OGH 5Ob309/86

OGH5Ob309/8627.5.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Gabriele T***, Hellmonsödt, Kreuzfeld 15, vertreten durch Dr. Heinz Oppitz und Dr. Heinrich Neumayr, Rechtsanwälte in Linz, wider den Antragsgegner Dr. Bernhard H***, Rechtsanwalt in Linz, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Günther T***, Linz, Holzgrund 35, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens nach §§ 81 ff EheG infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 11. März 1986, GZ 3 R 6/86-5, womit der Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 6. Dezember 1985, 9 Nc 17/85-2, ersatzlos aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Es wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben und in Abänderung des angefochtenen Beschlusses der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt.

Text

Begründung

Mit dem am 18.11.1985 beim Erstgericht eingelangten Antrag nach §§ 81 ff EheG begehrte die Antragstellerin, ihr ohne Auferlegung einer Ausgleichszahlung das Alleineigentum an den 581/10.000-Anteilen an der Liegenschaft EZ 494 KG Hellmonsödt, mit welchen Wohnungseigentum an der Wohnung Nr. 6 untrennbar verbunden sei, zu übertragen, und zwar nur unter Mitübertragung der Lasten C-laufende Nr.1 a, 4 a und 7 a, nicht aber der Last C-laufende Nr.25 a, sowie den gesamten ehelichen Hausrat zuzuweisen; in eventu begehrte sie die Übertragung und Zuweisung gegen Leistung einer Ausgleichszahlung in Raten. Sie brachte vor:

Ihre Ehe mit Günther T*** sei am 19.11.1984 aus dessen Alleinverschulden geschieden worden. Die Eigentumswohnung, die während des Bestandes der Ehe von Günther T*** aus Mitteln beider Eheleute angeschafft worden sei, habe als Ehewohnung gedient; der Hausrat stehe größtenteils im Eigentum der Antragstellerin. Sie habe ihre Ansprüche nach §§ 81 ff EheG in dem zu S 37/85 des Erstgerichtes eröffneten Konkurs über das Vermögen des Günther T*** angemeldet. Der Masseverwalter habe diese Ansprüche in der Prüfungstagsatzung vom 1.10.1985 bestritten. Zur Entscheidung über den gegenständlichen Antrag sei daher gemäß § 111 KO das Erstgericht als Konkursgericht zuständig.

Das Erstgericht sprach aus, daß es zur Entscheidung über den Antrag unzuständig sei, und überwies diesen Antrag gemäß § 44 Abs 1 JN an das zuständige Bezirksgericht Urfahr-Umgebung als Familiengericht. Es führte aus:

Die Antragstellerin begehre nicht die Feststellung des Bestehens einer Konkursforderung, sondern die Übertragung des Alleineigentums an der Ehewohnung und die Zuweisung des gesamten Hausrates. Es handle sich daher um einen Antrag nach §§ 81 ff EheG, der gemäß §§ 229 ff. AußStrG dem außerstreitigen Verfahren vorbehalten sei. Auch bei weitester Auslegung der §§ 110 und 111 KO bestehe keine Möglichkeit, für den Anspruch der Klägerin die konkursgerichtliche Zuständigkeit anzunehmen: § 110 KO spreche ausdrücklich von einer "Klage", womit der Gesetzgeber offenkundig nur eine Durchsetzung im Streitverfahren gemeint habe. Auch der Wortlaut des § 111 KO gehe von "Rechtsstreitigkeiten", also von nach den Bestimmungen der ZPO durchzusetzenden Ansprüchen aus. Nun könnte eingewendet werden, daß zur Zeit des Inkrafttretens der §§ 110 und 111 KO die Möglichkeit eines Antrages nach §§ 81 ff EheG noch nicht bestanden habe, weil diese erst durch die Änderung des Familienrechtes geschaffen worden sei, der Gesetzgeber aber bei Bestehen dieser Möglichkeit bereits bei Inkrafttreten der Zuständigkeitsbestimmungen der Konkursordnung auch diesen Antrag als in die Zuständigkeit des Konkursgerichtes gehörend betrachtet hätte. Dem sei aber entgegenzuhalten, daß auch § 179 KO, der erst nach der Änderung des Familienrechtes in Kraft getreten sei, nur von "Klagen" spreche. Da § 179 KO ausdrücklich auch andere, außerhalb der Zivilprozeßordnung liegende, nämlich arbeitsgerichtliche Verfahren, nenne, die ebenfalls vom Konkursgericht - aber nach den besonderen Verfahrensbestimmungen - zu entscheiden seien, müsse angenommen werden, daß es nicht in der Absicht des Gesetzgebers gelegen gewesen sei, auch einen Antrag nach §§ 81 ff EheG in die Zuständigkeit des Konkursgerichtes zu bringen; andernfalls wäre ein Hinweis des Gesetzgebers auf die Anwendung des außerstreitigen Verfahrens - wie in § 179 Z 3 KO auf das arbeitsgerichtliche Verfahren - zu erwarten gewesen. Gerade aus der Einrichtung der "Familiengerichte" müsse der Schluß gezogen werden, daß alle aus dem Familienverhältnis resultierenden Ansprüche, also auch der gegenständliche, vor das Familiengericht gehören sollen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin Folge, hob den erstgerichtlichen Beschluß auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens auf; dies aus nachstehenden Erwägungen:

Für die Frage, wie der vor Konkurseröffnung entstandene Anspruch auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens im Zuge eines Konkursverfahrens durchzusetzen sei, sähen weder die Konkursordnung noch das Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen eine ausdrückliche Regelung vor. Möglich erschienen die Anmeldung der Forderung im Konkursverfahren und nach Bestreitung die Durchführung des außerstreitigen Verfahrens anstelle des Prüfungsprozesses beim Konkursgericht oder die Annahme einer ausschließlichen Zuständigkeit des Familiengerichtes (vgl. EFSlg. 43.753/4). Eine höchstgerichtliche Entscheidung sei,soweit ersichtlich, zu dieser Frage noch nicht ergangen. Ein Teil der Lehre (Wegan, Insolvenzrecht 1.5.4; Bartsch-Heil, Grundriß des Insolvenzrechtes 4 RdNr 297 bis

299) anerkenne offensichtlich nur eine Zuständigkeit des Konkursgerichtes für streitige Verfahren. Petschek-Reimer-Schiemer (Insolvenzrecht 578, 582) sähen den Begriff der Klage nicht im engen Sinn der Zivilprozeßordnung, weil die Verwendung des Begriffes "Klage" nur aus dem Gedankengang heraus erfolgt sei, titulierte von den nicht titulierten Forderungen zu scheiden, und analoge Ungenauigkeiten etwa auch in der Exekutionsordnung (§§ 128, 235, 236 Abs 3 EO in Verbindung mit § 231 Abs 3 EO) zu finden seien. Bartsch-Pollak (Konkursordnung 3 Anm. 13 und 47 zu § 110) bejahten die Zuständigkeit des Konkursgerichtes auch für im Verfahren außer Streitsachen zu verfolgende Rechtsschutzansprüche. Das Rekursgericht schließe sich der letztgenannten Ansicht an, daß sich die Zuständigkeit des Konkursgerichtes grundsätzlich auch auf bestrittene Ansprüche erstrecke, für deren Geltendmachung sonst das Verfahren außer Streitsachen vorgesehen sei. Bezüglich des außerstreitigen Aufteilungsverfahrens bestehe wohl ein enger Zusammenhang mit den sonstigen familienrechtlichen Angelegenheiten (vgl. 916 BlgNR 14.GP 21 f), doch spreche der im § 110 KO zum Ausdruck gebrachte Konzentrationsgedanke mehr für eine Bejahung der Zuständigkeit des Konkursgerichtes als der familienrechtlichen Abteilung eines Bezirksgerichtes, zumal durch § 104 a JN eine sachliche Zuständigkeit des Konkursgerichtes nicht ausgeschlossen sei und auch im § 104 b JN Durchbrechungen der Zuständigkeit der familienrechtlichen Abteilungen vorgesehen seien. Auch die Einbeziehung arbeitsgerichtlicher Streitigkeiten in die Zuständigkeit des Konkursgerichtes spreche für diesen Vorrang des Konkursgerichtes. Für die Durchsetzung des im Gegenstand bestrittenen Anspruches sei daher das Konkursgericht sachlich zuständig, das für die Prüfung des Anspruches jedoch das Verfahren außer Streitsachen gemäß §§ 229 ff AußStrG anzuwenden haben werde. Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Masseverwalters im Konkurs über das Vermögen des Günther T*** als Antragsgegners mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nach den hiefür maßgebenden Vorschriften des Verfahrens außer Streitsachen zulässig: Die Rechtsmittelbeschränkung des § 232 AußStrG gilt nur für Sachentscheidungen; auf verfahrensrechtliche Entscheidungen wie die vorliegende sind die allgemeinen Bestimmungen des Verfahrens außer Streitsachen anzuwenden (EvBl 1980/52; EFSlg. 37.496; SZ 53/150; EFSlg. 43.753/4 ua). Die Rechtsmittelbefugnis kann dem Antragsgegner auch nicht deswegen abgesprochen werden, weil er im erstinstanzlichen Verfahren nicht beteiligt war; das Jud.61 neu (= SZ 27/290) ist nämlich im außerstreitigen Verfahren nicht anzuwenden (SZ 44/161; MietSlg. 36.517/19).

Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

Gemäß § 110 Abs 1 Satz 1 KO können Gläubiger, deren Forderungen in Ansehung der Richtigkeit oder Rangordnung streitig geblieben sind, deren Feststellung, sofern der Rechtsweg zulässig ist, mittels Klage geltend machen, die gegen alle Bestreitenden zu richten ist (§ 14 ZPO). Wird eine vollstreckbare Forderung bestritten, so hat der Bestreitende gemäß § 110 Abs 2 KO seinen Widerspruch mittels Klage geltend zu machen. Gehört die Sache nicht auf den Rechtsweg, so hat nach § 110 Abs 3 KO über die Richtigkeit der Forderung die zuständige Behörde, über die Rangordnung der Forderung das Konkursgericht zu entscheiden.

Zur Verhandlung und Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten über die Richtigkeit und die Rangordnung von Konkursforderungen ist gemäß § 11 Abs 1 KO ausschließlich das Konkursgericht zuständig. Die allgemeinen Vorschriften über die Zuständigkeit der Gerichte für Klagen wegen Ansprüchen auf Aussonderung, Absonderung oder aufgrund von Masseforderungen werden nach § 111 Abs 2 KO nicht berührt. Gemäß § 178 KO können aber unter anderem auch Klagen über Ansprüche auf Aussonderung und auf Absonderung sowie über Masseforderungen (§ 178 Abs 1 Z 1 und 2 KO) - selbst wenn diese Ansprüche vor die Arbeitsgerichte gehören (§ 178 Abs 2 KO) - vor das Konkursgericht gebracht werden.

Petschek-Reimer-Schiemer (Das österreichische Insolvenzrecht) führen aus, daß der Richtigkeitsprozeß in der Regel vor die Behörde und in jene Prozedur gehöre, die für die Konkursforderung sonst gälte oder zulässig wäre, während eine Verschiebung zugunsten des Konkursgerichtes nur ausnahmsweise eintrete (S.582; siehe insbesondere Fußnote 1). Der Rechtsweg im Sinne des § 110 Abs 1 und 3 KO sei der Zivilprozeß vor inländischen Gerichten, daher nicht die freiwillige Gerichtsbarkeit, wohl aber der Zivilprozeß vor inländischen Sondergerichten (Arbeitsgerichten oder Börsenschiedsgerichten); sei der (streitige) Rechtsweg unzulässig, so richte sich die Zuständigkeit nach außerkonkursmäßigen Grundsätzen, sei der (streitige) Rechtsweg dagegen zulässig, so sei zwingendrechtlich das Konkursgericht zuständig (S.583). Die vom Rekursgericht zitierten Ausführungen von Petschek-Reimer-Schiemer (S.578) betreffen das im § 110 Abs 2 KO gebrauchte Wort "Klage" und haben mit der hier zu beantwortenden Zuständigkeitsfrage nicht unmittelbar zu tun.

Wegan (Insolvenzrecht) vertritt gleichfalls die Auffassung, daß von der Zuständigkeitsregelung des § 111 Abs 1 KO auch Forderungen erfaßt würden, die in die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte und der Börsenschiedsgerichte fallen, nicht aber Ansprüche, die ins außerstreitige Verfahren gehören; über letztere Ansprüche habe der außerhalb des Konkursverfahrens zuständige Außerstreitrichter zu entscheiden (S. 139).

Zutreffend weist das Rekursgericht allerdings darauf hin, daß Bartsch-Pollak (Konkursordnung 3 ) den von der soeben dargelegten Auffassung abweichenden Standpunkt einnehmen, die Zuständigkeit des Konkursgerichtes sei auch für im Verfahren außer Streitsachen zu verfolgende Rechtsschutzansprüche zu bejahen. Nach den genannten Autoren halte die Konkursordnung zwar die Zuteilung der Rechtssachen zu den vier Verfahrensarten (Zivilprozeß, Außerstreitverfahren, Adhäsionsverfahren im Strafprozeß, Verwaltungsverfahren) grundsätzlich aufrecht (S.504) und seien Prüfungsprozesse im Verfahren außer Streitsachen nach dessen Vorschriften anhängig zu machen und durchzuführen (S.516), doch gehöre der Prüfungsprozeß über den Forderungsbestand vor das Konkursgericht, wenn der Anspruch auf den (streitigen) Rechtsweg (§ 110 Abs 1 KO) oder in das Außerstreitverfahren (§ 7 ABGB, § 111 Abs 1 KO) gewiesen sei (S.518). Der Oberste Gerichtshof folgt der überzeugenden Ansicht von Petschek-Reimer-Schiemer, die auch von Wegan geteilt wird. Schon der Wortlaut des § 111 Abs 1 KO (arg.: "Rechtsstreitigkeiten") spricht im Zusammenhalt mit dem Wortlaut des § 110 Abs 1 KO (arg.: "Klage") und der Entstehungsgeschichte des § 110 Abs 3 KO (siehe Petschek-Reimer-Schiemer 582 Fußnote 1) dafür, daß von der Zuständigkeitsregelung des § 111 Abs 1 KO im Außerstreitverfahren geltend zu machende Ansprüche nicht erfaßt werden. Dasselbe gilt für den durch § 178 KO begründeten Wahlgerichtsstand (vgl. Fasching, Lehrbuch Rdz 313) für Klagen über die darin genannten Ansprüche. Einer analogen Anwendung des § 111 Abs 1 KO oder des § 178 Abs 1 KO auf vor Konkurseröffnung entstandene Ansprüche nach §§ 81 ff EheG - je nachdem, ob man diese Ansprüche als Konkursforderungen oder als den Aussonderungsansprüchen zumindest ähnliche Ansprüche qualifiziert - steht nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes ungeachtet der in den genannten konkursrechtlichen Verfahrensbestimmungen zum Ausdruck kommenden Absicht des Gesetzgebers, dadurch dem Gedanken des Sachzusammenhanges mit dem Konkursverfahren Rechnung zu tragen (vgl. dazu 3 BlgNR 15.GP 60 zu § 178 Abs 1 KO idF der RV), das Bestreben des Gesetzgebers entgegen, die (streitigen und) außerstreitigen Eheangelegenheiten vor dem örtlich zuständigen Familiengericht (bzw. ab dem 1.1.1987 vor dem örtlich zuständigen Bezirksgericht; siehe BGBl.1985/70) zu konzentrieren.

Es war daher in Abänderung des rekursgerichtlichen Beschlusses der erstgerichtliche Beschluß wiederherzustellen.

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