Spruch:
Die Regelung der Benützung der gemeinsamen Sache durch die Miteigentümer gehört nicht zur ordentlichen Verwaltung. Der Verwalter ist daher nicht berechtigt, die Benützung der Sache durch die Miteigentümer auf Grund seiner Verfügungsmacht zu regeln.
Entscheidung vom 26. Jänner 1955, 2 Ob 56/55.
I. Instanz Bezirksgericht Klosterneuburg; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Die Klägerin wurde durch gerichtlichen Beschluß zur Verwalterin der im gemeinsamen Eigentum der beiden Beklagten und des Eduard W. stehenden Liegenschaft bestellt. Die Erstbeklagte ist an dieser Liegenschaft zu einem Sechstel, die Zweitbeklagte zu einem Drittel anteilsberechtigt. Zu der Liegenschaft gehört das Gartengrundstück Nr. 18/1, das von allen Miteigentümern ungeregelt benützt wird. Die Beklagten weigern sich, eine von der Klägerin vorzunehmende Gartenteilung zu dulden. Die Klägerin begehrt nunmehr, die Beklagten schuldig zu erkennen, die Vornahme der Gartenteilung und die Zuweisung der einzelnen Gartenteile an die Miteigentümer zur Benützung zu dulden.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Das Berufungsgericht hob das erstgerichtliche Urteil und das diesem vorangegangene Verfahren ab der Klagszustellung als nichtig auf und wies die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der klagenden Partei gegen die Zurückweisung der Klage nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Es entspricht einheitlicher Auffassung, daß die Befugnisse des gemeinsamen Verwalters alles, aber auch nur das umfassen, was zur ordentlichen Verwaltung der gemeinsamen Sache gehört (Ehrenzweig 2. Aufl. 1/2 S. 155; Klang 2. Aufl. III 1119 zu § 837 ABGB., SZ. XXIII 351 u. a.). Daß Maßnahmen zur grundsätzlichen Regelung der Benützung der gemeinsamen Sache durch die Miteigentümer nicht zur ordentlichen Verwaltung gehören, wurde vom Obersten Gerichtshof in der Entscheidung SZ. XIX 76 ausgesprochen (vgl. auch Klang 2. Aufl. III 1110 zu § 833 ABGB). Gehört aber die Regelung der Benützung der Sache durch die Miteigentümer nicht zu der ordentlichen Verwaltung, so ist der Verwalter nicht berechtigt, die Benützung der Sache durch die Miteigentümer auf Grund seiner Verfügungsmacht zu regeln. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes AnwZ. 1931 S. 215 will allerdings dem Verwalter eine derartige Verfügungsmacht einräumen, weil die von der Mehrheit zu treffende Entscheidung über die Benützung des Hauptstammes auf ihn übergehe und dem einzelnen Teilhaber der gemeinschaftlichen Sache ohnedies der Anspruch auf den seinen Anspruch betreffenden Teil des Ertrages zustehe. Im vorliegenden Fall soll aber die Nutzung des Gartens aufgeteilt werden, ohne daß von einem Entgelt, das der eine oder andere Miteigentümer zu leisten hätte, die Rede ist. Hievon abgesehen, steht die erwähnte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes im Widerspruch mit dem Grundsatze, daß sich die selbständige Verfügungsmacht des Verwalters nur auf die ordentliche Verwaltung bezieht und daß Maßnahmen zur grundsätzlichen Regelung der Benützung der gemeinsamen Sache durch die Miteigentümer nicht zur ordentlichen Verwaltung gehören.
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