OGH 2Ob554/84

OGH2Ob554/8418.2.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Melber, Dr.Huber und Dr.Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) Ludwig PUMB***, ÖBB-Pensionist, 4020 Linz, Ing. Etzelstraße 6, 2) Maria PUMB***, Postangestellte, ebendort, beide vertreten durch Dr. Peter Wiesauer, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagten Parteien 1) Ernst L***, Monteur, 4020 Linz, Grabnerstraße 10, 2) Paula L***, Kellnerin, ebendort, beide vertreten durch Dr. Helfried Krainz, Rechtsanwalt in Linz, wegen Aufkündigung, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 8.Februar 1984, GZ 13 R 17/84-19, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom 30.September 1983, GZ 10 C 316/83-14, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Kläger haben den beklagten Parteien zur ungeteilten Hand die mit 1.931,48 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 164,68 S Umsatzsteuer und 120 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger kündigten den beklagten Parteien die im Hause Linz, Grabnerstraße 10, im Hochparterre gelegene Wohnung aus den auf die im einzelnen vorgebrachten Tatbestände gestützten Kündigungsgründen des § 30 Abs 2 Z 3, 5 und 8 MRG auf.

Die beklagten Parteien bestritten das Vorliegen der behaupteten Kündigungsgründe und beantragten die Aufhebung der Kündigung. Das Erstgericht verneinte das Vorliegen der geltend gemachten Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 Z 3 und 8 MRG, nahm jedoch den Kündigungstatbestand nach § 30 Abs 2 Z 5 MRG als gegeben an und erklärte die Aufkündigung für rechtswirksam.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Parteien Folge, hob die Aufkündigung auf und wies das Kündigungsbegehren ab. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes zwar 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteige und daß die Revision zulässig sei. Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erheben die Kläger eine auf § 503 Abs 1 Z 4 ZPO gestützte Revision mit dem Antrage auf Abänderung im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteiles; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt. Die beklagten Parteien beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht gerechtfertigt.

Den unterinstanzlichen Urteilen liegt folgender, für das Revisionsverfahren erheblicher Sachverhalt zugrunde: Das Haus Linz, Grabnerstraße 10, wurde im Jahre 1928 von den Großeltern des Erstbeklagten erbaut. Diese bezogen die eine der beiden vorhandenen Wohnungen, die Schwester des Erstklägers und Mutter des Erstbeklagten bezog die im Hochparterre gelegene zweite Wohnung. Nach dem im Jahre 1964 erfolgten Tode der genannten Großeltern erwarb der Erstkläger 26/32-stel Anteile am Hause, wovon er 13/32-stel Anteile an die Zweitklägerin übertrug. Die Mutter des Erstbeklagten erhielt die restlichen 6/32-stel Anteile. Im Zuge eines Rechtsstreites schlossen der Erstkläger und die Mutter des Erstbeklagten im Jahre 1968 einen Vergleich, wonach dieser die Mietrechte an der von ihr um einen Mietzins von monatlich 30 S zuzüglich Betriebskosten benützten Wohnung zustanden. Die Hausverwaltung wurde von den Klägern geführt. Der Erstbeklagte wuchs im Haushalt seiner Mutter auf, die Zweitbeklagte zog im Jahre 1967 zu ihm, also in die Wohnung seiner Mutter. In den Jahren 1967 bis 1973 lebten die Beklagten jeweils in den Sommermonaten auf einer Schutzhütte am Schoberstein, im Winter gemeinsam mit ihren vier Kindern wiederum bei der Mutter des Erstbeklagten. Im Jahre 1973 kaufte dieser ein Haus in Wendling, in welches die Zweitbeklagte mit den Kindern im Jahre 1974 einzog. Der Erstbeklagte kam zunächst lediglich an den Wochenenden nach Wendling, weil er in Linz arbeitete. Die Kinder gingen in Wendling in die Schule. Im Jahre 1976 zog der Erstbeklagte zu seiner Familie nach Wendling und kam, weil er auch in ganz Österreich als Monteur unterwegs war, bis zum Jahre 1978 nur noch gelegentlich in die Wohnung seiner Mutter. Dort übernachtete er einige Male und nahm Post in Empfang. Anläßlich dieser Besuche kochte seine Mutter für ihn und es kam auch vor, daß sie Wäsche für ihn wusch. Der gemeinsame Haushalt der beiden Beklagten befand sich in Wendling. Im Februar 1978 zog auch die Mutter des Erstbeklagten dorthin, weil sie schwer krank und pflegebedürftig war. Am 1.Juni 1979 verstarb sie und der Erstbeklagte und dessen Bruder erwarben von ihren 6/32-stel Anteilen am Hause Linz, Grabnerstraße 10, im Erbwege je 3/32-stel. Bis zum September 1979 verblieb die streitgegenständliche Wohnung unbenützt. Die Beklagten hatten wegen der geringen Größe dieser Wohnung nicht beabsichtigt, zu Lebzeiten der Mutter zusammen mit dieser wieder in diese Wohnung zu ziehen, wohl aber beabsichtigten sie, nach dem Tode der Mutter dorthin zurückzukehren. Im September 1979 zog die Zweitbeklagte gemeinsam mit den Kindern tatsächlich wieder in diese Wohnung. Da der Erstbeklagte damals in Wendling arbeitete, zog er noch nicht mit. Die Kläger, die nicht im Hause wohnten, brachten hierauf eine Räumungsklage ein, welcher zunächst stattgegeben, welche aber im Wiederaufnahmsverfahren 8 C 2940/81 des Bezirksgerichtes Linz im Jahre 1982 rechtskräftig abgewiesen wurde. Der Sohn der Kläger, Ludwig PUMB***, arbeitet derzeit in der Bundesrepublik Deutschland und "hat den Wunsch, einmal nach Linz zurückzukehren und hier zu arbeiten".

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht zum Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 5 MRG unter Bezugnahme auf § 14 Abs 3 MRG und Darstellung der Voraussetzungen für die Eintrittsberechtigung aus, kurze Unterbrechungen des gemeinsamen Zusammenlebens eines Eintrittsberechtigten mit dem Mieter führten zwar noch nicht zum Verlust des Eintrittsrechtes, doch könne von einer derartigen zulässigen Unterbrechung hier nicht die Rede sein. Der Lebensschwerpunkt der Beklagten sei in den letzten Jahren vor dem Tode der Mieterin in Wendling gelegen. Ein gemeinsamer Haushalt in der streitgegenständlichen Wohnung habe daher gefehlt und sei zuletzt auch gar nicht mehr möglich gewesen, weil auch die Mieterin sich selbst nicht mehr in der streitgegenständlichen Wohnung befunden habe.

Das Berufungsgericht hielt die Berufung - ohne Eingehen auf die sonstigen Berufungsgründe - aus rechtlichen Gründen für gerechtfertigt. Es führte aus, die Aufkündigung eines Bestandvertrages mit einem Miteigentümer gehöre nicht zur ordentlichen Verwaltung der gemeinsamen Sache im Sinne des § 833 ABGB, sondern stelle eine wichtige Veränderung gemäß § 834 ABGB dar, die nach § 837 ABGB der Einstimmigkeit oder aber der Genehmigung durch das Gericht bedürfe. Bei beabsichtigter Aufkündigung des Bestandvertrages eines Miteigentümers müsse dessen fehlende Zustimmung durch den Außerstreitrichter ersetzt werden. Das Vorliegen einer solchen gerichtlichen Ermächtigung zur Aufkündigung hätten die Kläger aber selbst nicht behauptet, sodaß die Aufkündigung gegen den Erstbeklagten jedenfalls aufzuheben gewesen sei. Hinsichtlich der Zweitbeklagten erscheine die Frage eines Eintrittsrechtes nach § 14 Abs 3 MRG entscheidend. Sie sei als Schwiegertochter der verstorbenen Mieterin mit dieser nicht verwandt, sondern verschwägert gewesen und gehöre daher nicht zu dem in § 14 Abs 3 MRG genannten Kreis der eintrittsberechtigten Personen, sodaß sie auch im Sinne des § 14 Abs 2 MRG in den bestehenden Mietvertrag nicht habe eintreten können. Gegen sie könne daher mangels eines bestehenden Bestandverhältnisses nicht mittels Kündigung, sondern nur mittels Räumungsklage vorgegangen werden. Der erstgerichtliche Hinweis auf die rechtskräftige Abweisung der Räumungsklage im Wiederaufnahmeverfahren wegen Vorliegens eines Mietverhältnisses sei nicht zielführend. Die Mutter des Erstbeklagten habe mit den Klägern als Miteigentümern einen Vertrag über die Benützung der gegenständlichen Wohnung geschlossen und die Beklagten samt Familie, somit auch die Zweitbeklagte als Familienangehörige, in diese Wohnung aufgenommen. Die Kläger hätten nur unmittelbar gegen den Vertragspartner, nicht aber gegen Dritte, die mit Zustimmung des Vertragspartners benützten, vorgehen können. Da gemäß § 1116 a ABGB das Bestandverhältnis über den Tod des Mieters hinaus fortbestanden habe und nicht hervorgekommen sei, daß es etwa durch Aufkündigung gegen die Verlassenschaft, gegen die Erben oder einen eintrittsberechtigten Angehörigen beendet worden sei, hätten die Kläger somit seinerzeit keineswegs gegen die Zweitbeklagte erfolgreich mit Räumungsklage vorgehen können. Aus allen diesen Gründen sei auch die gegen die Zweitbeklagte gerichtete Kündigung aufzuheben gewesen, ohne daß es eines weiteren Eingehens auf die zum Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 5 MRG vorgebrachten Berufungsargumente bedurft hätte.

In der Revision wird der Standpunkt vertreten, die Kläger seien schon wegen ihrer Funktion als Hausverwalter und damit als Machthaber sämtlicher Miteigentümer zur Einbringung der gegenständlichen Kündigung berechtigt gewesen und die Beklagten hätten sich auch gar nicht dagegen gewendet. Zwischen diesen und den Klägern sei auch kein Bestandvertrag abgeschlossen worden, sodaß eine Aufkündigung auch gegen den Erstbeklagten als nunmehrigen Miteigentümer möglich sei. Die Zweitbeklagte habe sich im vorliegenden Verfahren auf ein eigenes Eintrittsrecht und nicht auf einen abgeleiteten Benützungstitel des Erstbeklagten berufen. Sie sei aber keine nahe Angehörige im Sinne des § 14 Abs 3 MRG bzw. des im Zeitpunkt des Todes der Mieterin geltenden § 19 Abs 2 Z 11 MG. Somit sei die Aufkündigung gegenüber beiden Beklagten rechtswirksaam erfolgt.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Im Sinne der §§ 837, 1029 ABGB ist ein Verwalter, soferne nichts anderes mit allen Miteigentümern vereinbart wurde, auf Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung beschränkt und kann daher wichtige Veränderungen nicht vornehmen (MietSlg. 33.071, 31.526, 21.092, 20.070, 21.076; SZ 28/18 u.a.).

Der Abschluß oder die Aufkündigung eines Bestandvertrages mit einem Miteigentümer gehört nicht zur ordentlichen Verwaltung der gemeinschaftlichen Sache im Sinne des § 833 ABGB, sondern stellt eine wichtige Veränderung im Sinne des § 834 ABGB dar; für eine solche ist gemäß § 835 ABGB Einstimmigkeit, somit auch die Zustimmung des von dieser Auflösung als Mieter betroffenen Miteigentümers, oder die Genehmigung des Gerichtes erforderlich (MietSlg. 32.069, 30.570, 21.092; SZ 34/79; 5 Ob 554/81; 5 Ob 49/82 u. a.).

Nach ständiger Judikatur gehen obligatorische Rechte an einer gemeinsamen Sache zwar nicht auf einen Einzelrechtsnachfolger, wohl aber auf einen Gesamtrechtsnachfolger über, der im Erbwege einen Miteigentumsanteil erwirbt (MietSlg. 29.084, 21.072, 21.074, 25.059; vgl. auch SZ 7/259 u.a.). Ein durch eine ausdrückliche oder schlüssige Vereinbarung über den Gebrauch von Miteigentum begründetes Dauerrechtsverhältnis zwischen den Miteigentümern wirkt daher auch für den Miterben (§ 1116 a ABGB) eines Miteigentümers als dessen Gesamtrechtsnachfolgers (5 Ob 559/80; 7 Ob 635/83 u.a.). Unter diesen auf Grund der gesetzmäßig erhobenen Rechtsrüge nach allen Richtungen hin wahrzunehmenden rechtlichen Gesichtspunkten waren die KLäger somit vorliegendenfalls aber weder auf Grund ihrer Eigenschaft als Hausverwalter noch als Mehrheitseigentümer zur Kündigung des Bestandverhältnisses mit dem Erstbeklagten als Miteigentümer der gemeinsamen Liegenschaft befugt. Es bedarf vielmehr im Sinne der zutreffenden berufungsgerichtlichen Ansicht für eine Aufkündigung des Mietverhältnisses der Genehmigung durch den Außerstreitrichter.

Hinsichtlich der Zweitbeklagten verweisen die Revisionswerber darauf, daß diese mangels des von ihr behaupteten Eintrittsrechtes nicht Mieterin der gegenständlichen Wohnung geworden sei. Diesen Standpunkt vertrat zutreffenderweise auch das Berufungsgericht. Gerade daraus folgt aber, daß die gegen die Zweitbeklagte gerichtete Kündigung mangels des für eine solche vorausgesetzten Vorliegens eines Bestandverhältnisses aufzuheben ist.

Der insgesamt ungerechtfertigten Revision war demnach ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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