5020 Salzburg, Sternhofweg 12, vertreten durch DDr. Hans Esterbauer, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die verpflichtete Partei L***- u. F*** L***-B***-Gesellschaft m.b.H., Landesstelle Salzburg, 5020 Salzburg, St. Julienstraße 1, vertreten durch Dr. Kurt Asamer und Dr. Christian Schubert, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 167.285,04 S (brutto) s.Ng., infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 2. April 1986, GZ. 33 R 666/85-6, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 11. September 1985, GZ. 19 E 5917/85-3, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung der ersten Instanz wiederhergestellt wird. Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen und der verpflichteten Partei binnen 14 Tagen die mit 6.793,05 S (darin 617,55 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses zu ersetzen.

Text

Begründung

Im zwischen der betreibenden Partei als Kläger und der verpflichteten Partei als Beklagten vor dem Arbeitsgericht Salzburg zu Cr 144/85 anhängigen Rechtsstreit begehrte der Kläger nach Einschränkung 332.978 S brutto abzüglich 1.148,90 S netto samt 9,75 % Zinsen seit 3. Dezember 1984. Die Beklagte gestand zu, daß dem Kläger davon grundsätzlich 168.433,94 S brutto abzüglich 1.148,90 S netto zustehen, wendete aber aufrechnungsweise den eingeklagten Betrag übersteigende Gegenforderungen ein. Mit rechtskräftigem Teilurteil vom 13. Juni 1985, Cr 144/85-7, verurteilte das Arbeitsgericht Salzburg die Beklagte, dem Kläger binnen 14 Tagen 168.433,94 S brutto abzüglich 1.148,90 S netto samt 4 % Zinsen seit 3. Dezember 1984 zu zahlen. Die Entscheidung über das nicht erledigte Klagebegehren und über die eingewendeten Gegenforderungen sowie die Kosten behielt es der Endentscheidung vor, unterbrach aber das diesbezügliche Verfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung eines präjudiziellen Strafverfahrens. Aufgrund dieses Teilurteils wurde zur Hereinbringung von 167.285,04 S brutto samt 4 % Zinsen seit 3. Dezember 1984 und der Exekutionskosten die Fahrnisexekution bewilligt.

Noch vor einer Pfändung beantragte die Verpflichtete, diese Exekution im Hinblick auf die noch ausstehende Entscheidung über die Aufrechnungseinwendung im Titelverfahren bis zu deren Rechtskraft in sinngemäßer Anwendung des § 42 Abs. 1 Z 1 EO aufzuschieben.

Das E r s t g e r i c h t schob die Exekution bis zur

Rechtskraft der Entscheidung über die vom Antragsteller geltend

gemachten Gegenforderung(en) gemäß § 42 Abs. 1 Z 1 EO auf, falls zur

Sicherstellung des Anspruchs der betreibenden Partei... 175.000 S

bei Gericht erlegt werden.

Unter Berufung auf die schon im Aufschiebungsantrag zitierte Entscheidung JBl. 1952, 347 führte das Erstgericht aus, das über die Gegenforderung anhängige Verfahren sei einem durch eine besondere Klage eingeleiteten Verfahren auf Aufhebung des Exekutionstitels gleichzustellen, weshalb der Aufhebungsgrund nach § 42 Abs. 1 Z 1 EO gegeben sei.

Das R e k u r s g e r i c h t gab dem Rekurs der betreibenden Partei Folge und wies den Aufschiebungsantrag im wesentlichen mit der Begründung ab, daß nach nunmehr ständiger Rechtsprechung und einhelliger Lehre § 42 EO die Aufschiebungsgründe erschöpfend aufzähle. Ein anhängiges Verfahren über eine aufrechnungsweise eingewendete Gegenforderung zähle nicht zu diesen Aufschiebungsgründen.

Mit der Begründung, daß es sich an die nunmehr ständige Rechtsprechung gehalten habe, verneinte das Rekursgericht die Voraussetzungen des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO und sprach aus, daß der Rekurs nicht zulässig sei.

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der verpflichteten Partei, der auf Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung gerichtet ist.

Rechtliche Beurteilung

Das außerordentliche Rechtsmittel ist zulässig, weil das Rekursgericht - wie noch dargelegt werden wird -, von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur hier erheblichen Rechtsfrage abgewichen ist, weshalb die Voraussetzungen des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO vorliegen (§ 78 EO und § 528 Abs. 2 ZPO). Das Rechtsmittel ist auch begründet.

Nachdem der Oberste Gerichtshof bereits in der - auch in SZ 48/10 zitierten Entscheidung JBl. 1952, 347 bei einer Exekutionsbewilligung aufgrund eines gemäß § 391 Abs. 3 ZPO erlassenen Teilurteils die Aufschiebung bis zur Endentscheidung über die im Titelverfahren eingewendeten Gegenforderungen als zulässig erachtet hatte, wurde diese Frage nach eingehender Darstellung der diesbezüglichen Lehre und Rechtsprechung im Hinblick auf die von Literatur und überwiegender Judikatur als taxativ angesehene Anführung der gesetzlichen Aufschiebungsgründe in SZ 51/48 nach genauester Prüfung neuerlich bejaht.

Dieser Entscheidung, auf deren Begründung Bezug genommen wird, ist der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung gefolgt (JBl. 1980, 548, 7 Ob 509/84, 7 Ob 590/84 und 3 Ob 141/84). In der letztgenannten Entscheidung führte der erkennende Senat aus, aus der erschöpfenden Aufzählung der Aufschiebungsgründe im § 42 EO folge nicht, daß eine analoge Anwendung einzelner Aufschiebungstatbestände von vornherein ausscheide. Es sei lediglich zu fordern, daß ein nicht ganz genau in einen der taxativ beschriebenen Aufschiebungsgründe passender Sachverhalt in seiner Art und seinem Gewicht so beschaffen sein müsse, daß alles für eine Gleichbehandlung spreche. Bei bloß demonstrativer Aufzählung mehrerer Aufschiebungsgründe würde hingegen schon eine gewisse Ähnlichkeit mit den im Gesetz angeführten Beispielsfällen genügen. Wenn daher in JBl. 1952, 347 ausgesprochen werde, daß nach Erlassung eines Teilurteils über die eingeklagte Forderung das weiterlaufende Verfahren über die Gegenforderung einer "Klage auf Ungültig- oder Unwirksamerklärung oder auf Aufhebung eines .... Exekutionstitels" gleichzusetzen sei, so sei dies - wie in SZ 51/48 ausführlich dargelegt - damit zu rechtfertigen, daß mit dem Spruch über die Gegenforderung zwingend auch über die weitere Wirksamkeit des Teilurteils abzusprechen sei.

Der erkennende Senat sieht keinen Anlaß, von dieser ständigen Rechtsprechung, der auch von der neuesten Lehre zugestimmt wird (Fasching, ZPR Rz 1297), abzugehen.

Daraus folgt, daß ein zulässiger Aufschiebungsgrund gegeben ist. Daß die Fahrnisexekution im Hinblick auf die Art der möglichen pfändbaren Gegenstände, vor allem Büroeinrichtung und Bürogeräte, mit der Gefahr eines schwer zu ersetzenden Vermögensnachteils verbunden sein würde, liegt auf der Hand.

Einer Gefährdung der Befriedigung der betreibenden Partei wird durch die vom Erstgericht auferlegte volle Sicherheit begegnet. Davon, daß die Aktion der Aufschiebungswerberin aussichtslos wäre, weil die Aufrechnung nach § 293 Abs. 3 EO unzulässig wäre, kann keine Rede sein, weil es sich bei den aufrechnungsweise eingewendeten Gegenforderungen um Schadenersatzforderungen handelt, bei denen der Schade angeblich absichtlich zugefügt wurde. Da somit alle Voraussetzungen für die Bewilligung der beantragten Aufschiebung vorliegen, ist dem Revisionsrekurs Folge zu geben und der erstgerichtliche Beschluß wiederherzustellen. Die Kostenentscheidungen beruhen auf den §§ 74 und 78 EO sowie den §§ 40, 41, 50 und 52 Abs. 1 ZPO.

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