OGH 1Ob677/85

OGH1Ob677/8511.12.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Emma A, Gastwirtin, Sellrain 45, vertreten durch Dr. Bernt Strickner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Friedrich B, Angestellter, Innsbruck, Innrain 133, vertreten durch Dr. Wolfgang Walser, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 24.897,76 s.A. infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 12. Juni 1985, GZ 2 a R 259/85-13, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 15. Februar 1985, GZ 20 C 224/84-7, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 10.505,92 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (hievon S 818,72 Umsatzsteuer und S 1.500,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrt den Betrag von S 24.897,76 s.A. und brachte vor, der Beklagte habe auf dem Zufahrtsweg zu ihrer Liegenschaft Grabungsarbeiten durchgeführt und trotz mehrmaliger Aufforderung den früheren Zustand nicht wiederhergestellt. Sie sei daher genötigt gewesen, den Weg, der von ihr unbeanstandet asphaltiert worden sei und die einzige Zufahrtsmöglichkeit zu ihrem Haus bilde, neu asphaltieren zu lassen, wofür sie den Klagsbetrag aufgewendet habe. Der Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor, er habe mit Zustimmung des Eigentümers des Weges Hans Peter C Grabungsarbeiten durchgeführt und noch am selben Tag den ursprünglichen Zustand gemäß den Anweisungen des Eigentümers wiederhergestellt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und stellte fest, die Klägerin und ihre Angehörigen benützten den Weg mit Zustimmung des Eigentümers Hans Peter C. Es könne nicht festgestellt werden, durch welche Zeit hindurch diese Benützung erfolgt sei. Im Jahre 1983 habe die Klägerin, ohne vorher mit Hans Peter C das Einvernehmen zu pflegen, den Weg asphaltieren lassen. Hans Peter C habe dem Beklagten gestattet, entlang der linken

Begrenzung des Weges eine Wasserleitung zu verlegen. Auf Befragen des Beklagten habe er ihm ausdrücklich erklärt, er wolle und brauche den Asphalt nicht, eine Wiederherstellung der Asphaltdecke im Grabungsbereich sei nicht erforderlich.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, der Beklagte habe sich mit dem Eigentümer des Weges ins Einvernehmen gesetzt, der die Vornahme der Grabungsarbeiten gestattet und zugleich erklärt habe, daß der Asphaltbelag nicht wiederhergestellt werden müsse. Daß der Beklagte sich gegenüber der Klägerin verpflichtet habe, die Asphaltdecke wiederherzustellen, sei nicht erweislich. Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Klägerin Folge, hob es unter Beisetzung eines Rechtskraftvorbehalts auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zurück. Welcher Art das der Klägerin in Ansehung des Weges zustehende Recht sei, habe nicht eindeutig geklärt werden können, weil es die Klägerin unterlassen habe, entsprechende Behauptungen aufzustellen. Die getroffenen Feststellungen ließen gerade noch den Schluß zu, daß sie berechtigt sei, den Weg, der über fremden Grund führe, zu benützen. Im fortgesetzten Verfahren werde aber festzustellen sein, ob die Klägerin im Rahmen des ihr eingeräumten Rechts berechtigt gewesen sei, den Weg asphaltieren zu lassen und ob der Beklagte Kenntnis davon gehabt habe, daß er durch die von ihm mit Zustimmung des Eigentümers vorgenommenen Grabungsarbeiten in fremde Rechte eingreife. Träfe dies zu oder hätte der Beklagte bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennen können, daß dritten Personen Rechte zustehen, könnte der Schadenersatzanspruch der Klägerin gerechtfertigt sein, weil die Zustimmung des Eigentümers dann den Eingriff des Beklagten in die Rechte der Klägerin nicht zu rechtfertigen vermöchte.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den Beschluß des Berufungsgerichtes erhobene Rekurs des Beklagten ist gerechtfertigt.

Nach § 226 ZPO hat der Kläger die rechtserzeugenden Tatsachen (den Klagegrund: SZ 46/109), auf welche sich sein Anspruch gründet, vollständig anzugeben. Der Kläger bestimmt, ob und in erster Linie auch worüber ein Rechtstreit geführt wird und welchen Rechtschutzanspruch er geltend macht. Das Vorbringen des Klägers ist das Substrat, aus dem die Berechtigung des Begehrens abzuleiten ist; andere Tatsachen dürfen vom Gericht nicht unterstellt werden (SZ 55/51; RZ 1977/105; Fasching Komm. III 20 f, 36; Holzhammer, Österreichisches Zivilprozeßrecht 2 125; Petschek-Stagel, Der österreichische Zivilprozeß 267). Die Klägerin hat im Verfahren vor dem Erstgericht nur vorgebracht, daß der in Rede stehende Weg, den sie als Zufahrt zu ihrem Haus benütze, von ihr asphaltiert worden sei, daß der Beklagte den Asphaltbelag des Weges bei Grabungsarbeiten beschädigt und den vorigen Zustand trotz Aufforderung nicht wiederhergestellt habe, so daß sie zur Ersatzvornahme geschritten sei. Dieses Vorbringen läßt in keiner Weise erkennen, ob und welche Rechte der Klägerin in Ansehung des Weges zustehen. In Betracht käme eine nicht verbücherte Dienstbarkeit, ein obligatorisches Benutzungsrecht, aber auch eine bloß im Rahmen nachbarlicher Gefälligkeit widerruflich eingeräumte Gebrauchsgestattung. Festgestellt wurde nur, daß die Klägerin und ihre Angehörigen über den Weg zufahren dürfen. Jedenfalls im Falle einer bloß widerruflichen Gebrauchsgestattung wäre der Eigentümer des Weges zum Widerruf der Gebrauchsgestattung und damit auch zu einer Einschränkung des der Klägerin zustehenden Rechts befugt. Die dem Beklagten vom Eigentümer erteilte Erlaubnis, Grabungsarbeiten durchzuführen, ohne daß die von der Klägerin hergestellte Asphaltdecke wiederhergestellt wird, wäre dann auch kein Eingriff in der Klägerin zustehende Rechte. Da die Klägerin ein gegen Eingriffe Dritter zu schützendes Recht nicht einmal behauptet hat, bedarf es keiner Ergänzung des erstinstanzlichen Verfahrens, um zu klären, welcher Art die der Klägerin zustehenden Rechte sein könnten. Die Rechtssache ist spruchreif im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens. Demzufolge ist spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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